Serie: Wie esoterisch ist mein Gesundheitsministerium? Teil 3: Saarland

Hin zur französischen Grenze – raus aus dem Ländle – auf der Spuren der Alternativmedizin. Ein kleines Bundesland heute in unserer Serie „Wie esoterisch ist mein Gesundheitsministerium?“.

 

Andreas Storm, Minister für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (Quelle: Saarland.de)
Andreas Storm, Minister für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
(Quelle: Saarland.de)
Heutiges Bundesland:
Saarland

Gesundheitsminister:
Andreas Storm (49)

Parteibuch: CDU

Die Bewertung:
Für jede Antwort werden 0 bis 5 Globuli vergeben. Je mehr Globuli, desto esoterischer das Gesundheitsministerium.
Insgesamt können also 15 Globuli erreicht werden, wobei dies wohl nur der DHU erstrebenswert erscheinen dürfte.

 

1) Wie steht Minister Storm  zur Alternativmedizin?
Sieht er darin „zu überwachende Quacksalberei“ oder eine „gleichzuberechtigende Alternative zur Schulmedizin und Naturheilverfahren“?

Bei der so genannten Alternativmedizin handelt es sich um Therapieverfahren, die zwar keine übliche wissenschaftliche Überprüfung bestehen würden, aber unabhängig davon für viele Menschen Linderung und Besserung ihrer Probleme bietet.

In der Schweiz hat sich der Begriff Komplementärmedizin durchgesetzt und auch in Deutschland wird zunehmend der Begriff Komplementärmedizin verwendet. Er nimmt die Beobachtung auf, dass solche Behandlungsmethoden von den Patienten ergänzend zu konventionellen Therapien oder zur Behandlung eines Teils der Krankheiten an Stelle der konventionellen Therapien in Anspruch genommen werden.

Bewertung: 2 Globuli.

 

2) Wie steht Minister Storm zur evidenzbasierten Medizin?
Welche Rolle schreibt er allgemein empirischen Wirkbefunden zu?

Die Evidenzbasierte Medizin hat mit ihren Forderungen nach den jeweils aktuellen Kenntnissen und damit der ständigen Weiterbildung der Ärzte eine berechtigte Forderung. Auch ist die Betrachtung des Menschen als Ganzes unter Wertung des Nutzens der jeweiligen Therapien für den Menschen ein wertvoller Ansatz. Deshalb sollte aber nicht die konventionelle Schulmedizin verdammt werden. Gerade sie hat in den vergangenen Jahrzehnten unverzichtbarer Erfolge in der Therapie und damit zum Wohle aller hervorgebracht.

Bewertung: 1 Globulus.

 

3) Was empfiehlt Minister Storm in Fällen, in denen alternativmedizinische Vorstellungen diametral zu denen der Schulmedizin sind, bspw. im Bereich des Impfschutzes?

Impfungen sind sinnvoll und notwendig. Impfungen werden weltweit durch die WHO empfohlen und in groß angelegten Programmen durchgeführt. Viele Krankheiten, auch in Deutschland, könnten bereits ausgerottet sein, gäbe es keine Verweigerer. Die hier durchgeführten Impfungen werden durch die STIKO (ständige Impfkommission) nach sorgfältigen Abwägen empfohlen. Als Gesundheitsminister kann ich nur empfehlen die angebotenen Möglichkeiten zu nutzen, um unnötiges Leid zu vermeiden.

Bewertung:  0 Globuli.

Soweit die Antworten aus dem Saarland.
Wir kommen somit auf eine 3 Esoterikwertung von Globuli.

 

Erläuterungen

Bereits bei den Antworten aus Baden-Württemberg in der letzten Woche fiel der Trend zu vorsichtigen Formulierungen auf. Der Saarländer Storm setzt da noch einen drauf. Und soll letztlich dafür ein Stück weit abgestraft werden. Insbesondere bei der zweiten Frage. Ziehen wir diese in der Betrachtung vor. Es geht um den Nutzen der Evidenzbasierten Medizin (EbM). Die Forderungen der EbM sieht Storm als „berechtigt“ an. Dann aber kommt folgender Satz: „Auch ist die Betrachtung des Menschen als Ganzes unter Wertung des Nutzens der jeweiligen Therapien für den Menschen ein wertvoller Ansatz.“ Das spricht dann ja für die Schulmedizin und die EbM, die ja abwägt, welchen tatsächlichen Nutzen eine Therapie oder Behandlungsmethode hat. Doch wie ist dann der nachfolgende Satz zu verstehen: „Deshalb sollte aber nicht die konventionelle Schulmedizin verdammt werden.“? Meinte der Minister mit der „Betrachtung des Menschen als Ganzes“ etwa doch die Alternativmedizin? Aber wo beurteilt diese den Nutzen der verschiedenen Therapien? Die Formulierung bleibt letztlich enigmatisch – vielleicht beabsichtigterweise? In jedem Fall gibt es dafür einen Globulus.

Noch ausweichender ist die Antwort auf die erste Frage nach der generellen Einordnung der Alternativmedizin. Storm fängt hier stark an, er spricht davon, dass dies „Therapieverfahren (seien), die zwar keine übliche wissenschaftliche Überprüfung bestehen würden,“  – leider schiebt er dann jedoch nach – „aber unabhängig davon für viele Menschen Linderung und Besserung ihrer Probleme bietet“. Bestenfalls könnte man dies als ein Bekenntnis zur Nutzung des Placebo-Effektes sehen. Schlimmstenfalls als ein Credo für die reale Wirkung alternativmedizinischer Verfahren, die eben wirken sollen, obwohl die Effekte wissenschaftlich nicht belegbar sind. Im Folgenden klärt der Saarländer diesen Sachverhalt nicht auf, sondern beschreibt lediglich, dass man auch den Begriff der „Komplementärmedizin“ nutzen könne – und die Eidgenossen dies bereits tun. Auch hier stellt sich die Frage: was will er uns damit sagen? In jedem Fall ist der Begriff „Komplementärmedizin“ ebenso Augenwischerei wie „Alternativmedizin“. Die amerikanische Ärztin und Skeptikerin Harriet Hall benutzt deswegen gerne den Begriff der „fairy tale science“ (dt. „Märchenwissenschaft“). Auch die Tatsache, dass der Gesundheitsminister nur einen Zustand beschreibt („Menschen nutzen“) statt seine Meinung kund zu tun, macht es nicht besser. Deswegen hier 2 Globuli.

Wie in den Vorwochen ist auch hier das Bekenntnis zur Impfung erfreulich – vor allem der Satz „Viele Krankheiten, auch in Deutschland, könnten bereits ausgerottet sein, gäbe es keine Verweigerer“ überzeugt.

Dir gefällt vielleicht auch:

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
7 Comments
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Roberta Sanders
Roberta Sanders
11 Jahre zuvor

Diese Reihe findet ich ausgezeichnet, macht sie doch deutlich, dass es eben nicht nur ein Phänomen im Freundes- und Kollegenkreis ist, sondern auch in der Politik angekommen ist, und damit noch eine zusätzliche Legitimierung erfährt. Das erfordert auch noch einmal andere ‚Gegenmaßnahmen‘ und Aufklärungsstrategien.

Bekommen die Minister als Dank für die Antworten eigentlich eine Ausgabe des Buches von Heistermann/Weymayr, Die Homöopathielüge (natürlich mit Widmung)?
Gesetzt es wäre der Fall, wüsste Frau Steffens das zwar leider überhaupt nicht zu schätzen, aber es würde sie vielleicht doch der Hauch der Erkenntnis wenigstens in homöopathischen Dosen streifen.

Arnold Voss
11 Jahre zuvor

Es ist ganz offensichtlich, dass die bislang befragten Minister und Minsterinnen sich nicht mit der (immer größer werdenden) Wählergruppe anlegen wollen, die an die Wirkung der Komplementär-, Alternativ- oder sonstwie nicht testbaren -Medizin glauben. Genausowenig können sie die Erfolge der Schulmedizin bezweifeln. Entsprechend weich, bzw. doppeldeutig sind die antworten. Mein Globuliprognose: Es wird bei keinem der Befragten eine Gesamtnull geben.

Milo Posuhibe
Milo Posuhibe
11 Jahre zuvor

Schön, dass ich dann gleich die Werbung für Schüßlersalze unter dem Artikel habe und JETZT BESTELLEN>> kann.

Ob die wissen, dass sie die Serie indirekt mitfinanzieren. Vielleicht mögen sie ja dem/der Punktsieger&in einen Pokal stiften.

trackback

[…] ist nun die zweite Folge von Bartoscheks Serie “Wie esoterisch ist mein Gesundheitsministerium?” […]

trackback

[…] Westen in den Osten. In unserer Serie “Wie esoterisch ist mein Gesundheitsminister?” sind wir […]

trackback

[…] esoterisch ist mein Gesundheitsministerium? Teil 3: Saarland, ruhrbarone am 24. Juni […]

trackback

[…] esoterisch ist mein Gesundheitsministerium? Teil 3: Saarland, ruhrbarone am 24. Juni […]

Werbung