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Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen: Corona-Prognosen für das Ruhrgebiet

3D-Grafik des SARS-CoV-2-Virions Bild: CDC/ Alissa Eckert, MS; Dan Higgins, MAM – This media comes from the Centers for Disease Control and Prevention’s Public Health Image Library (PHIL), with identification number #23312 Lizenz: Gemeinfrei

 

Bundesweit bisher eine Million Corona-Infizierte. Und wie sieht es in den Großstädten an der Ruhr aus? Mehr als 1.000  Menschen sind dem Corona-Virus im Ruhrgebiet zum Opfer gefallen. Wie geht es nun weiter? Was kommt auf das Industriegebiet noch zu? Voraussagen anhand eines ausgeklügelten Simulationsmodells. Und ein Blick in den Rückspiegel zeigt, wie gut oder schlecht das Prognosemodell ist.

Ein Wissenschaftler-Team der Universität des Saarlandes hat ein komplexes Simulations- und Prognosemodell für die Corona-Epidemie in Deutschland erarbeitet. Prognosen können bis auf die Stadt- und Kreisebene heruntergebrochen werden. Es ist für kurzfristige, möglichst präzise Vorhersagen für einen Zeitraum von einigen wenigen Wochen ausgelegt. Langfrist-Prognosen sind nicht sein Ziel. Das neueste Update stammt von Mitte dieser Woche.

Wir haben uns einmal angeschaut, was das Modell für das Ruhrgebiet bis Jahresende voraussagt und haben frühere Prognosen mit der eingetretenen Wirklichkeit verglichen.

Die erste Million ist geschafft

Das Modell prognostiziert, dass sich die Anzahl der Infizierten in NRW von aktuell rund 250.000 auf 380.000 (+51%) zum Jahresende erhöhen könnte. Bundesweit könnten die Zahlen sogar um +58% steigen von jetzt knapp über einer Million auf dann 1,6 Millionen.

Für die Großstädte an der Ruhr lässt die Modellsimulation bis Silvester nichts Gutes erwarten. In einigen Städten können die Fallzahlen um 50% und mehr steigen. Betroffen sind vor allem Dortmund (+57%), Duisburg (+52%) und Herne (+58%). Dagegen ist die mögliche Entwicklung in Essen, Gelsenkirchen und im Kreis Recklinghausen schon fast als moderat zu bezeichnen: hier liegen die Prognosen bei +35% bis +38%. Damit liegt das Ruhrgebiet durchaus im NRW- und Bundestrend:

Gemeldete Infizierte Fallzahlen
Eigene Darstellung auf Basis des Simulationsmodells CoSim Online und RKI-Daten, Stand 27.11.2020

Viel mehr Corona-Tote zu befürchten

Bundesweit hat die Corona-Epidemie bisher 15.500 Todesopfer gefordert. Dafür hat das Virus acht Monate gebraucht. Die zweite Welle entwickelt sich aber so dramatisch, dass jetzt noch einmal die Hälfte der bisherigen Sterbezahlen hinzukommen könnten – dies aber nur in den fünf Wochen bis zum Jahresende. Dies prognostiziert das Saarländer Modell. Dann hätten wir bundesweit gut 25.000 Tote. Das sind 60% mehr als bisher.

Corona-Todesfälle
Eigene Darstellung auf Basis des Simulationsmodells CoSim Online und RKI-Daten, Stand 27.11.2020

Realistische Prognose? Ein Vergleich.

Ist das realistisch? Oder nur eine reine Kopfgeburt eines mathematischen Computermodells, fern der Realität? Mitnichten. Zu Beginn des neuen Shutdown Anfang November haben wir das Modell schon einmal rechnen lassen, wie es zum Jahresende aussehen könnte. Vier Szenarien spielten wir durch: eins, in dem die neuen Maßnahmen stark wirken (16.000 Tote), eins mit mittelstarker Wirkung (17.500 Tote), eins mit schwacher Wirkung (23.500 Tote) und eins mit gar keiner Wirkung (39.400 Tote). Wir titelten am 6. November: „Zum Jahresende 16.000 Covid-19-Tote in Deutschland – selbst wenn der Lockdown wirklich wirkt“. Es hagelte haufenweise kritische Leserkommentare. Das kann man im Ruhrbarone-Blog hier nachlesen.

Nun haben wir jetzt schon die 16.000 Toten knapp erreicht, die das Modell im Fall stark wirkender Lockdown-Maßnahmen erst für Ende 2020 prognostizierte – einen ganzen Monat früher. Die Realität war schlicht schneller. Grund sind die Dynamik und Wucht der zweiten Welle.

Nach heutiger Einschätzung sagt das Modell nun knapp 25.000 Corona-Tote bis Silvester voraus. Das entspricht dem Szenario einer nur schwachen Wirkung der Shutdown-Maßnahmen. Für diesen Fall sagte das Modell Anfang November noch 23.500 Tote voraus. Wir konnten uns dies vor drei Wochen schlicht nicht vorstellen und hielten die 16.000er-Prognose schon für sehr gewagt. Was haben wir uns getäuscht.

Wie könnte es nun weitergehen?

Ein Blick auf die vom Modell prognostizierten 7-Tage-Inzidenzen zeigt, dass wir möglicherweise die Spitze der zweiten Welle schon überschritten haben oder dies in Kürze tun werden. Das bedeutet, dass die Neuinfektionen zurückgehen und der Reproduktionswert R(t) des Sars-CoV-2-Virus dauerhaft unter 1 bleibt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt werden jeden Tag mehr Infizierte genesen als es Neuinfektionen gibt. Dann nimmt auch die absolute Zahl der akut Infizierten ab.

7-Tage-Inzidenz
Eigene Darstellung auf Basis des Simulationsmodells CoSim Online und RKI-Daten, Stand 27.11.2020

Auf die Auslastung der Krankenhäuser wird sich dies nur mit einer Zeitverzögerung bemerkbar machen. Die Aufenthaltsdauer der schwer Erkrankten beträgt nämlich schon mal bis zu einem Monat und mehr. Daher prognostiziert das Modell, dass sich die Anzahl der Intensivpatienten im Bundesdurchschnitt um 25% erhöhen wird bis Ende Dezember. In einigen Ruhrgebiets-Städten nimmt sie sogar bis zu 35% zu. Damit bleibt die Situation in den Krankenhäuser immer noch angespannt. Es scheint aber, dass genug Reserven vorhanden sind, um die Situation zu meistern.

Covid-19-Intensivpatienten
Eigene Darstellung auf Basis des Simulationsmodells CoSim Online, DIVI-Intensivregister und RKI-Daten, Stand 27.11.2020

Modell bleibt Modell

Das Modell der Universität des Saarlandes bleibt das, was es ist, ein Modell nämlich. Es ist nicht die komplexe Realität, sondern versucht nur, diese vereinfachend, aber trotzdem zutreffend abzubilden. Um das Modell richtig einschätzen zu können, muss man seine Intention und vor allem seine Grenzen kennen. Diese zeigen die Autoren auf, indem sie schreiben, dass ihr Werk nur für Kurzfristprognosen geeignet ist. Daher verzichten wir auch auf die Simulation längerer Prognosezeiträume als bis zum Jahresende.

Auf jeden Fall werden wir die weitere Entwicklung sehr aufmerksam beobachten und die Ist-Zahlen mit den Prognosen vergleichen. Spätestens am Jahresende werden wir sehen, wie gut das Modell wirklich ist.

 

Quellenhinweis:

„Mathematische Modellierung und Vorhersage von COVID-19 Fällen, Hospitalisierung (inkl. Intensivstation und Beatmung) und Todesfällen in den deutschen Bundesländern“

Online COVID-19 Simulator CoSim

 

 

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