Tunesien nach der Revolution. Von unserer Gastautorin Melanie Goldmarie
Wenn man die Einstellung der Tunesier zur neuen Republik in einem Wort beschreiben müsste würden es „begeistert“ oder „euphorisch“ vermutlich am besten treffen. Während in Tunis der Präsidentenpalast leer steht, das Militär nur noch sporadische Präsenz zeigt und die Menschen zum Alltag zurückkehren, berichten französischsprachige Radiosender intensiv über die umfassenden Reformprozesse, die in diesen Wochen von der Interimsregierung angestoßen werden. Selbst in den touristisch geprägten Regionen um Djerba, Monastir und Enfidha, wo gegenwärtig tausendfach Urlauber und damit auch Einkünfte ausbleiben, trifft man beinahe ausschließlich auf Leute die schwärmen: „Neues Tunesien, alles neu, wir sind jetzt wie ihr.“ Untermalt wird die positive Stimmung von zahlreichen großflächigen Aufschriften an Hauswänden die sagen: „no fear“, „go hell Ben Ali“ und „freedom of speech.“
Als deutsche Besucherin des Landes bin ich beeindruckt von so viel Aufbruchstimmung und Optimismus. Als ich länger und genauer hinsehe, entdecke ich aber auch Faktoren, die diesen ersten Eindruck relativieren. Da sind zum einen die Gespräche mit jungen Tunesiern, die auf die Frage, was denn nun genau anders sei „alles, einfach alles“ entgegnen, das aber nicht weiter konkretisieren können. „Die Polizei ist netter zu den Menschen und wir können besser Sachen verkaufen,“ fällt es einem schließlich ein. Weitere Argumente bleiben jedoch abstrakter Natur.
Über fünfzig politische Parteien haben sich seit der Revolution vom 14. Januar 2011 gegründet und bis zu den Wahlen im Sommer könnten es noch deutlich mehr werden. Im Grunde baut gerade jeder, der was auf sich hält und wirtschaftliche Interessen zu verfolgen hat, seine eigene Partei auf. Wenn man das mit dem alten Tunesien kontrastiert, in dem es genau eine Partei gab, ist das natürlich