Terrortorte: Blogger-Prozess ist beendet

Die Staatsanwaltschaft Bochum ist zur Besinnung gekommen: Sie hat die Revision gegen den Freispruch des Bochumer Bloggers Martin Budich zurückgezogen.

Budich war vorgeworfen worden, mittels des hier abgebildeten Comics zur Gewalt gegen eine Nazi-Demo aufgerufen zu haben. Der Prozess lief über Jahre – absurdes Theater auf Kosten der Steuerzahler und der Nerven von Martin Budich, der das Blog Bo-Alternativ betreibt.

Mehr zu dem Prozess auf Bo-Alternativ. Dort findet sich auch eine ausführliche Dokumentation des ganzen Prozesses.

letzte Woche / diese Woche (kw5)

Letzte Woche wurde an dieser Stelle einmal mehr einiges an Antipathie gegenüber diesem ganzen Medienwust und Informationsterror zum Ausdruck gegeben. Etwas paradox, oder? Jedenfalls hat der Autor dieser Zeilen dann mal nicht weiter Žižek, Diederichsen, Theweleit oder sonst eines LSD-Beatniks Buch gelesen, sondern mal ganz einfach „Exploding“, die Geschichte der Warner Music Group, erzählt von Stan Cornyn. Ab Sinatra und bis zu The Doors zumindest war das dann übrigens auch ganz interessant. Das waren noch Booms damals in den 50ern und 60ern! Da gab es noch dolle Produkte zu konsumieren und nicht nur einfach Strom schluckende New Economy!

Und irgendwie hatte sich meiner das Thema „New Labour“ bemächtigt. Begonnen hatte das wohl schon nach einem Treffen mit u.a. Dieter Gorny und als ich hinterher zu Kollege Hillenbach sagte: „Der klang, als hätte er damals bei Blair und Schröder permanent mit am Tisch gesessen.“ Aus der beliebten Reihe „Ideologien fix und verständlich erklärt“ also in dieser Woche: „Wer und was ist eigentlich die Neue Mitte nochmal?“

Begriffstrennung: New Labour, altes Proletariat, Prekariat, Mittelstand. Dann: Wer dienstleistet und sich dabei eher am Mittelstand orientiert, ist Neue Mitte. Wer beständig für ein und dieselben schuftet und sich auch ansonsten am alten Proletariat orientiert, darf sich wenigstens noch dem Prekariat überlegen fühlen. (Wer nicht nach oben will oder sich gern „unten“ fühlt, darf NPD oder Linke wählen.) Das Gros „dienstleistet“ (teils schuftend) – und bekommt z.B. als Freiberufler natürlich meist weniger Geld als die Festangestellten, darf sich aber unabhängiger fühlen und sich sogar selbstständig nennen. Man hat ja eine „Existenz gegründet“. Permanent Angestellte identifizieren sich halt mit „ihrer“ kleinen Firma und freuen sich, in einer Nussschale zu schippern und nicht auf einem Konzerndampfer – wobei sie diesen natürlich zuarbeiten, aber das fühlt sich halt nicht wirklich so an. Gute Miene, böses Spiel. Die Neue Mitte ist also die neue Dienstleistungsarbeiterklasse. Und speziell im Ruhrgebiet haben besonders die trotz Arbeiterklassenherkunft Studierten dann immer so ein erleuchtetes Funkeln in den Augen, ganz besonders wenn sie „noch wo untergekommen“ sind. War ja auch wirklich wild, die Jugend. Und jetzt, also heute: New labour, ja wow! „Verschwende Deine Jugend!“ bzw. „Wasted german youth“ war schon immer ein SPD-Slogan! Da freuen wir uns doch diese Woche mal ganz besonders drüber!

Wissen Sie was? Ich mache diesmal keine Vorhersagen zu dieser Woche. Die von letzter Woche sind mir nämlich allzu sehr eingetroffen.

Foto: Jens Kobler (feat. „Different Class“ von Pulp. Auch gut von denen: „Cocaine Socialism“ und „Party Hard!“)

Der Ruhrpilot

NRW: „Entlassen Sie Ihren Finanzminister, Frau Kraft?“…Express

Ruhr2010: Kultur im Schlussverkauf…Süddeutsche

NRW II: Wie geht es weiter mit dem an NRW gescheiterten Jugendmedienschutz-Staatsvertrag?…Pottblog

NRW III: „Wir haben keine Theaterkrise“…Welt

NRW IV: Kraft will beim Personal sparen…Der Westen

Bochum: Fortsetzung der AStA-Koalition…Bo Alternativ

Duisburg: Polizist soll verhängnisvollen Befehl bei der Love Parade gegeben haben…Spiegel

Duisburg II: Über 500 Menschen demonstrieren für Erhalt des Djäzz in Duisburg…Der Westen

Umland: Zwischen Köln und Hamburg…Welt

Umland II: Nach der Jagd ist vor der Jagd…Zoom

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“This is my Freedom, this is my voice!“ … Sophie Hungers erhabene Enthobenheit

Sophie HungerWas macht diese Sängerin, Denkerin, Poetin nur mit uns? Da ist diese so bedrängend intensive, etwas spröde eingefärbte Stimme, die so authentisch Emotionen nahe bringt. Ihre Songs, die sie angeblich ganz ohne Notenkenntnis kreiert, passieren Licht- und Schattenwelten. Und die junge Schweizerin, die im letzten Sommer schon beim Haldern-Pop so unwiderstehlich agierte, bleibt doch so konsequent sie selbst dabei!

„Wenn ich nach Deutschland komme, verändert dies jedes Mal mein Leben“ – ist das nun schüchterne Dankbarkeit oder überlegene Koketterie aus dem Munde dieser mädchenhaften Sängerin in ihrem knallroten Kleid?  Und Sophie Hunger hinterfragt gerne alles, auch auf der Bühne im Konzerthaus Dortmund: „Warum soll dieses Konzert ein akustisches sein? Was heißt das? Ich singe doch in ein Mikrofon hier.“ Wie auch immer. Am Ende hinterlassen sie und ihre Band stehende Ovationen. Schließlich ist das Zugaben-Set fast so lang wie das ganze Konzert vorher. Um ihr Publikum auf sich einzuschwören, hat sie diesem zu Anfang des Abends ihre Stimme „pur“ gegeben – allein und schutzlos, fragil und zugleich unerschütterlich stark! Ab dann greifen ihr  fabelhafte Mitmusiker unter die Arme. Mal kammermusikalisch, dann wieder rockig und zuweilen auch völlig a capella. Pures Dahinschmelzen evozieren einige Duette zwischen ihrer Stimme und der Posaune allein. So variiert der Gestus von sehr zart und ganz weich bis zu quirlig-lebendig und fröhlich-impulsiv. Sie drischt auf den Flügel ein oder forscht behutsam Klänge an den Tasten aus, reißt dann wieder elektrische und akustische Gitarren an sich, um zu treibenden Riffs ihrer Band frech abzurocken. Ihr oft nach oben gerichteter, verklärter Blick unterstreicht ihre so überzeugend verkörperte Aura von erhabener Enthobenheit. Wie bekommt diese Frau das hin, Charisma und Natürlichkeit derart intensiv eins werden zu lassen? „This is my Freedom. This is my voice!“ proklamiert sie in einem ihrer Songs die doch so einfache, so plausible Antwort. Überhaupt lohnt es sich, ihre Alben gründlich anzuhören, um noch mehr von den englischen, deutschen und französischen Texten mitzubekommen. Sophie Hungers Sätze, Worte und Melodien wollen nichts erklären, sondern dafür die eigene Fantasie reich machen. Etwa im „Walzer für Niemand“, der bei den Zugaben nicht fehlen darf: „ Niemand, ich habe Geschenke für dich. Was wäre ich geworden, gäbe es dich nicht. Meine gesammelten Werke, bitte sehr. Alles gehört dir!“

Aktuelles Album

Sophie Hunger „1983“

Two Gentleman Records 2010

Der Ruhrpilot

Bochum: PCB-Opfer stirbt am Arbeitsplatz…Der Westen

Essen: Riesenandrang beim Ausverkauf von Ruhr.2010…Der Westen

NRW: Kraft nimmt Borjans in Schutz…RP Online

NRW II: Eigentümer streiten über WestLB…RP Online

NRW III: Umweltminister fordert Transparenz bei Gasbohrungen…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Envio-Hallen werden im Sommer abgerissen…Ruhr Nachrichten

Bochum: GM schickt Berater ins Opel-Werk…Ruhr Nachrichten

Duisburg: „I love Djäzz“ – 300 Demonstranten bei Auftaktveranstaltung am Averdunk…Xtranews

Duisburg II: Neuer Ärger um Stahlkubus für Museum Küppersmühle…Der Westen

Kultur: Ach Schimmi, du lohnst dich wirklich noch!…Welt

Kultur II: Steh auf, Zombie!…Spiegel

Ruhrgebiet: Die „dunkle Kammer“ an der Ruhr…Wiener Zeitung

Debatte: Lammert will Deutsch im Grundgesetz verankern…Welt

Electro, DubStep, Drum‘n‘Bass – live im Domicil, Samstag 29.1.

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Comping (live) + DJs Koljeticut / Maik Ollhoff / Sir Fired / Easy Klickz

DJ sets: Koljeticut, Maik Ollhoff, Sir Fired / Easy Klickz

Die überaus faszinierende Verbindung aus Live-Drumming und Elektronik-Sounds und -Beats  verspricht die Wuppertaler Band COMPING und weiß dabei überaus wirkungsvoll,  Elemente von Dub-Step, Drum ’n Bass, HipHop und Electro zu einem eigenen Stil zu fusionieren.  Maik Ollhoff (Schlagzeug) kann als studierter Jazzmusiker und erfahrener Trommler in verschiedensten Stilrichtungen auf ein umfangreiches Repertoire an Grooves zurückgreifen. Sein akustisches Drumset wird durch Percussion-Samples und Loops unterstützt. Der Soundspezialist Cestbon (Synthesizer) schraubt sich durch Oszillatoren und Filterbänke, entfesselt Basswände und Melodien, die während der Auftritte moduliert werden und immer neue Haken schlagen. Eine solide Sammlung von analogen sowie digitalen Synthesizern schafft die Grundlage für immer neue Soundausflüge. Als dritter Mann im Team: Koljeticut (Turntables). Als aktueller IDA Showcategory Worldchampion bringt er seine Skills an Plattenteller und MIDI-Pads in den Bandsound ein, feuert Samples ab, spielt Gesangsparts ein und webt sein Instrument tief in die Songs ein.

Komplettiert wird der Abend, der vermutlich zu einer langen Nacht werden wird durch diverse DJ-Sets von Künstlern aus der hiesigen Szene.

Mit dieser Nacht der gebrochenen Beats liefert der Kurator dieser neuen Reihe Mike Olhoff eine Fortsetzung nach einem überaus erfolgreichen Start im Rahmen der Dortmunder Jazztage Anfang Dezember.

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Karnevalskrieg im Ruhrgebiet?

Die Duisburger Jecken sind sauer auf den Geierabend. Der Grund: Sie kennen das Programm nicht. Oder verstehen es nicht.

Aufregung in Duisburg. Wegen dem Geierabend. Die Rheinische Post:

Joachim Loosen ist empört. „Da hört jeglicher Spaß auf“, sagt der Geschäftsführer der Duisburger Karnevalsgesellschaft (KDV). Er ist verärgert über die Macher der alternativen Dortmunder Karnevalssitzung „Geierabend“, die sich über den Umgang mit dem Loveparade-Unglück mit 21 Toten lustig machen. „Leider kann man das nicht verbieten, aber wir distanzieren uns in aller Deutlichkeit davon.“

Was Loosen nicht weiß, weil er das Programm des Geierabends nicht kennt:  Auch für die Dortmunder Kabarettisten hört beim Thema Loveparade der Spaß auf. Die Passagen, in denen es um die Opfer der Loveparade geht haben mit Klamauk nichts zu tun. Es sind bitterböse Texte, die Martin Kaysh zu dem Thema vorträgt. Im  Saal kann man dann eine Stecknadel fallen hören.  Mit dem Besoffski-Karneval, wie ihn der Duisburger Faschingsfundamantalist kennt, hat das alles nicht viel zu tun. Eher mit gutem Kabarett. Für mich gehörten die Loveparade Nummern zu den Höhepunkten des Geierabends. Und der Skandal sind doch nicht die Texte von Martin Kaysh, sondern die Tatsache, das eine Charaktermaske wie Sauerland noch im Amt ist.