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Der Mensch ist ein Feigling – Warum die Freiheit keine Mehrheiten gewinnen kann.

Der Mensch kommt als Schwächling zu Welt. So hat es die Natur für uns vorgesehen. Er braucht andere Menschen um groß und stark zu werden. Eine Garantie gibt es dafür deswegen nirgendswo auf dieser Welt. Wenn der Mensch bei Ort, Zeit und Eltern der Geburt Glück hat und seine Gene im hold sind, kann es klappen. Wenn nicht, klappt es meistens nicht. Der Mensch kann dann zwar später groß und stark aussehen. Innerlich ist er jedoch ein Schwächling geblieben und keine Therapie, kein höheres Wesen und kein esoterischer Hokuspokus kann daran etwas ändern.

Das ist für viele Menschen schwer zu akzeptieren. Aber spätestens wenn ihr Leben riskant wird, und das wird es früher oder später unvermeidlich, zeigt ihnen ihre Angst, dass sie von Grund auf feige sind. Sie konterkariert in geradezu bösartiger, weil in unkontrollierbar hormongesteuerter Weise, all das individuelle Freiheitsgeschwätz und lässt das diesbezüglich sorgsam gepflegte Selbstbild sang und klanglos in sich zusammenbrechen. Weswegen so etwas auch selten vor Publikum geschieht, sondern im stillen Kämmerlein. Gerade und erst recht bei sogenannten Prominenten.

Der gerade wieder ansteigende öffentliche Gesang von der Freiheit, auch gerne mit Liberalismus verwechselt, ist deswegen ein untrügliches Zeichen dafür, dass es sowohl mit dem Liberalismus als auch mit der persönlichen Freiheit nicht zum Besten gestellt ist. Vielmehr zeigen die meisten ihrer Prediger, wenn man hinter die öffentliche Kulissen schaut, selbst am deutlichsten, dass sie in ihrem eigenen Leben jedes Lebensrisiko tunlichst vermeiden. Oder besser so abgesichert haben, dass ihnen selbst dabei nichts passieren kann.

Was natürlich nur geht, wenn man auch über die entsprechenden finanziellen Mittel, gesetzliche und oder beruflichen Privilegien oder die entsprechenden Beziehungen oder besser noch über alles zusammen verfügt. Die Freiheit ist eben immer dann am schönsten, wenn man den Preis dafür locker aus der Portokasse oder am besten gar nicht zahlen muss, weil andere dafür aufkommen müssen. Die das wiederum in der Regel mit weniger persönlicher Freiheit bezahlen, weswegen sich ihre Begeisterung für den politischen und/oder ökonomischen Liberalismus auch in Grenzen hält.

Selbst die professoralen Erfinder und Verteidiger des freien Marktes z.B. mussten sich ihm selbst in den seltensten Fällen stellen, geschweige denn hätten sie ihn aus eigener Kraft überlebt. Er bedeutet nämlich, sofern er wirklich funktioniert, höchstes Risiko bei gnadenloser Auslese. Sowas macht nur wenigen Leuten wirklich Spaß. Für den Rest ist es härteste Arbeit und sie verdient genau deswegen auch größte Bewunderung. Wogegen die Reden der meisten liberalen Politiker über eben diesen Markt und seine unbestreitbaren Vorteile als kenntnisdünnes bis dümmliches Geschwätz zu werten sind.

Das ist einerseits schade, da die Idee hinter der Freiheit des Marktes, der Demokratie und des Individuums eine der ganz großen der Menschheitsgeschichte ist: Das Recht auf Auswahl. Es zeigt uns aber auch, dass die mit diesem Recht verbundene Unsicherheit gegenüber ihrem guten oder schlechten Ausgang nur von denen bewältigt werden kann, die auch bereit sind den Preis der Fehlentscheidung zu zahlen. Dass zur Freiheit eben unabdingbar persönlicher Mut und persönliche Verantwortung gehört, über die auch liberal denkende Menschen nur in Ausnahmefällen verfügen.

Warum aber sollten dann Leute darüber verfügen die auf Grund ihrer Lebensbedingungen die Chance einer Auswahl gar nicht haben? Warum sollte sie dafür kämpfen, frei entscheiden zu können, wenn es sich um die Wahl zwischen Kacke und Scheiße handelt? Warum sollten sie sich einem Markt stellen, in dem sie von vorneherein verloren haben? Warum sollten sie Mut und Verantwortung beweisen, wenn es dafür garantiert keine Belohnung gibt?

Warum sollte Jemand z.B. aus Hartz IV aussteigen, wenn einen der Mindestlohn auch nur gerade mal ernährt? Warum sollte sich Jemand selbstständig machen, wenn er merkt, dass der Hauptzweck der Übung nicht seine dauerhafte ökonomische Eigenständigkeit sondern die Schönung der Arbeitslosenstatistik ist? Selbständigkeit funktioniert nämlich nicht durch getürkte Businesspläne sondern durch reale und gut bezahlte Aufträge, die es aus der Natur des Marktes nun mal nicht für alle gibt.

Aber was will man von Beratern erwarten, die sich selbst niemals dahin trauen würden, wo sie ihre Klienten – egal mit welchen Voraussetzungen – hinzuschicken haben: in den freien Markt. Was will man von Bürokraten erwarten, die einem zwar keine Aufträge besorgen, aber dafür jede Menge Formularärger bereiten können. Was von Banken die dich genau dann im Stich lassen, wenn du ihr Geld am dringendsten brauchst. Was von Politikern die gerne von der Freiheit der Selbstständigkeit schwärmen, der sie sich, auf Grund ihrer privilegierten Versorgung, im Ernstfall nie (mehr) stellen müssen.

Wer von verlogenen Feiglingen umzingelt ist, tut sich aus gutem Grund schwer mit welchem Aufbruch in welche Freiheit auch immer. Bei dem gehen alle Warnlampen an, wenn er oder sie die Worte liberal oder Liberalismus hört. Erst recht wenn sie mit Inbrunst und Pathos intoniert werden und das am besten noch mit den Kowörtern global und multikulturell. Es ist geradezu erstaunlich, dass im Anbetracht dieses selbstverliebten Sprechblasenfestivals überhaupt noch junge Leute gibt, die sich ohne Papis und Mamis Kohle und Geduld in die radikale Selbstverantwortung trauen.

Sie aber sind die Zukunft unseres Landes, egal wo sie herkommen, und nicht die geschwätzigen und in der Regel bestens bezahlten und bestens gesicherten Chefideologen des Liberalismus. Sie zahlen im Gegensatz zu ihnen auch den Preis ihrer Freiheit, egal wo und wie sie sich unternehmerisch engagieren und sie haben ihren Erfolg – wenn er sich denn einstellt – wirklich verdient. Wenn s i e über Freiheit reden, lohnt es sich zuzuhören, weil sie auch um ihre Grenzen wissen.

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Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
7 Jahre zuvor

In diese Betrachtung ist mir zuviel unnützes Pathos eingeflochten.
Der Mensch ist weniger mutig als feige, das schon, aber er ist zunächst und vorallem mal Opportunist.
Zum einen ist "Wes Brot ich eß, des Lied ich sing" Quelle zahlloser Expertise. Zum anderen aber auch das fundamentale menschliche Bedürfnis nach Gruppenzugehörigkeit. Macht die Clique noch in elitär, kommt noch ein zusätzlicher Bonus fürs Selbstwertgefühl dazu.
Wie sieht das bei liberalen oder libertären (im weiteren Libs) aus?
Märkte sollen frei sein, konstatieren die Libs. Wäre zu fragen, frei von was oder wem? Antwort der Libs, "von der Politik" und vergessen dabei, daß jedweder Markt sich auf vereinbarte Regeln, also politische Interaktion stützt. Soll sich DIE Politik, so wie sie von den Libs verstanden wird, heraushalten, heißt das nur, es soll nicht mehr jeder mitreden.
Entscheidend für die Gestaltung der Marktregeln wäre so vorallem die mitgebrachte, geerbte Marktmacht oder die Marktmacht von Kartellen. Die Marktmacht von Kartellen ist dabei für Libs genau solange völlig i. O., solange nicht irgendein dahergelaufener ehedem marginaler Marktteilnehmer durch die Bildung großer Cluster, wie z. B. einer Gewerkschaft, seinerseits Marktmacht generiert. Diese geclusterte Marktmacht ist für Libs unanständig und ohne die Nennung verifizierbarer Kriterien marktschädlich.
Libs sind also entweder selbst Oligarchen oder die Arschkriecher der Oligarchen, die sich im Glanz deren goldener Türme im besten Untertanengeist als nützliche Idioten passabel alimentiert auf der Sonnenseite des Lebens wähnen und uns ihre Perspektive als Weisheit letzter Schluß verhökern.

Der Kaiser ist nackt
und die spannende Frage bleibt,
wieso bleibt dieser primitive Unfug so häufig unwidersprochen,
wieso wird dieser primitive Unfug überhaupt noch ernsthaft diskutiert?

Helmut Junge
Helmut Junge
7 Jahre zuvor

Wenn Alle zu Arschkriechern mutierten, würde der Preis für Arschkriecherei ins Bodenlose fallen. Da aber in unserer Gesellschaft Arschkriecherei immer noch gut belohnt wird, muß es auf der Gegenseite genügend Leute geben, die auf der anderen Seite das passende Gegengewicht bilden. Die Vorgesetzten oder Unternehmer erkennen offenbar sehr schnell, wer was ist.
Aber was ist in diesem Zusammenhang schon Mut? Jeder muß halt seine Miete bezahlen, essen, manche müssen sogar für eine Familie geradestehen. Ich glaube, daß für jeden Menschen die Grenzen zwischen Ducken und Aufbegehren individuell festliegen. Wird jemand, der als feige gilt an die Wand gefahren, kann das vorher Undenkbare mit ihm geschehen.

Davbub
Davbub
7 Jahre zuvor

@ Autor :" Warum sollte Jemand z.B. aus Hartz IV aussteigen, wenn einen der Mindestlohn auch nur gerade mal ernährt? "
Weil "Jemand" dann aus dem Haus kommt, statt auf dem Sofa zu verblöden. Weil "Jemand" in der Arbeit soziale Kontakte pflegen kann. Weil "Jemand" dann einen geregelten Tagesablauf hätte. Weil "Jemand" auch aus einer Arbeit um Mindestlohn (welch ein Abstieg vom Vorzeigeprojekt der SPD -hier vor allem die noch niemals in der Wirtschaft gearbeitet habenden Nahles- zum Schimpfwort) Selbstachtung, und -respekt sowie soziale Anerkennung gewinnt. Weil "Jemand" aus einer Anstellung heraus sich leichter und selbstbewußter um eine andere -bessere- Stellung bewerben kann ( das hieß früher "…sich hocharbeiten…", ein leider in Vergessenheit geratener Begriff und kaum noch anzutreffendes Verhalten) .

Ke
Ke
7 Jahre zuvor

Was ist nur aus dem jungen Erdenbewohner geworden, der , obwohl er immer wieder hinfällt, auf 2 Beine gehen will?

Die heutigen Liberalen sind Selbständige, die auf Märkten mit festgelegten Gebührenordnungen und ohne Konkurrenz aus Bulgarien oder Indien arbeiten. Wenn schon Selbständig, dann mbH.

Auch wenn die Wahl "Kacke oder Scheisse" ist, möchte icn diese Wahl haben.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

`"Der Feige"?
" Der Mutige"?
" Der Schwache"?
" Der Starke"?

Wer kann von sich behaupten, das Alles nicht zu sein und Andere loben oder schelten wollen, nur das Eine oder nur das Andere zu sein?
Und wenn jedermann bedenkt, ob er im privat-persönlichen Bereich, im Beruf, in der Politik, in gesellschaftlichen Organisationen sich feige, sich mutig, sich schwach, sich stark gezeigt hat und sich zugleich nach dem Warum fragt, könnte das dazu führen, über den Mut, über die Stärke Anderer, über die Feigheit, über die Schwächen Anderer zurückhaltend, nachdenklich zu befinden und nicht, zumindest nicht vorschnell zu urteilen.

Ich habe diese Bemerkungen separiert vorgetragen , bewußt getrennt von der uralten" Thematik "Freiheit und Verantwortung" , die sich letztendlich immer dann stellt, wenn es darum geht, dem Wesen eines jeden Menschen näher zu kommen, sich wieder einmal der Frage anzunehmen, ob der Mensch seinem Wesen nach nur Individuum ist, das Freiheit will, um in ausschließlicher Verantwortung für sich selbst und ausschließlich in Verantwortung sich selbst gegenüber leben zu können, um sich so im Kampf "jeder gegen jeden" frei von jeglicher gesellschaftlich-staatlichen Reglementierung behaupten zu können oder ob der Mensch ein Individuum ist, für das persönliche Freiheit nur denkbar ist im Gleichklang mit Verantwortung gegenüber jedem Anderen, gegenüber allen Anderen in der Gemeinschaft, in der lebt, in der er zu leben hat , was Gedanken darüber einzuschließen hätte, ob und wie die religiös begründete Überzeugung, nach der der freie Mensch sich in seinem Freisein nicht nur seinem Gewissen gegenüber, sondern Gott gegenüber zu verantworten hat, Bedeutung für das Miteinander der Menschen hat und ggfls. welche.
Insofern, so scheint mir, geht es nicht um mutige oder feige, um starke oder schwache Menschen, sondern letztendlich darum, auf welcher "Wertvorstellung", auf welcher Vorstellung vom Wesen des Menschen sich die Gemeinschaft, in der der Mensch lebt, verständigt hat. In der sog. westlichen Welt gilt das Verständnis vom Wesen des Menschen als Individuum und Gemeinschaftswesen, aus dem Sicht gesellschaftlich relevante Regeln für das Miteinander und Grundprinzipien der staatlichen Ordnung entwickelt haben, nämlich die eines demokratischen und sozialen Rechtstaates.
Diese gesellschaftlich relevanten Regeln sind nicht statisch, sind schon gar nicht "von ewigem Bestand" -ich erinnere z.B. an dasSexuelle-, sie verändern sich, sich werden verändert. Ebenso selbstverständlich ist es, daß das konkrete staatliche Tun oder Unterlassen in allen denkbaren Politikfeldern immer wieder, immer aus Neue des Nachdenkens und der Überprüfung bedarf, also der Revision getroffener Entscheidung zugänglich ist; statisch ist lediglich das Prinzipielle. Letzteres aber eben auch nicht im Sinne einer "Ewigkeitsgarantie", denn Revolutionen lassen sich erfahrungsgemäß nicht verhindern – auch nicht durch staatliche Gewalt und schon gar nicht durch einen bloßen Verfassungstext.

Arnold Voss,
und in der Revolution…….?
Wer wird dann und durch wen und mit welcher Begründung je nach Ausgang mutig oder feige, stark oder schwach genannt oder gar zu be- bzw. zu ver-urteilt sein? Sh. auch darauf bezogen meine einleitenden Anmerkungen.

PS
Arnold,
daß die Garantie des Menschenrechtes auf freie Entfaltung einer jeder Persönlchkeit -sh. Art. 2(1) GG – für viele Menschen eine irreale ist und eben keine r e a l e F r e i h e i t, hat wenig oder gar nichts mit Feigheit, mit Mut, mit Stärken oder Schwächen des einzelnen Menschen zu tun, sondern damit, daß der Staat nach wie vor noch viel zu tun hat, um seiner s o z i a l s t a a t l i c h e n Pflicht zu genügen.

Haben die Eltern jeden Kindes die r e a l e Freiheit, über die ihrem Kind gemäße Bildung zu entscheiden? Haben diejenigen, die 3 Jobs ausüben müssen, um "über die Runde zu kommen", die r e a l e Freiheit, ihren kulturellen Bedürfnissen nachzugehen? Haben die sog. HartzIV-Bezieher die
r e a l e Freiheit, in ihrer freien Zeit zumindest ein wenig das zu tun, was sie gerne tun würden? Hat jeder Abiturient die r e a l e Freiheit, das zu studieren und das dort und das solange zu studieren, wie es der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit entsprechen würde? Hat die Kleinstrenten-Bezieherin die r e a l e Freiheit, , so oft es ihren Bedürfnissen entspricht, sich ins Kaffee-haus zu setzen, um….

Arnold,
ich denke, daß ich mich mit dieser Art der Problematisierung und mit dieser Art zu fragen nicht in Widerspruch zu Deiner diesbezüglichen Positionierung befinde -im Gegenteil-.

Ich meine jedoch, daß es bei Überlegungen zu Problemlösungen, bzw. bei der Suche nach Antworten auf die gestellten Fragen nicht weiterhilft, über Feigheit oder Mut, über Schwächen oder Stärken von Individuen nachzudenken und zu diskutieren, sondern daß es -ganz simpel, ganz trivial- darum geht, , über Inhalt und Schranken, über Leistungen und Versäumnisse des Sozialstaates Deutschland -über das OB und das Wie reale Freiheit in Deutschland- permanent in Gesellschaft und Staat nachzudenken und zu diskutieren , um dann darüber z.B. bei der nächsten Bundestagswahl durch jeden Einzelnen im Rahmen dessen, was für ihn Freiheit und Verantwortung bedeuten, befinden und entscheiden zu lassen; zwischen FDP hier und der LINKEN dort, zwischen CDU/CSU hier und SPD dort. Letzteres erfordert allerdings eine hinreichend klare Positionierung der Parteien, die -leider-nicht immer, die nicht immer hinreichend klar auszumachen ist ; weil sie hier und da bewußt vermieden wird?
Arnold,
ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn im bevorstehenden Wahlkampf -neben anderen Themen- über Inhalt und Schranken des Sozialstaates, über "soziale Gerechtigkeit", über r e a l e Freiheit für möglichs Viele diskutiert würde, wenn es dazu durch die streitigen Parteien klare, zielführende Aussagen kommen würde.
Losgelöst davon mag diskutiert werden über Eigenschaften wie Feigheit und Mut und über menschliche Stärken und Schwächen -im kleinen, im Alltäglichen ( z.B. über Zivilcourage bei erkennbaren Gewaltakten gegenüber vermeintlich oder tatsächlich schwächeren Menschen auf unseren Straßen und Plätzen,z.B. über den Mut, dem "Chef" -im Beruf, in der Partei, im Verein, in……. – offen zu widersprechen, wenn der erkennbar zu manipulieren versucht, wenn der objektiv "falsch liegt") oder im großen, im Nichtalltäglichen, wenn es z.B.darum geht, per Demonstration um eine für eine für gerecht erachtete Sache zu kämpfen, vor allem dann, wenn das nicht die Sache der gesellschaftlichen Mehrheit ist.

ke
ke
7 Jahre zuvor

Freiheit und moderner Staat:

Wir haben individuelle Freiheiten. Sicherheit, Sozialleistungen etc. sind an den Staat outgesourct. Das gilt auch in vielen Bereichen für die Erziehung. In anderen Ländern gibt es mehr Gruppenzugehörigkeit und größere Familienstrukturen.

Was ist besser? Ich kann es nicht sagen, mag meine individuelle Freiheit.

Natürlich basiert sie auf der Umgebung/Gesellschaft in der ich lebe. Ich kann sie kaum beeinflussen. Das Ruhrgebiet erzählt von sozialen Ideen, ist aber in den Regionen hinten. Die Kinderarmut bspw. in GE ist erschreckend. Bei der Schichtenzementierung in unserem System wird dies so bleiben.

Eigentlich müsste ich die Region wechseln, um meine Chancen zu verbessern. Diese Freiheit habe ich auch. Natürlich gibt es monetäre Restriktionen. Es gibt auch die Schwerkraft. Innerhalb von Randbedingungen hat aber jeder die Möglichkeit sich zu entfalten.

Das ist großartig.

abraxasrgb
abraxasrgb
7 Jahre zuvor

https://www.youtube.com/watch?v=sw5YACKiPAk
Es gibt die Mutigen, wenn auch selten und im obigen Beispiel literarisch überzeichnet …

Régis Debray hat einmal sehr hübsch formuliert, dass der siamesische Zwilling der Freiheit die Ungleichheit ist. Die ergibt sich aus der Individualität der Präferenzen.
Freiheit bedeutet auch negative Freiheit von den Zumutungen (des Staates / der Anderen) und die positive Freiheit zum (eigenen) Mut. Wenn es keine (Nach-)Frage nach Freiheit gibt, dann gibt es logischerweise auch keine (Selbstver-)Antwort(-ung).
Der Mensch kommt nicht als Schwächling auf die Welt, sondern als zur Freiheit und Vielfalt fähiges Wesen. Kaum geboren bekommt so ein neuer Staatsbürger auch schon eine Steuernummer für den Rest seines Lebens, sozusagen der (Zwangs-)Mitgliedsbeitrag zu einem Verein, den er sich nicht ausgesucht hat. Wie immer bei Monopolen ist der Preis für die Mitgliedschaft kein angemessener, sondern ein stetig steigender mit abnehmender Dienstleistungsqualität und abnehmender Wahlfreiheit.
Weniger staatliche Zwangsbeglückung wäre schon ein Anfang für die Bedingungen der Möglichkeit von individueller Freiheit. Universal reglementiertes Leben lässt eben überhaupt keinen Spielraum für die Entfaltung bzw. Erprobung der eigenen Möglichkeiten. Zur Freiheit gehört auch, dass man sich irren kann bzw. das man scheitert. Eine (Erfolgs-)Garantie ist Freiheit keineswegs, aber sie gibt einem wenigstens die Möglichkeit andere Wege und andere Zielen zu bevorzugen und sie auszuprobieren.

If You´re not living on the edge, You´re wasting too much space 😉

Robert Heinlein
“A human being should be able to change a diaper, plan an invasion, butcher a hog, conn a ship, design a building, write a sonnet, balance accounts, build a wall, set a bone, comfort the dying, take orders, give orders, cooperate, act alone, solve equations, analyze a new problem, pitch manure, program a computer, cook a tasty meal, fight efficiently, die gallantly. Specialization is for insects.”

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

-7-abraxasrgb

"Entfaltung/Erprobung der eigenen Möglichkeiten……..Zur Freiheit gehört auch, das man sich irren und das man scheitern kann."

Ja, das ist so und das sollte unbestritten sein.
Das Entfaltenkönnen und, das Erprobenkönnen der eigenen Möglichkeiten -ein ganzes Leben lang- sind der individiuellen Freiheit immanent und sie schließen die Akzeptanz des "Sich-Irrenkönnens" ein -in den Zielen, die "man" sich setzt, in den Mitteln und Methoden, die "man" einsetzt, um Ziele zu erreichen und das schließt ein zu akzeptieren, daß der freie Mensch nicht nur ein vernunftgesteuertes Wesen ist, sondern auch ein von Emotionen gesteuertes "sinnliches" Wesen, was seine Fähigkeit und die Möglichkeit des Irrtums oftmals zu steigern vermag. Wir haben darüber nach meiner Erinnerung schon 'mal hier bei den Ruhrbaronen diskutiert.

Insofern sehe ich keinen Widerspruch zu Ihrer diesbezüglich im Beitrag -7- skizzierten Position gegenüber dem, was ich in meinem Beitrag -5- zum Ausdruck bringen wollte.
,
Was mich umtreibt -ich formuliere das 'mal in Frageform- und worauf der Dissens zwischen uns zu beruhenden scheint- ist m. E. das Folgende:

Gibt es nicht weltweit viele Millionen Menschen -und in Deutschland einige (?)-Millionen-, die in der Realität ihres Lebens -von der Geburt bis zum Tode- nie die Chance haben bzw. hatten, sich ihren Anlagen und Fähigkeiten gemäß zu entwickeln, die nie die Chance haben oder hatten, zu erproben, wozu sie fähig sein könnten, die nie in der Lebenswirklichkeit über Versuch und Irrtum die Chance zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit bekamen bzw. bekommen werden? Die in diesem Sinne nie in die glückliche Lage gekommen sind bzw. kommen werden, über "andere Wege und andere Ziele" zu befinden, zwischen ihnen auswählen , sie ausprobieren zu können?
Wenn ein Staat allen Menschen weitgehende Freiheit zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit garantiert -frei von staatlicher Kontrolle, frei von staatlicher Reglementierung-, dann bedeutet das eben nicht, daß auch alle Menschen in einem solchen Staat " ganz real" die Chance haben, diese Freiraum zur Entfaltung ihrer Persönlcihkeit zu nutzen. Ich gehöre zu denjenigen, die meinen, es genüge eben nicht, wenn den Menschen weitgehende Freiheit "vom Staat" garantiert wird, sondern daß der Staat zugleich in der Pflicht steht, aktiv zu werden, damit möglichst alle Menschen, besser wohl möglichst viele Menschen in ihrer Lebenswirklichkeit die reale Chance haben, von der Möglichkeit der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit Gebrauch zu machen -mit allen Risiken, die einem Leben in realer Freiheit immanent sind, immanent sein müssen!

Die "Mütter und Väter" unserer Verfassung waren jedenfalls der Meinung, daß es deshalb aller Menschen wegen geboten sei, nicht nur über die Rechtstaatsgarantie, insbesondere über die Garantie die Grund- und Menschenrechte, weitestgehende Freiheit der Individuen vom Staat zu gewährleisten, sondern mit dem gleichrangigen Verfassungsprinzip des Sozialstaates zu versuchen, für alle , für möglichst viele Menschen r e a l e Freiheit zu ermöglichen.

Auf dieser Basis, die nicht nur nach dem Text unserer Verfassung, sondern auch für mich persönlich das unantastbare Fundament des " demokratischen und sozialen Rechtstaates Deutschland" ist, kann dann, muß dann in Gesellschaft und Staat permanent über die konkreten Inhalte und Schranken des Sozialstaates und über das grundsätzliche Spannungsverhältnis zwischen Rechtstaat und Sozialstaat gestritten werden. Das bedeutet folglich u.a., , daß zwischen den Parteien, daß zwischen den Bürgern, daß eben auch hier bei den Ruhrbaronen dieser Streit zu führen und daß letztendlich der Wähler streitentscheidend ist -in Ausnahmefällen das BVerVG-.

Und das ist "großartig" -sh.kE abschließend unter -6-.

"R e a l e Freiheit" und " s o z i a l e" Gerechtigkeit – die Zweiseiten einer Medaille.
Jedenfalls aus der Sicht eines Sozialdemokraten, der diese " seine Grundüberzeugung" auf Verfassungsprinzipen des GG stützen kann, wohlwissend, daß es bei der konkreten Umsetzung dieser Grundüberzeugung regelmäßig zum Streit kommt, ja kommen muß, weil die einen im konkreten Falle im sozialstaatspflichtigen Tun des Staates, z.B. in sener Finanzierung durch Steuermittel, einen unverhältnismäßigen Eingriff in die individuellen Freiheit des Einzelnen sehen oder weil die anderen im konkreten Falle meinen, daß der individuellen Freiheit einiger Menschen wegen der Staat seiner sozialstaatlichen Pflichten nicht, nicht genügend nachkommt, z.B. mittels einer höheren Besteuerung von Einkommen und Vermögen sich die Finanzen beschafft, um den kostenlosen Besuch von Kindergärten, Schulen, Universitäten zu ermöglichen – "der realen Freiheit möglichst vieler Menschen wegen".
Dass so gestritten wird, dass so in Deutschland gestritten werden kann, -sh.wiederum ke -6-"ist großartig.

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