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Gaddafi kann sich bei den USA und Europa bedanken

Vor zwei Wochen schien das Ende von Mummar Gaddafi besiegelt. Rebellen nahmen Stadt für Stadt ein. Dann holte Gaddafi zum Gegenschlag aus. Nun steht er kurz vor dem Sieg.

Eine Truppe aus hochmotivierten Laien hat in einer übersichtlichen Wüstenlandschaft wie Libyen kaum eine Chance gegen eine reguläre, halbwegs gut ausgerüstete Armee. Das bekommen die Rebellen in Libyen zu spüren. Ihre wichtigste Hochburg, Bengasi, steht kurz vor dem Fall. Und Gaddafi scheint erst einmal davon gekommen zu sein. Er und sein Clan können die Libyer weiter unterdrücken und ausbeuten.

Gaddafi kann sich bedanken. Bei den USA und Europa. Der Westen hat die von Teilen der Rebellen und der Arabischen Liga erbetene Luftunterstützung nicht erbracht. So konnte Gaddafis Luftwaffe die Rebellen angreifen und die Armee hatte eine intakte Luftaufklärung. Entscheidende Vorteile.

Europa und die USA haben damit gezeigt, dass sie die Rebellionen in der arabischen Welt nicht ernsthaft unterstützen, wenn es darauf ankommt. Eine Botschaft, die alle Despoten verstanden haben: Auch wenn sie Krieg gegen das eigene Volk führen, droht ihnen ausser ein paar Sanktionen, die sie persönlich zum großen Teil umgehen können, nichts. Sie können eine Bürgerkriegs riskieren. Der Westen wird sich raushalten. Die Araber werden sich merken, dass  Europa und die USA nicht nur über Jahrzehnte die arabischen Despotien gestützt haben, sondern auch der libysche Rebellion nicht geholfen haben. So schafft man sich seine Feinde von Morgen.

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Philipp
Philipp
13 Jahre zuvor

Je nachdem welche Seiten man liest, steht Bengazi keineswegs kurz vor dem Fall. Gerae Al Jazeera vertritt hier eine ganz andere Meinung als beispielsweise tagesschau.de. Alle bisher von Gaddafi errungenen Siege sind eher klein, die eingenommenen Städte kaum mehr als Dörfer, das kann sich alles mit einer ernsthaften Niederlage, die absolut im Bereich des möglichen liegt (vgl zB Grozny), komplett ändern. Soviel dazu.
Dem Rest stimmeich zu.

Höddeldipöpp
Höddeldipöpp
13 Jahre zuvor

Interessant ist das Desinteresse vieler Linken (SPD, Grüne eingeschlossen) an dem Thema. Da wird sich nur ein bisschen darüber mokiert, dass der Westen bald wieder Geschäfte mit Gadaffi machen wird, aber ansonsten fällt denen gar nichts dazu ein.

Klar, wer radikal pazifistisch ist, muss jetzt dem Westerwelle Beifall klatschen, was nicht passieren wird oder sich in eine stille Ecke verdrücken, bis das Thema wieder in der Versenkung verschwunden ist. Und genau das kann man jetzt beobachten.

Arnd
Arnd
13 Jahre zuvor

Ein großer Sieg der Friedensbewegung, die ja im anderen Fall sofort „Imperialismus“ gewittert und „Kein Blut für Öl“ gefordert hätte. Westerwelle hat sich dieser Meinung ja schon mal vorsichtshalber angeschlossen, in dem er vor dem Eindurck es handle sich um einen „Kreuzzug“ gewarnt hat.
Ich bin mir sicher, dass weite Teile der Linkspartei schon bereit standen, um für Nichteinmischung (und damit für die Unterstützung des „Sozialisten“ Gaddafi) zu demonstrieren.

Wenn im Libyen endlich Totenstille herrscht, kann man sich auch endlich mit den wirklichen Problemen auseinander setzen, zum Beispiel den 10.000 Toten, die die Atomkraftnutzung in Japan erzeugt hat….

DAMerrick
DAMerrick
13 Jahre zuvor

Ich habe es heute schon auf Twitter gesagt:

Guernica, 80years ago.
Nothing has changed.

Für die die es nicht wissen: Damals testete Adolf Hitler das Desinteresse der anderen Staaten in dem er dem spanischen Diktator Franco half eine ganze Stadt niederzumetzeln. Die meisten werden wohl Picasso’s Guernica kennen….

Heute das Gleiche.
Nur das heute noch die wirtschaftlichen Interessen von EU und USA im Vordergrund stehen. Ansonsten ist es genau das Gleiche Bild.

Mir
Mir
13 Jahre zuvor

… in den 80ern waren die linken Gruppen nicht menschlicher…

Eine Karikatur von H.E. Köhler von 1974 bringt das Verhalten von linken Gruppen auf den Punkt. Anlass ist die Ankunft von Chile-Flüchtlingen in die BRD nach dem Putsch.
Auf der Karikatur: Eine Gruppe Linker wartet am Flughafen mit Spruchbändern der Sympathi auf die Ankunft der Chile-Flüchtlinge. Ein Mann rennt mit gehobenen Händen zu der Gruppe und ruft: „Weg! Schnell! Das sind nicht die Chile-Flüchtlinge! – Das ist bloß ein Transport Polen-Deutscher!“

Mir
Mir
13 Jahre zuvor

Die Karikatur von H.E. Köhler ist zu sehen auf der Seite

der, der auszog
der, der auszog
13 Jahre zuvor

@DAMerrik

Ich halte es persönlich für sehr gewagt, Ereignisse, die mit dem Nationalsozialismus zusammenhängen mit denen in Nordafrika zu vergleichen. In Sachen Holocaust haben sich mit solchen Vergleichen bereits in den 80ern Historiker, Politiker und Intellektuelle aufs Glatteis begeben, Stichwort Judenvernichtung und Historikerstreit.

Deine Kernaussage, DAMerrik: „Damals testete Adolf Hitler das Desinteresse der anderen Staaten in dem er dem spanischen Diktator Franco half eine ganze Stadt niederzumetzeln…“ ist faktisch falsch, auch wenn es jetzt so nicht nur in den Kommentaren der Ruhrbarone steht, sondern auch bei Twitter. Hitler testete im Spanischen Bürgerkrieg nicht das Desinteresse anderer Staaten, sondern täuschte sie vorsätztlich, um die Teilname Deutschlands am spanischen Bürgerkrieg solange wie möglich vor Europa und der Welt geheim zu halten. Hintergrund war der Versailler Vertrag, in dem es Deutschland untersagt war aufzurüsten und größere militärische Verbände zu unterhalten. Genau das tat Hitler aber und nutzte den spanischen Bürgerkrieg als Testfeld für seine neue Luftwaffe. Wäre das herausgekommen, wäre ein Krieg mit Europa unausweichlich gewesen. Diesen wiederum konnte sich Nazideutschland 1936 noch nicht leisten, da man gerade erst begonnen hatte, aufzurüsten. Kurz noch ein paar Infos zur Tarnung, die selbst in Deutschland erst gegen Ende der Operation im Frühjahr 1939 bekannt wurde, weil auch ca. 230 deutsche Soldaten in Spanien ums Leben kamen: Die Soldaten des Fliegerkorps wurden während der Opperationen in zivil und als Urlauber getarnt nach Spanien gebracht. Organisiert wurde das ganze als Ferienprogramm durch den KdF „Kraft durch Freude“, eine Art Tourismusunternehmen unter den Fittichen der Deutschen Arbeitsfront (DAF). Auch die Flugzeuge waren „inkognito“ in Spanien und deshalb nicht mit den in der Luftfahrt üblichen nationalen Hoheitszeichen ausgestattet, wie das für Deutschland damals übliche Eiserne Kreuz an Rumpf und Tragflächen und dem Hakenkreuz an der Schwanzflosse.

Was Hitler konkret testete – und jetzt kommen wir zu Guernica – war mehr oder weniger der „Totale Krieg“, ein Krieg, der sich nämlich nicht gegen Militärs oder strategische Ziele richtete, sondern ganz gezielt gegen die Zivilbevölkerung! Eine Art Vorgeschmack auf Coventry, London, Dresden, Lübeck und die vielen anderen Städte, die in den Bombennächten des zweiten Weltkriegs Feuer fingen und untergingen. Auch hier sehe ich keine Parellelen zu Gadaffi.

Bürgerkrieg ist nicht gleich Bürgerkrieg und Gadaffi ist nicht Adolf Hitler. Auch wenn beides Diktatoren sind, darf man sie nicht in einen Topf werfen. Dann wäre man wohlmöglich ganz schnell auch bei Isreal und den Juden und in diesem Zusammenhang ist es bei den derzeitigen Krisen in Nordafrika, speziell in Libyen, Gott sei Dank noch relativ ruhig geblieben. Früher brannten in diesen Ländern schon mal Fahnen mit dem Davidstern…

Thomas
Thomas
13 Jahre zuvor

Hallo Ihr Sofahelden,

es wundert mich schon, dass hier etliche glauben, das es ok ist, Gaddafi jahrzehntelang Waffen und militärische Hilfe zu liefern, und wenn dann Revolution ist, dann besinnt man sich auf seine demokratische Gesinnung und führt dann mal eben schnell einen Krieg. Das ist im Kern das Modell Irak: Saddam wurde erst unterstützt und dann beseitigt und dem Tross der Alliierten folgte ein Heer von Terroristen, die heute den Alltag im Irak bestimmen.

Ich teile Stefan Laurins Kritik, es ist in meinen Augen aber nicht verwunderlich, dass es die bislang Flugverbotszone nicht gibt. Die Jasminrevolution hat gezeigt, dass es dem Westen prinzipiell an Konzepten der Unterstützung von Opposition und Emanzipationsbewegungen in Diktaturen mangelt.

Das erkennt man auch an den Kommentaren derer, die hier selbst jahrelang vor sich hingedämmert haben und nun per Wake-on-WAN aus Libyen geweckt werden und vor lauter Hilfslosigkeit nach Militäreinsätzen verlangen ohne sich klar zu machen, dass eine Flugverbotszone keine Panzer stoppt. Das konnte man in Bosnien ziemlich gut beobachten. Die Lufthoheit der Nato hat Srebrenica nicht verhindert. Das Morden fand dort nämlich am Boden statt.

Westerwelle und Co hingegen scheint zu dämmern, das eine Flugverbotszone nur das Einstiegsszenario in einen Krieg am Boden sein kann. Nur stellt sich angesichts des Afghanistaneinsatzes die Frage, ob die Deutschen zu einem weiteren Krieg bereit sind.

Oder soll man erst einmal eine Flugverbotsszone einrichten, dadurch die Revolutionsbewegung weiter ernutigen und dann, wenn sich herrausstellt, dass auch eine Unterstützung am Boden erforderlich ist, sich dann mit einem „Sorry, mehr geht nicht von wegen der Bevölkerung.“ wieder zurückziehen?

Der aktionistische Ruf nach einer Flugverbotszone ist genauso wie das Zögern der USA und Europas Ausdruck genau der selben Konzept- und Hilflosigkeit. Wenn man sich erst mit den Aufständen Gedanken macht, dann ist das Jahre zu spät.

Pazifisten (ich zähle mich nicht dazu) haben sicher keine Antwort zur Lösung solcher Konflikte, dafür aber ein sehr gutes Konzept für eine friedlichere Welt. Dagegen sind all diejenigen, die nur aus eiem Affekt heraus zu einem Waffengang aufrufen nicht Teil der Lösung sondern ein wesentlicher Teil des Problems.

Übrigens, gerade wurde der Militäreinsatz beschlossen. Dann will ich mal hoffen, dass der noch rechtzeitig kommt und mit möglichst wenig Blutvergiessen zum gewünschten Ziel führt und den Libyern ein zweites Irak erspart bleibt.

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[…] hat sich der Westen angeschaut, wie Gaddafi die Rebellion zusammengeschossen hat. Nun handelt er endlich und stellt sich auf die Seite der […]

Mir
Mir
13 Jahre zuvor

@ der, der auszog #8
Die Beziehung und die Absicht der deutschen Luftwaffe im Spanischen Bürgerkrieg haben sie treffend formuliert.
Wenn Sie mögen, zu dem Thema: Bildband Spaniens Himmel über Berlin

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[…] Gaddafi kann sich bei den USA und Europa bedanken […]

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[…] Kämpfe gegen das Regime des Diktators. Ohne das Eingreifen der Nato wäre die Rebellion in einem Blutbad erstickt worden. Das wäre das Ergebnis der Politik von Westerwelle und Merkel […]

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