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Kommunalabgabengesetz: Heute plan‘ ich, morgen bau‘ ich, übermorgen hol‘ ich mir Dein Geld

Kortumtsraße Bochum


Kommunalabgabengesetz. Das Wort allein ist schon ein Monster. Ein Bürokratie-Monster, das den Bürger meist in Form von Beiträgen für Straßenbaumaßnahmen ereilt. Sie sind an die Gemeinde zu entrichten. Unser Gastautor Dirk Schmidt ist CDU-Ratsherr in Bochum.

Im Gegensatz zu einer Steuer erhält der Bürger eine Gegenleistung. Im Gegensatz zu einer Gebühr ist die Gegenleistung jedoch nicht konkret. Ein Beitrag wird für eine potenziell mögliche Inanspruchnahme einer Leistung erhoben. Oder anders: Der Anlieger einer Straße wird zur Kasse gebeten, wenn die Straße vor seiner Haustür erneuert wird. Neuer Straßenbelag, neuer Radweg und auch neue Straßenlaternen können auf der Rechnung stehen. Die Anlieger bezahlen sie anteilig.

Es handelt sich um einen Solidarbeitrag. Die Nutznießer sollen sich an den Kosten beteiligen. Ermittelt werden Anteile zum Beispiel über die Länge der Frontlinie eines Hauses zur Straße hin.

Über den Umfang einer Baumaßnahme oder ihre Notwendigkeit wird in Nordrhein-Westfalen nicht durch die Anlieger entschieden, sondern durch Kommunalverwaltungen und Kommunalpolitiker. Das führt schnell zur Zwangsbeglückung aller Anlieger oder zumindest einzelner. Deren Protest ist oft lautstark zu vernehmen, denn schließlich wird dem Bürger hier in die Tasche gegriffen – spätestens bei postalischem Zugang der Rechnung, dem Beitragsbescheid. Den Namen des KAG-Monsters kann man sich dann merken.

Häufig wird die Legitimität der nordrhein-westfäsichen Straßenbaubeiträge infrage gestellt. Verfahren seien intransparent, Bürgerbeteiligung nicht hinreichend. Der Protest ist stärker, wenn es um eine grundlegende Erneuerung einer Straße geht und nicht um die erstmalige Erstellung. Meist geht es ja heute gerade nicht um Neubauten, sondern um ebene diese Erneuerung von Straßen mit vorhandener Bebauung und eingesessenen Anliegern. Und die Forderung ist dann lautstark zu hören, das wäre doch eigentlich aus Steuergeldern zu bezahlen. Dafür würden sie ja schließlich erhoben!

Die Verärgerung übers Kommunalabgabengesetz und die damit verbundenen Zahlen ist bei den Bürgern nachhaltig. So gibt es Petitionen und Volksbegehren zum Thema. ZieI ist die Abschaffung.

In der Debatte haben sich auch die im Landtag vertretenen Parteien positioniert. Die oppositionelle SPD-Landtagsfraktion plädiert für eine völlige Abschaffung der Straßenbaubeiträge und eine Kompensation des Einnahmeausfalls der Gemeinden aus dem Landeshaushalt. Als Opposition gibt sich das Geld anderer leicht aus. Zu Regierungszeiten war das anders.

Die in NRW regierende CDU-FDP-Koalition hat sich geeinigt, für die Kommunen ein Programm aufzulegen, um eine Absenkung von KAG-Beiträgen gegenzufinanzieren. Mit Regierungsverantwortung ist man jetzt zurückhaltend. Der Verzicht auf eine völlige Abschaffung löst so keine sogenannte Konnexität aus. Entsprechend der Landesverfassung müsste sonst aus dem Landeshaushalt das finanziert werden, was bei den Einnahmen der Städte weg fällt. Es bleibt bei einer freiwilligen Entscheidung der Städte und Gemeinden, ob sie ihre KAG-Beiträge absenken oder einen Förderantrag stellen. Bereitgestellt werden sollen vom Land hierfür 65 Mio. € pro Jahr. Es gibt Zweifel, dass dies landesweit ausreichen wird.

Hier werden die Kämmerer der Städte und Gemeinden hellhörig. Bei einer Abschaffung droht Ihnen ein Einnahmeausfall von erheblicher Größe. Und sollte das Förderprogramm nur anteilig die Einnahmenausfälle ausgleichen, dann ist auch dies schmerzhaft, gerade für Kommunen mit Haushaltsdefiziten.

Flankierend hat die Landesregierung einige Maßnahmen vorgesehen, um die größten Schmerzen beim Erhalt eines Bescheides für Straßenbaubeiträge abzumildern. Dazu gehört die optionale Möglichkeit, die Beiträge über 20 Jahre abzustottern. Der Aufschrei der Bürger wird auch immer daraus gespeist, dass plötzlich und kurzfristig Tausende von Euros zu zahlen wären. Auf einer Häuserfront in Xanten findet sich ein Graffito: „Die Stadt und §8 KAG: Heute plan ich, Morgen bau ich, Übermorgen hol ich mir dein Geld.“

Der Unmut der Bürger im Land hat sich aufgestaut über viele Jahre. Er hat Aktivisten generiert und eine Vielzahl von Unterschriften auf Volksbegehren. Es ist nicht zu erwarten, dass die vorgesehenen Maßnahmen von CDU und FDP diesen Unmut in aller Schnelle völlig beruhigen werden können. Opposition aus SPD und GRÜNEN im Land werden den Finger immer wieder in die Wunde legen. Das KAG-Monster taugt zum Wahlkampfthema. Im Jahr 2020 steht eine Kommunalwahl in NRW an und eine Landtagswahl wieder im Jahr 2022. Es wird offen spekuliert, ob Landesfinanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) vor den Wahlen nicht noch einmal in die Kasse greifen muss. Das KAG-Monster geht auch bei denen um, die wiedergewählt werden wollen. In den Kommunen wie im Landtag.

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ke
ke
4 Jahre zuvor

Was heißt Finger in die Wunden legen etc.
Diese Regelungen sind einfach total daneben und erwecken den Eindruck von Behörden-Willkür. Ebenso können sie Existenzen gefährden.

Es ist vollkommen berechtigt, dass dieses Thema Protest hervorruft. Ebenso ist es nicht nachvollziehbar, dass es diese Gebühren noch gibt.

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