FDP will Sparmentor für Dortmund

Die FDP glaubt nicht mehr daran, dass Dortmund aus eigener Kraft aus der Schuldenfalle kommt. Die Liberalen forden einen Sparmentor.

Annette Littmann Foto: FDP Dortmund

Waltrop, Hagen, Marl: Drei Pleite-Städte im Ruhrgebiet hatten bislang einen Sparkommissar, offiziell auch  Schuldenmentor genannt. Ganz freiwillig haben sich die Städte dem Mentor, den sie selbst gezahlen mussten, nie unterworfen: Immer stand die Drohung des Landes dahinter, wenn sich die Städte nicht selbst für einen "Mentor" entscheiden würden, einen Richtigen Sparkommissar zu schicken. Nach §124 der Gemeindeordnung Nordrhein Westfalens kann das Land einen Beuftragten entsenden, der über die Finanzen bestimmt, wenn der Rat und die Verwaltung ihre Haushaltsprobleme nicht selbst lösen können. Ein scharfes, rechtliches Schwert, dass das LAnd ungerne einsetzt so dass sie in der Regel den Städten ein Angebot macht, was sie nicht ablehnen können: Die Einsetzung eines freiwilligen Sparmentors.

Trotz der eher schlechten Erfahrungen der Städte mit diesen Mentoren – in der Regel sparen sie an den freiwilligen Leistungen, gehen aber nicht an die Kernverwaltung heran – will nun die FDP in Dortmund einen solchen Sparmentor einsetzen: "Die Stadt braucht dringend externe Unterstützung bei der Haushaltskonsolidierung, bevor der Etat völlig aus dem Ruder läuft“, fordert die Fraktionsvorsitzende und Finanzexpertin Dr. Annette Littmann (FDP). „Von Anfang an waren die Haushaltsprognosen viel zu günstig. Deshalb mussten die Annahmen fast im Monatstakt korrigiert werden." Die SPD hat das Ansinnen der Liberalenin einer Erklärung brüsk zurückgewiesen:  „Eine solche Maßnahme ist weder notwendig noch sinnvoll. Die Dortmunder Haushaltslage ist entschieden besser als diejenige vergleichbarer Städte. Die bisher tätig gewordenen Sparkommissare in Waltrop und Hagen haben keinen nachhaltigen konstruktiven Beitrag zur Verbesserung der dortigen Finanzen erbracht“, so Jutta Starke, finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.

Nur auch in Dortmund wird die Finanzsituation schnell eskalieren: Im kommenden Jahr werden auch dort die Gewerbesteuereinnahmen durch die Rezession massiv einbrechen. Alle Planung sind daher heute in Dortmund wie in allen anderen Städten schon Makulatur. Allerdings haben die Sozialdemkraten Recht was die bisherigen Mentoren betrifft: Viel haben sie nicht bewegt und wenn haben sie eher bürgerfeindlich abgiert.

Die Städte werden sich jedoch was ihre Finanzen betrifft mehr als den Ruf um Hilfe einfallen lassen müssen: Nur durch weitgehende Kooperationen und das Zusammenlegen und Abgbegen von Aufgaben können sie effektiv sparen. Das sind allerdings Diskussionen, die politisch geführt werden müssen – und diese Diskussionen können die Mentoren nicht leisten. Die Forderung der Liberalen nach einem Sparkommissar ist daher eher ein politischer Offenbarungseid denn ein politischer Lösungsansatz. Den hat allerdings noch niemand in den Räten formuliert, denn er geht an die politischen Strukturen der Region.    

Nicht alle trugen Tennissocken

Seit Jahren habe ich die Denunziation der 80er Jahre klaglos ertragen. Habe Sendungen auf RTL (Rammeln, Titten, Lallen) mit Oliver Geissen gemieden aber nun habe ich in der Rundschau wieder einmal einen Text über die 80er gelesen und wieder einmal hatte ich das Gefühl, dieses Jahrzehnt zufällig verpasst zu haben. Das kann aber nicht sein, denn in die 80er fiel meine Jugend.

Suchbild: Auf dem Foto ist der Verfasser versteckt. Ausnahmsweise ohne schwarzes Hemd. Foto: Privat

Mit einem Rubrik-Würfel konnte ich ungefähr so viel anfangen wie ein Schimpansenjunges: Meine Versuche, innerhalb von 30 Sekunden auf dem Schulhof mit dem Ding einen Zufallstreffer zu landen scheiterten kläglich – und spielten sich im Übrigen Ende der 70er ab, als der angebliche Zauberwürfel auf den Schulhöfen des Landes reüssierte.

Die Sache mit dem Würfel ist aber auch nicht das Einzige, was mich an der ganzen, mittlerweile ja zum Glück zurückgehenden Publikationsflut zum Thema 80er irritierte. Meine Erinnerung – ja ich weiß, sie malt mit goldenen Lettern – ist eine gänzlich andere.
In meinem Freundeskreis trug kein Mensch bunte Jogginghosen. Wir trugen schwarze Jeans und dazu Lederjacken. Manchmal auch ein schwarzes Jackett.  Eigentlich trugen wir immer nur schwarz: Schwarze Hemden, schwarze Lederschuhe. Dass man keine weißen Socken trägt, wusste eigentlich jeder.
Boris Becker fanden wir peinlich, Steffi „Die Nase“ Graf ebenfalls. Wir gingen in Filmnächte und schauten uns dort Godard, Truffaut und Achternbusch an. Und das taten eigentlich ziemlich viele – oft waren diese Filmnächte ausverkauft.

Klar, wir legten mehr Wert auf Kleidung. Der Unisex-Stil der uns verhassten 70er, diese gammligen Parkas und unförmigen Pullover, fanden sich in unseren Kleiderschränken nicht. Wir lasen Spex, waren links, aber mit einem gewaltigen Maß an Zynismus, machten Musik und spielten mit Videokameras herum. Über die Friedensbewegung machten wir bevorzugt herbe Scherze – ihre Protagonisten kamen vor allem aus dem Lager unserer Lehrer und mit deren Betroffenheit konnten wir nichts anfangen. Das Herumtragen der eigenen Gefühle, dieses widerwärtige „Das weiche Wasser bricht den Stein“-Gelaber empfanden wir als abstoßend. Wir entdeckten die Ironie, das freie Spiel mit Formen und Inhalten.
Wenn wir etwas waren, dann Realisten: Wir sahen sehr genau, dass die, die uns als unpolitisch denunzierten längst ihr Schäflein ins Trockene – sprich: Öffentlicher Dienst – gebracht hatten – und wir wussten, dass sie so jung waren, dass sie diese Jobs noch inne haben würden, wenn wir auf den Arbeitsmarkt kommen würden.

Also stürzten wir uns auf andere Bereiche: IT und Medien waren beliebte Brachen. Sozialwissenschaften, noch ein paar Jahre vorher  angesagte Studiengänge, mieden wir wie der Teufel das Weihwasser und so fluteten wir die Informatik-, Kommunikationswissenschafts- oder Theater, Film und Fernsehwissenschafts- Studiengänge. Da wir im Gegensatz unserer jeder technische Innovation skeptisch gegenüberstehenden Vorgängergeneration keine Berührungsängste mit modernen Technologien hatten und deutlich pragmatischer waren, fanden wir schließlich unseren Platz – und das bevorzugt nicht im öffentlichen Dienst.

Und wenn ich mir meine Altersgenossen der 40+ Generation anschaue, dann zeichnet uns noch etwas aus: Ich kenne kaum einen, der mit Arroganz auf die nachfolgenden Generationen blickt. Diese Arroganz ist meiner Einschätzung nach auch kein Problem der 68er sondern derjenigen, die ihre Jugend in den 70er Jahren hatten und sich heute im Glanz der 68er sonnen, die sie nur als Kinder und Jugendliche an den schwarzweiß Fernsehern erlebten. Es ist schon blöd, wenn man zu jung für die Kommune 1 und den SDS war und einem nur noch der lächerliche KBWuchtig blieb.

Ich habe das ganze 80er-Bashing nie verstanden. Die 70er, deren Ausklang ich noch miterlebte, waren viel schlimmer – die Schmuddelästhetik, diese Plastikpullover und Hemden in denen man einen Stromschlag bekam und die immer zu warm oder zu kalt waren, die ganze Paranoia des Deutschen Herbstes und die nach 68er Depression – sorry, das war wirklich kein gutes Jahrzehnt. Ideen? Aufbruch? Fehlanzeige. Erst ganz zum Schluss brachte dieses Jahrzehnt zwei Ideen hervor, die erfolgreich waren und es bis in die heutige Zeit geschafft haben: Die Grünen und die taz. Beide setzten erst in den 80er durch.
Wir mochten Kohl nicht, der in einem Maß Scherze über sich ergehen lassen mussten, wie kein zweiter aber das Angebot der SPD war zum Gruseln: Vogel und Rau waren die Kandidaten der SPD jener Zeit. Stillstand pur. Uns war das egal: Bei simulierten Wahlen in den Politikkursen waren zumeist eh die Grünen die Partei mit dem meisten Stimmen. Für die SPD im Übrigen heute ein Problem: Als ganze Generation fehlen wir dieser Partei als Mitglieder und Wähler.

Vielleicht mögen sie uns deshalb nicht – wir lebten in einem recht langweiligen Jahrzehnt – und langweilige Zeiten sind für die Menschen immer gute Zeiten. Und wir wehren uns nicht: Ein Angriff auf die 68er und das Feuilleton. Wir zucken mit den Schultern und machen weiter. Die uns zugedachte Clownsrolle lassen wir über uns ergehen: Wir nehmen uns nicht so wichtig. Selbst dass ein nordhessischer Provinzbub wie Florian Ilies ein Buch über Teile von uns geschrieben hat, hat uns kaum berührt.  Das bessere Buch kam eh aus den USA: Generation X von Douglas Coupland.

Also: Es war nicht alles Modern Talking in den 80er – sie waren ein ganz normales Jahrzehnt, höchstens ein wenig langweilig. Und ich könnte die Hosen und Hemden aus der damaligen Zeit noch immer ohne Scham tragen – wenn sie nicht am Bauch so spannen würden.

Novum bei Thyssen – Frau am Steuer

Ein Novum bei einem alten Stahlkocher: Mit Susanne Herberger soll die erste Frau in den Aufsichtsrat von ThyssenKrupp berufen werden.

Auf die Ernennung haben sich am vergangenen Dienstag die rund 800 Betriebsräte des Industriekonzerns geeinigt, wie ich erfahren habe. Neben Herberger gibt es auf der zehnköpfigen Arbeitnehmerbank drei weitere Wechsel. Mit der Neuordnung stärkt die Gewerkschaft IG Metall ihre Stellung in dem Aufsichtsgremium: Denn Heinrich Hentschel wurde nicht wiedergewählt. Der Betriebsrat von Blohm+Voss galt als unabhängig von der IG Metall.

Auch auf der Arbeitgeberbank gab es zum Monatsanfang ein Wechsel. Ausgeschieden ist der frühere Siemens-Chef Heinrich von Pierer. Nachfolger wurde auf Wunsch der einflussreichen Krupp-Stiftung der Präsident des BDI-Verbans, Jürgen Thumann.

WAZ stellt Schickler-Präsentation online

In ihrem Krisen-Blog hat die WAZ die Präsentation des Gutachtens der Unternehmensberatung Schickler online gestellt.

Nach den dort veröffentlichten Zahlen rechnet die WAZ für ihre vier Tageszeitungen in NRW für 2008 mit einem Jahresverlust von 11 Millionen Euro. In der Präsentation findet sich auch eine Liste der Lokalredaktionen, die auch nach einer Umstrukturierung kaum lebensfähig sind. Auf dieser "Todesliste" stehen die WAZ Redaktion Vest, die NRZ-Redaktionen Düsseldorf, Kleve/Emmerich, die WR-Redaktionen Lünen/Schwerte, Märkischer Kreis, die Ausgabe Siegen und die WP Ausgabe Soest, Werl, Warstein. Hombach erklärt allerdings:  „Die Aufgabe eines Standortes wäre ein Versagen aller, ein Rückzug verlegerisch falsch.“

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Neuer Aufsichtsrat beim RWE

Der RWE Aufsichtsrat bekommt ein neues Mitglied auf der Arbeitnehmerbank. Wie ich erfahren habe, ist der Betriebsratschef der RWE Tochter DEA, Manfred Weber, in das oberste Gremium des Essener Energieriesen nachgerückt. Weber folgte, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits am 1. Dezember auf den Platz von Simone Haupt, die auch im Präsidium des RWE-Aufsichtsrates saß.

Haupt selbst verließ den Konzern nach einem Konflikt mit RWE-Chef Jürgen Großmann. Sie war zuvor Betriebsratschefin des Teilkonzerns RWE Systems AG, der in eine GmbH umgewandelt und zerschlagen wurde. 

LKA wirbt für Verschlüsselungssysteme

Von mir wurden ja, wie ich schon erzählt habe, einige Emails und Telefonate zum Thema PFT vom LKA in NRW abgefangen oder belauscht. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat mir mitgeteilt, dass mittlerweile alle Daten gelöscht seien. Gut. Aber eine lustige und mutmachende Begebenheit gibt es noch zu berichten. Und zwar habe ich ein Dokument des LKA gefunden, in dem die Kollegen Ermittler vor der Verschlüsselungssoftware Steganos Safe kapitulieren. Die Experten kommen nach eigenen Angaben an die kodierten Daten nicht ran. Das nur als Hinweis. Hier der Ausschnitt aus der entsprechenden Ermittlungsakte.

 

 

Nokia: Kündigung zu Weihnachten

Haben Sie Ärger mit ihrem Nokia Handy? Seien Sie froh – in Zukunft könnte alles noch schlimmer werden.

Denn nachdem Nokia in diesem Jahr neben der Produktion auch sein Entwicklungscenter mit 400 Ingenieuren in Bochum geschlossen hat ist noch lange nicht Schluß mit dem Abbau der Entwicklerkompetenz: Wie die Vancouver Sun heute meldet, hat Nokia in seinem Forschungszentrum in Vancouver die Hälfte der Ingenieure rausgeworfen. 200 Entwickler bekamn pünktlich zu Weihnachten ihre Kündigung.

Nokia baut damit weitere Forschungskapazitäten ab und setzt auf die sogenannten "Services" – die sind vor allem eine Ansammlung an Online-Diensten, die unter dem Namen Ovi vieles bieten, was andere schon längst haben: Eine Foto-Community, oder einen Musik-Online-Store.  Telefone werden da scheinbar langsam zur Nebensache.    

Haben Zeitungen eine Zukunft?

Um die Frage ob der PC etwas auf dem Frühstückstisch zu suchen hat, geht es heute auf einer Veranstaltung des DGB in Hagen.

Nicht nur bei der WAZ verlieren im Moment Journalisten ihre Jobs: Bei den meisten Tageszeitungen sinken die Auflagen. Vor allem die Regionalzeitungen sind betroffen – bundesweite Qualitätszeitungen wie die Süddeutsche oder das Handelsblatt schlagen sich indes wacker und konnten in letzter Zeit sogar ihre Auflagen steigern.

Das alles hat lange vor der Wirtschaftskrise begonnen und langsam aber sich stellt sich die Frage nach der Zukunft der Tageszeitung, nach der Zukunft von Print-Produkten überhaupt. Diese Fragen sollen heute mit Franz Kersjes, dem ehemaligen Vorsitzenden der IG Medien und dem Medienwissenschaftler Horst Röper um 19.00 Uhr im KUZ Pelmke in Hagen diskutiert werden.

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Wirtschaftswachstum: Richtige miese Zahlen

Das RWI-Essen hat seine Konjunkturprognose veröffentlicht. Bei näherer Betrachtung sind die Zahlen noch viel schlechter, als sie es auf den ersten Blick wirken.

Roland Döhrn, RWI, Foto: RWI-Essen

Mit einem Schrumpfen des Bruttosozialproduktes um zwei Prozent rechnet das RWI-Essen für das kommende Jahr in seiner aktuelle Konjunkturprognose. Allein das über ein ganzes Jahr die Wirtschaft schrumpft ist etwas extrem seltenes und zeigt die Dimension der Krise an, in der wir uns gerade befinden. Und sie ist noch schlimmer als es auf den ersten Blick scheint.

Denn -2 Prozent  ist eigentlich schon -3,5. Warum? Weil ein Nullwachstum, die Stagnation, nicht der Normalzustand ist. Normal ist dass die Wirtschaft in Deutschland (In den USA liegt die Zahl wegen der größeren Dynamik höher) um 1,5 Prozent  im Jahr wächst. Erst darüber kann man langsam von einem Aufschwung sprechen und kann beispielsweise die  Arbeitslosigkeit spürbar sinken. Um 1,5 Prozent  wächst die Wirtschaft aus sich selbst heraus: Neue Produkte entstehen, traditionelle Produkte wie z.B.  Autos werden weiter entwickelt und erhalten neue Features. Vor ein paar Jahren waren das die Klimaanlagen.  Auch ersetzen wir  alte Produkte durch neue, die höherwertig sind:  Alte Fernseher werden gegen Flachbildschirme getauscht und und und… . All das macht, wie gesagt,  noch keinen  Aufschwung, sondern ist der Alltag. -2 ist also ein gewaltiges Abweichen von diesem langjährigen Standardwachstum.

Und dann ist da noch etwas mit den RWI-Zahlen: Sie sind das wahrscheinliche Szenario, das ein paar Grundannahmen folgt: Es bricht keine weitere Großbank zusammen, es kommt zu keiner Eskalation militärischer Konflikte, die Regierungen bleiben stabil. Das wahrscheinliche Szenario schreibt die Gegenwart weiter – so kam es auch zur letzten, eher optimistischen Konjunkturprognose des RWI: 0,8 Prozent Wachstum wurden in der Prognose vorausgesagt, die das RWI am 12. September abgeschlossen hatte. Am 15. 9. ging Lehmann-Brothers in Insolvenz und die Finanzkrise erhielt eine ganz neue Dynamik. Das Negativszenario des RWI lag damals schon bei einem deutlichen Schrumpfen der Wirtschaftsleistung.

Nun zeichnen sich Krisen ganz allgemein dadurch aus, dass sie chaotisch sind. Das RWI kann also seriös nichts anderes machen, als die Gegenwart weiter schreiben denn die Zukunft hat es dummerweise so an sich, das sie niemand kennt. In Krisenzeiten allerdings kann sich die Lage sehr schnell ändern, werden Nachrichten anders interpretiert und verschlimmern so die Lage. Solche Ereignisse, erklärte mit gerade Dr. Roland Döhrn, der Leiter der Konjunkturforschung beim RWI-Essen seien nicht berechenbar. Die heute veröffentlichte Zahl von einem Schrumpfen der Wirtschaft um zwei Prozent hätte eine Wahrscheinlichkeit von 68 Prozent  – und eine Abweichungsbreite von einem Prozent nach oben oder unten: Zu 68 Prozent  wird die Wirtschaft also um drei, zwei oder einem Prozent schrumpfen. In einem Jahr werden wir wissen, was das für uns alle bedeutet.

Städte sind mit regionaler Flächenplanung gescheitert

Foto: Flickr.com / Blue Petunia

Der Regionaler Flächennutzungsplan (RFNP) für das Ruhrgebiet geht in die Geschichte ein. Die zuständige NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben ließ heute im Landtag eine Rede verteilen. Darin steht: Die Befristung des Experiments im Gesetz soll nicht aufgehoben und der RFNP damit nicht zu einem Regelinstrument der Raumordnung werden. Das ist sein Ende.

Allerdings sagte Thoben auch, dass die sechs Städte der Planungsgemeinschaft im zentralen Ruhrgebiet ihren RFNP noch fertig stellen dürften. Dann werde für die Gemeinden Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne eine Übergangslösung gefunden, nach der der erste kommunale stadtübergreifende Plan im einheitlichen Regionalplan des Ruhrgebietes aufgehen wird. Bereits im Januar soll ein Referentenentwurf für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt werden. In drei bis fünf Jahren wird es dann nur noch eine Planung für das gesamte Ruhrgebiet geben und die Zersplitterung des Potts in seine regionalen Kirchtürme weitgehend beendet. Dann müssen nur noch die kommunalen Kirchtürme geschliffen werden und wir haben die Metropole Ruhr. Mit der Beendigung des RFNP-Experimentes platzt damit die vorerst letzte Verhinderungs-Blase. 

Hier der Wortlaut der Thoben-Meldung:

Die sechs Städte der Planungsgemeinschaft im zentralen Ruhrgebiet können ihren Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP) fertig stellen. Die Befristung des Experiments im Gesetz soll aber nicht aufgehoben werden, denn der Landtag hat die Zuständigkeit für die Regionalplanung im Ruhrgebiet ab Oktober 2009 dem Regionalverband Ruhrgebiet übertragen. Spätere Änderungen des Plans der sechs Städte (Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne) werden daher nur unter Beteiligung des RVR möglich sein.

Diesen Kompromissvorschlag hat die für die Raumordnung in Nordrhein-Westfalen zuständige Ministerin für Wirtschaft, Mittelstand und Energie, Christa Thoben, heute im Wirtschaftsausschuß des Landtages vorgestellt. Die Ministerin berichtete über den Abschluß einer Evaluierung, mit der untersucht worden war, ob und wie das Instrument RFNP in die Planungsgesetzgebung in Nordrhein-Westfalen passt.

„Die Zuständigkeit des RVR für die Regionalplanung eines einheitlichen Ruhrgebiets steht für mich nicht in Frage,“ sagte Wirtschaftsministeriun Christa Thoben. „Die Arbeit am Regionalen Flächennutzungsplan wird abgeschlossen und die Ergebnisse werden Bestandteil des Regionalplans für das Ruhrgebiet, sobald der RVR in der Lage ist, einen solchen Plan vorzulegen. Ich erwarte, dass dies auf der Grundlage der bereits geleisteten Arbeit und bei tätiger Mithilfe der sechs Städte der Planungsgemeinschaft zügig gelingen wird.“

Die Ministerin wertete auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten den RFNP als eine erfolgreiche Vorstufe einer einheitlichen Planung im Ruhrgebiet mit einer besseren Abstimmung der Kommunen untereinander. Allerdings seien auch deutliche juristische Bruchlinien mit den funktionierenden Planungsinstrumenten deutlich geworden, die eine Übertragung des Experiments auf das ganze Land nicht empfehlen. Das Gesetz hatte die Möglichkeit auf Experimente mit dem RFNP räumlich auf das Ruhrgebiet beschränkt; auch hier war es nur zu einer einzigen Planungsgemeinschaft gekommen, deren Arbeit nun vor dem Abschluß steht.

Der gesetzliche Auftrag für die Evaluierung und das Verfahren ergab sich aus dem Landesplanungsgesetz. Ein erheblicher Teil der vorliegenden Gutachten kommt zu der Einschätzung, dass der gewollte Beitrag zu mehr kommunaler Gemeinsamkeit im Ruhrgebiet in der Planungsgemeinschaft der Städte Essen, Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen, Bochum und Herne erreicht werden konnte.

Die Ministerin würdigte, dass im Kern des Ruhrgebiets fast drei Jahre lang mit erheblichem Kräfteaufwand sehr engagiert und verantwortungsvoll in einem Planungsprozess zusammengearbeitet wurde. Von den Wissenschaftlern werde in den Gutachten die Auffassung vertreten, dass aufgrund der dadurch möglichen gemeinsamen, konsistenten Betrachtung des Kernraumes des Ruhrgebietes ein Mehrwert geschaffen wurde. Ministerin Thoben: „Diese Zusammenarbeit ist nicht vergebens – umsonst war sie ohnehin nicht. Sie ist ein Wert, der nutzbar gemacht werden sollte für die gesamte Region.“

Im Jahr 2007 hat der Landtag beschlossen, dass mit der Kommunalwahl 2009 der Regionalverband Ruhr für sein gesamtes Verbandsgebiet die Zuständigkeit für die Regionalplanung und die Beratungskompetenz für die Förderprogramme erhalten wird, die bisher bei den drei für das Ruhrgebiet zuständigen und bis 2009 gewählten Regionalräten der Bezirksregierungen liegt.

„Der Gesetzgeber hat mit dieser kompletten Übertragung der Regionalplanungskompetenz und des Beratungsrechts auf den RVR eine klare Entscheidung für die Eigenständigkeit dieser Region als Ganzes getroffen“, sagte die Ministerin im Wirtschaftsausschuss. „Ich bin davon überzeugt, dass der Planungsraum Ruhrgebiet nach mehr als 30 Jahren Fremdbestimmtheit diese Aufgabe erfolgreich und eigenverantwortlich wahrnehmen wird. Damit wird die Region einen wesentlichen Beitrag in eigener Verantwortung für einen erfolgreichen Strukturwandel an der Ruhr leisten. Der Regionale Flächennutzungsplan der Planungsgemeinschaft war damit in gewisser Hinsicht der historische Einstieg in eine eigenständige Regionalplanung im Ruhrgebiet. Diesen Regionalplan aus einer Hand werden wir nicht durchlöchern.“

Die vorliegenden Gutachten gehen überwiegend davon aus, dass die Integration im Planungsprozess gelingen kann. Der Plan muss dazu im neuen Regionalplan Ruhr aufgehen, der vom RVR erstellt wird. Der RVR kann auf der intensiven und vertrauensvollen Zusammenarbeit der Planungsgemeinschaft wirkungsvoll aufbauen. Änderungen des genehmigten Regionalen Flächennutzungsplans werden später nur unter Beteiligung des RVR als gesetzlichem Träger der Regionalplanung erfolgen können.

Die Ministerin kündigte für das zeitige Jahr 2009 einen Referentenentwurf zum Landesplanungsgesetz an, in den im Sinn der jetzt erfolgten Evaluierung eine Übergangsregelung für den Regionalen Flächennutzungsplan einarbeitet werde. Sie erlaubt es der Planungsgemeinschaft, ihre Arbeit erfolgreich abzuschließen und schafft zugleich die Basis für die Integration in die Planung des RVR.