Ich glaube, NRW-Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) hat mit seinen Anzeigen gegen den ehemaligen Abteilungsleiter aus seinem Haus ein richtiges Eigentor geschossen. Zunächst konnte bis heute nichts wirklich verwerfliches gefunden werden, was dem Mann angehängen kann. Und dass, obwohl seit zwei Jahren mittlerweile die beiden Belastungszeuginnen D. und F-H. teilweise in Privatermittlungen jeden Stein umgedreht und die absurdesten Sachen behauptet haben.
Auch im neuen Fall, den ich nun aufgearbeitet habe, versuchte das Landeskriminalamt nach den Uhlenberg-Anzeigen, Missetaten de ehemaligen Abteilungsleiters aufzudecken. Doch was die Ermittler fanden, hatte wieder nichts mit Friedrich zu tun. Stattdessen geraten jetzt in dem Verfahren wegen des Verdachts auf Korruption das Wirtschaftsministerium von Christa Thoben (CDU) und das Wissenschaftsministerium von Andreas Pinkwart (FDP) in das Fadenkreuz. Nach meinen Informationen haben Beamte des LKA die Ministerien als "Durchsuchungsobjekte" bereits im Juni "aufgesucht" und Dutzende Akten sichergestellt.
Offiziell wollte sich kein Beteiligter zu den Recherchen äußern. Aber ich konnte Einblick in die Ermittlungsunterlagen nehmen. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal und die Kommission "Stuhl" beim LKA vermuten diesmal, dass es rund um die Einrichtung der Wasserwirtschaftsinitiative NRW (WWI) zu Vergabeverstößen gekommen ist. Die Initiative wird gemeinsam vom Umweltministerium, dem Wirtschaftsministerium sowie dem Wissenschaftsministerium vorangetrieben. Insgesamt überprüfen die Ermittler die Verwendung von rund 1,8 Millionen Euro, die seit dem Jahre 2005 zumindest teilweise zweckwidrig verwendet worden sein sollen.
Das Strafverfahren wurde wie gesagt durch drei Anzeigen des Umweltministeriums unter Eckhard Uhlenberg (CDU) initiiert. Insgesamt werden 13 Beschuldigte verdächtig, gemeinsam über vier Millionen Euro unterschlagen zu haben.
Die ersten Ideen für die WWI entstanden bereits im Jahr 1999 nach dem üblichen Strickmuster der Wirtschaftsförderung unter dem damaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD): mit Hilfe von Landesgeld sollten mittelständische Unternehmen zusammengefasst und weltweit vermarktet werden. Die ersten Konzepte zeichnete der damalige Wirtschaftsminister Peer Steinbrück persönlich ab. Ein an den Verhandlungen Beteiligter erinnert sich: "Die WWI war von allen beteiligten Ministern auf Kabinettsebene gewollt."
Selbst der unvermeidliche Hanns-Ludwig Brauser versuchte über die Staatskanzlei seine Finger auf die WWI zu legen. Auch das ist in den Ermittlungsunterlagen dokumentiert. Brauser war damals Chef der Projekt Ruhr GmbH. Und danach Beteiligter an einem Untersuchungsausschuss im Landtag, der Verschwendung und falsche Vergaben in der Projekt Ruhr untersucht hat. Doch die drei beteiligten Ministerien konnten die Angriffe Brauser abwehren und die WWI unter eigene Fittiche halten.
2002 bekam die Firma Matrix aus Düsseldorf den Zuschlag, das Projekt zu führen.
Kurz vor den Landtagswahlen 2005 sollte der Vertrag für die WWI erneuert werden. Doch nach mehreren Zeugenaussagen, die eng dokumentiert sind, waren die Ministerien nicht mit der Matrix GmbH zufrieden. Bei einer neuen Ausschreibung, an der alle Ministerien beteiligt waren, bekam das Institut FIW aus Aachen unter Professor Max Dohmann den Zuschlag. Dohmann war damals in den Müllskandal um Helmut Trienekens verstrickt.
Wie die Ermittler herausfanden, bekam auch die Matrix GmbH nach einer Vergabebeschwerde ein Trostpflaster. Für rund 100.000 Euro im Jahr sollte sie unter anderem Projekte in Rumänien betreuen. Interessant ist, dass die heutige SPD-Fraktionschefin Hannelore Kraft damals als Wissenschaftsministerin in das Verfahren involviert war. Dabei hatte sie eine über Eck eine Verbindung zur Matrix GmbH. Die Firma kooperierte in Sachen WWI mit dem alten Arbeitgeber von Kraft, der Mülheimer Zenit GmbH.
Wie mir einer sagte, der an den Vergabe-Verfahren teilgenommen hat, war von Anfang an klar, dass es sich bei der Matrix-GmbH um einen "SPD-Kiste" handelt.
Nach Aussagen von mehren Beteiligten lag die Federführung und die Initiative für das WWI im Wirtschaftsministerium. Den Vertrag mit dem FIW schloss das Ministerium sogar erst nach dem Regierungswechsel im August 2005 unter Christa Thoben (CDU).
Der vom Umweltministerium der Korruption verdächtigte Ex-Abteilungsleiter hatte nach mehreren übereinstimmenden Zeugenaussagen nur am Rand mit der WWI zu tun. Er nahm an wenigen Sitzungen zur WWI teil. Das Projekt wurde vor allem von Hans-Josef Düwel betreut. Der Mann ist SPD-Mitglied und war früher Kofferträger von dem SPD-Umweltminister Klaus Matthiesen. Heute ist Düwel der Nachfolger des geschassten Abteilungsleiters im Umweltministerium und einer von den wichtigen Männern des Ministers im PFT-Fall. Würden die Ermittlungen des LKA unbeachtet der Person verangetrieben, müsste Düwel im Fall WWI als Beschuldigten vernommen werden.
Das Eigentor, dass ich oben beschrieben habe, ist also gefallen. Umweltminister Uhlenberg schmiert seine Kabinettskollegen Thoben und Pinkwart an. Und bringt seinen Abteilungsleiter in Verdrückung. Alles auf Basis von zwei Belastungszeuginnen, die, während ihre Aussagen laufen, im Ministerium befördert werden. Hurra – ein Experte.
Unterdessen weitet sich auch die Abhöraffäre rund um das Verfahren weiter aus. Wie ich erfahren habe, wurden etliche Telefonate zwischen den Beschuldigten und ihren Rechtsanwälten im Korruptionsfall mitgeschnitten. Auch ein Gespräch zwischen dem Anwalt des Hauptbeschuldigten und dem grünen Landtagsabgeordneten Johannes Remmel zeichneten die Beamten auf. Aus der Staatsanwaltschaft hieß es, diese Telefonate würden nun alle gelöscht.