
Herbert Wehner schob Hans-Jochen Vogel in einer Sitzung der SPD Anfang der 1980er Jahre einen Zettel zu. Auf ihm stand „Weitermachen und nicht verzweifeln“. Man kann sich vorstellen, dass SMS solchen Inhalts derzeit auch in Kreisen der Grünen ausgetauscht werden. Allerdings sollte man ergänzen „aber nicht soweitermachen“. Von unserem Gastautor Börje Wichert.
Machen die Grünen nämlich weiter wie bisher, verbauen sie sich viele Chancen. Zu einer schonungslosen Wahlanalyse gehört nicht nur eine Debatte über Personal. Wer ehrlich ist, muss auch über die Programmatik reden. Die Aufstellung der Grünen im Bundestagswahlkampf hat die Kernwählerschaft überzeugt, mehr aber nicht. Das ist angesichts der Wahlergebnisse in den letzten Jahren viel zu wenig und hat gute Gründe.
It´s all about the money
Erstaunt mussten viele ehemalige Wählerinnen und Wähler der Grünen im Sommer feststellen, dass sie wohl zu den oberen 10% der Gesellschaft gehören, auch wenn sie wahrlich nicht die Ackermänner der Republik sind. Die Belastungen des finanzpolitischen Konzepts der Grünen waren in Summe zu hoch. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes wäre noch mitgetragen worden, eine verfassungsrechtlich fragwürdige schrittweise Abschaffung des Ehegattensplittings, Vermögensabgabe und Erbschaftssteuer haben allerdings den Bogen überspannt. Das wird parteiintern gern verschwiegen, weil viele Parteilinke fürchten, eine Auseinandersetzung darüber sei Wasser auf die Mühlen der Realos. Das ist unwahr. Das Steuerkonzept ist ein breit verantworteter und verankerter Fehler. Er ist von der Bundestagsfraktion, den Ländervertretern und dem Parteirat abgesegnet worden. Die Herren Kretschmann und Palmer waren eingebunden. Sie wussten, das ihre ex post geäußerte mediale Kritik das Konzept nicht stoppen konnte. Auf dem Parteitag zur Verabschiedung des Programms hatten sie nämlich keine Änderungsanträge zur Entschärfung eingebracht.
Ein künftiger steuerpolitischer Kurs muss berücksichtigen, dass das Einkommen eines Krankenhausarztes im Schichtbetrieb wohl anders zu veranschlagen ist, als das eines Managers einer Pleitebank mit einem exorbitanten Gehalt. Wer Omas Häuschen erbt muss anders besteuert werden als der Erbe diverser Latifundien, für die weder Papa noch Opa gearbeitet haben.









