
Jens Spahn ist kein schlechter Politiker. Er ist einfach ein verdammt berechnender. Einer, der die Klaviatur der Selbstinszenierung so virtuos beherrscht, dass man fast vergisst, wie dünn die inhaltliche Substanz dahinter oft ist. In den letzten fünf Jahren hat CDU-Mann Spahn weniger Politik gemacht als Politik gespielt – und dabei vor allem sich selbst in Szene gesetzt.
Als Corona-Minister trat er auf wie der Macher: entschlossen, laut, permanent in Talkshows. Doch hinter den Kulissen: Maskenmurks, Testchaos, Impfverzögerungen. Während Pflegekräfte Überstunden kloppten, feilschte sein Ministerium mit windigen Zwischenhändlern – teils zu Mondpreisen. Ergebnis: viel Verwirrung, wenig Vertrauen. Und als ob das nicht schon zynisch genug wäre, gönnte sich Spahn mittendrin eine Berliner Luxusvilla für über vier Millionen Euro. Symbolpolitik der anderen Art: Der Minister predigte Solidarität – und kaufte Quadratmeter.
Auch sonst macht Spahn gern Geschäfte am Rand der Grauzone. Lobbyverbindungen? Klar. Transparenz? Fehlanzeige. Ob bei Digitalisierung, Masken oder E-Patientenakte – irgendwer aus der Branche profitierte immer, und oft war Spahns Ministerium auffallend gut gelaunt dabei. Von Nähe zur Wirtschaft zu sprechen, wäre höflich. Von einem strukturellen Interessenkonflikt zu reden, ehrlicher.
Inhaltlich dümpelt Spahn mittlerweile im ideologischen Fahrwasser von Merz & Co. herum. Migrationsdebatten? Würzt er mit kulturkämpferischer Rhetorik. Gesellschaftspolitik? Wird als „woke Gefahr“ geframed. Es wirkt wie der Versuch, sich als CDU-Version von Friedrich Merz mit besserem Haarschnitt zu positionieren – für den Tag, an dem sich wieder ein „starker Mann“ ins Kanzleramt träumen darf.
Jens Spahn ist das perfekte Beispiel dafür, wie Politik zur Marke verkommt. Statt Lösungen gibt’s PR, statt Haltung: Haltungsschau. Er spricht viel über Werte – aber handelt oft so, als seien Macht und Medienwirksamkeit die einzigen, die wirklich zählen. Die CDU sollte sich gut überlegen, ob das wirklich die Zukunft ist, die sie sich wünscht. Denn wer so mit Vertrauen umgeht, sollte sich nicht wundern, wenn irgendwann nichts mehr davon übrig ist.