Wahlparty in Dortmund: Elend mit Ansage

Bei der Wahlparty im Dortmunder Rathaus konnten vor allem die Dortmunder Neonazis feiern. Und zwar, weil  die beiden größten Ratsfraktionen es so wollten. Mit unter den Feiernden: ein Typ im “HKN KRZ”-Shirt und der Gründer einer rechtsextremen Terrorzelle.

Es gibt kluge Städte und es gibt dumme. Dortmund ist anscheinend eine sehr dumme. 2014 sind Dortmunds Neonazis der Partei “Die Rechte” zum ersten Mal zu einer Wahl angetreten. Bei der Kommunalwahl konnten sie damals einen Sitz im Dortmunder Stadtrat gewinnen. Am Wahlabend wollten sie das dann auch bei der städtischen Wahlparty “feiern” – als besoffener Mob, der “Deutschland den Deutschen, Ausländer raus” brüllend vor dem Rathaus auflief. Die Demokraten, die sich ihnen vor der Eingangstür in den Weg stellten, wurden von den Neonazis brutal angegriffen. Die Polizei waren nicht vor Ort, um die Wahlparty zu schützen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass die Nazis tatsächlich auftauchen. Erst nachdem die ersten Notrufe eingingen, trafen Polizisten am Rathaus ein, um die Nazis zurück zu drängen.

Bei der Landtagswahl sollte jetzt alles anders werden. Die Polizei sollte mit einem großen Aufgebot präsent sein, die Stadt hatte einen Sicherheitsdienst engagiert, der Taschen kontrollierte. Das Problem: Die Neonazis wurden fast förmlich eingeladen, an der Wahlparty teilzunehmen. Und diese Einladung haben sie dankend angenommen.

Das hätte leicht verhindert werden können. Die Stadtverwaltung hatte dafür auch ein Konzept: Die demokratischen Fraktionen sollten die Bürgerhalle des Rathauses für die Wahlparty anmieten. Damit hätten sie das Hausrecht gehabt. Die Party wäre nicht mehr öffentlich, sondern nur Gästen der Fraktionen zugänglich gewesen. Neonazis hätte der Zutritt dadurch ganz einfach verweigert werden können. Die Fraktionen der CDU und SPD wollten das jedoch nicht. Der CDU-Fraktionsgeschäftsführer begründete das damit, dass er ein offenes Rathaus wolle.

Die Fraktion der Linken und Piraten kündigte an, der Wahlparty fernbleiben zu wollen. Das seien sie ihren Mitgliedern schuldig, die 2014 schon einmal von Neonazis angegriffen wurden.

Das Ergebnis der Entscheidung von CDU und SPD: Bis zu 50 Neonazis kamen am Sonntagabend ins Dortmunder Rathaus, darunter mehrere vorbestrafte Gewalttäter, ein Nazi im “HKN KRZ”-Shirt und Marko Gottschalk, Rechtsrock-Musiker und Gründer der Dortmunder Zelle der Nazi-Terrororganisation “Combat 18”.

Im Foyer des Rathauses breiteten sich die Neonazis genüsslich aus. Die Fraktionen feierten (oder trauerten) währenddessen eine Etage höher, im nicht-öffentlichen Bereich. Die einfachen Bürger konnten dort nicht hin. Sie mussten sich das Erdgeschoss mit 50 Neonazis teilen. Der Widerstand, den die Neonazis erfahren haben, beschränkte sich auf ein paar Transparente und einige Grüne, die sich auf der Fraktionsebene im ersten Stock mit Buchstaben-Shirts in einer Reihe aufstellten. Darauf war zu lesen: “Bunt statt braun”. Ein gerade erst aus dem Gefängnis entlassener Neonazi fotografierte die Teilnehmer der Fraktionspartys kurz später. Gut möglich, dass diese Bilder in Kürze auf einschlägigen Nazi-Websites auftauchen.

Politisch ist “Die Rechte” völlig bedeutungslos. In Dortmund, der einzigen Stadt, in der sie wirklich Wahlkampf betrieben hat, kam die Partei nach dem bisherigen Zwischenergebnis auf 0,8% der Stimmen. Trotzdem schaffen es die Neonazis hier immer wieder, punktuell Räume zu schaffen, in denen sich Antifaschisten zumindest unwohl fühlen. Und das hat häufig nichts mit ihrer vermeintlichen Stärke zu tun. Dass sie das sogar im Rathaus geschafft haben, hat einzig und allein damit zu tun, dass die Stadtoberen es ihnen ermöglicht haben.

Dieses Elend mit Ansage hätte verhindert werden können. Aber anscheinend muss die Stadt dafür noch viel lernen.

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Peter Köhlert
Peter Köhlert
7 Jahre zuvor

Peinlich, peinlicher, Dortmund!

Tilleulenspiegel
Tilleulenspiegel
7 Jahre zuvor

Wenn man die Bilder in den Medien und zeitgleich die Bilder der öffentlichen Webcam des Friedensplatzes betrachtet hat, war von einer rauschenden Wahlparty zu Ehren der Demokratie nichts zu sehen.

Insbesondere schien die Bürgerschaft gänzlich zu fehlen. Auf dem Friedensplatz vor dem Rathaus gähnende Leere und ein paar Polizeiautos. Trostlose Bilder–außer wenigen Parteimitgliedern und deren Angehörigen in geringer Zahl hatten die Bürgerinnen und Bürger offenbar gar keine Lust, eine Wahlparty zu feiern- was eigentlich auch niemanden wirklich überraschen konnte,

Oder hat jemand ernsthaft damit gerechnet, dass die Dortmunderinnen und Dortmunder in Scharen ins Rathaus pilgern und ihre Volksvertreterinnen und – vertreter -sofern sie es übethaupt geschafft haben, in den Landtag zu ziehen – feiern würden?

Das war definitiv nicht erwartbar.

Insofern war die ganze Aufregung im Vorfeld angesichts des zu erwartendem überschaubaren Zuspruchs zu dieser Party nicht nachvollziehbar, weil das Interesse der Bevölkerung an einer solchen Veranstaltung anlässlich einer Landtagswahl schlicht und ergreifend nicht vorhanden ist,

Der Wunsch nach einem "offenen Rathaus für alle " ist richtig-aber müssen dafür defacto private Wahlparties der Parteien herhalten, die außer den Parteiangehörigen niemanden hinterm Sofa hervorlocken?

Die Parteien hätten für ihre von den Bürgerinnen und Bürgern entrückten Wahllparties gänzlich andere Räumlichkeiten oder eben doch die Bürgerhalle inklusive Hausrecht anmieten sollen,
Hierdurch hätten sie verhindern können – wie von Verwaltung und den Linken geraten- dass Rechtsextremisten/(Neo-)Nazis mal wieder eine Bühne in Dortmund geboten und ihnen die Bürgerhalle zeitweise quasi zur Alleinnutzng überlassen wurde,

Das trotzige Verhalten von SPD und CDU, aber am Ende auch der Grünen, die dann auch mitmischen wollten, war in der Tat eine Einladung an die Rechten, die sie dankend angenommen haben.

Dass dabei die Freude über eine vergleichsweise gute Wahlbeteiligung -auch wenn die Ergebnisse nicht unbedingt Anlass zur Freude sind- durch den Ärger über das Auftreten der Nazis in der öffentlichen Wahrnehmung in den Hintergrund tritt, macht das mit der Entscheidung für diese absurde Wahlparty verbundene Dillemma deutlich

Dortmund leistet tagtäglich viel im Kampf gegen die Neonazis und bringt die Bürgerschaft mit tollen Festen mit klarer Botschaft wie zuletzt "Dortbunt" zu Zehntausenden auf die Beine.

Wahlparties zu feiern muss man aber noch ein bischen üben,

Koester
Koester
7 Jahre zuvor

Sorry, aber der Beitrag ist in Teilen der Formulierungen Kacke!

"Es gibt kluge Städte und es gibt dumme. Dortmund ist anscheinend eine sehr dumme."

Aha. Eine Stadt ist dumm. Denkwürdige Formulierung. Kann eine Stadt als solche dumm sein? Oder was ist hier gemeint? Die Stadtverwaltung? Wohl nicht, die hatte ja einen Vorschlag gemacht, wie das zu verhindern wäre. Nochmal nachdenken. eine Stadt ist dumm. Ah, jetzt habe ich's. Da sind die Einwohner gemeint. Alle. Oder doch nicht? Man weiss es nicht so recht. Wenn nicht alle gemeint sind, ist die Formulierung … dumm.

Wenn schon, dann bitte die Richtigen benennen. Aber nicht pauschalisieren. Das können Sie besser, Herr Huesmann.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

@Koester: Wenn Dortmunder Bürger in großer Mehrheit Politiker wählen, die zwar die Stadtverwaltung wie ihr Eigentum betrachten, aber nicht den Arsch in der Hose haben, um gewalttätigen Nazis urdemokratischen Grund zu verweigern, dann sind diese Dortmunder Bürger dumm. Strunzdumm.

Und ich schäme mich für meine Stadt.

Rübezahl
Rübezahl
7 Jahre zuvor

@Klaus Lohmann

Es ist nicht zutreffend, dass man in Dortmund den Nazis grundsätzlich "urdemokratischen Grubd" überlässt, Die partei-und gruppenübergreifenden Aktionsbündnisse gegen Rechts sind vielfältig und oft von beeindruckender Wucht, I

In diesem Fal der völlig unnützen Wahlparty l aber lagen die Parteien falsch

Zutreffend ist an Ihrer Aussage allerdings,dass die Parteien SPD, CDU und auch DIE GRÜNEN die Stadtverwaltung wie ihr Eigentum behandeln und dabei auch im Kommunalparlament mit einer derart großen Einigkeit voranschreiten, dass unterschiedliche Poltikkonzepte nicht mehr sichtbar sind,

Das einst von damaligen SPD-Frsktionsvorsitzenden Prüsse propagierte Gerede von wechselnden Mehrheiten versus feste Koalitionsaussage würde in Dortmund quasi ad absurdum geführt, denn faktisch gibt es in Dortmund eine ror-schwarz-grüne Koalition , die sich dann auch in drn Dwzetnatsverteilungen widerspiegelt .

Da wird man doch nicht gegeneinander abstimmen….

Der Loengard
Der Loengard
7 Jahre zuvor

Was ist das denn für eine kleine weißhaarigen Frau da unten? Ne Nazi Oma? ^^

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