Ökofaschismus und Esoterik

Rudolf Steiner um 1905 "Scharlatan und größenwahnsinniger Sektenführer"  (Quelle: wikipedia)
Rudolf Steiner um 1905 „Scharlatan und größenwahnsinniger Sektenführer“ (Quelle: wikipedia)

Die NPD agitiert für Ökolandbau, gegen Gentechnik und Massentierhaltung. »Autonome Nationalisten« wenden sich gegen Schweinemastbetriebe, sind Vegetarier und gründen eine Arbeitsgruppe Tierrechte. In Mecklenburg-Vorpommern und Niederbayern siedeln Neonazis auf dem Land und präsentieren sich als Ökobauern. Es mag verwundern, dass Braune auf grün machen. Dem liegt ein Missverständnis zugrunde: »Öko« ist nicht per se links, sondern hat antisemitische, rassistische und esoterische Wurzeln, umgekehrt sind braungrüne Vorstellungen im linken Spektrum durchaus verbreitet. Von unserem Gastautor Peter Bierl/Antifainfoblatt

Die Umweltbewegung startete in Deutsch­land als Lebensreform in der Wilhelminischen Ära. Ihr sind Reform­pädagogik, Wandervogel und Garten­stadtbewegung, die Anthroposophie Rudolf Steiners mit ihrer Wurzelrassenlehre und die Zinslehre Silvio Gesells zuzurechnen. Eine rasante Industrialisierung speiste diese bürgerliche Protestbewegung. Wie den Völkischen galt Teilen der Umweltschützer die Stadt als Grab einer »weißen Rasse«, Brut­stätte von Sozialdemokratie und Frauenbewegung, Sitz der Intelligenz und des Mammons, beherrscht von Juden. Der Schriftsteller Hermann Löns erklärte, »dass Naturschutz gleichbedeutend mit Rassenschutz« sei. Dem Musik-Professor Ernst Rudorff missfiel, dass Frauen und Juden den Gründungsaufruf für den Deutschen Bund Heimatschutz (1904), die erste Umweltorganisation, unterzeichneten; lenkte aber wegen der »jüdischen Presse« ein.

Die Lebensreformbewegung propagierte gesunde Ernährung, Heilkunde und Rassenhygiene, kämpfte gegen Alkohol und Nikotin, predigte Tierschutz, Vegetarismus und »nordische Freikörperkultur«. Ihr dritter Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus beinhaltete einen agrarisch-handwerk­lichen »fairen« Kleinkapitalismus, vor­zugsweise in ländlichen Siedlungen und mit zinsfreiem Geld, womit sich eine Verbindung zu prou­d­honis­ti­schen und esoterischen Anarchisten ergab.

Eine Erfolgsgeschichte lieferte die Obstbaugenossenschaft Eden, 1895 westlich von Oranienburg bei Berlin auf 150 Morgen1 Land gegründet. Die Genossen erfanden »Pflanzenfleisch« als Vorläufer der Grünkernbulette und verkauften Säfte und Marmeladen aus Obst an Reformhäuser. In einem Programmheft hieß es 1917: Zum

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Gezi-Park: Demokratischer Durchbruch in der Türkei?

Der Gezi-Park ist nicht nur ein schöner Fleck im Herzen von Istanbul. Er ist auch einer der wenigen Grünflächen im Stadtinneren. Als den Istanbuler Bürgerinnen und Bürgern bewusst wurde, dass der Gezi-Park einem Einkaufszentrum weichen sollte, haben sie den Park am 28. Mai besetzt und den direkt daneben liegenden Taksim-Platz gleich mit. Zunächst hat die Polizei mit unverhältnismäßiger Gewalt auf die Proteste reagiert. Am letzen Wochenende  (8./9. Juni) hatte sich die Polizei völlig zurückgezogen gehabt. Am Montag hat sie dann mit Tränengas und Wasserwerfern den Taksim-Platz geräumt. Allerdings hat die Polizei den Gezi-Park bisher nicht geräumt. Von unserem Gastautor Jürgen Klute.

Der türkische Premierminister Erdogan verhält sich ähnlich schwankend. Zunächst hat er versucht, die Ausschreitungen der Polizei einzudämmen. Dann hat er die protestierenden Bürgerinnen und Bürger als Gesindel bezeichnet, mit dem er nicht zu verhandeln gedenkt. Mittlerweile hat sich in Ankara mit Künstlern, Wissenschaftlern und Publizisten gesprochen. In diesem Gespräch hat er sogar ein Referendum über die Zukunft des Gezi-Parks ins Gespräch gebracht.

Der Funke, der in Istanbul entflammt ist, ist zudem in kürzester Zeit auf andere Städte wie Ankara und Izmir übergesprungen.

Offensichtlich ist die Türkei mitten in einem tiefgreifenden Umbruch.

Als die Türkei 1999 Beitrittskandidat zu EU wurde, hat sie die so genannten Kopenhagener Kriterien unterzeichnen müssen. Damit hat sich die Türkei zu einer umfassenden Demokratisierung verpflichtet als Bedingung für die endgültige Aufnahme in die EU. Sei 2005 haben die

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Wahlbeteiligung wird weiter sinken

Das Bild "Reichstag mit Giebel" stammt von RudolfSimon, steht unter CC-BY-SA-Lizenz und wurde dem Archiv Wikimedia Commons entnommen.
Das Bild „Reichstag mit Giebel“ stammt von RudolfSimon, steht unter CC-BY-SA-Lizenz und wurde dem Archiv Wikimedia Commons entnommen.

Die Bertelsmann-Stiftung teilte gestern wesentlich Ergebnisse und Erkenntnisse aus einer gemeinsamen Studie mit dem Institut für Demoskopie in Allensbach mit. Sie gehen von einem weiteren Sinken der Wahlbeteiligung aus. Gravierend neu ist  der Inhalt der Studie allerdings nicht. Von unserem Gastautor Walter Stach.

Wenn ich die Ergebnisse der Studie auf die Entwicklung der Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen im Ruhrgebiet herunter breche und auf die dazu im Ruhrgebiet gewonnen Erkenntnisse, dann ergibt sich auch   diesbezüglich eine weitgehende Übereinstimmung und eine weitgehende Bestätigung meiner  Eingangsfeststellung  zur Studie: „Gravierend neu ist das alles allerdings nicht.“

Ist deshalb gegenüber der Studie Gleichgültigkeit angesagt?

Nein, meine ich.

Da Gleichgültigkeit laut  Studie stärkste Ursache für Wahlmüdigkeit ist,   wäre  Gleichgültigkeit  gegenüber den Inhalten der Studie fehl am Platze, es sei denn, den politischen interessierten und engagierten Menschen, den politischen Parteien, den Medien ist es aus welchen Gründen auch immer gleichgültig, daß die Wahlbeteiligung stetig sinkt und laut .Studie  weiter sinken wird.

„Nach einem ersten Blick“ in die Studie  will ich erste Fragen aufwerfen und erste Anmerkungen machen, die   möglicherweise zur Diskussion hier im Blog beitragen:

1. Wenn  vor allem einkommensschwache und bildungsferne Teile der Bevölkerung nicht wählen gehen und die stärkste Ursache dafür deren Gleichgültigkeit ist   und 45% dieser potentiellen Nichtwähler als Grund für ihre Zurückhaltung angeben, sie könnten ohnehin nichts ausrichten, dann frage ich mich nach dem  Warum.

-Ist es Fakt, dass sie nichts ausrichten können oder ist es „nur“ ihre persönliche Wahrnehmung?

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Peer-Flop: SPD will mit Immobilien-Lobbyist die Mieterherzen erobern!

Peer Steinbrück (www.peer-steinbrueck.de)
Peer Steinbrück (www.peer-steinbrueck.de)

“Vor allem in Ballungszentren steigen die Mieten, bezahlbare Wohnungen werden knapp. Familien, Alleinerziehende und ältere Menschen finden in den Innenstädten keine Wohnungen mehr, die sie sich leisten können.” So beschreibt Peer Steinbrück auf seiner Homepage die Lage auf dem Wohnungsmarkt. Angeblich will er sich für bezahlbares Wohnen einsetzen – und verpflichtete dafür ausgerechnet einen Mitarbeiter, der direkt von einer berüchtigten Immobiliengesellschaft kommt. Von unserem Gastautor Patrick Gensing/Publikative.

“Als Bundeskanzler werde ich ein Aktionsprogramm für eine solidarische Stadt und bezahlbares Wohnen in Gang bringen und neuen Wohnraum schaffen.” Das verspricht der SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück in seinem Programm für die Bundestagswahl im Herbst. In die Verlegenheit, diese Zusagen Realität werden lassen zu müssen, dürfte Steinbrück angesichts der Umfragewerte ohnehin nicht kommen. Dies gilt umso mehr, da er nun ausgerechnet einen Sprecher für seinen Wahlkampf verpflichtete, der zuletzt für die Immobilienfirma Deutsche Annington tätig war: Rolf Kleine.

Kleine wechselte am 1. Feb­ru­ar 2012 als Head of Public Affairs zu dem Immobilienun­ter­neh­men Deutsche Annington (Diag). Zuvor Leiter des “Bild”-Hauptstadtbüros sollte Kleine künftig die “politische In­te­res­senvertretung der Diag

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Amazon: Primat der Bequemlichkeit

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Moralische Entrüstung trägt nicht weit. Dies musste der Buchhandel dieses Frühjahr erfahren, dem der Amazon-Skandal zunächst viele neue Kunden bescherte. Inzwischen hat sich die Aufregung gelegt. Die neue Tüv-Saar NetResearch Studie (Mai 2013) stellt in Frage, ob Amazons Image und die Kundenzufriedenheit überhaupt miteinander zusammenhängen. Von unserem Gastautor Reinhard Matern.

Die ARD-Reportage “Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon”, die am 13.02. diesen Jahres gesendet wurde, ist noch heute in der Mediathek abrufbar. Sie deckte auf, das der Preiskampf am Markt innerbetrieblich auf Kosten der Mitarbeiter geführt wird. Zahlreiche Medien griffen das Thema auf, u.a. der Spiegel. In Reaktion darauf änderte sich das Image von Amazon und teilweise auch das Kaufverhalten von Kunden.

Buchreport suchte im April nach Gründen für das “März-Plus im Buchhandel” und fand diese primär in der kritischen Berichterstattung. Bereits im März hatte der „Snapshot from the Chiefs of Marketing“ der Roland Berger Strategy Consultants, wie W&V berichtete, aber davor gewarnt, zu glauben, dass sich das Bestellhalten auch langfristig ändern würde. Kunden würden den für sie einfachsten Weg präferieren.

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Essen: Demonstration für die Proteste in der Türkei, von Festnahmen überschattet!

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Am Sonntag  fand in Essen eine Demonstration aus Solidarität mit den Occupygezi Protesten in Istanbul statt. In der ganzen Türkei gehen seit einigen Tagen tausende Menschen auf die Straße. Angefangen haben die Proteste, nachdem am Freitag die Besetzung des Gezi-Parks in Istanbul brutal von der Polizei beendet wurde. Von unserem Gastautor Sebastian Weiermann.

Um die 1000 Menschen protestierten auf der von Gönül Eglence (Bündnis90/ Die Grünen) organisierten Demonstration in Essen. Das türkische und kurdische Politikspektrum waren breit vertreten, von linken kurdischen Gruppen bis zu Anhängern, des Gründers der türkischen Republik, Kemal Attatürk. Außerdem beteiligten sich einige deutsche Gruppen an dem Protest, diese stammten zumeist aus dem linken, antiimperialistischen Spektrum. Nach Ende der Demonstration gab es einige Festnahmen und einen Polizeikessel. In einer Pressemitteilung der Polizei im Nachhinein hieß es, kurdische Jugendliche hätten Demonstranten provoziert. 

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„Glaub doch nicht, dass die Schoah vorbei ist.“

Ramona Ambs Foto:  U-line-Verlag
Ramona Ambs Foto: U-line-Verlag

Drogen, Erinnerung und Holocaust sind drei zentrale Themen in dem Roman „Die radioaktive Marmelade meiner Großmutter“. Eigentlich geht es aber um die Suche nach der goldenen Sonne des Lebens. Ramona Ambs hat eine Geschichte vorgelegt, die perfekt zum verregneten Frühling passt. Von unserem Gastautor Patrick Gensing/Publikative.

Ramona Ambs erzählt die Geschichte der jugendlichen Romy, die Ende der 1970er und in den 1980er Jahren bei ihrer Großmutter aufwächst. Romys Mutter war Junkie – und das H spielt in dem Roman sowie in Romys Leben eine zentrale Rolle. Die Drogen helfen ihr bei der verzweifelten Suche nach der Sonne. Und das H vertreibt die Erinnerung.

„Nach dem Holocaust ist doch wohl klar, dass die Erinnerung das Ein­zige ist, was uns aus dem Paradies der Gegenwart vertreibt“, schreibt Ambs in ihrem Vorwort. In dem Roman liegt die Erinnerung wie ein

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Das neue Ruhrbarone Bookzine #5 ist raus

RUHRBARONE-BOOKZINE #5: SELBER MACHEN! Alles andere ist uns zu wenig.

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Welche Magazine gibt es heute noch, die wirklich frei sind? Die sich dem Joch von Anzeigen und Wirtschaftsinteressen nicht beugen und Geschichten bringen, weil sie erzählt werden müssen. So lang, so hart und so selbstbewusst, wie sie es verdient haben. Es gibt einige Wenige, die es satt haben, und sagen: Selber machen! Die Ruhrbarone gehören mit ihrem Bookzine dazu.

Mit den 216 (anzeigenfreien!) Seiten des fünften Ruhrbarone-Bookzines setzen die Ruhrbarone ein Statement. Sie nennen ihre Art des Geschichtenerzählens S.Qu.A.T. – Storys mit Qualität: authentisch und tough! SQuAT heißt besetzen – Plätze, Räume oder Häuser. SQuAT nennt man es auch, wenn ein Schiff mit schneller Fahrt tiefer eintaucht als es normal wäre. SQuAT bezeichnet Zinnerze, die Quarze umschließen. SQuAT hat viele Bedeutungen.

Die Ruhrbarone schreiben in ihrer Nummer 5 über Menschen und Schicksale – aus den Tiefen des Ruhrpotts, den Weiten der Republik und den Rändern der Welt. Reportagen, Features, Fotostrecken – journalistisch, literarisch, gut.

In der aktuellen Ausgabe dreht sich alles ums Thema Selbst und Selber machen:

Der Dortmunder Autor Sascha Bisley erzählt die Geschichte eines jugendlichen Gewalttäters, der im Knast keinen anderen Ausweg sieht als den Selbstmord. In einer anderen Geschichte beschreibt er den Boxkampf von „El Pulpo – da Maxican Kickass.“

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GNTM-Mutationen

ABSCHLUSSPLÄDOYER  EINER SECHZEHNJÄHRIGEN  UND IHRER  EISLAUFMUTTER.

Um zu verstehen wie gruselig „Germanys next Topmodel“ ist, braucht man keine halbnackten FEMEN- Aktivistinnen, keine journalistischen Meister-Sätze in den Kulturteilen der Zeitungen:

man schaue sich einfach nur Folgendes an:

LOVELYN:

„(…)ICH HABE ÜBERALL MEINEN GANZEN EHRGEIZ  REINGESTECKT/ ICH HABE IMMER GESTRAHLT/ VON A-Z/ HABE ALLES MITGEMACHT, MIT MEINEN 16 JAHREN/

ICH HABE 100 PROZENT GEGEBEN/ NICHT UMSONST HAT HEIDI MICH BABY- BEYONCE GETAUFT/ ICH HABE GETANZT, GESTRAHLT, ICH HABE EIN GUTES KÖRPERGEFÜHL/ ICH HAB DEN NAMEN EHRENVOLL DURCH DIE GANZE STAFFEL TRAGEN DÜRFEN/ES HAT MICH SEHR GEFREUT (…)“

EISLAUFMUTTER HEIDI:

„SCHÖN HAST DU DAS GEMACHT LOVELYN/ ES IST NICHT EINFACH WENN ALLES RUHIG IST UND ALLE AUGEN SIND AUF DICH GERICHTET/ ES IST KEINE MUSIK DA ZU DER DU LAUFEN MUSST /ES IST KEINE AUFGABE DA/ DU SPRICHST VON DEINEM HERZEN/ DU BIST EIN SUPER NATÜRLICHES MÄDCHEN(…)“

Von unserer Gastautorin Anne Winterhager

Gostomzyk: Keine „Medien-Überwachung“

Tobias Gostomzyk Foto: TU-Dortmund
Tobias Gostomzyk Foto: TU-Dortmund

Gestern berichteten wir über einen Artikel des Dortmunder Journalistik-Professors Tobias Gostomzyk. Mit einem Gastbeitrag reagiert  Tobias Gostomzyk auf die Kritik dieses Blog: 

Vielen Dank für die Gelegenheit, zum Artikel „Dortmunder Journalistik-Professor Gostomzyk will Medien-Überwachung“ Stellung zu nehmen.  Er setzt sich mit einem Beitrag auseinander, den Herr Ladeur und ich im Journalistik Journal 1/2013 veröffentlicht haben. Er sollte aufzeigen, dass die Anwendung von Medienprivilegien wie dem Zeugnisverweigerungsrecht oder dem presserechtlichen Auskunftsanspruch zur praktischen Herausforderung geworden ist. Dabei kam es zu Missverständnissen. Deshalb folgende Klarstellung:

Die rechtlichen Medienprivilegien stammen im Wesentlichen aus einer Zeit, als sich beispielsweise das Internet kaum erahnen ließ. Vergleichsweise zu heute ließ leicht sich abgrenzen: Was ist Medium, was nicht. Dies ist angesichts der deutlichen Zunahme und größeren Vielgestaltigkeit von Kommunikationsformen merklich schwieriger geworden. Zweifelsohne sind die Ruhrbarone Journalismus. Wie sieht es aber mit einem Online-Bewertungsportal oder aber dem Blog eines Sportvereins aus?

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