Das bange Warten auf eine Einreisegenehmigung ins Gefahrengebiet

Foto: Polizei Hamburg
Foto: Polizei Hamburg

Ulli W. (Name geändert), wohnhaft in Köln, macht sich Sorgen. Um die Gesundheitslage der Tante, die in unmittelbarer Nähe der Hamburger Gefahrenzonen lebt und um die Sicherheitslage in der derzeit nicht ganz so freien Hansestadt. Aus diesen Gründen hat W. sich an mehrere Behörden gewandt, um Informationen über die Situation vor Ort zu erhalten, sowie eine Einreisegenehmigung, die vor Repressionsmaßnahmen der Polizei schützen soll.
Zwar lässt beides fast eine Woche nach der ersten Anfrage weiter auf sich warten, doch hat W.s Vorstoß große mediale Beachtung hervorgerufen. Nach eigenen Angaben klickten u. a. mehr als 100 000 User das im Netz hochgeladene Antragsdokument.
Obwohl grundsätzlich sehr medienscheu – „Ich bin sehr froh, meinen Namen im letzten Moment noch geschwärzt zu haben“ – hat sich Ulli W. bereit erklärt, uns für ein Exklusivinterview zur Verfügung zu stehen.

Die wichtigste Frage vornweg: wie geht es Ihrer Tante in Einsbüttel?
Nicht gut, sie hat gerade große gesundheitliche Probleme und würde sich über meinen Besuch sehr freuen.

Sie haben im Hinblick auf einen geplanten Besuch bei Ihrer Verwandtschaft um eine Einschätzung der Sicherheitslage und der Zusendung von Infomaterial gebeten? Während das Auswärtige Amt sich für nicht zuständig erklärte, hat das Innenministerium des Bundes Sie zunächst nicht ganz ernst nehmen wollen. Können Sie diese Reaktion nachvollziehen?
Über die Ausdrucksweise einer Antwort kann ich auch bei einer Behörde hinwegsehen, wenn mir geholfen wird. Dies ist leider bei keiner von bisher drei Ministerien, an welche ich mich gewendet habe, der Fall gewesen. Von Einrichtungen des Bundes und Landes erwarte ich hier mehr Professionalität.

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Der Rücktritt von Franz Raschid und das Gefühl, zum ersten Mal ein Journalist zu sein

„Journalisten sind wahrscheinlich die Bergarbeiter des 21. Jh.“, kommentierte Andrzej Rybak in der NDR-Reportage „FTD – Der Tod einer Zeitung“ den derzeitigen Niedergang seiner Zunft. Als entlassener Redakteur der eingestellten Financial Times Deutschland weiß er, wovon er spricht. Bergarbeiter –  Ruhrgebiet. Da schrillen besonders hier in der Region die Alarmglocken. „Nach den Zechen sterben die Zeitungen“ titelte denn auch erst vor wenigen Tagen Andreas Rossmann in der FAZ. Dabei holt die Krise des Papiers das Ruhrgebiet nicht erst jetzt ein.

FotoDie WAZ-Axt holzt bereits seit 2008, wenngleich mit dem aktuellen Kahlschlag der Westfälischen Rundschau eine neue Dimension erreicht ist. „Journalismus ist nicht mehr erstrebenswert. Ich rate allen, tut euch diesen Beruf nicht an“, wählte Zeitungsforscher Horst Röper unlängst klare Worte in Richtung Nachwuchsschreiber. Anschließend habe ich mich gefragt, ob ich ihm da zustimme. Bis heute habe ich keine Antwort darauf, wahrscheinlich drücke ich mich vor ihr. Weil ich 33 Jahre alt bin und es mir mehr und mehr naiv vorkommt, daran zu glauben in 30 Jahren noch mit einem Journalistenausweis in der Tasche rumzulaufen.

Ehrlich gesagt, ich weiß nicht, wie lange ich noch Journalist sein werde. Was ich aber weiß, ist, dass ich mich im Herbst 2006 zum ersten Mal wie einer gefühlt habe. Und die Geschichte dazu geht so:

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Gegen den Strom schwimmen – 90 % Rabatt auf Spitzen-Honorare!

Liebe Stadtwerke Bochum,

die letzten Tage waren in Sachen Imagepflege nicht unbedingt eure erfolgreichsten. Als langjähriger treuer Kunde – der allerdings überraschend nie persönlich zum Atrium-Talk eingeladen worden ist ?!? – will ich an dieser Stelle nicht in den Reigen der Kritiker einstimmen, sondern euch ohne Zuhilfenahme einer Event-Agentur in schweren Zeiten ein faires Angebot unterbreiten. Ich nehme nicht nur an der nächsten von euch organisierten Gesprächsrunde teil, sondern gewähre zudem noch einen Rabatt von 90 % auf das Steinbrück/Gauck-Honorar. Deal?

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Nach Derby-Krawalle: Kommt jetzt das Aussteigerprogramm für gewaltbereite Fußballfans?

Ungezählte Schlägereien, 200 Festnahmen, eine zerlegte Kneipe plus etliche weitere Sachschäden und der Einsatz von Pfefferspray und Wasserwerfer seitens der Polizei. Das Derby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04 hielt, was es versprach. Die Behörden hatten derlei kommen sehen, wie u. a. Stefan Laurin vor ein paar Tagen hier auf den Ruhrbaronen mit Verweis auf die Ruhr Nachrichten bereits bemerkte. Die Tageszeitung hatte ebenfalls berichtet, dass Fangruppen beider Clubs im Vorfeld nicht zu Kooperationsgesprächen mit den Einsatzkräften bereit gewesen seien.

Wie gemein und damit nicht genug: Die RN zitieren in ihrer aktuellen Berichterstattung zu den Ausschreitungen rund um das Spiel den verantwortlichen Leiter der Dortmunder Direktion für Gefahrenabwehr, Dieter Keil mit den Worten: „Dortmunder und Schalker Gewalttäter haben unser Sicherheitskonzept bewusst unterlaufen und sind entgegen der Ankündigung konspirativ angereist.“ Kann es sein, dass hier eine gewisse Naivität im Umgang mit gewaltbereiten Fans an den Tag gelegt wird? Wie auch immer, etwaige Fehler im Umgang mit den Chaoten auf beiden Seiten werden in nachträglichen Auswertungen sicherlich aufgearbeitet und in Zukunft besser gehandhabt werden. Darauf kann ich mich doch verlassen, oder?

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Yeah, heute ist Veggie Street Day! – oder: Jude + Veganer = Doppelt verfolgt

Aus welchem Grund auch immer, ob aus Versehen, Naivität oder Provokation… dass die Veranstalter des Veggie Street Day, der heute in Dortmund stattfindet, im Vorfeld Ruhrbarone-Blogger und Ehrenmitglied der Metzger-Innung Stefan L. zu ihrem Straßenfest einluden, ist schon extrem amüsant. In etwa so vergleichbar, als wenn der Schalker Nordkurven-Dauerkartenbesitzer per Blumenbouquet zur Jahreshauptversammlung des BVB gebeten wird.

Stefan L. jedenfalls beantwortete die Einladung auf seine typisch zurückhaltende Art mit der Veröffentlichung eines Mett-Meerschweinchen-Rezepts. Reflexartige Reaktionen darauf blieben nicht aus und schwankten zwischen Empörung und überbordender Zustimmung. Quod erat demonstrandum, denn die Kluft zwischen Rippchen-Fetischist und Vegan-Hardliner könnte größer kaum sein. Gebe es den Begriff Hass nicht, so müsste er zur Erklärung des Verhältnisses derer erst noch erfunden werden. Eher teilt sich der Papst mit einem Homo-Pärchen das Doppelbett, als dass sich Steak-Sven und Pflanzen-Volker zusammen an einen Esstisch setzen.

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Interview zur Duisburger Nachttanzdemo: „Man bleibt hier gerne alten Mustern treu“

Ein Jahr ist es her, da zog die erste Duisburger Nachttanzdemo durch Duisburg, um für mehr freie Kultur in der Stadt zu demonstrieren. Da es mit dem zentralen Anliegen, ein selbstverwaltetes soziokulturelles Zentrum zu betreiben, nicht geklappt hat, stattdessen im Winter die Besetzung einer leerstehenden Schule nach wenigen Stunden von Stadt und Polizei beendet wurde, geht es am Freitag um 19 Uhr vom Hauptbahnhof aus wieder auf die Straße.

Im Interview äußert sich Steffen Börgmann vom Demo-Veranstalter-Kollektiv DU it yourself zu den Gründen des Protests, Inhalten des Aufrufs und der anstehenden Oberbürgermeisterwahl.

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Euromayday Ruhr: Keine Beteiligung an einer Spardebatte

Es muss nicht immer das vermummte Schwarze sein. Betont bunt präsentierten sich die Teilnehmer des Euromayday Ruhr in den beiden vergangenen Jahren. Traditionelle Demo-Pflaster- wurden durch Schaumstoffsteine ersetzt, Dächer erklommen, „Lautis“ durch Soundsysteme ergänzt und per Malkreide für die größte kreative Eruption rund um das Dortmunder U seit dessen Eröffnung gesorgt.

Am 30. April zieht die Parade erstmals durch Bochum, um erneut u. a.  gegen die prekären Beschäftigungsverhältnisse in der Region und anderswo zu protestieren. Mitorganisator Jürgen Bearwald äußert sich im Interview vorab zu den Inhalten der Demonstration, des eigenes Aufrufs und wie es sich verhindern lässt, sich vor der NRW-Landtagswahl nicht parteienpolitisch vereinnahmen zu lassen.

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Autonomes Zentrum für den Kölner Ehrenamtspreis nominiert

Ungewöhnliche Wege bestreiten Kölner Bürger, um das Autonome Zentrum in Kalk vor der Räumung zu bewahren. Nachdem der Stadtrat am 14. Februar unter Begleitung eines fragwürdigen Polizei- und Sicherheitsdiensteinsatzes das Aus für das selbstverwaltete Gebäude beschlossen hat, müssen die Kulturschaffenden permanent im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Rausschmiss rechnen.

(c) Stadt Köln / Beate Oberlack-Balmert

Das wollen zahlreiche Sympathisanten aber nicht hinnehmen und unterstützen den Vorschlag des mitunter „unorthodoxen“ Pfarrers und vom Bund 2011 als „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichneten Franz Meurer. Dieser hat das AZ jetzt für den Ehrenamtspreis der Stadt Köln 2012 ins Spiel gebracht. Was im ersten Moment vielleicht überraschen mag, macht auf den zweiten Blick sehr wohl Sinn. Denn nach eigenen Angaben will die Stadt „Personen oder Organisationen“ mit besonderen Verdiensten ehren und gibt auf ihrer Webseite verschiedene Orientierungspunkte für eine Nominierung vor.

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Polizei beendet Hausbesetzung in Köln-Mülheim

„Die besetzung ist beendet, personalien werden aufgenommen. Vielen lieben dank für euren Support. See you soon…“

„wir verabschieden uns jetzt auch. weitere aktionen werden in kürze folgen. wir halten euch auf dem laufenden.“

Mit diesen beiden Tweets der Hausbesetzer endete heute Abend nach gerade einmal etwas mehr als 24 Stunden die Aneignung einer ungenutzten Lagerhalle in Köln-Mülheim. Mit der Stadt Köln und Eigentümern von Besitzständen war mal wieder weder zu spaßen, noch zu debattieren. Eine Gruppe Aktivisten wollte sich einen unabhängigen Ort zum kollektiven Wohnen & Arbeiten schaffen. Kosten sollten der Stadt nicht entstehen. Die Besetzung mag nach gesetzlichem Ermessen nicht legal gewesen sein, war sie deshalb falsch?

Die Lokalpresse hatte ihre Schlagzeile schnell gefunden: „Vermummte besetzen Fabrikhalle.“ (Stadtanzeiger/express) Kurz einmal Copy/Paste der Polizeimeldung und gut ist die Sache. Die Ruhrbarone waren gestern und heute nicht in Köln. Wir haben uns kein Bild von der Lage machen können. Tweets der Besetzter und sonstige Informationen aus dritter Hand müssen nicht der Wahrheit entsprechen.

Was wir allerdings gemacht haben, war den Hausbesetzern fünf einfache Fragen zu stellen. Via Email, deren Adresse ganz einfach auf deren Webseite zu finden war. Das ganze hat zwar keine zehn Minuten in Anspruch genommen, wohl aber zu einem Einblick geführt, dass hier nicht der einfachen Verurteilung halber chaotische Krawallmacher am Werk waren, sondern Menschen mit einer Idee. Die muss man nicht teilen, aber man kann sie verstehen. Fünf Antworten, mehr bedarf es dazu nicht.

 Hier geht es zum Interview

„Polizei lässt keine Lebensmittel durch“ – Interview mit den Hausbesetzern in Köln-Mülheim

(c) Google Maps

Wie wir bereits in der letzten Nacht vermeldeten, hat am Freitagabend eine Aktivistengruppe eine leerstehende Fabrikhalle der Deutz AG  in Köln-Mülheim besetzt. Ziel ist die Verwirklichung eines unabhängigen Wohn- und Arbeitskollektivs. Die Lage vor Ort ist angespannt. Nach Angaben der Besetzer hindert die Polizei Unterstützer daran, ins Gebäude, das laut Stadtanzeiger derzeit saniert wird, zu gelangen. Die Kölner Ordnungskräfte kommentieren die Einrichtung von Absperrpunkten als „Freihalten von Rettungswegen“. Das AZ in Köln-Kalk hat sich mit der Mülheimer Gruppe solidarisiert und dazu aufgerufen, sich um 16 Uhr am Wiener Platz zu treffen, um dann gemeinsam zum frisch besetzen Haus zu gehen.

 

Im Interview mit den Ruhrbaronen äußern sich die Mülheimer Hausbesetzer am Samstagmorgen zu ihren Beweggründen und Plänen.

 

Wie groß ist die Gruppe der an der Besetzung beteiligten Personen?

An der Besetzung selber ist neben einer Kerngruppe, die in dem Haus ein selbstverwaltetes Wohn- und Arbeitskollektiv aufbauen will, eine große Zahl von solidarischen Unterstützer_innen beteiligt. Zudem sind spontan einige Menschen hinzugekommen.

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