2unbreakable im Kino: Breakdance neu bei Olympia

Serhat, BBoy Said, Sankofa Crew München, Copyright Cine Global


„Beim Breaking geht es nicht ums Gewinnen – mir gefällt der Prozess, den ich dabei mit mir selber habe. Wenn ich als Mensch wachse – wachse ich auch als Tänzer. Ich bin frei in dem, was ich tue! Es macht mich glücklich, zu tanzen!“

Das sagt BBoy Said, ein tanzender Deutsch-Uigure aus der Münchener Breakdance-Szene, der bis auf die Kippe nach dem Battle als beachtliches Rollenvorbild auftritt und die Frage nach (s)einem Sinn des Lebens geradezu philosophisch beantwortet. Warum bist du hier? Seine Antwort ist so simpel wie elementar. Eltern und andere wichtige „Bildungsexperten“, knickt euer Lamento über die Ehrenurkunde bei den Bundesjugendspielen, bringt die Kids ins Kino, wenn sie Disziplin, Wettstreit und Leistung lustvoll für sich entdecken sollen! Der Dokumentarfilm von Maike Conway ist ein willkommenes Bildungsangebot, das in der Tat für Schulvorführungen gebucht werden kann. Noch einfacher kommt man eine sinnvoll genutzte Unterrichtsstunde echt nicht ran.

Ab 2024 ist Breakdance olympisch. In Paris wird ab August der erste deutsche Bundeskader an den Start gehen, zu dem Serhat glücklicherweise zählt. Joannas Ziel im Film ist es, genügend Punkte auf Battles für die Bestenauswahl zu erreichen. Doch das Leben als Breakdancer und nun auch als potenzieller Olympionike ist aufwendig. Das zeigt der Film ehrlich und mit dem nötigen Respekt gegenüber der einstigen Subkultur, die bereitwillig in sich hineinleuchten lässt. Anerkennung ist ein Treiber in der Szene. Für Jugendliche ist es ein langer Weg, bis sie die körperlichen und auch mentalen Höchstleistungen mit der nötigen Leichtigkeit abrufen können. Ständig lauert die Gefahr, sich zu verletzen, womit der Traum vom Fünf-Ringe-Tattoo als Belohnung der harten Mühen sofort zerplatzen kann.

Serhat, BBoy der Sankofa Crew München und Joanna, als BGirl Joanna die einzige Frau bei The Saxonz Dresden, zeigen mehr als coole Steps im Cypher. Das steht im Hip-Hop für einen Kreis, in dem sich zwei Kontrahenten oder zwei Crews miteinander „battlen“. Wer gewinnt mit den tightesten Moves den Respekt der Crowd für die Freshness von Top-Rocks (Bewegungen im Stehen) bis Go Downs (vom Stehen auf den Boden heruntergehen) im eigenen Style? Geschmeidigkeit, Spritzigkeit, Musikalität und sog. Signature-Moves, die Tänzer von anderen charakteristisch unterscheiden, stellen insgesamt die Herausforderung an BBoys und BGirls dar, ihre eigene Note zu finden. Zweifelsfrei kommt diese Kinorezension nicht ohne Anglizismen aus but that’s part of the groove. Schließlich gehört das Breaken neben Writing (Graffiti), MCing (Rap) und DJing zu den vier Säulen des Hip-Hop der New Yorker Szene der 1980er Jahre. Der Realness wegen ist „2unbreakable“ korrekterweise solange kein Film übers Breaken, bis nicht mindestens einmal Storm, die Legende himself, auf der Leinwand erscheint; er tut es, u.a. als Judge bei den weltweit führenden Battles von Red Bull BC One.

2unbreakable, Copyright Cine Global

Über gut zwei Jahre hat die Regisseurin Conway beide Tänzer an verschiedenen Stationen ihres Lebens begleitet. Die zwei Tänzer sind erstaunlich selbstorganisierte und fokussierte junge Menschen. Serhat strebt nach Satori bzw. er befragt den Krieger in sich, um die Pforte mit dem wahren Schlüssel zum Sein zu finden, eine Selbstbefragung aus dem Zen-Buddhismus. Während Explosion, Offensive und Power-Moves auf der Tanzfläche gefragt sind, findet der BBoy die nötige Kraft vor jedem Battle in der meditativen Introspektion. Dieses Wechselspiel von Ruhe und Energie ist genau das Moment im Tanz, den es aus Serhats Sicht einzufangen gilt. Fokussierung im Hier, Erleben im Jetzt, sich Versenken im Tun – von diesem Flow mit sich selbst in der Welt inspiriert entwickelt sich Serhat zu einem achtsamen Entscheidungsträger während der Dokumentation.

Joanna, BGirl Joanna, The Saxonz Dresden, Copyright Cine Global

Joanna liefert mal eben so in ihren Alltagsrollen als Tanzlehrerin für Mädchen, Lebenspartnerin und unverhofft gewordene Ziehmutter neben vielen Trainingseinheiten mit ihrer Crew eine Bestnote im Psychologiestudium ab. Überheblichkeit ist ihr fremd. Was Jugendliche von den beiden lernen können: Sowohl Serhat als auch Joanna arbeiten beständig an sich, die beste Version ihrer selbst zu finden, als Tänzer und als Persönlichkeiten. Das bedeutet aber trainieren, trainieren, trainieren, also kostbarer Schweiß. Deswegen ist Tanzen auch so viel mehr als nur Tanzen. Mit und durch Tanz navigieren beide durch unterschiedliche Lebenskrisen, die die Regisseurin Maike Conway zwischen Bass und Beats behutsam einfängt. Den Protagonisten gebührt Dank, dass sie dem Publikum auch diese Seiten ihres Lebens öffnen und nahbar werden. Doch der geheime Star des Films ist natürlich eine Mama. Serhats Mutter, die als verfolgte Uigurin mit ihrem Mann aus China emigrieren musste, gibt mit leuchtenden Augen eine 1a-Kurzeinführung in Demokratiekunde ab. In diesen oft so verwöhnten Zeiten tut die in „2unbreakable“ zum Ausdruck gebrachte Dankbarkeit und Demut echt gut.

Mein Votum: Catch the moment!

2unbreakable, Copyright Cine Global

VERLEIH

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Daniel Ludwig geb. O´Dochartaigh

Marktstrasse 2

D-80802 München

Telefon: 089–21557239

E-Mail: mail@cineglobal.de

 

Schulvorstellungen mit Begleitmaterial:

https://www.cineglobal.de/break/

 

Filmwebsite mit Kinotourterminen:

http://www.2unbreakable.de

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