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Weltkindertag: Die größte Farce im Lande?

Heute, am 20. September, stehen landesweit die im vergangenen Jahr zum Modephänomen gewordenen Klimastreiks im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Dadurch droht diesmal eine seit Jahren wiederkehrende Einrichtung etwas unter zu gehen, die bisher viele Schlagzeilen an diesem Datum sicher hatte: Der Weltkindertag.

Und genau dieser traditionelle Weltkindertag ist für mich schon seit Jahren eine der größten Scheinheiligkeiten, die ich kenne, weshalb ich ihm auch heute an dieser Stellen ein paar Zeilen widmen möchte.

An meinem Wohnort, in Waltrop (Kreis Recklinghausen), finden anlässlich des Weltkindertages seit Jahren schon große Feste auf dem Marktplatz statt. Diverse Organisationen prahlen dort damit, wie ernst sie die Rechte unserer Kinder nehmen, wie kinderfreundlich die Stadt Waltrop doch ist.

Zum Weltkindertagsfest, das diesmal am kommenden Sonntag stattfindet, mag das zutreffen. Aus eigener Erfahrung weiß ich jedoch, dass die Realität in der Stadt ansonsten leider eine ganz andere ist. Und Waltrop dürfte sich mit solche scheinheiligem Verhalten in guter Gesellschaft befinden, wie ich fürchte.

Als meine Familie im Jahre 2005 eine damals noch zu errichtende Eigentumswohnung in einem 11-Familien-Haus kaufte, da war ein ausgewiesener Kleinkinderspielplatz ein fester Bestandteil der Planungen.

Auf einer bei dieser Hausgröße damals vorgesehenen Fläche von mindestens 55 Quadratmetern war eine solche Fläche sogar zwingend vorgeschrieben, wie sich später herausstellen sollte.

Wie wir dann im Laufe des Fertigstellungsprozesses des Hauses bemerkten, war diese in den genehmigten Plänen zum Spielen von Kindern ausgewiesene Fläche auf dem zum Haus gehörigen Grundstück jedoch urplötzlich nicht mehr vorhanden, wurde vom Bauträger für Mülltonnen-Stellplätze und einen einem einzelnen Miteigentümer im Nachhinein noch zugesagten Schuppen anderwertig verplant.

Als uns das auffiel, holten wir direkt anwaltlichen Rat ein. Der angefragte Fachanwalt riet uns seinerzeit schlicht dazu die Stadt Waltrop für unsere Rechte eintreten zu lassen. Diese solle den Bauträger auffordern die vorgeschriebene Fläche bereitzustellen, so wie es bestandteil der Baugenehmigung war. Zudem sei die Sachlage so klar, dass wir einen eigenen Anwalt dafür gar nicht bräuchten. Die Stadtverwaltung sei dazu verpflichtet das geltende Recht in unserem Sinne umzusetzen.

Es entwickelte sich trotzdem eine lange, unschöne Geschichte daraus, die ich schon vor Jahren hier im Blog einmal aufgeschrieben habe. Wer möchte, der kann sich die Details gerne hier anschauen.

Für meinen heutigen Beitrag reicht es allerdings aus hier kurz das magere Ergebnis zu erwähnen. Es gelang uns nämlich über Jahre hinweg nicht die vorgeschriebene Fläche erfolgreich einzufordern.

Die örtliche Stadtverwaltung, die den Weltkindertag stets im ganz großen Stil feiert, hielt es nämlich offenkundig am Ende nicht wirklich für nötig, die konkrete Umsetzung der von ihr erteilten Baugenehmigung vom Bauträger auch tatsächlich und dauerhaft einzufordern. Eine bittere Erkenntnis für meine Familie, die darin mündete, dass wir die Wohnung nach ein paar Jahren wieder verkauft haben.

Noch trauriger wurde das Ganze damals, als wir unseren Blick einmal durch die Nachbarstraßen und Siedlungen in der Nähe schweifen ließen. Denn diese laut rechtskräftigem Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen zwingend vorgeschriebenen Kleinkinderspielplatzflächen hatte kaum ein Mehrfamilienhaus tatsächlich präsent. Nicht in Waltrop und auch nicht in den Nachbarstädten. Hier deutete sich aus unserer Sicht ein wesentlich größerer Missstand an, als wir das zunächst vermutet hatten.

Am Ende wunderten wir uns vor diesen Hintergründen auch nicht mehr wirklich, warum selbst eine Anfrage beim Petitionsausschuss des NRW-Landtages in Düsseldorf, trotz anfänglicher Zusage sich damit befassen zu wollen, nicht zum erwarteten Erfolg führte, irgendwann, trotz diverser Nachfragen, einfach sang und klanglos einschlief.

Hier lag bzw. liegt offenkundig so viel im Argen, dass man dieses große Fass besser nicht aufmachen wollte. Anders war uns diese Zähigkeit in der Sache jedenfalls irgendwann nicht mehr zu erklären.

Noch bedenklicher wurden diese miterlebten Abläufe, als ich etwas später, als Mitglied des örtlichen Stadtentwicklungsausschusses, machtlos miterleben musste, wie diverse bereits vorhandene Spielplatzflächen im Stadtgebiet einfach von der Lokalpolitik ziemlich widerstandslos demontiert wurden, in einem Neubaugebiet der zunächst im Verkaufsprospekt sichtbar eingeplante öffentliche Spielplatz ersatzlos einem weiteren Haus geopfert wurde. Kampf für Kinderrechte? Politik im Sinne auch von sozial schwächeren Familien ohne eigene Gärten? Hier nicht wirklich.

Und das alles, wie gesagt, in einer Stadt, deren Vertreter am Weltkindertag immer wieder gerne mit einem breiten Grinsen im Gesicht ihre Kinderfreundlichkeit öffentlich zur Schau stellen. Die traurige Wirklichkeit sieht dann allerdings vor Ort gerne einmal ganz anders aus, wie ich selber über Jahre hinweg miterleben musste…

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ke
ke
4 Jahre zuvor

Wenn jetzt der Spielplatz gebaut werden würde, hätte die Stadt sofort mit weiteren Klagen zu rechnen, weil die Wohnungsbesitzer alle älter geworden sind und ihre Ruhe haben wollen.

Das ist zumindest die Version, die von ähnlichen Fällen kenne.

Wo bleiben die Bolzplätze? Heute gibt es nur noch Schulhöfe und Sportstätten, die gesichert sind wie Gefängnisse und auf die kind nicht kommen kann.

Thommy
Thommy
4 Jahre zuvor

Angesichts der unterschiedlichen katastrophalen Situationen von Hunderten Millionen Kindern auf der gesamten Welt muss man leider konstatieren, dass es wohl – anstatt den Weltkindertag zu feiern- ehrlicher wäre, einen globalen "Weltkindertrauertag" zu begehen.

Erdmann Kilian
Erdmann Kilian
4 Jahre zuvor

Das ist leider die übliche Heuchelei der Politiker. Selbst die Partei mit dem C im Namen benachteiligt systmatisch kinderreiche Familien.

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