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Klagewelle gegen die Pottoriginale

Filmemacher Gerrit Starczewski muss gerade viel einstecken | Foto: Dominik Asbach

Ein altes Sprichwort lautet nicht umsonst: vor Gericht braucht man drei Säcke: einen mit Papier, einen mit Geld und einen mit Geduld. Diese Binsenweisheit wird für den Ruhrpott-Independent-Filmer Gerrit Starczewski gerade zur bitteren Realitätslektion. Gleich viermal muss er sich wegen Urheberrechtsstreitigkeiten und ähnlichen Sachverhalten in wenigen Wochen verantworten. Heute hat er vor dem Landgericht Köln gegen den Hobby-Fußballspieler „R. Ficken“ verloren und muss ihm einen Schadensersatz von vermutlich 4.000 Euro Schmerzensgeld zahlen – das endgültige Urteil steht noch aus.

Was war passiert? Gerrit Starczewski ist bekannt für seine Guerilla-Filmaktionen, erst kürzlich ging sein „NakedFußball“-Projekt medial um die ganze Welt. Seine Pottoriginale-Figuren heißen an anderer Stelle Tankwart a.D., VfL Jesus oder B.A.. Diese Typen sind zwischen Kiel und dem Bodensee bekannt und beliebt wegen ihrer bauernschlauen Sprüche – und ihrer rustikalen Kumpel-Art. Gerrit hatte über viele Wochen lang die schlechteste Kreisliga-C Fußballmannschaft aus Oberhausen mit der Kamera begleitet. Die Mannschaft nennt sich „Hobby-Liga Oberhausen“ und ihr Trainer hört auf den launigen Namen „Lattenjupp“ – dieser handfeste Klamauk im Fips-Asmussen-Gewand hat gerade in den sozialen Medien unglaublich viele Follower.

Bei einem Abend im Oberhausener Vereinsheim zeigten der Geschäftsführer und Trainer Lattenjupp die Spielerpässe ihres Teams, darunter ein Spielerpass eines Spielers mit dem Namen R. Ficken. Starczewski sagt dazu: „Ich fand es einzigartig. Habe zuvor nie davon gehört das es einen offiziellen Fußballer gibt mit dem Namen Ficken. Der Verein gab mir das okay – den Spielerpass auf meiner Pottoriginale Seite zu posten. Auf dem Pass sah man den Namen, Foto und Datum. Es gab keine Unterschrift – und auch keine Adressdaten des Spielers.“

Hobbyliga-Trainer Lattenupp während eines Nakedfussball-Spiels in Duisburg | Foto: Klaus Homann

Das Gericht in Köln tagte heute und sah es anders, Gerrit Starczewski muss für diese Handlung einen Schadensersatz von vermutlich 4.000 Euro leisten, weil er mit dieser öffentlichen Verunglimpfung das Persönlichkeitsrecht des Hobby-Fußballers verletzt hat. Das rheinische Landgericht hat wirklich in diesem Fall sehr hart entschieden, das endgültige Urteil wird Mitte August verkündet. Für einen kleinen Independent-Filmer ist das sehr viel Geld, zumal Starczewski gerade in den letzten 16 Monaten der Corona-Pandemie so gut wie keine Einkünfte hat und jede Woche für ihn quasi ein Existenzkampf um das blanke Überleben ist.

Mit einem Benefiz-Fußballspiel will er einen Teil der Prozesskosten begleichen. Für ihn ist diese Prozesswelle ein echter Existenzkampf, denn in wenigen Wochen hat der Filmemacher insgesamt vier juristische Auseinandersetzungen. „Ich muss mein Ziel vor Augen haben, auch wenn mir die Angst im Nacken herumflattert. Es ist immer wieder ein beißender Kampf mit der Zeit, der Geduld und den Ressourcen.“ Dennoch hat der Filmemacher seinen Optimismus nicht verloren. „Im Ruhrgebiet schmeißt man die Flinte nicht so schnell ins Korn – bei uns gilt nur eins: Weitermachen!“ Und mit dieser Haltung hat er natürlich am Ende doch sein ›Recht‹ behalten.

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