Wer kontrolliert die Guten?

Sitz der Stiftung Mercator in Essen Foto: Laurin


NGOs nehmen Einfluss auf Politik und Gesellschaft, oft mit öffentlichem Geld. Doch wer kontrolliert sie eigentlich? Von unserem Gastautor Carsten Seifert.

In Berlin wurde am Wochenende die „Initiative Transparente Demokratie“ gegründet – ein Verein, der mehr Transparenz bei zivilgesellschaftlichen Akteuren schaffen will. 7,4 Milliarden Euro – so viel Geld floss laut Europäischem Rechnungshof in nur zwei Jahren aus EU-Töpfen an Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Ein Großteil davon ohne klare Kontrolle, ohne Überblick, wer eigentlich genau gefördert wurde – und wofür.

Aber keine Sorge: Es waren ja „die Guten“. Denn so sehen sich viele NGOs selbst und werden auch oft so wahrgenommen. NGOs stehen für das Ehrenwerte, das Gemeinwohl, den Fortschritt. Wer für Menschenrechte, Umwelt oder Bildung kämpft, muss ja auf der richtigen Seite stehen. Oder? Doch genau das ist das Problem. Während Parteien, Unternehmen oder selbst Journalisten regelmäßig auf Herz und Herkunft geprüft werden, genießen NGOs häufig einen Vertrauensvorschuss, der sich allerdings zunehmend als naiv erweist.

Am 22. Mai wurde in Berlin der Verein „Initiative Transparente Demokratie“ gegründet. Unterstützt wird das Projekt von rund 100 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Medien, Politik und Gesellschaft. Das Ziel: mehr Licht in ein Dunkelfeld der politischen Willensbildung zu bringen. Denn NGOs, so die Initiatoren, nehmen nicht nur gesellschaftlich Einfluss – sie tun das vielfach mit öffentlichen Mitteln, ohne demokratische Legitimation und ohne wirksame Kontrolle.

Ein Blick auf manche Tierschutzorganisation zeigt, wie wichtig Transparenz ist: In der Öffentlichkeit treten sie als Anwälte des Tierwohls auf – in internen Papieren oder strategischen Zielsetzungen geht es aber mitunter um weitreichende Forderungen, etwa das Ende privater Haustierhaltung. Solche Zielkonflikte bleiben oft im Verborgenen. Die neue Initiative will genau hier ansetzen: Die Agenda einer NGO sollte öffentlich nachvollziehbar sein – auch in ihren langfristigen Konsequenzen. Die Initiative versteht sich als überparteilich und politisch unabhängig. Ihr Anliegen ist nicht die Diffamierung zivilgesellschaftlichen Engagements, sondern die Stärkung demokratischer Prozesse durch Transparenz – unabhängig von politischer Ausrichtung oder thematischem Schwerpunkt der jeweiligen Organisationen.

Wer sich aktiv in den politischen Diskurs einmischt, muss auch sagen, wer ihn finanziert. Welche Netzwerke, welche Interessen, welche Ziele dahinterstehen. Transparenz ist kein Angriff, sondern eine demokratische Notwendigkeit. Es geht also nicht darum, NGOs pauschal zu diskreditieren. Es geht um das bewährte Prinzip: Macht braucht Kontrolle. Und wer Einfluss nimmt, sollte sich nicht hinter wohlmeinenden Etiketten verstecken dürfen. Sonst werden aus zivilgesellschaftlichen Akteuren heimliche Nebenregierungen – legitimiert nicht durch Wahlen, sondern durch Seilschaften.

Die „Initiative Transparente Demokratie“ hat sich daher ein klares Ziel gesetzt: eine unabhängige Plattform, die – ähnlich wie influencewatch.org in den USA – die Finanzierung und Einflussstrukturen von NGOs, Verbänden und Lobbygruppen aufbereitet und dokumentiert. Demokratie braucht Offenheit, gerade auch bei denen, die sich selbst gern als moralische Instanz inszenieren.


Vorstand und Kontakt:
Dem Vorstand der „Initiative Transparente Demokratie“ gehören an:
Anja Stürzl (Vorsitz), Ludger Weß, Hasso Mansfeld, Michael Hartmann und Tanja Jahnke.
Weitere Informationen, Hintergründe und die vollständige Satzung:
👉 www.transparente-demokratie.de

Mehr zu dem Thema:

Stiftung Mercator: Die Machtmaschine mit Millionenetat

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