Engagierter Mensch oder PR-Experte? Herbert Grönemeyer beim Danke-Konzert in München

Herbert Grönemeyer - der Star auf dem Konzert in München
Herbert Grönemeyer – der Star auf dem Konzert in München

Da standen sie wieder: Die üblichen Verdächtigen und winkten beim Abschlussbild medienwirksam ins Publikum: Herbert Grönemeyer und Wolfgang Niedecken. Das Bild flimmerte über alle TV-Sender.

Von Live Aid über den G8-Gipfel bis zum Danke-Konzert Sonntag (11.10.15) in München – Herbert Grönemeyer darf nicht fehlen. Ein engagierter Mensch eben, mögen ihm wohlwollend gesonnene Fans sagen. Doch der Grad zwischen Engagement und PR ist schmal. Gerade bei Konzerten wie in München.

Live Aid, die Mutter aller Pop-PR-Events, ließ sich sicherlich noch damit rechtfertigen, dass gleichzeitig Geld für den guten Zweck gesammelt wurde. Eine Win-Win-Situation: Die beteiligten Musiker bekamen weltweit Aufmerksamkeit, halfen damit aber Hungernden in Afrika.

Aber ein Danke-Konzert in München mit einem Grönemeyer, der sich schon wegen seines Wohnsitzes in London, in Deutschland eher rar macht? Wollten Musiker da Solidarität mit Flüchtlingshelfern bekunden? Das hätten sie auch tun können, indem sie heimlich mit ihrer Gitarre bei einer X-beliebigen Flüchtlingsinitiative vorbei gefahren wären und einfach mal aus Dank ein paar Liedchen geträllert hätten.

Konzerte wie in München stehen dagegen – gerade im Fall Grönemeyers – stark im Verdacht mehr den Musikern selber als engagierten Münchenern zu helfen. Deutschlandweite Live-Übertragung im Fernsehen, dazu Medienberichterstattung in den Nachrichten aller Sender. Die PR-Abteilungen in den Plattenfirmen jubeln. So viel Aufmerksamkeit ist nicht zu schaffen, indem Künstler von Radiostation zu Radiostation tingeln.

Grönemeyer dreht dabei das ganz große Rad. Erst Gast bei der wichtigtsten deutschen Talkshow, bei Günther Jauch, eine Woche später live im Fernsehen mit einem Promo-Flüchtlingskonzert. Und das im Oktober, der Vorweihnachtszeit, in der die ersten bereits in den Fußgängerzonen nach Geschenken suchen.

Grönemeyer muss nämlich etwas verkaufen. Eine neue DVD mit einem Livekonzert, die noch im Oktober erscheint. Ende September hat sein Management eine entsprechende Presseinformation verbreiten lassen. Darin wird auch nochmal auf die 2016er-Konzerte von Grönemeyer in vielen deutschen Städten aufmerksam gemacht. Konzertkarten gehören schließlich zu den beliebtesten Weihnachtsgeschenken. Da kommt die Präsenz auf Bühnen wie in München, in denen der Star nocheinmal sein Live-Qualitäten zeigen kann, genau richtig.

Nun mag der ein oder andere sagen: Das hat Grönemeyer doch gar nicht nötig. Doch hat er! Von Verkaufszahlen wie bei Mensch 2002 ist er heute meilenweit entfernt. Gingen damals 3,5 Millionen über den Ladentisch, waren es von den letzten beiden Alben nur etwas mehr als 300.000 bzw. 400.000. Und Karten für seine Konzerte mögen in Bochum Selbstläufer sein, in Städten außerhalb des Ruhrgebiets sind sie es lange nicht mehr.

Da war der Auftritt von Axel Bosse am Sonntag in München übrigens wesentlich sympathischer. Der Wahl-Hamburger bemühte sich erst gar nicht um salbungsvolle Worte zum Thema Flüchtlinge, spielte seine Songs runter und freute sich vermutlich, dass ihn endlich eine breite Öffentlichkeit kennenlernen durfte.

 

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JR
JR
8 Jahre zuvor

Grönemeyer hat eine enorme Reichweite, wenn es um Einfluss auf Meinungen geht. Die setzt er an dieser Stelle für eine gute Sache ein, warum soll er also keinen Nutzen daraus ziehen?
(Mir ist ein Auftritt allemal lieber, als wenn Künstler in irgendwelchen Talkshows sitzen und ihre oft recht schlichten Meinungen herausposaunen. Gerade Niedecken löst binnen Sekunden nackte Pein aus, wenn er redet, statt zu singen. Okay, wenn er singt, auch, aber anders…)

Bernd
Bernd
8 Jahre zuvor

Danke, dass endlich mal jemand diese schlecht getarnten PR-Veranstaltungen enttarnt, bei denen diejenigen, zu deren Wohl es angeblich sein soll, in der Regel nur benutzt werden, um den passenden Event und kostenlose Sendezeiten zu bekommen.

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
8 Jahre zuvor

Zu wichtigen Themen sollte jeder Bürger eine Meinung haben und diese kundtun. Prominente haben halt eine größere Schar an Adressaten, die ihnen zuhört.

Dass sie in Talkshows eingeladen wird, ist die Schuld der Talkshows. Wäre nicht meine erste Wahl, wenn man nur 5 Gäste oder so einladen kann… allerdings gibt es ja eh keine sehenswürdigen Talkshows. Die laden ihre Gäste ständig mit dem Gedanken der größten Effekthascherei, der größten Erweckung von Emotionen oder der größten Prominenz ein…

Alreech
Alreech
8 Jahre zuvor

Lauter Gute Leute (Songtitel von Schwoißfuß)…
Immerhin fordert er nicht das Deutschland mehr Steuergelder in die Entwicklungshilfe steckt, während seine Tantiemen wegen der Steuer in den Niederlanden abgewickelt werden.
Das war nämlich der Fall bei einem anderen guten Menschen mit guter Stimme (Bono Vox)

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

Wer Talkshows schaut ist selber schuld.

JR
JR
8 Jahre zuvor

@Michael Westerhoff, Gegenfrage: Welche Qualifikation braucht man denn, um seine Meinung vor Publikum zu sagen?

Thorsten Stumm
8 Jahre zuvor

@Alreech
Naja…bei Jauch forderte Grönemeyer eine Steuererhöhung für Reiche…als jemand der selbst steueroptimiert in London lebt…..aber so sans die Betroffenheitspromis…

Mimi Müller
8 Jahre zuvor

#8
Gröhnemeyers Facebook:
"Richtigstellung
Herbert Grönemeyer widerspricht Presseberichten nach einem Auftritt in der Günther Jauch Talkshow am 04.10.2015
Allen Unkenrufen zum Trotz:
Der Musiker Herbert Grönemeyer versteuert seine Einnahmen ordentlich, rechtmäßig, rechtzeitig und sozialverträglich seit Ewigkeiten schon in Deutschland, beim Finanzamt Berlin.“

Und Steuergerechtigkeit fordert er nicht erst seit gestern:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/reichen-abgabe-groenemeyer-und-mueller-westernhagen-wollen-mehr-steuern-zahlen-a-701682.html

Sonst noch was, Herr Stumm ?

Mimi Müller
8 Jahre zuvor

#2

Was qualifiziert denn Sie dazu, Herrn Gröhnemeyer "abzuqualifizieren" ?
Und, um auf Niedeggen zu kommen:
Darf ich denn "Aasch huuh, Zäng …" noch mitsingen?

Und wenn Sie mir bei der Gelegenheit vielleicht einmal die Liste hereinreichen würden, auf der zweifelsfrei steht, wer sich wann und wo, mit welchen Worten, zu welchem Thema überhaupt noch äußern darf…
Wenn es die aber nicht geben sollte, dann halten Sie doch hilfsweise bitte an den genehmen Stellen Schilder hoch, wann applaudiert und wann "Buh" gerufen werden soll…

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@Mimi Müller: Ich rufe immer laut "Buh!" an den Stellen, wo Eventtiger ala Gröhlemeyer, Bono; Niedeggen oder der unsägliche Bob Geldof auf den "Live Aid"-Kopien dieser Tage "Wir werden immer mehr" oder "Es entsteht ein völlig neues Wir-Gefühl in (XY; bitte Land oder "Welt" einsetzen)" oder "5 Euro vom Kaufpreis meiner neuen DVD gehen an…" rufen.

Robin Patzwaldt
Editor
8 Jahre zuvor

@Klaus: Wobei Bob Geldof, zumindest meines Wissens nach, auch sein privates Vermögen ziemlich komplett gespendet hatte damals. Das ist dann schon noch mal etwas anderes…

JR
JR
8 Jahre zuvor

So sehr ich die genannten Musiker künstlerisch verabscheue, frage ich mich dennoch, ob zur Teilnahme an einer Benefizveranstaltung zwingend irgendeine Demuts- bzw. Büßergeste gehören muss, die den Imagegewinn durch die Teilnahme kompensiert. Ich finde, nein.
Natürlich würde ich lieber in einer Welt leben, in der Musik nur von blitzgescheiten und supercoolen Künstlern gemacht wird, die kostenlos und allein durch ihren Esprit die Millionen zu tadellosem Verhalten motivieren, allein, so wird es nie sein. Und dann ist mir ein Hirni wie Campino oder Niedecken, der einen Pegidisten bekehrt und dafür Ruhm oder potzblitz, sogar Geld kassiert, allemal recht. Man muss ja nicht hinhören.

Robin Patzwaldt
Editor
8 Jahre zuvor

@Michael: Geldof war ja zu 'Boomtown Rats'-Zeiten, also vor über 30 Jahren, einige Jahre lang recht erfolgreich. Wie 'reich' er dadurch konkret wurde weiss ich nicht, aber nach dem ersten Live Aid-Spektakel in den 80er-Jahren war er sein Geld weitestgehend los, soweit ich weiß. Seither hatte er zwar noch ein paar Platten, aber reich ist er wohl dadurch auch nicht mehr geworden. Ich habe mich früher mal, in den 1990er-Jahren, mit ihm etwas näherbeschäftigt, war auch auf 2-3 Konzerten von ihm. Soweit ich das verfolgt habe, ging es ihm damals aber schon konkret um Hilfe, und er hat auch durch eigene Beiträge in nicht unerheblichem Umfang mitgeholfen die Not in Afrika zu lindern. Ob das nun sinnvoll war oder nicht lasse ich mal dahingestellt. Mir ist aber zumindest nicht bekannt, dass er sein eigenes Vermögen dadurch vermehrt hätte. Eher im Gegenteil, Live Aid hätte ihn persönlich damals sogar finanziell fast ruiniert, wie ich meine damals erfahren zu haben. Also ihm würde ich wirklich zumindest keine unlauteren Motive unterstellen wollen.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@Michael, Robin: Ich hatte das mit dem "Wir schaffen das!" noch irgendwo in einer ganz dunklen Hirnecke unterm Aktenordner "Bob Geldof" rumliegen und siehe da, tadaa: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/bob-geldof-als-bild-chef-auf-nach-scheinheiligendamm-a-486075.html

Mister Scheinheiligenschein zu Scheinheiligendamm und als Eintags-BLÖD-Chef mit einer Kommentar-Überschrift: "Deutschland kann es schaffen!"

Das ist dumpfestes Charity-Comic-Getue ala Bettina Wulff oder Ute Ohoven…

Robin Patzwaldt
Editor
8 Jahre zuvor

@Klaus: Ich habe mal ein Interview mit Geldof gesehen, wo er selber direkt bestätigte, dass er am Anfang quasi naiv gewesen sei, was die Möglichkeiten zu helfen betrifft. Der Artikel hier ist nun nicht ganz so alt. Auch das wirkt so beschrieben 'unglücklich'. Aber was ist die Alternative? Gar nicht erst zu helfen versuchen? Ich kann jedenfalls nichts schlechtes daran erkennen, wenn Geldof unter Einsatz eigenen Geldes in Afrika zu helfen versucht. Das mag naiv sein, auch völlig unzureichend. Aber 'schlecht' finde ich Geldofs Aktivitäten deshalb trotzdem nicht. Zumal er eben, wie erwähnt, selber finanziell auch erheblich etwas mit beigesteuert hat. Was soll daran schlecht sein? Da habe ich schon von ganz anderen 'Scheinheiligen' gehört und gelesen, die auch im Artikel vom Spiegel beschrieben werden, die nur reden, aber selber nichts beisteuern.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@Robin: Geldof ist alles andere als arm:
http://www.welt.de/finanzen/article13638454/Heuschrecke-Geldof-schluckt-afrikanische-Firmen.html

Die Vermarktung seiner Person stand und steht bei ihm im Mittelpunkt des Handelns, sorry. Da ist er ganz Musiker und "Rampensau" geblieben.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Nur als Ergänzung, Robin: Ich finde Spenden-Initiativen richtig und in Maßen sinnvoll, wenn sie nicht zum Selbstzweck werden. Und bei Leuten wie Geldof sehe ich mittlerweile eher einen Selbstzweck, einen Automatismus, der einfach hohl vor sich hin rattert und – wie von Michael ja über Herbys "Danke-Konzert" treffend berichtet – mit Worthülsen einhergeht.

Ich hatte in den "goldenen" Achtzigern zumindest im deutschen Markt etwas Einblick in die Musikszene und was sich da alles zu XYZ-Aids versammelt hatte, konnte noch nicht mal fehlerfrei Kopfrechnen oder Kanzlernamen aufsagen, geschweige denn über den eigentlichen Sinn ihrer Charity-Aktionen irgendetwas Sinnvolles erzählen.

Robin Patzwaldt
Editor
8 Jahre zuvor

@Klaus: Der Artikel ist schon spannend. Wenn Du die Diskussion mit den über 40 Kommentaren darunter mal anschaust, dann sieht man, dass auch da die Leser-Meinungen mit dem von Dir angeführten Artikel teilweise sehr hart ins Gericht gehen. Grundsätzlich finde ich den Gedanken für Investitionen zu werben statt um Spenden für Afrika zu bitten auch nicht verwerflich. Das das dann bei Promis entsprechend honoriert wird, ist auch noch nichts Schlimmes. Der Mann muss ja auch von irgendwas leben. Mit seiner Musik verdient er aktuell ja wohl nicht mehr viel. Ausser mir scheint sein letztes Album jedenfalls niemand mehr gekauft zu haben 😉 Kommt dann halt auf die Details an. Und über die kann man dann tarsächlich streiten. Aber wir kennen die Details nicht wirklich. Und auch der Artikel scheint mir nicht wirklich 'neutral' gehalten zu sein.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Robin, in den 80ern/90ern und teilweise auch noch bis heute war/ist Geldof für die Linken mind. ein Halbgott, eben *der* einzige Popstar im roten Universum des Anti-Kapitalismus. Da ist es wahrlich nicht verwunderlich, wenn solch ein Geldof-kritischer Welt-Artikel, der natürlich keinen "neutralen" Anspruch vorschiebt und der auch noch über "Heuschrecken"-Ambitionen berichtet, in den Shitstorm gerät.

Und ja, seine Musik war für mich von Anfang an schlimm, zumindest da hab ich ihn finanziell schon mal nicht supported;-))

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

Ohne Selbstvermarktung keine Prominenz, ohne Prominente keine Charity, also: Keine Charity ohne Selbstvermarktung.

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