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Gottesdienst in Zeiten von COVID-19: Israelsonntag in Wanheimerort

Pfarrer Jürgen Muthmann nach dem Gottesdienst der evangelischen Gemeine in Duisburg-Wanheimerort; Foto: Peter Ansmann
Die Gnadenkirche in Duisburg-Wanheimerort: Pfarrer Jürgen Muthmann nach dem Gottesdienst der evangelischen Gemeinde; Foto: Peter Ansmann

Die Sicherheitsbestimmungen zur Eindämmung der Coronaseuche hat auch die Kirchen getroffen: Wegen des Versammlungsverbotes waren Gottesdienste lange Zeit überhaupt nicht möglich. Die evangelische Gemeinde in Duisburg-Wanheimerort ist zu Beginn der Coronakrise kurzerhand digital durchgestartet. Online-Andachten, teilweise täglich, statt des Kirchenbesuchs (Ruhrbarone: Pfarrer Jürgen Muthmann: Der gute Hirte in Duisburg-Wanheimerort).

Seit Pfingsten wurden die Beschränkungen für religiöse Gemeinschaften gelockert, in Duisburg-Wanheimerort wurde trotzdem weiterhin auf 100% Sicherheit gesetzt und online gepredigt. Seit Anfang August finden in Wanheimerort nun wieder Gottesdienste statt: Unter verschärften Sicherheitsbedingungen. Für die Ruhrbarone war ich heute, am Israelsonntag, zu Besuch in der Gnadenkirche in Wanheimerort. Pfarrer Jürgen Muthmann hatte nach dem Gottesdienst noch Zeit um mir ein paar Fragen zu beantworten.

#Eckwort: „Verantwortung“ ist oft ein Thema

Nichts Schlimmeres kann passieren, als das von einem solchen Ort des Lebens der Tod ausgeht und wir mit sehenden Augen dieses Risiko eingehen. Alle Vorsichtsmaßnahmen minimieren das Risiko eines solchen Falles, schließen ihn aber nicht aus.

Erst wenn ich sicher sein kann, dass die Pandemie wirklich beherrschbar ist – und das wird sie erst sein, wenn wirksame Medikamente, eine Impfung oder eine entsprechende Immunität in der Bevölkerung existieren – erst dann kann ich mit ruhigen Gewissen wieder normale Gottesdienste feiern.

antwortete Pfarrer Jürgen Muthmann beim letzten Gespräch mit den Ruhrbaronen. Das war Anfang Mai, als noch strengere Sicherheitsbestimmungen galten als heuer. Interessant an dieser Aussage: Zur damaligen Zeit hatte sich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) für eine Lockerung der Maßnahmen und die Öffnung von Gotteshäusern ausgesprochen.

Kirchenmusik in Zeiten der Seuche: Daniel Drückes, Christine Gladbach und Vanessa Wehowsky setzen auf Sicherheitsabstand; Foto: Peter Ansmann
Kirchenmusik in Zeiten der Seuche: Vanessa Wehowsky, Christine Gladbach (Gesang) und  Daniel Drückes setzen auf Sicherheitsabstand; Foto: Peter Ansmann

Pfarrer Jürgen Muthmann war das nicht geheuer und er setzte auf Sicherheit für die Schäfchen seiner Gemeinde: Online, über Facebook und YouTube, wurde die evangelische Kirchengemeinde in Wanheimerort erreicht. Die Resonanz ist beeindruckend, die Reichweite in den sozialen Medien nicht zu unterschätzen. Das Format #Eckwort ist, klar, nicht mit einer normalen Andacht zu vergleichen.

Nur Freunde, macht sich Pfarrer Jürgen Muthmann mit diesem Format auch nicht unbedingt. Das Thema Verantwortung spielt oft eine große Rolle. Auch politische Themen spricht der gute Hirte von Wanheimerort an: Olaf Scholz, Lukaschenko, Wladimir Putin und sein Impfstoff-Coup – alles Themen im #Eckwort vom 13. August 2020.

Coronaleugner und die auf Staatszersetzung gebürsteten rechtsextremistischen Anhänger der fünften Kolonne Moskaus, die gibt es natürlich auch in Duisburg, dürften beim #Eckwort zum Thema Corona Warn App Schnappatmung bekommen haben.

Thema auch hier: Verantwortung – und zwar für sich und (!) andere.

Israelsonntag in der Gnadenkirche zu Wanheimerort

Heute wurde in der evangelischen Kirche in Deutschland der Israelsonntag gefeiert. Thema: Das Verhältnis von Christentum zu  Judentum. Und, natürlich: Es wird auch an die jüdischen Wurzeln des Christentums erinnert.

Einfach ist ein Kirchenbesuch in den Zeiten der Seuche nicht: Eine telefonische Anmeldung ist erforderlich. Direkt beim Betreten der Kirche wird man auf das Logbuch verwiesen, in dem man – man kennt es aus der Gastronomie – sich eintragen muss. Das Tragen der Schutzmarke ist Pflicht – was natürlich selbstverständlich ist.

Abstandsregeln und Maskenpflicht - Kirche in Zeiten von Corona; Foto: Peter Ansmann
Abstandsregeln und Maskenpflicht – Kirche in Zeiten von Corona; Foto: Peter Ansmann

Die Gnadenkirche ist an diesem Sonntag alles andere als voll, was wegen der Abstandsregeln von Pfarrer Muthmann, die strenger sind als vorgeschrieben, auch kaum zu erreichen wäre: Viele Sitzreihen sind gesperrt, grüne Wimpel markieren die Plätze an denen man sitzen darf. Nicht mehr als dreißig Personen, mal grob von mir geschätzt, schaffen es unter diesen Konditionen in die Gnadenkirche am Vogelsangplatz. Auf die Maskenpflicht wird penibel geachtet.

Sicherheit wird hier, in Wanheimerort, großgeschrieben.

Circa 15 Gläubige waren bei der heutigen Andacht anwesend. Es ist die dritte Offline-Andacht seit dem 2. August 2020. Sicherheitstechnisch dürfte diese Art des Gottesdienstes wesentlich ungefährlicher sein als ein Besuch im Supermarkt – wo inzwischen, leider, kein Mensch mehr auf Sicherheitsabstände achtet – oder die Nutzung des ÖPNV.

Soweit es die Sicherheitsabstände in der Gnadenkirche betrifft: Diese entsprechen, gefühlt, der Entfernung Duisburg – Stuttgart. Was aber nicht verwundert: Verantwortung ist nicht umsonst immer wieder Thema im #Eckwort. Thema der Andacht: Das Verhältnis zum Judentum, die Lage in Nahost und auch die Verantwortung der Kirche für Antisemitismus. Auch in Duisburg gab es im Mittelalter Pogrome gegen jüdische Teile der Bevölkerung, geschürt durch Lügengeschichten – heute nennt man es Fake-News – über die jüdischen Brunnenvergifter.

Am Klavier sitzt an diesem Tag Kirchenmusiker Daniel Drückes, in einiger Entfernung zu ihm begleiten Christine Gladbach und Vanessa Wehowsky den Gottesdienst mit Gesang.

Auch beim Abschluss der Andacht spürt man Corona: Pfarrer Jürgen Muthmann verabschiedet die Besucher vor der Kirche. Während der Zutritt nur über die Hauptpforte der Kirche möglich ist, darf man das Gotteshaus nur durch den hinteren Ausgang verlassen. Absperrband vor der Kirche sorgt für den geregelten Zutritt.

Christen haben eine Menge Schuld an diesem ganzen Antisemitismus den es gibt in der Welt.

Nach dem Gottesdienst hatte Pfarrer Jürgen Muthmann Zeit für eine kleine Führung durch die Kirche und ein paar Fragen.

Pfarrer Jürgen Muthmann vor der Gnadenkirche; Foto: Peter Ansmann
Pfarrer Jürgen Muthmann vor der Gnadenkirche; Foto: Peter Ansmann

Ruhrbarone: Was hat es mit diesem Israelsonntag auf sich?

Pfarrer Jürgen Muthmann: Der Israelsonntag ist ein Gedenktag der eingeführt wurde weil die evangelische Kirche, gerade im Rheinland, den Dialog mit dem Judentum und Israel natürlich gesucht hat. Es ging auch um Schuldbewältigung und Aussöhnung wegen der Schoah und die Schuld der Kirche, die wir gegenüber den Juden haben und erst Ende der 80er Jahre endlich eingestanden haben. Am Israelsonntag soll man eben an diese Themen denken. Wie geht man miteinander um als Juden und Christen. Und die Schoah muss natürlich in Erinnerung bleiben.

Wir haben keine Recht die Juden zu missionieren. Man kann Glaube austauschen , aber nicht mit dem Ziel „Du musst so werden wie wir, sonst bist du böse.“ sondern als gleichberechtigte Partner. Theologisch gesehen: Wir sind Kinder Gottes auf gleicher Höhe.

Das ist auch wichtig, das habe ich auch heute in der Predigt gesagt, Christen haben eine Menge Schuld an diesem ganzen Antisemitismus den es gibt in der Welt. Weil das ja Jahrhunderte lang gelehrt wurde, dass wir die besseren sind.

Ruhrbarone: Die Sicherheitsmaßnahmen hier sehen überzeugend aus. Man darf nur auf den Stühlen mit den grünen Wimpeln sitzen?

Pfarrer Jürgen Muthmann: Das gilt für einzelne Personen. Ein Haushalt darf auch zusammensitzen. Das geht natürlich. Trotzdem sagen wir: Nicht mehr als 36 Personen im Gottesdienst. Diese Abstände hier sind sehr großzügig, auf 2,5 Meter konzipiert. Wir könnten auch auf 1,5 Meter runtergehen.

Ruhrbarone: Das war der dritte Gottesdienst heute. Wie ist die Resonanz in der Gemeinde nach der langen Zeit der Schließung?

Pfarrer Jürgen Muthmann: Geht. Es ist nicht so übermäßig. Wir hatten heute relativ wenig Besucher. Irgendwas mit 20 bis 25 Besuchern wird sich einpendeln. Aber viele kommen wegen der Maske nicht. Hier müssen wir alle die Maske tragen. Und das ist echt angenehm auf Dauer.

Ruhrbarone: Das Online-Format #Eckwort wird trotzdem fortgeführt?

Pfarrer Jürgen Muthmann: Ja, wir kriegen ja auch positive Resonanz aus der Gemeinde. Die Leute sprechen mich ja auch an und danken, dass wir das machen. Die reinen Zahlen bei Facebook stimmen nicht so ganz. Ich weiß jetzt, dass einige Leute auch die Videos per WhatsApp verschicken, also nicht per Link. Die downloaden das über YouTube Plus und verschicken das. Es gibt ja auch ältere Leute, die nicht wissen wie das alles geht.

Die sind aber in der Lage sich das, wenn sie es als Extrafilmchen auf ihr Handy geschickt bekommen, anzusehen.

Die evangelische Gnadenkirche in Duisburg-Wanheimerort; Foto: Peter Ansmann
Die evangelische Gnadenkirche in Duisburg-Wanheimerort; Foto: Peter Ansmann

Weitere Informationen zur evangelischen Gemeinde in Duisburg-Wanheimerort:

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