Medien: Der kleine Prinz

Prinz? Den gibt es noch? Ja – und ab jetzt muss man ganz genau hinschauen, um den einzigen Kauftitel unter den Stadtmagazinen des Ruhrgebiets zu entdecken. Denn der Jahreszeiten-Verlag hat den Prinz auf Pocket-Format geschrumpft.

Kaum ein Zeitschriftensegment bekam es in den vergangenen Jahren so ab wie die Stadtmnagazine: Mit dem Verbot der Zigarettenwerbung brach eine wichtige Einnahmequelle im Anzeigenbereich weg. Die einstmals lukrativen Kontaktanzeigen sind längst ins Internet gewandert und die Veranstaltungstipps kommen  heute via Facebook. Ein beständiges schrumpfen der Auflage vieler Titel und weniger Seiten sind häufig die Folge.

Einen ganz radikalen Schritt wagte nun Prinz. Prinz ist das in den 80er Jahren aus dem Ruhrgebietsmagazin Guckloch hervorgegangene Magazin und erscheint bundesweit in 13 Lokalausgaben, eine davon immer noch im Ruhrgebiet. 2008 gab es den letzten großen Relaunch des Magazins unter der Chefredakteurin  Nicole Zepter. Der Prinz wurde journalistischer und knüpfte an eine Qualität an, die er in den frühern 90er hatte.

Damals schrieb ich recht begeistert

Der Prinz kehrt zurück zu seinen Wurzeln. Aus mageren acht Seiten „Ruhrgebiet Live“ nun 13 Seiten „Stadt geworden.“ Und auch die Themen haben sich verändert: Die „Stadt Ruhr“ kommt drin vor, es gibt ein paar Interviews und fünf Bochumer mit einer Papiertüte auf dem Kopf erklären, warum sie sich nicht auf die neue Symphonie freuen. Portraits über den Essener Norden und den Autor und Regisseur Kristo Sager runden den Lokalteil ab. Das alles kann man noch lange nicht mit Tipp, dem Journal Frankfurt oder der Kölner Stadtrevue vergleichen, ist aber mehr als alle anderen Titel bieten – denn regionale Infos zu Bands, Theater oder Restaurants kommen im hinteren Teil des Heftes noch hinzu – noch einmal ganze 18 Seiten. Über 30 Seiten Redaktion über das Ruhrgebiet – ohne Kalender und Kleinanzeigen – können sich sehen lasse. Vor allem weil zahlreiche Themen abgedeckt werden und die Artikel nicht nur weitere Infos zum Kalender sind.

Mit dem jetzigen Relaunch hat der Prinz wieder einen sehr großen Schritt gemacht – allerdings Richtung Abgrund. Das Heft kommt im Pocket-Format daher (als iPad-Format beworben). Die Ruhrgebietsseiten sind nicht viel mehr als eine belanglose Aneinanderreihung von Zahlen und bunten Meldungen. Die einstmals sehr schöne Vorstellung von Stadtteilen ist zu einer simplen Auflistung von Shops verkommen und Berichte über Currywurstbuden und Bestellpizzen sind eigentlich eine Kapitulation vor der  eigenen Ideenlosigkeit. Auch der Rest ist belanglos und öde: Man findet den gefühlt 1000sten Test über Kontaktbörsen im Internet, ein Gespräch mit Thomas Godoj, der ja schon eher was für die von mir geschätzte Stern-Rubrik  „Was macht eigentlich…“ ist und dann sind da noch die Tipps erotische Unterwäsche. Gut zu wissen, das Strapse auch 2011 noch hoch im Kurs stehen.

Die Film- und Musikstrecken – unter anderem Interviews mit Daniel Craig und Red-Hot-Chili-Peppers Sänger Anthony Kiedis, sind dröge und auch die Fotos wirken in dem Mini-Format nicht. Gekauft werden soll der Prinz wohl auch nicht mehr wegen seinen Inhalten, sondern wegen den Coupons die ihm nun beiliegen. Die haben einen  Wert von über 60 Euro und erlauben so spannende Dinge wie  kostenloses Zähneputzen und einen gratis Aperol Sprizz in der möchtegern Schicki-Disse Adiamo. Bekommt man auch alles besser bei Groupon online.

Der neue Prinz – wer keine Lust darauf hat, Magazine zu machen, sollte kein Papier verschwenden.

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Thomas Nückel
Thomas Nückel
13 Jahre zuvor

Naja, so klein (ich glaube es war DIN A 5, es muss so um 1980 gewesen sein) haben sie ja schließlich mal erfolgreich angefangen. Als „Guckloch“…vielleicht sollten sie den alten Namen auch wieder übernehmen. Back to the roots.
Aber das nahe „Ende“ wäre damit freilich auch nicht mehr aufzuhalten.

Martin Kaysh
13 Jahre zuvor

das schlimme an dem zu kaufenden „prinz“ ist, dass er journalistisch genauso nuttig ist wie diese ekelerregenden Umsonstmagazine.

Thomas
13 Jahre zuvor

Stefan, tss. (-;

Da schrumpft ein Nichts auf so gut wie Briefmarkengröße – und das ist eine Sentenz wert?

Die Zeit der journalistisch angelegten Stadtmagazine hierzulande ist doch schon lange vorbei.

Ich kann mich sogar auf eine Autorität berufen, die das vor Äonen hier mal aufgeschrieben hat:

https://www.ruhrbarone.de/30-jahre-marabo/

(-:

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