Wie lange wollen wir uns Putins Existenz leisten?

Vladimir Putin Foto: Kremlin.ru Lizenz: CC-BY 4.0

Wie lange wollen wir es uns Putins Existenz leisten?

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine geht in den 5. Monat. Die Erschiessung und Bombardierung von Zivilisten, die Vergewaltigung von Kindern und Frauen, all das hat unterm Strich hierzulande nicht viel bewegt, zumindest nicht, was ein konsequentes Handeln der Regierung angeht. Zuerst will man keine Waffen liefern, dann ergeben die gar keinen Sinn, dann hat man keine Waffen, und dann hat man doch längst schon Waffen geliefert. Tja.

Vulgärintellektuelle schreiben einstweilen Briefe, in denen sie die Ukraine dazu auffordern, endlich klein beizugeben, und die Gewalt des Westens verurteilen. Aber nein, keiner davon ist ein Putinversteher. Sicher nicht. Und die SPD hat auch kein Problem mit Menschen wie Schwesig, und die CDU keines mit Kretschmer und die FDP keines mit Kubicki. Ein Problem gab es nur mit Melnyk, dem haben die Deutschen die Nazileviten gelesen, und jetzt ist da auch Ruhe.

Nun aber wird es schlimmer als zerbombte Kinder: die Lebensmittel – auch das lebenswichtige Benzin und der Diesel – in Deutschland werden teurer, das Gas wird knapp, und mit dem Strom sieht es auch nicht gut aus. Dem Deutschen ist stets der Deutsche am nächsten. Man kann das als Chance sehen. Es wird nun darüber spekuliert, wer im Winter wird frieren müssen, und wer sich dann welche Lebensmittel nicht mehr wird leisten können.

Politischer Aktionismus ist nun hoch im Kurs. Das ist nachvollziehbar. Und es ist gut, dass man überlegt, wie man zumindest die Stromversorgung durch innerdeutsche Mechanismen verbessern kann. Aber all die innerpolitischen Überlegungen, all die Diskurse und Streitereien, führen derzeit mitunter dazu, dass man aus den Augen verliert, wer an all diesen Entwicklungen Schuld ist.
Es ist Wladimir Putin.

Ja, man kann Fehler vergangener Regierungen und Einzelpolitiker kritisieren, auch im Umgang mit Putin – natürlich auch in Bereichen der Energieversorgung. Und sicherlich ist an vielen Vorwürfen etwas Wahres. Aber immer wieder gilt es zu sagen: Putin ist Schuld an der aktuellen Situation in der Ukraine, an der aktuellen Situation in Deutschland, an einer Verstärkung des Hungers in der Welt und an vielen anderen Formen direkten und indirekten Leids.

Und da stellt sich zwangsläufig die Frage: wieviel Leid ist uns Putin wert? Wie lange will man sich das anschauen, mit den Achseln zucken, und zum Ergebnis kommen: dann müssen wir halt unser Leben ändern, und Leid einfach weiter geschehen lassen? Beides müssen wir nicht. Die Lösung ist einfach, nur scheuen sich die Meisten sie auszusprechen: Putin muss weg.

Putin wird nicht einer demokratischen Wahl abgewählt werden.
Und es wird absehbar keine Massenproteste gegen Putin geben, die ihn zum Rücktritt zwingen. Eine vertrottelte Mehrheit der Menschen in Russland steht hinter ihm – auch das ist etwas, was man hierzulande nicht glauben will. Menschen, die einem irren Diktator zujubeln, der die Demokratie abgeschafft hat und Massenmord begeht – für Deutsche ein undenkbares Szenario*.
Ein Putschszenario ist derzeit auch nicht zu erkennen. Zugegeben: sowas kann sich natürlich auch recht kurzfristig manifestieren. Und kurzfristig gab es Oligarchen, die maulten, und Berichte über unzufriedene Militärs. Aber sie alle hängen dann eben doch am Tropf Putins, und wollen die Hand nicht beissen, die sie füttert – auch dafür können es ja viele deutsche Politiker ein Lied singen.

Was bleibt: die gezielte Liquidierung. Und während ich das schreibe, höre ich schon drei deutsche Vorbehalte. Das darf man juristisch nicht, das führt zu einer weiteren Eskalation, da weiss man nicht, was danach kommt.

Alle drei Einwände sind natürlich an der Realität vorbei. Es ist schlicht egal, was man juristisch derzeit darf oder nicht. Wir sind im Krieg gegen einen Feind, dem jedes Recht völlig egal ist – wieso sollten wir ihm dann anders begegnen. Wir haben jede Ethik und Moral auf unserer Seite; auch wenn das den Relativierern deutscher Couleur fast unmöglich ist, das zu sehen.

Die weitere Eskalation wird gerade kommen, solange es Putin gibt. Er wird bei der Ukraine nicht halt machen, und er wird weiterhin Kriegsverbrechen begehen und auf alle geschlossenen Verträge scheissen – und all dies entweder weiterhin abstreiten, oder das mit Lügen rechtfertigen.

Was nach Putin kommt, weiss man tatsächlich nicht. Aber letztlich ist das wie bei einer Ehe, in der der eine Ehegatte vom anderen geschlagen wird, aber bei ihm verbleibt, weil er Angst vor Veränderung hat. Liquidiert der Westen Putin, man macht aber eines deutlich: wir schauen genau darauf, was ihr ab hier macht.

Möglichkeiten zur gezielten Eliminierung Putins gibt es immer wieder, zuletzt bspw. bei Putins Jubelveranstaltung unter freiem Himmel in einem Stadion. Ja, dabei gäbe es Kollateralschäden. Und ja, solche sind immer zu beklagen. Andererseits lassen sich diese im Krieg kaum vermeiden. Krieg ist immer Scheisse. Und wir sind im Krieg. Auch wenn es immer noch nicht bei Allen angekommen zu sein scheint – trotz all der Bilder, trotz Butscha, trotz Hunger, trotz der sich auch in Deutschland zuspitzenden Situation (auch wenn einem diese in der Listung irgendwie weh tut).

Wir sollten alles tun, um den russischen Angriffskrieg, um die russische Tyranei zu beenden.
Beseitigen wir also den Tyrannen!

 


*= Meine Fresse. Man muss schon wirklich keinerlei meiner Artikel, Tweets oder weiterer Äußerungen in den letzten 10 Jahren zur Kenntnis genommen haben, um hier nicht einen Funken Ironie zu lesen – wie es nun an einigen Stellen im Netz geschah, und mich zu dieser Fußnote zwang. (11.7.22, 13:01 Uhr)

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Werntreu Golmeran
Werntreu Golmeran
1 Jahr zuvor

Hallo Herr Bartoschek,

Sie vergleichen Melnyk mit Schwesig ohne das näher zu erläutern. Man glaubt zwar zu verstehen, was Sie meinen, aber Sie vermeiden natürlich sich festzulegen.

Sind Sie der Meinung, Herr Melnyk hat reeht und Sie stehen hinter dem was er sagt, oder diestanzieren Sie sich von ihm?

Wie ich Sie kenne, haben Sie natürlich den „Mut“ von Ihrem sicheren Bürostuhl die Ermordung Putins zu verlangen aber nicht den Arsch in der Hose konkret zu den Äußerungen Andrij Melnyks Stellung zu nehmen.

Ich weiß nicht genau woran mich der Begriff „Vulgärintellektuelle“ erinnert, jedenfalls ist das ein Jargon, den Menschen pflegen, mit denen ich nichts zu tun haben möchte. Das gilt auch für Menschen, die andere als „Vulgärpazifisten“ beschimpfen.

nussknacker56
nussknacker56
1 Jahr zuvor

Natürlich muss Putin weg, auf welchem Weg auch immer. Allerdings sehe ich es als Aufgabe von russischen Patrioten – falls es davon noch welche gibt – diese unsägliche Gestalt baldmöglichst zur Strecke zu bringen. Keiner, außer Stalin und seine Mordgesellen, haben Russland faktisch mehr geschadet als er. Ob das russische Volk dies erst in Jahren begreift, oder vielleicht sogar nie, spielt dabei keine Rolle. Sie sind, wie damals die Deutschen, als Täter vor Ort oder als Klatschhansel im Stadion selbst erfolgreich involviert in die systematischen russischen Kriegsverbrechen.

Sebastian Bartoschek, lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen. Was eine Kreuzung zwischen SPD- und Linke-Fans in Tweets, Kommentaren o.ä. absondert, sollte Sie völlig unbeeindruckt lassen. Selbst eine Fußnote für diese Wadenbeißer ist vertane Zeit, sie können nichts anderes als Waden beißen. Zu einer intellektuellen Gegenrede oder einer tieferen Analyse sind sie nicht nur weitgehend unfähig, es fehlen ihnen vor allem auch Distanz und Reflektion zu der eigenen Sichtweise.

Wie immer, wenn jemand zurecht kritisiert, kann man die üblichen Nörgler daran erkennen, dass sie es vermeiden, den springenden Punkt zu benennen – und das ist der Angriffskrieg Putins und der Kampf der Ukraine um eine freie Gesellschaft. Sie halten sich gerne an beliebig austauschbare Pseudokritik wie die „vom heimischen Sofa“, von dem aus man angeblich bequem urteilen könne. Solcherart „Kritiker“ sitzen dagegen selbstverständlich immer vor Ort und wissen schon deshalb alles besser. Und ja, selbstverständlich gibt es eine ganze Reihe von Vulgärintellektuellen (Precht und Co.) und Vulgärpazifisten (Käsmann und Co.). Auch hier kein Grund, einen Rückzieher zu machen – ich persönlich möchte mit denen auch nichts zu tun haben. 😉

Benjamin Schett
Benjamin Schett
1 Jahr zuvor

Zu Ihrer Fußnote: Sie können nicht ernsthaft von den Leuten verlangen, in diesem Ihrem Blogpost Ironie zu erkennen. Manchmal liegt das Problem auch beim Verfasser und nicht bei den Lesenden.

Und warum genau hätte man Sie in den letzten 10 Jahren zur Kenntnis nehmen sollen?

Helmut Junge
Helmut Junge
1 Jahr zuvor

#2 | nussknacker56, früher hatten Sie ihre Nüsse noch mit einem handlichen Gerät geknackt.
Seit einiger Zeit fahren Sie mit der Dampfwalze drüber.
Das ist unelegant und eigentlich kein Knacken mehr. Sie sollten ihren anonymen Namen anpassen.

nussknacker56
nussknacker56
1 Jahr zuvor

Hallo Helmut Junge,

Gespräche über Kleiderordnung oder Wahl des Avatarnamens halte ich in der Regel für müßig. Welches konkrete inhaltliche Problem haben Sie denn mit meinen Aussagen?

Helmut Junge
Helmut Junge
1 Jahr zuvor

@Nußknacker 56, daß Sie Ihren Vorkommentator einen Wadenbeißer nennen, der zu einer intellektuellen Gegenrede nicht fähig , und der nicht mal einer Fußnote würdig ist, ist eine verbale Dampfwalze.
Mich wundert, daß Sie mich danach fragen, wo das Problem liegt.

nussknacker56
nussknacker56
1 Jahr zuvor

Helmut Junge #6

Bitte lesen Sie meine Beiträge im Zusammenhang. Als Wadenbeißer habe ich die „Kommentatoren“ bezeichnet, die den Autor Bartoschek zu einer Fußnote veranlasst haben. Der Vorkommentator kann also schon chronologisch nicht in diese Sparte fallen.

Ihren Schützling habe ich allerdings im Absatz darunter angesprochen. Er gehört zu denen, die (zumindest formal) den „mörderischen Angriffskrieg Putins“ kritisieren, es aber im selben Atemzug nicht versäumen, die Verteidigungsmaßnahmen der Ukraine gegen eben diesen Angriff tendenziell mit diesem gleichsetzen. Sein erkennbar größtes Problem scheint im Übrigen, wie bei vielen anderen Briefeschreibern, der ehemalige Botschafter der Ukraine in Deutschland zu sein, eine Haltung, die Bartoschek in seinem Artikel ebenfalls zurecht moniert.

Angelika
Angelika
1 Jahr zuvor

„…Beseitigen wir also den Tyrannen!“

Der Ruf gehört auf die Bühne eines Theaters.
Es geht um …(diverse Namen aus der Antike einsetzen) in..(Ortsnamen aus der Antike einsetzen).

Solche Sätze „Beseitigen wir also den Tyrannen!“ sind schnell getippt.

Als Handreichung für das aktuelle (weltpolitische) Geschehen tauglich?
Wohl nicht.
Wohl eher Gelaber.

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