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Der BDS, die Documenta und das Geld: Es ist nichts Persönliches

Ruru-Haus der Documenta in Kassel Foto Jonas Dörge


Kurz vor Eröffnung der Documenta 15 wird aus guten Gründen darüber diskutiert, wie antisemitisch die Kulturszene ist. Dabei wird übersehen, was schon immer die Haupteigenschaft eines Großteils ihrer Vertreter war: Opportunismus.

Am kommenden Samstag wird in Kassel die Documenta 15 eröffnet. Unterstützer und Sympathisanten der antisemitischen BDS-Kampagne finden sich sowohl unter den Künstlern als auch unter Funktionsträgern der nordhessischen Kunstshow. Das Ziel der BDS-Kampagne ist nicht, wie oft zu lesen, die Kritik an Israel sondern dessen Vernichtung. Aber BDS ist hip und gilt in weiten Teilen der postmodernen Kulturszene des Westens als der heiße Scheiß. Wer es wirklich ernst meint mit der angesagten postkolonialen Kritik und als echte Stimme des globalen Südens gilt, sieht nun einmal Juden in Israel als koloniale Siedler, die es zu bekämpfen gilt. Dass Umfragen belegen, dass die meisten Menschen im globalen Süden zutiefst konservativ sind, vor allem nach einer guten Bildung für ihre Kinder streben und an ihrem wirtschaftlichen Aufstieg arbeiten, interessiert die oftmals als Intellektuelle gelesenen Vertreter der hiesigen Kulturszene nicht. Mit postirgendwas lässt sich auch in den letzten Wochen der abklingenden Wohlstandsphase Politikern noch gut Geld aus der Nase ziehen. Man ist ja kritisch und am besten kritisieren lassen sich die demokratischen Gesellschaften des Westens, zu denen Israel gehört. Russland? China? Der um sich greifende Islamismus? Mein Gott, da könnte man ja vielleicht wirklich Ärger bekommen. Die Politiker interessieren sich für moderne Kultur in der Regel so wenig wie die meisten anderen Menschen, wollen allerdings nicht als spießig oder rückständig wirken und geben dann das Geld der Bürger großzügig weiter.

Steckt hinter dem Handeln der Kulturszene und ihrer Managerkaste eine Überzeugung? Fühlen sie sich wirklich den Menschen in Afrika und Asien verbunden? Nein, natürlich nicht. Man fühlt sich als Elite und den meisten Menschen im eigenen Land überlegen und sucht immer wieder neue Wege, das zu zeigen und vor allem, Geld von der Politik zu bekommen. Es ist ein Wechselspiel und es hängt davon ab, wieviel Geld in den Kassen des Staates ist. Noch sind die gut gefüllt, also gibt es Geld für Systemkritik, die als schick gilt. Ändern sich die Zeiten, wird die Szene sich andere Argumente suchen, um an das Geld der Steuerzahler zu kommen. Als es in den Nullerjahren mit der Wirtschaft nicht gut lief, bemühten sich große Teile des professionellen Steuergeldabgreifer der Politik zu erklären, wie wichtig Kultur als Wirtschaftsfaktor ist. Stichworte waren damals „Kreativwirtschaft“ und „weicher Standortfaktor“. Man zitierte gerne die Bücher des US-Ökonomen Richard Florida und tat so, als ob der geschrieben hätte, Konzerthäuser würden dafür sorgen, dass sich High-Tech-Unternehmen ansiedeln. Das in Floridas Büchern das Gegenteil stand, interessierte niemand. Seine Bücher, die wirklich klug sind, dürfte ohnehin kaum jemand gelesen haben.

Dieselben Leute, die heute so tun, als ob ihnen der globale Süden am Herzen liegt und die vor 20 Jahren von Kreativwirtschaft redeten würden morgen auch Ausstellungen und Konferenzen zum nationalen Erwachen organisieren, wenn es dafür Geld gäbe. Solange sie den Glanz der eigenen Bedeutung aufrecht erhalten können, tun sie alles. Auf wessen Kosten dürfte den meisten von ihnen ebenso egal sein wie die Werke, die sie in den von ihnen organisierten Ausstellungen zeigen oder die Themen, über die sie auf Konferenzen reden. Solange sie sich wichtig fühlen und das Geld anderer Leute bekommen, ist die Welt für sie schön. Und wenn, wie zurzeit, eine Prise Antisemitismus dazu gehört, ist es für sie auch in Ordnung. Es sind kulturelle Contract Killer, sie machen es fürs Geld. Es ist nichts Persönliches

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Thomas Schweighäuser
Thomas Schweighäuser
1 Jahr zuvor

Ich begrüße es sehr, dass der Opportunismus von Kulturfunktionären von Journalisten angeprangert wird, denn kein anderer Berufsstand ist in dieser Hinsicht so sehr über jeden Verdacht erhaben wie dieser. Wer sich gestern gegen Rüstungsexporte in Krisengebiete die Finger wund schrieb, macht dies auch heute noch, wer gestern jeglichen Nationalismus bekämpfte, den wird man auch heute noch an der Seite derjenigen finden, denen Nationen nichts zu bieten haben, und wer gestern noch das Elend der 3. Welt auf den verbrecherischen Kolonialismus zurückführte, der wird es sich heute nicht nehmen lassen, weiterhin — usw.

Georg Hofrichter
Georg Hofrichter
1 Jahr zuvor

„Was ist eigentlich das Problem mit der documenta?“, fragte mich ein israelischer Historiker. „Die deutschen Debatten über Juden und Israel verstehe ich inzwischen nicht mehr. Es scheint mir weniger um uns Israelis und Palästinenser zu gehen, vielmehr um deutsche Befindlichkeiten“, kommentierte er nüchtern.

https://www.zeit.de/kultur/kunst/2022-06/antisemitismus-nahostkonflikt-documenta-fifteen-palaestina-israel

nussknacker56
nussknacker56
1 Jahr zuvor

@ Georg Hofrichter #2

Der gesamte erste Absatz ist ein Zitat und sollte auch als solches gekennzeichnet sein. Nicht Sie wurden gefragt, sondern die Zeit-Autorin Saba-Nur Cheema – zumindest behauptet sie das.

Um welchen „israelischen Historiker“ es sich handelt, erfährt der Leser im verlinkten Artikel leider nicht – spielt aber auch nicht wirklich eine Rolle. Die Spezialität der Verfasserin ist antimuslimischer Rassismus, in dieser Frage berät sie auch die Bundesregierung, außerdem ist sie noch Antirassismus-Trainerin(!).

Dass Muslime eine Rasse sind, wusste ich bisher nicht und wird auch nicht dadurch wahr, dass es immer öfter herausposaunt wird. Der gesamte Artikel gibt ansonsten die üblichen Narrative von „Israelkritikern“ wieder. Sachlich und objektiv, versteht sich, sodass es jeder ZEIT-Leser versteht.

Zu welchen Methoden Cheema greift, um etwas annähernd Aktuelles vorweisen zu können, sei an einem kurzen Beispiel aufgeführt:
„Die Vorwürfe gegen die documenta wurden wiederum durch ein prominentes antideutsches Sprachrohr verstärkt: den Blog Ruhrbarone. Dieser Blog ist bereits in der Vergangenheit durch Vernichtungsfantasien gegen die Palästinenser aufgefallen, beispielsweise mit der Forderung, den Gazastreifen platt zu machen („Transform Gaza to Garzweiler“). Es ist schon erstaunlich, wie unkritisch Teile der Medien und Politik sich diese antideutsche Argumentation zu eigen machen. Der Deutschlandfunk bezeichnete die Ruhrbarone in diesem Zusammenhang sogar als einen „durchaus seriösen Blog“.“ [Zitat Ende]

Muss man dieses armselige Durcheinander von „antirassistischen“ Verschwörungstheorien und aufgeblasenen Zitaten noch weiter kommentieren?

– – – – –

Noch was Grundsätzliches: An dem Beitrag #2 stammt nicht ein Wort von G.Hofrichter. Bequemerweise weist er auf einen Link, aus dem man dann seine Ansichten herausdestillieren soll. Die Unsitte kommt hier leider immer öfter vor, und wird meist getarnt als „Lesetipp“. Es kann zwar notwendig sein, auf einen Link zu verweisen, aber häufig handelt es sich eine Masche, sich der Darlegung einer eigenen Argumentation zu entziehen.

Robert Herr
Editor
1 Jahr zuvor

#3

Bei dem erwähnten „israelischen Historiker“ dürfte es sich um Moshe Zimmermann handeln, den Cheema vor zwei Wochen auf einer Konferenz des Van Leer Jerusalem Institute traf.

nussknacker56
nussknacker56
1 Jahr zuvor

@ #4

Danke für den Hinweis, Robert Herr. So etwas Ähnliches habe ich fast vermutet. Moshe Zimmermann ist ein Historiker, der seine Fans fast ausschließlich in Deutschland hat und in jedem Fall ein guter Grund, seinen Namen nicht zu erwähnen.

thomas weigle
thomas weigle
1 Jahr zuvor

@ nussknacker 56 Soso,die Ruhrbarone sind „antideutsch“ und stehen damit in der linksextremen Ecke. Immerhin werden die Ruhrbarone als prominent bezeichnet.Schön,dass du uns dieses depperte Zitat Cheemas nicht vorenthalten hast. Bei anderen sind die Ruhrbarone rechtsextremistisch. Immer wieder amüsant,wie Leute mit einem Blog umgehen,das politisch nicht eindeutig zu definieren ist,das aber keinesfalls links-oder rechtsextremistisch ist.

P.S. Ich muss mich für die Fehler in meinem vorigen Kommentar entschuldigen.

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