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Erinnerungen an einen antisemitischen Doppelmord in Erlangen

Straßenschild in Erlangen. Quelle: Wikipedia, Foto: Janericloebe, Lizenz: CC BY 3.0

Nur drei Monate nach dem Oktoberfestattentat, dass ja wie wir alle wissen, von einem Einzeltäter verübt wurde, fielen am 19.12.1980 der jüdische Verleger Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke einem Doppelmord in ihrem Hause zum Opfer. Täter war der Rechtsextremist Uwe Behrendt.

Von unserem Gastautor Thomas Weigle.

Nicht nur. Dass erneut jüdische Bürger zum Ziel eines Mordes geworden sind, ist empörend. Nein, betrachtet man die Ermittlungsansätze der Polizei, muss man konstatieren, dass die bayerische Polizei nicht von einem antisemitischen Hintergrund ausgeht, man bringt Ansätze ins Spiel, die zum Himmel schreien.

Da ist von einer „Tat im Milieu“ die Rede, die Presse überschlägt sich: „Ex-Adjutant Mosche Dajans hingerichtet.“ Für die Jüngeren unter den Lesern, Dajan war einer der Hauptverantwortlichen für den Sieg der israelischen Armee 1967 und Verteidigungsminister Israels. Aber, wenn wundert´s, auch der geheimnisvolle Mossad wird erwähnt, traut man diesem doch Alles und noch viel mehr zu.

Blödsinn! Shlomo Lewin lebte schon lange in der Bundesrepublik und war als Verleger deutsch-jüdischer Literatur tätig, sowie zeitweise Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Erlangen. Er war 1911 in Deutschland geboren worden, sein Vater Rabbiner, die Familie seit Generationen in Deutschland ansässig. Vor den Nazis nach Palästina geflohen, lebte er seit 1960 wieder in der Bundesrepublik Deutschland.

Der Mord an dem Paar beflügelte offenbar die Gosse, denn in den folgenden Tagen gingen an verschiedenen Stellen anonyme Schreiben ein, sowohl bei der Jüdischen Gemeinde als auch bei der Polizei, die Beschimpfungen übelster Art und Morddrohungen enthielten:

„Die gehen und kommen, wie sie belieben! 1 Dutzend Reisepässe in der Tasche! Wenn der Oberstinker im Kriegsstab bei Dajan war, hat er doch bei uns gar nichts zu suchen und muss seine Exekution bei den Arabern abwarten.“ Dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Arno Hamburger, erreichten Morddrohungen der übelsten Art per Telefon.

Die Ermittler suchten überall nach dem Täter, der mit einer Beretta das Paar ermordete. Völlig absurde Ansätze wurden verfolgt, so u.a., nahm man an, dass Schlomo Lewin im Erpressergewerbe tätig gewesen sein könnte, da man glaubte „kompromittierendes Material“ gefunden zu haben. Lewin verfügte über ein Archiv, dass er für seine Tätigkeit als Verleger für deutsch-jüdische Kultur brauchte.

Nachdem die israelische Botschaft etwas ungeduldig wohl nach dem Stand der Ermittlungen fragte, ließ man sie wissen, dass „man sowohl persönliche als auch politische Motive untersuche.“

Dass gar nicht weit von Erlangen entfernt die Wehrsportgruppe Hoffmann ihren Standort hatte, ließ die Behörden offensichtlich kalt.

Man will es kaum glauben, sogar orthodoxe Juden werden ins Spiel gebracht, die Shlomo Lewin  umgebracht haben könnten, weil er mit einer Christin liiert war, überhaupt gerät auch sein Liebesleben ins Visier der Fahnder.

Dass auch sonst allerlei Verdächtigungen und antisemitische Vorurteile an die trübe Oberfläche kamen, kann da nicht weiter verwundern. Auf jeden Fall ermittelt die Polizei im jüdischen Umfeld, da wird auch schon mal ein jüdischer Verdächtiger, Henry Majngarten, mittags vor aller Augen von der Polizei an seiner Arbeitsstelle zur Befragung „abgeholt.“

Zuvor hatte die Polizei bereits die jüdische Trauerfeier unter Beobachtung gestellt, so wie man das halt bei Beerdigungen von Mordopfern so macht. Ein weiteres Zeichen, dass man nicht wirklich ein antisemitisches Motiv vermutete.

Es war dies nach München 1970 und 1972 das dritte Mal das jüdische Bürger auf bundesdeutschem Boden einem antisemitischen Terrorakt zum Opfer fielen und die Aufklärungsarbeit schreit bis heute zum Himmel. Hätte man von Anfang an im rechtsextremen Umfeld ermittelt, hätte man wohl des Täters habhaft werden können. Aber erst nach fünf Wochen wurde man in Hoffmanns Schloss in Sachen Täter vorstellig, da war der Täter, Uwe Behrendt, der die Tat wohl Hoffmann gestanden hatte, bereits flüchtig. Er soll 1981 im Libanon Selbstmord begangen haben.

Hoffman selbst wurde 1983 als möglicher Auftraggeber der Morde freigesprochen, die Alleinschuld Behrendts festgestellt. Es ist, so wie Ronen Steinke in „Terror gegen Juden“ feststellt, dass man zunächst im Umfeld der Opfer ermittelt, antisemitische oder fremdenfeindliche Motive ausschließt. So wird manche heiße Spur kalt und führt, wenn man sie zu spät verfolgt, zu weiteren Opfern oder ins Nichts.

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Thomas
Thomas
3 Jahre zuvor

Ich habe mich damit bisher gar nicht beschäftig. So richtig verstehe ich das nicht. Warum hat die DDR die Hintermänner nicht geschnappt? Wie kamen diese Leute durch den antifaschistischen Schutzwall? Wieso wurde nicht verhindert das sich die Leute in die arabische Welt absetzen? Warum schafft man es bis heute nicht die Täter zu ächten? Es kann doch nicht sein das man den Palästinenser bis heute in den Arsch kriecht. Die haben mit der WSG gemeinsame Sache gemacht. Da hat sich doch gezeigt das die Fatah Faschisten sind. Warum bekämpft die Linke diese Leute nicht? Fragen über Fragen…

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