Die Heuchelei der Beschneidungsgegner

Vorhaut? Strg+Alt+Entf , Foto: Mirari Erdoiza

Jetzt laufen sie Sturm. Seit einigen Wochen steckt Deutschland tief in der sogenannten Beschneidungsdebatte. Auf allen Kanälen wird protestiert, „aufgeklärt“, werden Bilder schmerzerfüllter Jungs im Säuglingsalter publiziert. In Blogs und Foren, auf sozialen Netzwerken und im Fernsehen laufen ihre Kampagnen. Die Vorhaut-Lobby hat Deutschland im Sommer 2012 fest im Griff. Der Autor schaut irritiert an sich herunter und fragt sich: warum erst jetzt?

Seit 3000 Jahren werden in manchen Kulturkreisen männlichen Babys die Vorhäute entfernt. Mal ist es Gottes Anordnung, mal eine laxe Empfehlung des Propheten, mal wird es da vorne einfach zu eng. Aber genug der Erklärungen und historisch-religiösen Ausschweifungen: dies übernehmen seit neuestem Initiativen, die die Zirkumzision gerade erst für sich entdeckt haben. Grausam sei dies, schrecklich schmerzhaft für die Kinder, eine Ungeheuerlichkeit. Der Aufschrei ist groß.

Nun ist diese „Verstümmelung“ von Kindern nicht erst seit dem Urteil des Kölner Landgerichts vom Mai dieses Jahres gängige Praxis. Da  fragt man sich: woher kommen all diese Organisationen, Kampagnen und Gruppen, die dagegen mobilisieren?  Da wäre zum Beispiel die Kampagne „Finger weg von meinem Pimmel“. Sie verbreitet regelmäßig schockierende Bilder grausamer Schlachtszenen, sie stellt sich als Retterin der geschundenen Kinderseelen weltweit dar. Es scheint den Initiatoren scheinbar ein großes Anliegen zu sein, Mesut, Schlomo und Kevin vor dem Skalpell zu bewahren. Wirklich? Ein Blick in die Facebook-Chronik der Pimmelschützer verrät: Es gibt die Kampagne erst seit dem 28. Juni 2012. Warum dieses? Musste erst das Kölner Landgericht die Aktivisten von der Existenz der Beschneidung unterrichten? Oder, und das ist die wahrscheinlichere Variante, war ihnen  das Schicksal der betroffenen Kinder bis zum Urteil aus Köln schlicht und einfach scheißegal?

Blut und Sperma

Es gibt einen Grundsatz: Bringe Blut und Sperma (klassischer: Sex and Crime) ins Spiel, und dir ist die Aufmerksamkeit der Massen garantiert. Nicht umsonst stoßen Bildzeitung und Sonntags-Tatort auf solch große Resonanz. Es sind die Untenrum-Themen, die interessieren. die Penisse von kleinen Jungs auf allen Kanälen: Dem kann sich der deutsche Vulgär-Voyeurismus natürlich nur schwer entziehen. Mit dem Kölner Beschneidungsurteil haben die Teilzeit-Schreihälse eine neue Spielwiese gefunden. Damit kann man sich wunderbar produzieren: FÜR Kinderrechte und GEGEN Gewalt. Wer würde da widersprechen? Gut, sämtliche Weltreligionen, aber solange man ins Fernsehen kommt oder im Netz geliked wird, kann auch das einem egal sein.

Ein Penis auf Seite eins

„Kinder sollten nicht stellenweise im Namen eines Gottes rituell verstümmelt werden“ sagt die Pimmelkampagne. Ein Satz, der derartig allgemeingültig daherkommt, sollte Leuten, die es wirklich ernst meinen, nicht erst auf Nachfrage entweichen. Auch „die Medien“ sind davor nicht gefeit. Nie wurden so viele „Experten“ zu dem Thema interviewt, und die Masse an Erfahrungsberichten beschnittener Männer hat man in diesem Umfang auch noch nicht erlebt. Ein Penis auf Seite eins? Immer her damit. Nun wäre die Zirkumzision (Hand aufs Herz: wer kannte das Wort schon vor Mai 2012?) durchaus etwas, worüber man diskutieren könnte. Allein, es wäre ein fruchtloses Unterfangen. Spätestens im Herbst, wenn Deutschland aus der sommerlichen Lethargie erwacht und sich wieder am Arbeitsplatz einfindet, redet keiner mehr davon. Denn dann stürzen sich die Heuchler auf die nächste Sau im Dorf. Die Kinder aber, die werden weiterhin beschnitten. Hauptsache, man konnte sich mal kurz geil fühlen.

 

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Sonja
Sonja
11 Jahre zuvor

Was spricht denn gegen eine Beschneidung erst ab 14, 16 oder 18 Jahren ?

Dann kann jeder selbst entscheiden, was er möchte.

Karsten
Karsten
11 Jahre zuvor

Natürlich gibt es viel Populismus bei dem Thema, dieser Artikel gehört leider auch dazu, sorry Martin. Trotzdem hast du natürlich Recht, dass es merkwürdig ist, dass sich Journalist*innen, Lobbygruppen und die „Öffentlichkeit“ erst jetzt mit dem Thema beschäftigen. Das ändert aber an den Tatsachen nichts und die sind mir doch wichtiger.

Es gibt ganz einfache Fakten:
Religiös motivierte Eltern wollen ihren (in diesem Fall) männlichen Kindern die Vorhaut entfernen lassen, um sie religiös zu „markieren“. Bei Rindern macht man dazu – teilweise immer noch – Brandzeichen.
Medizinisch ist dies unsinnig, sagen zumindest Kinderärzt*innen und Urolog*innen und das, obwohl sie mit der Beschneidung Geld verdienen. Ich bin kein*e Mediziner*in, also muss ich darauf vertrauen.
Es gibt noch einen weiteren Grund für Beschneidungen, nämlich die Selbstbefriedigung zu erschweren, also reine Lustfeindlichkeit.
Dann gibt es noch mögliche ästhetische Gründe, aber was geht das bitteschön die Eltern an. Theoretisch könnten dann Eltern ja auch gegen den Willen ihrer 13jährigen Tochter, ihr die Brüste vergrößern lassen.
Zusätzlich geht es um die Gleichbehandlung von Menschen. Warum sollen alle Kinder in diesem Fall unter dem Schutz des Gesetzes stehen, außer Kinder mit jüdischen und muslimischen Eltern? Haben sie etwa weniger Rechte?

Aus meiner Sicht ist es relativ einfach: Es stehen individuelle Freiheitsrechte des Kindes gegen religiöse Rituale der Eltern. Für mich ist dann ganz klar, wofür ich mich entscheide. Nämlich für die Emanzipation des Individuums.

Aber, das tust du doch eigentlich auch, lieber Martin, oder? 🙂

Lasst die Kinder oder dann Jugendlich doch einfach selber entscheiden.

Rambow
Rambow
11 Jahre zuvor

Was ist das Thema des Kommentars? Dass man über etwas, das nicht ganz neu ist, nicht mehr reden darf, weil es nicht mehr neu ist?

Ben
Ben
11 Jahre zuvor

Der Artikel übersieht, dass es gelegentlich auch erst bestimmte Ereignisse geben muss, um die Aufmerksamkeit der Menschen auf ein bestimmtes Thema zu konzentrieren. Hunger in Afrika ist kein neues Thema, ebensowenig wie die Unterdrückung von Menschenrechten in Syrien. Trotzdem braucht es Hungerkatastrophen und Kriege, damit der gewöhnliche Mensch von der Straße überhaupt mitbekommt, was überhaupt so alles in der Welt falsch läuft. Ähnlich verhält es sich auch mit einem Thema wie Beschneidung.

Jeder hat das Recht sich zu empören – selbst wenn er sich über empört, was a) schon lange bekannt ist und b) außerhalb der Lebenswirklichkeit der Empörten steht. Solche Artikel zu schreiben, das hat nichts mit Kritik an möglicher Heuchelei zu tun oder mit Sommerloch bedingter Xenophobie, sondern mit dem eigenen sich besser fühlen wollen des Autors. Es ist billig, sich so über andere Menschen aufzuregen und im Kern liest man hier nichts anderes als ein arrogantes Statment: „seht her, ich bin ein so guter und toller Mensch, weil ich mir der Probleme immer und überall bewusst bin und nicht erst auf den Zug aufspringe, wenn er prominent wird“.

Michael Kolb
Admin
11 Jahre zuvor

Warum man sich erst jetzt empört? Das dürfte wohl daran liegen, daß das Landgericht Köln gerade jetzt, pünktlich zum Sommerloch, zu seiner Entscheidung gefunden hat, das kann man schlechtes timing nennen, aber es ist nicht heuchlerisch, bezogen auf die Reaktionen die es nach sich gezogen hat.

Ich glaube auch nicht, daß sich die Initiativen erst jetzt gebildet und gefunden haben, die gibt es schon seit langem, ein „ist facebook beigetreten“ ist wohl kaum ein wirklicher Indikator…

Warum steht „Verstümmelung“ eigentlich in Anführungszeichen? Beschneidung _ist_ eine Verstümmelung.

Peter Piksa
11 Jahre zuvor

Ich will den Autor Niewendick nicht beleidigen, aber wer eine Argumentation zum Thema religiös motivierter Beschneidung mit „Seit 3000 Jahren werden“ beginnt, der kann sich möglicherweise auch sehr gut mit Homophoben arrangieren, die ihre „Argumentation“ vergleichbar beginnen; oder mit Menschen, die die Frauenrechte für wirres Gutmenschentum halten. Frauen wurden vor der Emanzipation schließlich schon immer schlecht behandelt. Das war doch schon immer so!

Da weiß man, woher der Wind weht.

Ernsthaft: Das ist einer der schlechtesten Kommentare, die mir in der Beschneidungsdebatte untergekommen sind.

garnixtreff
garnixtreff
11 Jahre zuvor

Wer 18 ist und sich selbst für sowas entscheidet, ist ok auch wenn er sich das Ding ganz absäbeln lässt. Ein Kleinkind oder ein Baby, kann sich nicht selbst entscheiden! Darum geht es, ob Relegion oder nicht. Es sind nunmal „Schutz befohlene“ das halte ich für alle Kinder Punkt.

Murphy42
Murphy42
11 Jahre zuvor

Ein etwas merkwürdiger Beitrag, da er irgendwie dann doch die Realität ein wenig verschiebt- So weit ich mich erinnern kann, hat das Kölner Amtsgericht Beschneidungen als Körperverletzungen gesehen. Was einen Aufschrei der Vertreter der Weltreligionen ausgelöst hat. Dies hat dann tatsächlich eine Diskussion losgetreten, da mal wieder öfffentlich sichtbar wurde, dass Religion über individuelle Menschenrechte gestellt wird. Was im übrigen nichts Neues ist und erst recht kein „Sperma und Blut-Thema“ ist, sondern gemeinhin bekannt ist. Nur eben an einem aktuellen Beispiel sichtbar wurde und nicht im alltäglichen Glaubenskonsens untergeht. Auch heuchlerisch kan ich an dieser Debatte nichts finden. Nur weil du, Martin keine Ahnung von dem Thema hast und dementsprechend statt die Sau mit durchs Dorf zu jagen die Jagd kritisierst, bedeuttet dass noch lange nicht das die aktuelle Debatte eine nur seit kurzem stattfindende ist. Ein kleiner Einblick in die weltweite Diskussion gibt der Newsletter der National Coalition für die Kinderrechte: https://www.national-coalition.de/newsletter/1342685184.html. Er sei dir empfohlen zur Information.

Edi
Edi
11 Jahre zuvor

ich halte beschneidungen von kleinen jungen durchaus für eine der ausnahmsweise sinnvollen religiösen traditionen! niemals das risiko einer phimose und der damit einhergehenden entzündungen, etc, niemals „pimmelkäse“ entfernen müssen…
eine generelle „beschneidungspflicht“ wär doch mal ne radikale gegenforderung!
was kommt im nächsten sommerloch? verbot von blinddarm- und mandelentfernung für unter-achtzehnjährige? diese bigotte form des „kinderschutzes“ ist doch zum kotzen…

garnixtreff
garnixtreff
11 Jahre zuvor

@edi

„niemals das risiko einer phimose und der damit einhergehenden entzündungen, etc, niemals “pimmelkäse” entfernen müssen…“ Klar doch Risko auf Hirntumor, gleich den Kopf ab oder Risiko für Lungenkrebs, raus damit. Was noch ?….. fakt ist, das dies ein religiöser Kult um den Mann als Mann ist, sonst nichts. Waschen geht ja wohl auch……………. Hauptsache Kinder schützen ist zum kotzen. Wenn es eine medizinischer Hintergrund ist, wie Vorhautverengung, wird niemand dagegen sein, aber darum geht es auch nicht.

Winnie Schäfer
Winnie Schäfer
11 Jahre zuvor

Die Verstümmelung der weiblichen Genitalien ist geächtet… zu Recht, und völlig egal, welche krude religiöse Theorie dahintersteckt. Wo ist der Unterschied beim Penis? Weil die Verstümmelung nicht so brutal ist?

Ansonsten… Ihr Beitrag hat aus meiner Sicht durchaus auch das Prädikat
„Teilzeit-Schreihals“ verdient

jiri
jiri
11 Jahre zuvor

Lieber Martin,

es braucht immer einen Anlass, um über etwas nachzudenken. Da ist ein Sommerloch der richtige Zeitpunkt.

Und zur Vorhautlobby; Die Religionslobbyisten haben ja wohl 80 % der Politiker fest im Griff. Da kann derzeit die Vorhautlobby nicht viel machen.

Frank
Frank
11 Jahre zuvor

„Dass nun, nur 12 Jahre nach dem Verbot der Ohrfeige und noch mitten in der rechtlichen Diskussion um FGM auch die Beschneidung diskutiert wird, ist überhaupt nicht “überraschend” oder unzeitgemäß, sondern stellt sich als logische Folge der vorgehenden Diskurse dar. Die Integrität des Kindes wurde schrittweise heraufgestuft, jeweils für normal und kultürlich gehaltene Praktiken hinterfragt. Die altbekannten Reaktionsmuster finden sich nun in der Beschneidungsdebatte: Es sei normal, Kultur, Religion, schon immer so gewesen, harmlos, und: Recht der Eltern auf das Kind. Die Erfahrung mit den bisherigen Diskursen kann zu einem skeptischen Optimismus der Vernunft führen: Im Endeffekt wurde, teilweise nach jahrzehntelangen Kämpfen, das Recht des Kindes erweitert und religiöse Instanzen sowie rachsüchtige Eltern und Lehrer in Schranken verwiesen.“
https://nichtidentisches.wordpress.com/2012/07/28/das-recht-des-kindes/

Gerd herholz
11 Jahre zuvor

Ach Gott! Mit Sommerloch hat das kaum zu tun. Eher hat es zu tun mit dem Zeitpunkt des neuen Urteils aus Köln, das einmal gewagt hat, religiösen Unheilpraktikern von Götter-Gnaden zu widersprechen und es hat zu tun mit dem politisch entfachten Zeitdruck, Beschneidung schnellstens zu legalisieren, um „Rechtssicherheit“ (für wen?) herzustellen.
Ansonsten müsste man über Tabus und auch Blasphemieparagraphen usw. diskutieren, die das Gespräch über religiösen Nonsens immer noch leicht ins Strafrechtliche trudeln lassen. Religionenkritik (Religionen!) wird selbstbewusster. In einem aufgeklärten Gemeinwesen dürfen unsinnige – historisch, geografisch zu verortende – überholte Aberglaubens-Traditionen und -Rituale befragt werden.
Auch die Religionen werden sich mit unveräußerlichen Menschenrechten arrangieren müssen und sich dabei hoffentlich verwandeln.
Dass die Beschneidung auch ein Unterwerfungsritual auf körperlicher Ebene ist, dem die religiös-ideologische Indoktrination von Kindern auf dem Windel-Fuße folgt, auch das wäre zu diskutieren. Richard Dawkins schrieb einmal sinngemäß: Es gibt keine christlichen, islamischen, jüdischen, hinduistischen, buddhistischen, scientologischen, animistischen … Kinder. Es gibt nur Kinder von christlichen, islamischen, jüdischen, hinduistischen, buddhistischen, scientologischen, animistischen … Eltern.
Also: Warum mit der Beschneidung nicht warten, bis mündige Gläubige sich selbst dazu entscheiden? Nicht die Beschneidung von Gläubigen wird von den Gegnern kritisiert (sollen sie doch, wenn’s der Unwahrheitsfindung dient), sondern der Zeitpunkt, zu dem sich Säuglinge und Kinder von ihren Eltern & den religiösen Gruppen, denen diese Eltern angehören, dieses religiöse Marken-Branding (Wikipedia: Markenführung) verpassen lassen oder zu dem sie diese religiös-kosmetische OP ungefragt über sich ergehen lassen müssen:
Damit man besser erkennt, zu welcher folkloristischen Herde (von Schafen) und zu welchem Oberhirten (und welchem jeweiligen Gott oder Guru) sie meist per Zufall der Geburt gehören.

Albrecht Kolthoff
Albrecht Kolthoff
11 Jahre zuvor

So etwas Schwaches hatte man bisher bei den Ruhrbaronen noch nicht gelesen, das ausschließlich darauf angelegt ist, Vertreter einer Ansicht zu diffamieren, weil sie diese Ansicht vertreten, und nicht etwa die Ansicht diskutiert. Dabei sei sie „durchaus etwas, worüber man diskutieren könnte“, heißt es – aber durch diese argumentlose Erledigung sind die Vertreter der Ansicht ja schon bereits als „Teilzeit-Schreihälse“ und „Heuchler“ entlarvt. Nun ja, „Hauptsache, man konnte sich mal kurz geil fühlen.“

Jojo
Jojo
11 Jahre zuvor

Freiwillig kommt doch neimand auf so einen Schwachsinn. Ich selbst bin aus medizinischen Gründen beschnitten worden und es war zum Kotzen. Wenn man im Alter von 14 oder älter einer Beschneidung unterzogen wird, dann hat das zur Folge, dass man die Wochen danach jeden Morgen mit einer Morgenerektion aufwacht und das mit dr frischen Op- Naht. Wie schlimm muss es erst sein, wenn jemand im jungen Alter gegen seinen Willen, trotz seiner fürchterlichen Angst und ohne Betäubung dieser Tortur unterworfen wird. Überlegt mal, was ihr da schreibt.

christian
christian
11 Jahre zuvor

Ich selber bin beschnitten und habe weder Nachteile noch ein Trauma. Ich kenne auch keinen beschnittenen Mann der dadurch irgendwelche Nachteile hätte. Ich wette, dass jeder beschnittene Mann das gleiche sagen wird.

Selbst die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt die Beschneidung von Jungen. Angebliche wissenschaftliche Arbeiten, die den beschnittenen Jungs ein Trauma attestieren, sind Ergebnisse aus Entwicklungsländern, wo der medizinische Standard inakzeptabel ist. Jedes tragen von Zahnspangen verursacht mehr Trauma.

In meinen Augen ist das jetzige Bashing zum angeblichen „Kinderwohl“ eine antisemitische und moslemfeindliche Hetzkampagne. Allein der Vergleich und die angebliche Gleichstellung mit der weiblichen Beschneidung (die eine extrem verachtenswerte Verstümmelung ist), zeigt wie wenig Ahnung die Leute haben. Hier werden Mädchen wirklich verletzt und misshandelt.

Frank
Frank
11 Jahre zuvor

Die Reaktion marschiert, die interreligiösen Reihen wurden fest geschlossen.
„Erzbischof will Gotteslästerung gesetzlich verbieten“
https://www.derwesten.de/politik/erzbischof-will-gotteslaesterung-gesetzlich-verbieten-id6937957.html

Noch ein Punkt, die Neutralitätspflicht des Staates:
Entscheidend ist, dass der Staat sich nicht auf die Seite einer innerreligiösen Strömung (hier der Beschneidungsbefürworter) stellen darf. Die innerreligiöse Gruppe der Beschneidungsgegner wird damit benachteiligt. Das darf der Staat aufgrund des Neutralitätsgebotes nicht tun.

Murat Kayi
Murat Kayi
11 Jahre zuvor

„Es gibt noch einen weiteren Grund für Beschneidungen, nämlich die Selbstbefriedigung zu erschweren, also reine Lustfeindlichkeit.“

Das ist vollkommen korrekt. Ursprünglich hatte man zu diesem Zweck die Manocision (Abschneiden der Hände) praktiziert, worauf es jedoch im Zuge vermehrter Selbstblasungsversuche zu vielen Genickbrüchen kam.

Erst das Entfernen der Vorhaut führte zu dem gewünschten Ergebnis, dass Beschnittene aller Weltreligionen nun oft jahrelang erfolglos versuchen, sich selbst zu befriedigen und nun zu den verbitterten lustfeindlichen Männern wurden, die man allerorten schon von weitem ohne prüfenden Blick in den Schritt erkennen kann.

Gerd herholz
11 Jahre zuvor

#18 Danke, Frank, für diesen Link, ich hatte es bisher überlesen.
Da steht doch tatsächlich: „Der Erzbischof von Bamberg, Ludwig Schick, fordert, Gotteslästerung unter Strafe zu stellen. Nötig sei „ein Gesetz gegen die Verspottung religiöser Werte und Gefühle“, sagte Schick am Mittwoch in Bamberg. Spott und Satire über religiöse Einstellungen stellten eine Verletzung der Menschenwürde dar.“
( https://www.derwesten.de/politik/erzbischof-will-gotteslaesterung-gesetzlich-verbieten-id6937957.html )

Fehlt bloß noch eine Fatwa gegen den Kabarettisten Jürgen Becker etwa, den Rapper aus Köln hat’s ja bereits erwischt.
Was ins Fundamentalistische driftende Religionen gerne hätten, wäre die kulturelle Hegemonie der jeweiligen Heiligen Bücher über alle anderen Bücher, eine kernige Diktatur des Ordinariats und seiner jeweiligen Glaubenskartell-Varianten.
Würde Scientology je als Religionsgemeinschaft hierzulande anerkannt, dann dürfte man die Bücher von L. Ron Hubbard auch nicht mehr lächerlich machen.

So ist das eben mit Beschneidungen, Zwangstaufen & Co.:
Am Ende kommen sichtlich Beschnittene und mit allen heiligen Wassern Gewaschene heraus, die selbst wieder beschneiden und wie in diesem Falle gerne Widerspruch verbieten würden.
Schaut oder lest schnell noch einmal zumindest den Schluss von U. Ecos „Im Namen der Rose“.
Denn, wenn der Schicke Ludwig gewinnt, gibt’s bald nix mehr zu lachen.
Dann pilgern wir alle zum Heiligen Rock von Trier (nicht zu verwechseln mit Lars von Trier).
Und wehe, einer spottet! Dann kommt der Glaubensmann und sagt laut kath.net (neben anderem Unsinn): „Wer die Seele der Gläubigen mit Spott und Hohn verletzt, der muss in die Schranken gewiesen und gegebenenfalls auch bestraft werden“.

Nansy
Nansy
11 Jahre zuvor

Aufklärerische Einsichten werden oftmals derart lange verweigert, bis es fast nicht mehr geht. Zweifellos ist die Beschneidung – ähnlich wie das Schächten von Tieren (darüber wird übrigens in diesem Zusammenhang kaum gesprochen) – mit archaischen, mythologischen, magischen Gottesvorstellungen und entsprechendem Opferverständnissen verbunden.

Die Juden berufen sich auf eine biblisch bezeugte kultische Überlieferung, wonach Gott selbst diesen körperlichen Eingriff per Offenbarung an Abraham angeordnet hat, um auf diese Weise einen Bund mit seinem auserwählten Volk zu schließen. Auch die Muslime haben diese Gepflogenheit unter Berufung auf den Stammvater Abraham als Teil ihrer Kultur übernommen, obwohl es im Koran keinerlei Äußerung zur Beschneidung gibt.

Paukus zum Beispiel setzte in heftigem Streit mit der judenchristlichen Fraktion durch, dass für die Zugehörigkeit zum neuen Glauben an Christus die Beschneidung nicht mehr notwendig ist. Auch „Heiden“ können und dürfen als Unbeschnittene Christus angehören. Dieser emanzipatorische Akt des Paulus ist leider heute kaum noch bekannt, was allerdings die aktuellen christlichen Horizonte weiten und von einem falschen Traditionalismus befreien könnte.

Religionen gingen im Lauf der Geschichte von rund 150000 Jahren daran zugrunde, dass sie nur noch ihren Traditionalismus pflegten. Durch das Kölner Urteil stellt sich die Frage für alle Religionen, inwieweit sie in überholten Vorstellungen verharren, statt sich neuen Einsichten zu öffnen.

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

Es gibt an einem gesunden menschlichen Körper außer Haare und Nägel nichts zum abschneiden. Rein garnichts. Wer was anderes behauptet hat schlicht einen Knall.

Hans Peter Leymann-Kurtz
Hans Peter Leymann-Kurtz
11 Jahre zuvor

Im Gegensatz zum Autor empfinde ich die anhaltende Debatte – Sommerloch hin, beteiligte A-Löcher her – als eine der bedeutsamsten und wichtigsten der letzten Jahre. Wie das?
Die Debatte geht ja nicht nur einigen unter, oder anderen gegen die eigene Vorhaut, sondern berührt m. E wahrscheinlich unbeabsichtigt und stellvertretend so ungefähr jeden relevanten Aspekt des epochal trudelnde Gesellschaftsverständnisses und dem noch sehr erbärmlich anmutendem Ringen um ein post-materialistisches Gesellschaftsbild mit aufgeklärtem Antlitz und dessen Übersetzung für das 21ste Jahrhundert.

Da ich – ebenfalls im Gegensatz zum Autor – auch eine persönliche Haltung zum Beschneiden habe, erlaube ich mir diese mit Fragmenten aus Schlachtrufen des finsteren letzten Jahrhunderts zu erklären:
Mein Schwanz gehört mir! Und das, von Anfang an!

Edi
Edi
11 Jahre zuvor

@jojo:
aber ausser dem schlimmen erleben einer beschneidung in der pubertät, wie sie es beschreiben, haben sie seit dem entfernen dieses hautlappens auch nicht gehabt, oder?! und die „medizinischen gründe“ und die damit verbundenen schmerzen, die zur unumgänglichkeit einer beschneidung führten vergissen sie auszuführen… …sind ja nur jahrelang immer wieder auftretende krankheitsbilder während der kindheit, kann man ja unter den teppich kehren/verdrängen(?)…

@arnold voss:
naja, die debatte mit dem „haareschneiden“ is ja auch schon ein wenig länger andauernd (wurde soweit ich weiss in den sechziger jahren in der brd auch sehr hitzig geführt…), ihre argumentation stimmt ja auch soweit erstmal.
gleichzeitig kann mensch auch sehr gut ohne etwa blinddarm, mandeln oder vorhaut leben… …und aus religiöser tradition sachen zu machen ist sowieso schlicht dumm! beschneidung des penis ist aber eben nicht dumm, sondern durchaus auf vielen ebenen nützlich, gerade in frühkindlicher zeit, siehe jojo’s problem mit pubertären „morgenerektionen“ nach der „späten“ beschneidung, etc…

Demokrit
Demokrit
11 Jahre zuvor

Eine unnötige Diskussion! Die Anhänger dieser Praxis müssen selbst und aus sich heraus Kritik üben und ändern. Haben wir Gutmenschen keine anderen Probleme, auf die wir uns stürzen können? Versucht es doch mal mit Kritik am Lebens- und Eigentumsverständnis der Sinti und Roma oder an der Sexualmoral der Aborigines oder an der Vermüllung der Marsoberfläche oder…

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

@ Edi

Es gibt sogar Menschen die müssen ohne Arme und Beine auskommen und es gibt Leute die freiwillig am laufenden Band aus Schönheitsgründen an sich rumschnippeln lassen. Das alles hat aber nichts mit der systematischen Beschneidung des Penis zu tun.

Wie man im Angesicht eines so wunderbaren Geschöpfes wie einem Baby oder einem Kleinkind überhaupt auf die Idee kommen kann ihm auch nur Irgendetwas abzuschneiden ist mir schleierhaft.Das aber auch noch auf Grund einer religiösen Markierung zu tun, und nichts anderes ist die systematische Beschneidung, ist schlicht pervers.

Man fügt keinem Menschen auch nur den geringsten Schmerz und eine Wunde zu, egal ob mit oder ohne Narkose, wenn es dafür keine medizinischen Gründe gibt, und die gibt es für die Beschneidung nur in Ausnahmefällen. Das Gericht konnte deswegen im Rahmen der Rechtslage in unserem und nicht nur in unserem Land auch gar nicht anders entscheiden.

Rudi Gems
Rudi Gems
11 Jahre zuvor

Die Behandlung des Themas Beschneidung, ist eine merkwürdige, aber auch interessante Erscheinung. Selbstverständlich, gibt es schon eine jahrzehntealte Diskussion um die männliche Beschneidung, aber, das ist ein Thema, was seit Jahrhunderten, auch immer unterdrückt wird und wurde. Auch hier bei den Ruhrbaronen, hätte ich mir ohne dieses köllner Urteil, eine solche Diskussion nicht vorstellen können.

Objektiv, ist die Sache klar. Das Beschneiden von 8-tagealten Neugeborenen, muss und wird in Fachkreisen mit der Folter verglichen. Schaut euch doch vielleicht mal diesen Link an?

https://www.youtube.com/watch?v=8Odtkvu-z_o&feature=related

(für Eilige, ab ca. 9. Minute)

Es ist bedrückend. Da ist in Fachkreisen, bei Ärzten und Wissenschaftlern schon seit Jahren bekannt, welche verherenden Auswirkungen, eine solche Beschneidung bei Knaben, hat, aber, fast alle machen weiter wie bisher, nur weil man den Religionen nicht auf die Füße treten will. Es macht ganz schön mutlos, wenn es nicht möglich ist, auch mit Religionen, mal ein ernsthaftes und vernünftiges Gespräch führen zu können.

Wer angesichts der Tatsache,- das Neugeborene, eine Tortur durchmachen, die mit Folter vergleichbar ist, und Menschen mit Folgen und Spätfolgen leben müssen, die sie ihr ganzes Leben begleiten werden, und unter denen sie leiden werden,- immer noch nichts anderes im Sinn hat, als den Rechtsfrieden, den Religionsfrieden und die Religionsfreiheit, ist für mich, eine Spezies von Mensch, über den ich mich hier nicht auslassen kann, und will. Für mich steht fest:

Erstens: Religionen, können in Deutschland, offensichtlich wieder alles machen was sie wollen. (und wenn noch nicht, dann arbeitet man daran)

Zweitens: Die körperliche Unversehrtheit von Neugeborenen, muss hinter den Rechten und Privilegien der Religionen zurücktreten.

Drittens: Schutz und Schadenersatz vor und für Folter, bekommen in Deutschland, nur Schwerverbrecher, die ein Kind entführt haben, ermordet haben und die Eltern, trotzdem mit Lösegeld erpressen. Dabei ist es auch gar nicht nötig, das das „Opfer“ gefoltert wird, so wie Neugeborene, sondern hier, reicht sogar die Androhung.

Viertens: Eltern, die ihren Kindern eine Ohrfeige oder eine Tracht Prügel verpassen, müssen mit der vollen Keule des Strafrechtes rechnen.

Grüße, Rudi Gems

Gerd Herholz
11 Jahre zuvor

# 26: Langweilig. Als ob sich eins gegen das andere aufrechnen ließe. Wer in der U-Bahn aufsteht und hoffentlich Prügler in die Schranken weist, muss auch nicht
erst alle Kriege dieser Erde stoppen, bevor er das tut, oder?
Die Logik, super, Mediokrit! „Die Anhänger dieser Praxis müssen selbst und aus sich heraus Kritik üben und ändern.“
Genau, auch die Opfer dieser Praxis, die Tage alten Säuglinge oder Kinder, die beschnitten werden, sollen endlich selbst aufstehen und Kritik üben:
Säugling (beim vergeblichen Versuch aufzustehen): „Lalalalalal… brubbel… schmatz…“.
(Übersetzung: Äähhh, Vati, kann der Mann mal das Messer weglegen, bitte…!“)

Demokrit
Demokrit
11 Jahre zuvor

@ Gerd Herholz

Bist Du schon trocken? Wie redest Du denn? Was masst Du Dir an, Deine Vorstellungen anderen, ob gläubig oder nicht, aufoktroyieren zu dürfen? Syrien bomben wir gerade auch in Freiheit und Demokratie, was? Dann sollten wir uns der Langhalsfrauen in wo auch immer auch annehmen.

Diese bescheuerte Debatte verlässt nicht ihren Tellerrand. Dem Gesetz soll Genüge getan werden; ob Populisten und Faschisten damit geholfen wird, die deutsche Geschichte zu wiederholen, Pogrome gegen Muslime und andere nicht aufgeklärte, mit Segen der Judikative, zu organisieren, pflegen wir geflissentlich auszuklammern. Sollen die jüdischen Gemeinden in Deutschland wieder Angst haben? Besinnt Euch mal bitte!

theo
theo
11 Jahre zuvor

Soso, die Diskusssion um die Beschneidungen wird also „seit Jahrhunderten unterdrückt“. Und die Beschneidung ist so etwas „wie Folter“. Meine Güte, man sollte flugs Heerscharen von Psychotherapeuten aussenden, um die einst so arg Gefolterten in ihrem Trauma zu kurieren.

Ja, geht´s denn noch?

Warum, so fragt Martin Niewendick, wird nun darüber diskutiert? Meine Antwort: weil gerade keine andere Sau durchs Dorf getrieben werden konnte. Hat sich eigentlich auch schon weitgehend erledigt, justament wird wegen einer Lappalie von Heribert Prantl über den Zustand des Journalismus an und für sich gerungen.

Die Themen wechseln und sind eigentlich egal. Hauptsache, es herrscht Aufregung. Das ist sozusagen Spaßkultur in der Debatte. Wir haben Millionen Arbeitslose, wir haben Armut im Land, wir haben krasse Demokratiedefizite, aber lieber wird über ein Häutchen debattiert.

Helmut Junge
11 Jahre zuvor

Leute, Beschneidung von Jungenen gibt es in allen Teilen der Welt.
Alles, was darüber im Zusammenhang mit Körperverletzung gesagt wird, kann ich nachvollziehen.
Aber warum geht dieses Urteil, das einem Verbot gleichkommt, ausgerechnet von Deutschland aus?

Interessierter
Interessierter
11 Jahre zuvor

Gibt es eigentlich auch weibliche Vorhäute? Falls der Autor da mehr weiß als in Fachbüchern steht, würde ich gerne mein Med.Studium bei ihm privat erweitern. Danke. Ansonsten ist das Thema ja wohl von der Tagesordnung abgeschnitten (s.h. google News etc.)

Gerd Herholz
11 Jahre zuvor

Lieber Herr Mediokrit, Sie schreiben: „Was masst Du Dir an, Deine Vorstellungen anderen, ob gläubig oder nicht, aufoktroyieren zu dürfen?“
Ich „masse“ mir gar nichts an, ich „maße“ mir nicht einmal (wie es richtiger geschrieben werden müsste). Und gleich noch ein Tipp: „aufoktroyieren“ geht nicht. „Oktroyieren“ reicht, das heißt nämlich „aufdrängen, aufzwingen“ (siehe Duden online). Wenn Sie also, lieber Mediokrit, „aufoktroyieren“ belfern, dann heißt das sinngemäß, man möge nichts aufaufdrängen. Nene, mach ichich nichnich.
Schauen Sie zur Vermeidung von Pleonasmen doch einmal bei Bastian Sicks „Zwiebelfisch“ nach: https://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/zwiebelfisch-zweifach-doppelt-gemoppelt-a-373614.html : „Zweifach doppelt gemoppelt“.

Ansonsten verstehe ich nichts von dem, was Sie schreiben. Aber ein wirklich gelehrter Demokrit soll ja schon vor aberhunderten Jahren gesagt haben: „In Wirklichkeit gibt es nur die Atome und das Leere.“

Naja, und die Strings, die Higgs-Teilchen und Schwarze Löcher und so.

Rudi Gems
Rudi Gems
11 Jahre zuvor

Teilzitat von INTERESSIERTER:

„Ansonsten ist das Thema ja wohl von der Tagesordnung abgeschnitten (s.h. google News etc.)“

Ja, das Gefühl habe ich auch, das hier wieder das „Fokushima-Syndrom“ zugeschlagen hat. Nun muss offensichtlich, der Kopf durch den Po ersetzt werden, und Probleme ausgesessen werden? Insbesondere einige Politiker, scheinen gemerkt zu haben, auf was sie sich da eingelassen haben. Kannst Du uns mehr über diese Nachrichtensperre sagen?

Grüße, Rudi Gems

Demokrit
Demokrit
11 Jahre zuvor

#34 | Gerd Herholz

Du übst ungeschickt Zynismus, bist aber nur beleidigend.
Demokrit’s ‚Atomon‘ ist DER ultimative Urpunkt der Materie, zu jedem Zeitpunkt und in jeder Form. Atomon ist ein Zustand, kein Objekt! Den Bogen vom Atom zur politischen Instinktlosigkeit zu spannen ist gewagt, ich weiß!

So ist das! Man sagt Beschneidung und denkt an Lobotomie. Du, lieber Lehrer Gerd, lies weniger Voltaire und dafür mehr Platon. Du bist überdurchschnittlich absolut in Deinen Ansichten und musst sehr leiden auf diesem enggeistigen Planeten!

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

@ Helmut # 32

Diese Urteil hätte auch von einem anderen Land ausgehen können in den die Gesetzeslage so ist wie in Deutschland. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das natürlich von der Geburt an gilt, ist ein sehr hohes Rechtsgut und gehört obendrein zum Kern des Menschenrechtskanons.

Das dieses Recht durch die Beschneidung gebrochen wird steht außer Frage. Dabei ist es völlig egal, ob das in vielen Ländern schon lange und massenhaft stattfindet. Wer auf dieses Recht hin klagt, in welchem Land auch immer, in denen die Menschenrechte in Gesetze umgeformt wurden, bekommt, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, genau dieses Urteil.

Die Tatsache, dass die Beschneidung zu den weniger gefährlichen Eingriffen in eben diese körperliche Unversehrtheit gehört und als religiöse Tradition den Eltern zumindest subjektiv nicht als Verbrechen angerechnet werden kann bzw. angerechnet werden sollte, macht die Sache aber nicht weniger pervers.

Massenhafte Perversion ist bei vielen Religion vielmehr der Standard ihrer Verhaltenskodexe, wird aber genau deswegen von den „Tätern“ nicht als solche empfunden. Einem gesunden menschlichen Wesen aus welchem Grunde auch immer einen Teil des Körpers, und sei er auch für das (Über)leben noch so unwichtig, ohne seine Einwilligung unwiderbringlich und per Messer zu entfernen ist aber nichts anderes als absichtliche Körperverletzung. Auch wenn diese medizinisch korrekt vorgenommen wird.

Diese dann auch noch zu feiern ist eine dieser religiösen Rituale die für einen Menschen, der nicht mit ihnen sozialisiert wurde oder sich gar von ihnen bewusst abgewandt hat, schlicht gruselig erscheinen muss. Was gibt es daran zu feiern wenn man einem kleinen letztlich wehrlosen Menschen weh getan hat? Kann mir das hier einer verraten?

Rudi Gems
Rudi Gems
11 Jahre zuvor

Teilzitat von Arnold Voss:

„Was gibt es daran zu feiern wenn man einem kleinen letztlich wehrlosen Menschen weh getan hat? Kann mir das hier einer verraten?“

Das will ich nicht hoffen! das wir so einen hier dabei haben. Es würde Rückschlüsse auf diesen Menschen zu lassen, die einfach nur noch erschreckend wären. Für die Anderen, ist es unerklärbar.

Eigentlich ist die Lösung des Problems, ganz einfach.

Ich schlage Platon vor, mit seinen Gedanken zur Ethik?

Oder, die Evangelisten Lukas, Matthäus oder Markus, mit ihrer Goldenen Regel.

Oder Herrn Kant, mit seinem „Kategorischen Imperativ“.

Bei Allen heißt es (Wenn auch bei Herrn Kant ewas umformuliert)

„Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg auch keinem Anderen zu.“

Dieses Prinzip, angewendet, auf die Beschneider von Knaben?

Ganz einfach. Für jeden beschnittenen Knaben, wird dem Beschneider, unter den gleichen Umständen wie er es ausgeführt hat, auch etwas vom Geschlechtsteil weggeschnitten. Damit wäre der Ethik, der Goldenen Regel, und dem Kategorischen Imperativ, Genüge getan. Wäre doch mal ganz interessant, wann der letzte Penis, bei diesem Prinzip, beschnitten würde?

Grüße, Rudi Gems

Helmut Junge
11 Jahre zuvor

@Arnold (37),
ich streite mich nicht gerne mit jemanden, der in wesentlichen Punkten meine eigene Meinung, zudem noch sachlich fundiert, zusammenfaßt.
Insofern müßte ich Dir auch das letzte Wort in dieser Sache lassen.
Ich kann Dir sowieso nicht verraten, was es daran zu feiern gibt, einem kleinem wehrlosen Menschen ein Leid zuzufügen. Kann ich nicht und will ich nicht.

Bleibt mir nur, noch einmal zu erklären, dass ich Bedenken habe, weil dieses Urteil in Deutschland ausgesprochen wurde. Klar hätte es auch in anderen Ländern mit gleicher Gesetzeslage sogar zwangsläufig zu diesem Urteil kommen müssen.
Es gibt auch einige Länder mit ähnlicher Gesetzeslage in Europa.
Aber das Urteil ist nicht in diesen Ländern, sondern in Deutschland gesprochen worden.
Das ist aus meiner Sicht eher politisch ein Problem, nicht ethisch, juristisch oder religiös. Doch weiß ich, dass zumindest in der Schweiz mittlerweile im gleichen Sinne darüber diskutiert wird, was mich etwas beruhigt.

68er
68er
11 Jahre zuvor

Lieber Arnold Voss,

ich freue mich sehr, dass das Thema hier bei den Ruhrbaronen, so offen diskutiert wird. Dies umso mehr, als die Ruhrbarone sich bisher immer für Israel starkt engagiert haben. Ich freue mich auch, dass wir beide in dieser Sache einmal einer Meinung sind, denke aber, dass der Sache der Aufklärung mehr geholfen ist, wenn man subjektive Empfindungen die ich persönlich sehr nachvollziehen kann, in der Diskussion etwas weniger wertend zum Ausdruck bringt. Daher verzichte ich z. B. auf Worte wie „Perversion“, „pervers“ etc. da dies beim Gegenüber nur zu einer Verhärtung der eigenen Meinung führt und ein Dialog dann leztlich verhindert wird.

Ein türkischstämmiger Freund hat mir vor vielen Jahren einmal erzählt, wie er fast schon als Teenager zu seiner Beschneidungsfeier in die Türkei gereist ist. Die Beschreibung der Schmerzen, der Peinlichkeit vor den vielen Verwandten beschnitten zu werden, war schon für mich als Zuhörer unerträglich. Das soll man auch so benennen, aber von „Perversität“ zu sprechen, ist aus meiner Sicht sowohl hinderlich als auch gefährlich, da die Gefahr besteht, dass Ihre isolierte Bewertung des Akts der Beschneidung von anderen auf „die Juden“ oder „die Moslems“ generalisert wird.

Mit freundlichem Gruß

Ihr 68er

Demokrit
Demokrit
11 Jahre zuvor

#37 | Arnold Voss

Kann ich zweifelsfrei mitunterschreiben. In Israel ist bereits eine Bewegung gegen die Beschneidung im Gange. Wir sollten es den Juden und Muslimen selbst zugestehen, zu ändern, was änderbar ist. Geduld!

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

@ 68ger

Kommunikationsstrategisch stimme ich ihnen voll zu. Aber bei diesem Thema fehlt mir leider die notwendige Diplomatie. Auch religiöse Menschen müssen begreifen lernen, dass es zunehmend Leute gibt, die sich nicht mehr damit abzufinden bereit sind, dass man mit religiösen Begründungen Menschenrechtsverletzungen duldet und/oder verharmlost.

Ein gesundes Kind absichtlich und ohne medizinische Gründe zu verletzen ist die Verkehrung der elterlichen Fürsorge in ihr Gegenteil.Die Verletzung und die lebenslang verbliebene Wunde/Narbe kollektiv zu feiern setzt eine Geisteshaltung voraus, die mit kollektiver Verwirrung nur sehr harmlos beschrieben wird.

Ich persönlich bin einfach nicht mehr bereit, dafür nicht die Begriffe zu verwenden, die den dahinter stehenden religiösen Wahn deutlich benennen. Nicht ich habe mich dafür zu rechtfertigen, dass ich die Beschneidung für eine Perversion halte, sondern die Beschneider haben mir die Frage zu beantworten, was sie an der Beschneidung eines Kindes so erfreut, dass sie diese auch noch ausgiebig und stolz feiern.

Ich lebe mit ihnen in ein und demselben Land unter den gleichen Gesetzen.Die Gruppe der Nichtreligiösen macht obendrein in diesem Land mittlerweile gut ein Drittel der Gesamtbevölkerung aus.Da ist von dieser Seite auch politisch dir Frage erlaubt, ob Religiosität in diesem Lande immer noch ein quasinatürliches Recht zum Unrecht beinhaltet und ob ich mir das als Bürger dieses Landes weiter gefallen lassen muss.

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

@ Demokrit

Es ist überhaupt keine Frage, dass die Aufklärung durch sich selbst, bzw. durch den Diskurs in der Gemeinschaft, in der man lebt und mit der man vielfach verbunden ist, der beste Weg zur Durchsetzung der Menschenrechte ist. Die entsprechende Reformierung von Innen ist in der Regel tragfähiger und nachhaltiger als die Erzwingung von außen und sie braucht normalerweise mehr Zeit als dem angemessen erscheint, der diese innere Reform schon hinter sich hat.

Aber das kann nicht bedeuten, dass man dazu als Außenstehender schweigt. Weder privat noch öffentlich. Erst recht nicht, wenn es um eine Betroffenengruppe geht, die sich in eben dieser Gemeinschaft selbst nicht wehren, ja sich nicht einmal äußern kann.

Rudi Gems
Rudi Gems
11 Jahre zuvor

Ich habe überhaupt kein Problem damit, das diese Initiative, von deutschen Juristen ausgegangen ist, und eine Lawine ins Rollen gebracht hat, die Politiker so sehr in die Enge getrieben hat, das sie sich nur noch mit einer Nachrichtensperre zu wehren wissen.

Es tut gut zu lesen, welche Personen und welche Personengruppen nicht mehr bereit sind, still zu halten, und durchaus bereit sind, unter voller Adresse Resulutionen zu unterschreiben, die die Beschneidung von Kindern verbieten will. Wirklich schade finde ich, das ich dabei, bisher, weder einen einflussreichen Religiösen, aus den Religionen, Juden und Moslems, noch von den Christen gefunden habe.

Ich finde, es sollte alle Deutschen mit Stolz erfüllen, das es heute möglich ist, soviel Humanität in Deutschland durchsetzen zu können, das wir bereit sind, auch unter Mühen, die Kinder, unserer Freunde, den Juden und den Muslimen, zu schützen. Betrüblich eigentlich nur, das diese Initiative, nicht von den Betroffenen selbst kommt. Informieren, kann sich in Deutschland, heute jeder, wenn er will.

Wenn es heute möglich ist, mithilfe von Apparaten und Messinstrumenten, nachzuweisen, das eine Beschneidung eines Säuglings, eine Tortur ist, die man mit Folter vergleichen muss, dann ist es mir völlig unmöglich, nachzuvollziehen, wie Eltern, ihrem Kind sowas antun können, wenn sie darüber informiert worden sind. Spätestens, wenn die Information, über eine solche Sache vorliegt, betrachte ich es als Selbstverständlichkeit eines jeden Elternteiles, massiv gegen solche Beschneidungen vorzugehen.

Hier jetzt die Gegenoffensive anzutreten, nach dem Motto, „Ihr Deutschen habt es gerade nötig, euch in Religiöses einzumischen!“ Betrachte ich als so verlogen, ungerecht und heuchlerisch, das einem schon fast die Worte fehlen. Bitte, was könnte uns Deutsche, anderes veranlassen, gegen solche Beschneidungen zu Felde zu ziehen, als die Fürsorge, die wir Kindern zuteil werden lassen wollen? Wenn wir Juden oder Moslems schaden wollten, würden wir dafür kämpfen, das alle Kinder, siebenmal im Leben beschnitten werden.

Grüße, Rudi Gems

68er
68er
11 Jahre zuvor

@ Arnold Voss

Habe gerade den Hinweis von Demokrit auf die Anti-Beschneidungs-Bewegung ins Israel nachgegoogelt und bin über einen Bericht bei der taz auf das nachfolgende Video gestoßen:

(Nicht für Menschen mit schwachen Nerven)

Da wird gezeigt, wie ein Baby bei Bewußtsein beschnitten wird. Ab ca. 3:50 min wird geschnitten. Wer nach Sicht des Videos noch der Meinung ist, Beschneidungen sollten in das Ermessen der Eltern gestellt werden, dem ist nicht zu helfen.

https://video.google.com/videoplay?docid=8212662920114237112&hl=de

Demokrit
Demokrit
11 Jahre zuvor

#43 | Arnold

d’accord; zwischen Schweigen und radikal bekämpfen liegt jedoch der konstruktive Dialog, die Überzeugung und der gute Wille einen Kompromiss zu finden.

Rudi Gems
Rudi Gems
11 Jahre zuvor

#45 /68’er

So etwas Schlimmes habe ich noch nicht gesehen! Ich bin jetzt noch am zittern, und habe Tränen in den Augen.

Rudi, dem der Appetit vergangen ist.

theo
theo
11 Jahre zuvor

Rudi,

„Appetit vergangen“?

Das war aber auch ein wenig kühn gedacht, dass man nach dem Betrachten einer Beschneidung noch Spaß an einem Wurstbrot haben könnte.

Micha(el Winkler, Dresden)

Beschneidung muss sein … logo, schützt die Religionen.

Ich bin auch dafür, dass Hindus, wenn sie es wollen, in Deutschland ihre Witwen verbrennen dürfen. Und irgendwelche Maya-Anhänger, oder waren es die Azteken, hmm, ich schau nochmal nach 😉 … also, Menschenopfer sollte man durchaus als Teil der Religionsfreiheit ansehen.
Was wäre denn die Welt ohne Gottesgläubige??

Hmm, oder schaffen sich die Religionen bald selbst ab, so dass nur noch Gott übrig bleibt? 😉

ein Schläfer
ein Schläfer
11 Jahre zuvor

Eines Tages wachst Du auf und stellst fest dass die Sklaverei doch nicht so toll ist wie immer gedacht. Wenn mehr Leute das selbe denken gibt es einen Paradigmenwechsel. So einfach ist es.

btw. Haters gona hate 😉

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