So wird das nichts mehr, Recklinghausen!

Zu Besuch bei ‚Recklinghausen leuchtet‘ 2025. Foto(s): Robin Patzwaldt

Seit Jahren schon begleiten wir hier im Blog den schleichenden Niedergang der Recklinghäuser Innenstadt – und man muss leider sagen: Es ist kein Ende in Sicht. Die einst für Ruhrgebietsverhältnisse so charmante Altstadt, mit ihren engen Gassen, kleinen Boutiquen und traditionsreichen Cafés, hat ihren Charakter weitgehend verloren.

Wo früher Leben, Stimmengewirr und das Klirren von Kaffeetassen zu hören waren, herrscht heute zu oft gähnende Leere. Leerstände prägen das Stadtbild, viele der verbliebenen Läden schließen schon am frühen Abend ihre Türen.

Ein Lichtblick in dunklen Zeiten

Und doch gibt es sie noch, die eine Veranstaltung, die Recklinghausen Jahr für Jahr ins regionale Bewusstsein zurückruft: „Recklinghausen leuchtet“. Seit Jahren ist das Lichtfestival so etwas wie das kulturelle Aushängeschild der Stadt – ein Moment, in dem die Altstadt für ein paar Wochen wenigstens im Schein bunter Illuminationen erstrahlt.

Glanz mit Kratzern

Doch auch dieses Highlight verliert zunehmend an Strahlkraft. Wer die Veranstaltung mehrmals besucht hat, stellt fest: Viel Neues gibt es dabei dann nicht mehr zu entdecken. Die Projektionen wiederholen sich, die Überraschungsmomente bleiben aus.

Was einst frisch, kreativ und ein bisschen magisch wirkte, droht zur bloßen Routine zu verkommen. Selbst das Publikum scheint verhaltener, das gastronomische Angebot austauschbarer. Und wenn man an einem Freitagabend durch die Altstadt schlendert und sieht, dass viele Geschäfte bereits um 19 Uhr geschlossen haben – dann wirkt selbst das schönste Licht nicht mehr ganz so hell.

Zwischen Potenzial und Stillstand

Vielleicht liegt genau hier das Problem. Recklinghausen leuchtet darf und kann kein Ersatz für eine attraktive Innenstadt sein. Solche Events können Impulse geben, aber sie ersetzen kein echtes städtisches Leben. Wer echte Atmosphäre und Lichterglanz erleben will, wer Lust auf Neues und Kreatives hat, der fährt inzwischen lieber zu Veranstaltungen wie dem Herbstleuchten im Maximilianpark in Hamm – dort, wo Konzept, Kulisse und Erlebnis noch zusammenpassen.

Recklinghausen hat so viel Potenzial, so viel Geschichte, so viele schöne Ecken – aber es fehlt der Mut (und scheinbar auch die Kraft) daraus wieder etwas Lebendiges zu machen. Ein paar zusätzliche Lichter im Herbst werden das nicht retten. So wird das nichts mehr mit euch, Recklinghausen.

 

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Hermann Böckmann
Gast
Hermann Böckmann
11 Tage zuvor

Die RZ sieht das vollkommen anders:

Es ist bei weitem nicht die schiere Größe, die „Recklinghausen leuchtet“ ausmacht, sondern das hohe Maß an Gemeinschaftsarbeit.
3 Min Lesezeit
Manchmal muss man einfach mal die Perspektive wechseln, um die Dinge richtig einordnen zu können. So fiel mein Blick in diesen Tagen zufällig auf eine Ausgabe der Recklinghäuser Zeitung aus dem Jahr 2010, in der im Vorfeld von „Recklinghausen leuchtet“ auf der ersten Lokalseite kleine Appetithappen gereicht wurden. Jeweils zwei Häuser wurden da täglich vorgestellt, die in den zwei anstehenden Lichterwochen in bunten Farben beleuchtet werden sollten. Das könnten wir heute auch noch machen, aber dann müssten wir bereits um Pfingsten damit beginnen.
Das bedeutet: Die Dimension dieser Veranstaltung hat sich in den vergangenen 15 Jahren völlig verändert, in diesem Jahr werden respektable 220 Gebäude angestrahlt. Doch es ist nicht allein die schiere Masse, die „Recklinghausen leuchtet“ zu dem macht, was es inzwischen ist: ein echter Wirtschaftsfaktor.
Buntes Licht gegen HerbstbluesDabei hat sich an dem Grundgedanken auch nach zwei Jahrzehnten nicht wirklich etwas verändert: Etwas buntes Licht in der Altstadt soll den tristen Herbstblues verscheuchen, und wenn nach dem Rundgang jemand auf ein Bier, eine Pizza oder ein Schnitzelchen einkehren mag, dann war das schon immer durchaus erwünscht.
Insofern war und ist es gar nicht notwendig, das Kernkonzept der Veranstaltung zu modifizieren, und das will Lars Tottmann, der im Verbund mit Marius Ebel den Ausrichter Arena Recklinghausen GmbH bildet, auch gar nicht. Man könne und müsse „Recklinghausen leuchtet“ gar nicht neu erfinden, es gehe vielmehr darum, „das Event weiterzuentwickeln und neue Akzente zu setzen.“
comment imageEin imposantes Bild: In der Kirche St. Peter können Besucherinnen und Besucher eine XXL-Weltkugel bestaunen.© Jörg Gutzeit
Und das sei auch in diesem Jahr wieder geschehen, wie Tottman nicht ganz ohne Stolz betont: „Die schwebende beleuchtete Weltkugel in St. Peter ist sicherlich ein großartiger Hingucker, der das Motto ,Erde und Luft‘ auf eleganteste Weise übersetzt“, sagt Tottmann weiter. Mit großem Vorlauf angekündigt wurde der Coup jedoch nicht, weil bis zum Schluss nicht klar war, ob die Kugel rechtzeitig geliefert werden kann. Immerhin: Wer sie noch nicht gesehen hat, hat dafür noch bis einschließlich Sonntag, 9. November, Zeit. 
8000 Menschen haben am Eröffnungstag die Rathaus-Show gesehen, bei Wetterbedingungen, die mit „herbstlich“ noch äußerst wohlgesonnen umschrieben sind. Und die Zahl haben sich nicht die Arena-Verantwortlichen ausgedacht, sie stammt tatsächlich von offizieller Seite. Besucher in dieser Masse wurden in der Vergangenheit nur beim Rudelgucken vor dem Rathaus registriert, doch man muss es nur mal wörtlich nehmen: „RE leuchtet“ ist im Grunde „Public Viewing“ in Reinkultur.
comment imageAuch immer wieder schön: die Fassade des „Engels in der Burg“.© Jörg Gutzeit
Der eigentliche Glücksfall ist jedoch: Lars Tottmann und Marius Ebel sind Recklinghäuser, die etwas für Recklinghäuser auf die Beine stellen – und zwar mit Recklinghäusern. Ganz ausdrücklich betrachtet die Arena GmbH „RE leuchtet“ als Gemeinschaftsprodukt, und so seien neue Ideen, die mit Licht, Musik oder was auch immer etwas Neues zur Veranstaltung beitragen, „grundsätzlich herzlich willkommen“.
Eine solche Anregung war in diesem Jahr die Schwarzlicht-Ausstellung von Markus Jöhring am Altstadtmarkt: „Man ist auf uns zugekommen, und so haben wir uns gesagt: Wir müssen einen angemessenen Ausstellungsraum für die Kunstwerke finden.“ Und das ist gelungen – in einem Leerstand an der Nordseite des Altstadtmarkts.
comment image
Lichterlauf bei „Recklinghausen leuchtet 2025“ Hunderte schließen sich den leuchtenden Umzug an
Hochschule wird auch beleuchtetZu den erfreulichen Tendenzen bei „RE leuchtet“ zählt zweifelsfrei aber auch die behutsame Expansion aus der Innenstadt hinaus: So erstrahlt das Knappschaftskrankenhaus nun schon seit einigen Jahren in bunten Farben – als auch von der Autobahn sichtbares Zeichen für die Veranstaltung. Und auch die Westfälische Hochschule war nun schon zum dritten Mal beleuchtet und vor allem: Gastgeber von „Comedy meets Campus“, einem launigen Event, das längst allergrößte Beliebtheit erlangt hat.
Und wer jetzt genau aufgepasst hat, der wird festgestellt haben, dass dieser Text rund 150 Zeilen lang ohne die Begriffe „Moguai“ und „Terrassenglühen“ ausgekommen ist. Zwei Standards, die längst zum festen Inventar von „RE leuchtet“ gehören. Und ganz ehrlich: So darf es gerne 100 Jahre weitergehen, nur der Strom darf nicht ausfallen.

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