Judenhass metaphorisch: Ist A. Dirk Moses der neue Achille Mbembe?

Gerichtspalast des Heiligen Offiziums der Heiligen Inquisition, Mexico by GAED 2012 CC 3.0

Eine Attacke reiten ist das eine, eine Metapher reiten ein anderes: Anthony Dirk Moses, Professor für Global Human Rights History in North Carolina/USA, steht im Zentrum eines neu-alten Historikerstreits. Seine Attacke, jüngst auf Geschichte der Gegenwart erschienen, zielt auf die Einsicht, dass der Holocaust ein singuläres Verbrechen gewesen ist und kein koloniales, ein antisemitisches und kein rassistisches. Moses Metapher dafür: Die Singularität des Holocaust sei nur ein frommer „Glaubenssatz“, der im „Katechismus der Deutschen“ stehe, um „Vergebung zu erlangen“. Ein solcher Jargon irritiert, Moses reitet die Metapher ungerührt zu Tode  –  und erweckt eine antijüdische Figur zum Leben, es ist die des Gottesmörders. Vielleicht ist Moses nicht der neue Mbembe, zum neuen Mel Gibson reicht es hin.

In der Genozidforschung zählt A. Dirk Moses zu den Großen, den Holocaust bezeichnet der Australier  –  die These ist originell  –  als „subalternen Genozid“, nämlich als „the destruction of the colonizer by the colonized“. Aus Sicht der Nazis, so Moses, müsse man den Holocaust als einen „‘anti-colonial‘ genocide“ verstehen.

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700 Jahre Bochum

Ein Wahrzeichen in der Stadt Bochum: das Anneliese Brost Musikforum Ruhr | Foto: Peter Hesse

Vom Jahr 1321 bis zum heutigen Tag am 8. Juni 2021! Die Stadt Bochum feiert heute Tag ihren 700. Geburtstag. Wir gratulieren mit einem augenzwinkernden youtube Roulette – alle Songs haben einen sehr engen Bezug zur Ruhrstadt.

Welcher Song repräsentiert am besten die Stadt Bochum?
The Shitlers – Bochum

Du hat eine kurze Nacht gehabt – welcher Bochumer Song wirkt morgens so gut wie sechs Tassen Kaffee?
Steeler – Night After Night

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Cartoons ohne Bilder #117


Ein übermüdeter Politiker vor Mikrofonen. 3 Panels. Sprechblasen über dem Politiker.

1. „Bei dieser Wahl haben ganz klar landespolitische Besonderheiten eine große Rolle gespielt …“
2. „… ach Quatsch, wir haben ja gewonnen, Entschuldigung!“
3. „Ich wollte sagen: Bei dieser Wahl zeigt sich ganz klar die große Zustimmung zur Bundespolitik.“

Egotronic, Liga der gewöhnlichen Gentleman und Patrick Joswig: Artists against Antisemitism

Patrick Joswig Foto: Markus Bronold Lizenz: Copyright

Über 600 Künstler haben bereits den Aufruf „Artists against Antisemitism“ unterzeichnet. Sie stellen sich gegen die Dämonisierung von Juden und dem Staat Israel.

Egotronic, Die Liga der gewöhnlichen Gentleman, Patrick Joswig, Elke Wittich, Til Mette, Fehlfarben-Gründer Thomas Schwebel, Das Flug , Conne Island aus Leipzig und Druckluft aus

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Vor aller Augen. Antisemitismus-Bericht NRW 2020

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Anitsemitismus-Beauftragte NRW | (c) Land NRW 2018

Die einen rechnen Antisemitismus klein, andere berichten. Die einen nennen es „Initiative Weltoffenheit“ oder „Jerusalemer Erklärung“, die anderen „Jahresbericht“. Den hat jetzt, es ist ihr zweiter, die Antisemitismus-Beauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen vorgelegt, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie berichtet von klein gerechneten Zahlen und was sie bedeuten.

Fazit ihres Berichts: „Leider ist auch im Jahr 2020 der Antisemitismus unverändert und deutlich öffentlich präsent.“ Zwar seien die Zahlen für NRW im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent zurückgegangen, bundesweit aber deutlich angestiegen. Entweder hat das bevölkerungsreichste Bundesland diesen Trend entschieden abgebremst oder  –  das die Erklärung von Leutheusser-Schnarrenberger, eine Düsseldorfer Erklärung sozusagen  –  oder aber

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Antisemitismus neu definiert? „Jerusalemer Erklärung“ ist BDS im Wissenschaftskostüm

Pro-Israel-Demo in Berlin 2009 by Dana Bondarenko and Sergey Gavrilov CC 3.0

„Ungeeignet, unklar, diffus“. Die Doktorarbeit von Franziska Giffey? Die „Jerusalemer Erklärung“, angerichtet von 200 „internationalen Wissenschaftler:innen mit Schwerpunkten in der Antisemitismusforschung und verwandten Bereichen“. Im März hatten die 200 kund getan, sie hätten Antisemitismus „neu definiert“ und, sieh an, ein neues Ergebnis gefunden: BDS, die anti-israelische Hetzkampagne, sei „per se“  –  aus sich heraus  –  „nicht antisemitisch“. Lars Rensmann, in der Antisemitismusforschung eine Adresse, hat sich die „Jerusalemer Erklärung“ näher besehen, es sind keine Blumen, die er ihr überreicht: Die 200 hätten sich „keinen Gefallen getan“ damit, ihre „erstaunliche Unkenntnis der Antisemitismus- und Rassismusforschung der letzten Jahrzehnte“ zu beweisen. Was sie zuwege gebracht hätten, sei „schlichtweg falsch und analytisch unbrauchbar“. Die Amadeu Antonio-Stiftung hat Rensmanns Expertise jetzt auf Belltower News gestellt, es lädt dazu ein, die „Jerusalemer Erklärung“ noch einmal zu lesen. Um zu verstehen, wie das geht, dass Antisemitismus aus der Welt hinaus gewissenschaftet wird.

Lars Rensmann, in Bochum geboren, Professor für Politik in Groningen, ist Mitglied des Editorial Boards des Journal for the Study of Antisemitism, es ist die in der internationalen Antisemitismusforschung maßgebliche Fachzeitschrift. Von den 28 Wissenschaftlern des Boards tragen gerade einmal zwei die „Jerusalem Declaration“ mit.

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Ruhrtriennale: „Bruchlinien und Konstruktionen“, das neue Programm

Barbara Frey, Intendantin Ruhrtriennale, vor Turbinenhalle Bochum | (c) Daniel Sadrowski

Es war zuletzt reichlich zerdellt, das Festival der Künste: erst Antisemitismus, dann Antisemitismus, dann Corona. Jetzt besteht die Kunst darin, aus dem Zerdellten Kunst zu machen: Heute haben die neue Intendantin der Ruhrtriennale, Barbara Frey und ihr Team, das Programm für die erste ihrer drei Spielzeiten vorgestellt. Ein flüchtiger Blick zeigt, was fehlt: die Welterklärattitüde. Dass sie fehlt macht neugierig, er lohnt sich, der Blick auf ruhrtriennale.de.  

Vertraut die Spartenvielfalt, das Potpourri aus „Schauspiel“ und „MaschinenHausMusik“, „Musiktheater“ und „Literatur“, aus „Pop“ und „Tanz“ und „Dialog“ . Vertraut auch, dass es verschiedene Spielorte sind, durchs Ruhrgebiet gewürfelt, neu dabei das leerstehende Allbauhaus in Essen. Die Intendantin, auch das hat Tradition, inszeniert selber unter anderem Edgar Allan Poes „Der Untergang des Hauses Usher“, anders jetzt: Es gibt, wie es aussieht, keine Eröffnungsrede, stattdessen eröffnet das Festival  kurz vor Sonnenaufgang mit einem Konzert im Morgengrauen und einem anschließenden gemeinsamen Frühstück an der Maschinenhalle Zweckel in Gladbeck.

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50 Jahre improvisierte Musik in Moers

Die Gitarristin Wendy Eisenberg, Strictly Missionary Foto: André Symann Lizenz: Copyright

„I am gonna show you now, what this festival is all about.“ Jamaladeen Tacuma lobt die Bedeutung des Moers Festivals für die Jazzwelt mit deutlichen Worten, ehe er sich in ein fünfzehnminütiges Basssolo versenkt, das gleichermassen virtuos und schlicht, eingängig und verschroben, vor allem aber ein äußerst vitales Statement für die Spontaneität und bewusstseinserweiternde Kraft seiner Musik ist. Von unserem Gastautor ************@***oo.com“ data-hovercard-owner-id=“121″>Matthias Hesse.
Dass sich zeitgleich im Youtube-Chat ein paar Experten mit Klugscheißereien und Name-Dropping überbieten, ist eine ironische Fußnote des Ganzen. Festivalleiter Tim Isfort hat sich auch im zweiten Coronajahr gegen eine Absage entschieden und damit das Risiko in Kauf genommen, dass vieles online stattfinden, der Jubiläumsglamour insgesamt etwas spärlicher ausfallen muss.

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Erwin Kostedde in Buchform – ein Leben wie eine Netflix-Serie

Die Biografie über Erwin Kostedde ist im Werkstatt Verlag erschienen und ist eine echte Empfehlung

Der ehemalige Bundesligaspieler Erwin Kostedde war ab der Stunde seiner Geburt ein Outlaw. In 219 Bundesligapartien gelingen ihm 98 Treffer, als Stürmer gilt er als Instinktfußballer und Schlitzohr. Im Leben neben dem Fußballplatz misslingt ihm vieles, er ist ein unsteter Geist der nie lange an einem Ort bleiben kann. Der aus Münster stammende Autor Alexander Heflik hat nun das Leben auf 188 Buchseiten komprimiert. Mit vielen szenischen Einstiegen liest es sich wie eine griechische Tragödie aus dem Herzen der Bundesrepublik, die bei Aktenzeichen XY präsentiert wird: Spannend und maximal brutal, weil Kostedde durch seine dunkle Hautfarbe immer wieder stigmatisiert wird und sein tragisches Leben auf langer Strecke einfach nicht gelingt.

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50. Moers Festival: Was gährt?

New Jazz Festival Moers 1978 Foto: Nomo Lizenz: CC BY-SA 3.0

Eine  Baustelle!  Gibt es ein sinnfälligeres Symbol für ein Festival der improvisierenden Musik, als es dieser Tage dem Moers Festival zugemutet wird zu dessen 50. Geburtstag? Die Halle wird renoviert, weil keiner mit der Austragung des Jubiläumsfestivals gerechnet hatte? Im weitesten Sinn scheinen die Bau-Zäune, rotweiß im Wind flatternden Absperrbänder, Kreidekreise  und

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