Alltagssplitter (7): Götterdämmerung am Rhein

Grünen-Politiker Ströbele forderte 2009, einen islamischen Feiertag in Deutschland gesetzlich zu verankern. Und warum nicht auch einen für gläubige Juden? Wenn dann noch ein buddhistischer Feiertag hinzukäme, einer der Hindus und Bahei, der Mennoniten und BAPtisten, der Scientologen und der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, dann wären auch meine meine letzten Arbeitstage endlich gezählt.
Im Interesse der deutschen Volkswirtschaft hier aber vorerst nur mein Gegenvorschlag  für einen ersten ökumenischen Feiertag: Allahheiligen!
Da wächst zusammen, was zusammengehört.

Arbeitszeugnis Narziss
Die mir selbst gestellten Aufgaben erledigte ich stets zu meiner vollsten Zufriedenheit. Persönlich wie beruflich wünsche ich mir für meine Zukunft alles Gute.

Keine Petitesse:
„Der Fortbestand der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg, des Balletts am Rhein Düsseldorf Duisburg und des Kulturlebens der Stadt Duisburg ist akut bedroht. (…)
Nach dem Kahlschlag in der Finanzierung der freien Kultur droht in Duisburg durch gravierende finanzielle Einschnitte nun also auch die Gefahr der Zerschlagung der zentralen Kulturinstitute.“

Zentral? Für wen? Ist „zentral“, wer das meiste Geld erhält. Ist „zentral“, wer seinen Ort in der Stadtmitte hat?
Liebe periphere Petitions-Phrasendrescher: Die Oper ist hoffentlich – dem Himmel sei Dank – eben nie ein Zentral-Institut, nie ein Zentral-Komitee zur Kulturerhaltung (ZKzK). Die Oper macht Musik, das reicht. Das berührt, das tröstet mich angesichts der großen Trostlosigkeit (auch in Duisburg).
Die Oper sollte erst gar nicht versuchen, die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen, wenn sie es allein bei ihren Tänzern versuchte, wäre schon viel getan.
Aber schrieb nicht Arnfrid Astel einst schon:
„Wo man singt,
da lass dich ruhig nieder-
schlagen. Deutsche Sänger lieben
keine Zwischenfragen“?

Ich habe die o.g. Petition übrigens unterschrieben. Weil ich Musik liebe und gute Oper überhaupt nicht für elitär halte, sondern für einen Luxus, in dessen Genuss alle kommen sollten. Das Beste ist für alle gerade gut genug. Dass zur Entwicklung der Fähigkeit, Musik zu genießen, Bildung nicht schaden kann, muss heute leider immer dazu gesagt werden.
Eine neoliberal infizierte Gesellschaft, die es zulässt, dass Millionen Bürgern Arbeit und Bildung und damit innere wie äußere Freiheit fehlen, kann getrost darauf zählen, dass alle (in Worten: alle) Kunst und Kultur reibungslos abgeschafft werden wird – und die sogenannten Kulturschaffenden sich in diesem kurzen Prozess auch noch blöde gegeneinander ausspielen lassen.
Schade deshalb, dass die Duisburger Operaner erst jetzt protestieren, da es ihnen selbst an den Kragen geht. Freie Szene – kurz und klein gekürzt, Bibliothekssterben, Oper bedroht, Musicalpleite ehedem, Loveparade-Katastrophe: Duisburg macht dicht! (Und ich dachte, die Sauerland-Zelle wäre nach dem Prozess 2010 ausgeschaltet worden.)

Infektiöser Konjunktiv
Ich wähne, begännest Du „begönne“ zu sagen, begönne ich „begänne“ auch zu vermeiden.
Also fang damit gar nicht erst an, denn nicht jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Gott soll tot sein? Meinen Segen hätte er.

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Arnold Voss
12 Jahre zuvor

Allahheiligen? Klasse Idee! Da wird Allahhand los sein.

Helmut Junge
12 Jahre zuvor

@Gerd,
„Die mir selbst gestellten Aufgaben erledigte ich stets zu meiner vollsten Zufriedenheit.“
Da geht es Dir besser als mir. Aber Du wirst doch auch mal selbstkritisch sein?

Was die Oper betrifft, teile ich Dein Bedauern:
„Schade deshalb, dass die Duisburger Operaner erst jetzt protestieren, da es ihnen selbst an den Kragen geht. Freie Szene – kurz und klein gekürzt, Bibliothekssterben, Oper bedroht, Musicalpleite ehedem, Loveparade-Katastrophe: Duisburg macht dicht!“

Warum erst jetzt? Du sagst es richtig: „da es ihnen selbst an den Kragen geht.“

Nur jetzt gibt es Kürzungen in so vielen Bereichen, dass es sicher bald riesige Empörung von allen Seiten gibt. Ob es die Oper trifft, hängt jetzt allerdings allein von der Zahl der Stimmen ab, die wie Du diese Musik so sehr lieben, dass sie sich öffentlich dafür engagieren. Warum erwarten sie von den Anderen, die in ihrem Fall vergeblich auf Solidarität gehofft hatten, dabei Unterstützung?
Nimm einfach mal an, dass es viele Menschen in der Welt gibt, die jede Form von Kultur für wichtig halten, genau wie Du, sich aber doch recht hilflos dem Druck der Finanzlage ausgesetzt sehen, während wieder andere davon träumen, dass sie selber vor dem Schnitt verschont bleiben. Heiliger Sankt Florian, zünd nicht mein, zünd das andere Haus an.
Das ist ja so, Menschen neigen im überwiegenden Fall nicht zum Altruismus, und Solidarität? Ja die Solidarität.
Gerd, ich denke darüber nach, wo ich die üben soll.
Es gibt Leute, die rufen in solchen Fällen einfach: „Wohlstand für alle, keine Kürzungen nirgends.“ Wäre ich absolut für. Aber bin ich dann noch Realist?
Ich bin übrigens in Duisburg nicht häufiger ins Theater gegangen als in Oberhausen und Gelsenkirchen. Insgesamt waren das aber keine häufigen Besuche.
Private Konzerte, auch Theateraufführungen, habe ich deutlich häufiger besucht. Trotz der teilweise hohen Eintrittspreise. Sind freie Theater so viel schlechter. So dass sich niemand für sie stark macht?

Tortist
Tortist
12 Jahre zuvor

Lieber Herr Herholz,

leider liegt Ihr Vorschlag im gefährlichen Trend, der Religion wieder einen grösseren Einfluss in der Gesellschaft zu gewähren.

Soll die Aufklärung plötzlich Privatsache werden ?

Die Forderung einer freiheitlichen Gesellschaft kann nur die Abschaffung aller religösen Feiertage sein.

Ohne die strikte Trennung von Staat und Kirche schlagen sich die religösen Anhänger aller Kirchen und Propheten die Köpfe ein.

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

@ Tortist
„Ohne die strikte Trennung von Staat und Kirche schlagen sich die religösen Anhänger aller Kirchen und Propheten die Köpfe ein.“

Mit tun sie es leider auch. Sie tuns einfach immer (wieder). Selbst die mittlerweile recht friedlichen Evangelen und Katholen kriegen mehrere Hundert Jahre nach ihrer Trennung immer noch kein gemeinsames Abendmahl hin.

Menschen verschiedener Religionen halten nur zusammen, wenn es gegen die Ungläubigen geht. Und wenn man ihnen ihre Feiertage nehmen will.

Helmut Junge
12 Jahre zuvor

Gerd, ich habe schon immer gesagt, dass Ironie in Deutschland kaum verstanden wird. Wir sind einfach zu ernst.
„die satire ist die waffe des volkes“ hat Dario Fo gesagt. Aber hat der hier gelebt?

Aber jetzt sind es doch schon mal 50% Erfolg.
Ich habe es als Joke verstanden, @Tortist nicht.

Tortist
Tortist
12 Jahre zuvor

@Gerd Herholz
Da Sie sich auf Ströbele beziehen, der meint das Ernst mit dem islamischen Feiertag, und es in weiten Teilen der Politik ein Apeasement gegenüber Religion gibt, ist das mit der Ironie sonne Sache. Aber schön das Sie es mir erklärt haben 🙂

Urmelinchen
Urmelinchen
12 Jahre zuvor

# 8 Nur zur Ergänzung in puncto Gehälter:

So ein Intendant wie Cläuschen Peymann tut es auch nicht für unter 220.000 € Jahresgehalt. Steven Sloane von den BoSy liegt so bei round about 180.000 €, wobei das nicht sein einziges GMD-Jöbchen ist. Diese Posten bleiben stets unangetastet, dafür kann man dann lieber zwei Produktionleiterstellen, getarnt als Praktikantenstellen, ausschreiben. Verdienst für 6 Wochen Vollzeitarbeit: 600,- €. So gerade geschehen beim altstadtherbst festival in D’dorf, das über ein Budget von 1,2 Mio verfügt.

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

@ Gerd Herholz #6 + #8

Es gibt noch einen andere Effekt der Abwicklung vor allem der Breitenkultur: Die Chancen der „Kinder aus gutem Haus“ auf dem Arbeits- und Aufstiegsmarkt wachsen, jenseits ihrer geistigen Fähigkeiten, über die Maßen weiter, denn ihnen wird weiterhin elterlicherseits genügend Kultur geboten. Die Hochkultur bleibt ihnen obendrein erhalten, denn sie sind es, die deren kommende Preissteigerungen locker bezahlen können.

Was im Bildungssektor schon länger praktiziert wird, geht nun auch konsequent in der Kultur jenseits und ergänzenden zur Schule von statten. Auslese und Exklusion unabhängig von Intelligenz und Talent, allein entlang der Schichtenzugehörigkeit, hat in Deutschland eine lange Tradition und kommt nun in einer Form wieder, die einen in ihrem neuerlichen Ausmaß gruseln macht.

Helmut Junge
12 Jahre zuvor

@Arnold Voß,
“ Auslese und Exklusion unabhängig von Intelligenz und Talent, allein entlang der Schichtenzugehörigkeit, hat in Deutschland eine lange Tradition und kommt nun in einer Form wieder, die einen in ihrem neuerlichen Ausmaß gruseln macht.“

Ja, sehe ich genau so, und das habe ich vor 30 Jahren überhaupt nicht für möglich gehalten, dass wir jemals wieder so eine Entwicklung haben könnten.

helmut Junge
helmut Junge
12 Jahre zuvor

Gerd, die Zeiten spitzen sich zu.
Was hälst Du davon, wenn wir uns mal wieder treffen würden?
Wenn Arnold will, gerne auch zu dritt?

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

Ja, gerne, bin dabei.

Mir
Mir
12 Jahre zuvor

„Arbeitszeugnis Narziss“ Haben sie sich selbst gekündigt, Herr Herholz?

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
12 Jahre zuvor

Es ist m. E. nur eine Frage der Zeit, bis es einen muslimischen Feiertag als gesetzlichen Feiertag geben wird.
Mit diesem Umstand habe keinerlei Probleme, warum auch? Die Moschee in unserem Vorort z. B. ist nicht nur religiöses, sondern auch sonst kulturelles Zentrum für Muslime mit regionaler Ausstrahlung. Diesem Gemeinschaftsprojekt Freiräume jenseits einer allein ökonomischen Logik zu verschaffen, fällt mir leicht zu billigen.

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

@ Wolfram Obermanns # 20

Apropos Freiräume: Ich hoffe mal, dass an diesem Feiertag nicht gleich wieder ein paar Verbotsregeln für Nichtgläubige mit enthalten sind.

https://www.ruhrbarone.de/liebe-christen-oder-die-karfreitagsansprache-eines-unglaubigen/

Ach ja, wie wäre es mal mit einem Feiertag für Menschen, die nicht an welchen Gott auch immer glauben, Wolfram Obermanns? Diese Menschengruppe ist in Deutschland nämlich um ein Vielfaches größer als z.B. die der Muslime.

Olaf Mertens
Olaf Mertens
12 Jahre zuvor

Ich fand die Idee mit dem Feiertag eigentlich von Anfang an gut. Es wäre eine Geste gewesen. Deutsche Muslime (vielleicht nicht alle, aber offenbar viele) fühlen sich nicht hinreichend akzeptiert. Ein muslimischer Feiertag hätte dafür gesorgt, dass sie im offiziellen Kalender auftauchen. Da ein zusätzlicher Feiertag vermutlich die Herren Hundt und Kannegießer in den bewaffneten Widerstand treiben würde, hätten sich ja die beiden großen christlichen Konfessionen bereiterklären können, z.B. Allerheiligen und Buß- und Bettag aus dem offiziellen Feiertagskalender zu streichen, da die beiden Tage sowieso nicht bundeseinheitlich begangen werden. Stattdessen würde dann das Zuckerfest (oder was weiß ich) als freier Tag in den Kalender integriert. Das wäre doch mal eine echt christliche Geste gewesen – wir geben aus lauter Freundschaft etwas ab. Darüberhinaus bekommt man vielleicht auf diesem Wege (über gesellschaftlice Gesten) ein paar Füße in die Türen von Gruppen mit denen man eventuell schon länger mal über zB. Gleichberechtigung der Geschlechter oder auch Trennung von Kirche/Moschee und Staat reden wollte. Und das dann vielleicht sogar ohne Kopftuchverbotshysterie.

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

@ Olaf Mertens

Nur als kleiner Hinweis : Das Zuckerfest dauert 3! Tage.

Olaf Mertens
Olaf Mertens
12 Jahre zuvor

@ Arnold Voss

Das kann ja sein – einigt man sich halt drauf, dass einer auch offiziell begangen wird. Oder man nimmt halt einen anderen. Es geht mir nicht um ein bestimmtes Fest und seinen Inhalt. Ich finde nur, dass in dem Ströbele-Vorschlag eine echte Chance drinsteckt.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
12 Jahre zuvor

@ #22 Arnold Voss
Gegen einen Atheistentag hätte ich nichts, das Problem dabei scheint mir eher, das Atheisten selbst nicht wissen, was sie da eigentlich feiern sollen.

Aber weder kann man es Muslimen vorwerfen, besser organisiert zu sein als Atheisten in Deutschland sind,
noch hindert irgendetwas Atheisten daran, sich die für sie sinnbefreiten christlichen Feiertage selbst anzueignen.
Diese Versäumnisse seit 1873 muß die (bisher nicht existierende) Community der Atheisten schon mit sich selbst abmachen.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
12 Jahre zuvor

Es gehört zu einer liberalen Gesellschaft, daß auch von der eigenen Auffassung abweichende Meinungen öffentlich und höhrbar geäußert werden.
Ein selbst denkender, die Menschenwürde achtender, nicht die fragwürdigen Sampels einer Community nachbetender, aufgeklärter Mensch sollte damit keine Probleme haben.
Ihre Haltung scheint mir, von ihrem verständlichem Wunsch nach einem laizistischeren Staat mal abgesehen, dazu in einem gewissen Widerspruch zu stehen.

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