
Ein Erfahrungsbericht aus Duisburg von unserem Gastautor Christian Schwall.
Die Stadt Duisburg erhebt – wie viele andere Kommunen – regelmäßig Gebühren für die Straßen- und Gehwegreinigung. Laut Bescheiden der Wirtschaftsbetriebe Duisburg AöR (WBD) soll der Gehweg zweiwöchentlich und die Straße dreiwöchentlich gereinigt werden. In der Praxis sieht das allerdings anders aus – zumindest in der Harmoniestraße.
Letztes Jahr habe ich über Monate die angebliche Reinigung dort systematisch beobachtet. Ich habe an mehreren Stellen gezielt Staubmarkierungen und unauffällige Dreckproben platziert, die bei einer auch nur oberflächlichen Reinigung sofort verschwunden wären. Doch das Ergebnis war ernüchternd: Der Gehweg wurde in den Monaten nachweislich nicht gereinigt, die Straße – wenn überhaupt – vielleicht einmal im Monat, wobei nicht auszuschließen ist, dass es sich dabei schlicht um einen kräftigen Regenschauer handelte.
Nur die Schienen der Straßenbahn wurden gelegentlich gereinigt – allerdings durch die DVG, nicht durch die Stadt.
Natürlich habe ich gegen die Gebührenbescheide Widerspruch eingelegt – mit der Bitte um Nachweise: Wann wurde gereinigt? Wie soll es bei einem Straßennetz von über 1.500 Kilometern und ebenso langem Gehwegnetz personell und technisch überhaupt möglich sein, überall regelmäßig zu reinigen, wie es der Bescheid behauptet?
Doch dann wurde es noch absurder.
Durch einen Zufall geriet ich an eine interne Kommunikation aus der Verwaltung, in der es sinngemäß heißt:
„K. soll mit dem KD (bedeutet Kunde) reden, dann eventuell, wenn alle Stricke reißen, als Widerspruch werten und ablehnen.“
Ein Satz, der eine Menge über den Umgang mit kritischen Bürgern aussagt: Der Widerspruch sollte anscheinend möglichst gar nicht als solcher behandelt, sondern mit einem Gesprächsangebot umgangen werden – um ihn letztlich bei Bedarf einfach abzulehnen. Eine sachliche Prüfung meines Anliegens? Fehlanzeige – zumindest war das offenbar intern zunächst nicht geplant.
Solche Formulierungen wecken den Eindruck einer systematischen Abwehrhaltung gegenüber Bürgerprotesten – und sie offenbaren ein strukturelles Problem: Gebühren werden erhoben, Leistungen aber nicht oder kaum erbracht, Nachweise werden verweigert, und rechtlich zulässige Einwände sollen im besten Fall „wegverhandelt“ werden.
Einzelfall? Vielleicht. Aber gerade deshalb gehört so etwas ans Licht der Öffentlichkeit.
Transparente Verwaltung sieht anders aus. Ich jedenfalls hoffe, dass mehr Menschen hinschauen, wenn Verwaltungen Gebühren fordern für Leistungen, die nie stattfanden.
Bei der Erhebung der Gebühren handelt es sich um eine sog. Wahrscheinlichkeitsmaßstab, also was pi mal Daumen anfallen dürfte. Das wird von Verwaltungsgerichten als zulässig erachtet. Solange keine erheblichen Reinigungsausfälle festzustellen sind, ist das auch nicht anfechtbar. „Staubmarkierungen und unauffällige Dreckproben“ sind auch kaum als erhebliche Reinigungsausfälle sichtbar.
Ganz praktisch betrachtet muss man doch der Straßenreinigung Recht geben: ist die Straße weitestgehend sauber, kann man vielleicht mit dem Personal ganz andere Baustellen bearbeiten. Die Alternative wäre, den Einsatz und die Gebührenbescheide monatlich nach der Wettterlage im Voraus anzupassen (und das ganze noch im Haushalt anzupassen, LOL). Das klingt auch nicht so ganz praktikabel.
Ich bin jetzt kein Jurist, aber ganz bestimmt die Stadtverwaltung kein Interesse, gerichtssichere Antworten auf solche Anfragen zu verfassen. Die Berichterstattung könnte man ja den Journalisten überlassen… Aber „eigentlich sind die Straßen ganz okay sauber und die Gebühren angemessen“ ist halt nicht ganz so reißerisch, gelle?