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Linksparteijugend NRW: Mit Stalin in den Europawahlkampf?

stalinWie ist das Verhältnis des Linkspartei-Jugendverbandes Solid in NRW zum Stalinismus? Auf der Landesversammlung am Wochenende in Bochum konnten sich die Teilnehmer nicht auf ein Papier gegen den Stalinismus einigen – über das Verhältnis zum kommunistischen Massenmörder soll nun im Sommer erneut diskutiert werden.

Das im Westen die Zahl der Irren in der Linkspartei groß ist, ist  nichts Neues. Und das dies in NRW, das bekanntlich tief im Westen liegt, besonders eklatant zu Tage tritt auch nicht. Immer wieder tummeln sich  innerhalb der Linkspartei NRW und ihres Jugendverbandes Solid  Stalinisten und Antisemiten – ein Hakenkreuzflugblatt auf dem Server der Linkspartei in Duisburg sorgte bundesweit für Aufmerksamkeit. Von da an hatten die Mitglieder von Solid aus Köln gute Gründe, auf dem Landesversammlung des Jugendverbandes am Wochenende in Bochum im Bahnhof Langendreer eine öffentliche Distanzierung vom Stalinismus zu fordern:

Die LVV möge diese Position beschließen und den folgenden Text (ohne Begründung) auf der Website des Landesverbandes veröffentlichen:
Die Linksjugend [’solid] Nordrhein-Westfalen verurteilt den Stalinismus, sowie jeglichen positiven Bezug auf Stalin. Stattdessen steht sie für Menschenrechte und Demokratie und verteidigt die informationelle Selbstbestimmung. Sie fordert den transparenten Staat statt transparenter Menschen.

Der nachfolgende Text, der im Anschluss an diesen Artikel dokumentiert ist, findet sich heute nicht auf der Internetseite des Verbandes. Die Teilnehmer der Landesversammlung konnten sich nicht auf eine Distanzierung von Stalin einigen. Der hatte in verschiedenen Säuberungswellen Millionen Menschen  töten lassen, schloss mit Hitler einen Nichtangriffspakt und war einer der grausamsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts. Ein Antisemit und ein Meister des Terrors.

Doch der Linksparteijugend reichte das alles nicht aus, um die Konsequenzen zu ziehen. Erst im Sommer soll über das Verhältnis zum Stalinismus diskutiert werden. Auch die Frage, was Stalinismus überhaupt ist, soll dann von dem Parteinachwuchs geklärt werden. Dabei ist die Antwort ganz einfach: Eine blutige Diktatur – im Antrag der Kölner steht das alles drin:

Dokumentation:

Positionierungsantrag zu Stalinismus
Antragssteller*innen: BG Köln und andere…

Antragstext:

Die LVV möge diese Position beschließen und den folgenden Text (ohne Begründung) auf der Website des Landesverbandes veröffentlichen:
Die Linksjugend [’solid] Nordrhein-Westfalen verurteilt den Stalinismus, sowie jeglichen positiven Bezug auf Stalin. Stattdessen steht sie für Menschenrechte und Demokratie und verteidigt die informationelle Selbstbestimmung. Sie fordert den transparenten Staat statt transparenter Menschen.

Der Stalinismus impliziert eine Form der Herrschaft, die die Ideen von Marx und Engels vollkommen ad absurdum führt und Menschenrechtsverletzungen und Einschränkung demokratischer Grundsätze beinhaltet, um sich gegen vermeintliche Gegner*innen durchzusetzen.

Der positive Bezug auf Stalin bedeutet einen positiven Bezug auf seine Herrschaftsweisen.

Zu den Gegner*innen stalinistischer Regime zählten und zählen, zusätzlich zum proklamierten „Klassenfeind“, Komunist*innen, Antifaschist*innen und Anarchist*innen. Minder-heiten wie Homosexuelle oder Religiöse, die vom Regime propagierten Idealbild abweichen und wichen, sahen und sehen sich Ausgrenzung und Verfolgung ausgesetzt. Erwerbslose und nicht Erwerbsfähige, die nicht der „Pflicht zur Arbeit“ nachkommen oder nachkommenkönnen, werden in nahezu allen (neo-)stalinistischen Gesellschaften als „nutzlos“ oder gar „schädlich“ für das System klassifiziert.

Demnach wurden und werden die Menschen und ihre Rechte, für die wir uns als Linksjugend [‘solid] entschlossen einsetzen, verfolgt und missachtet. Auch unser Jugendverband hätte in einem solchen System keinerlei Daseinsberechtigung und wäre selbst massiver Repression ausgesetzt. Als sozialistischer Jugendverband gebührt es uns, eine besondere Verantwortung dafür zu übernehmen, dass Unrecht im Namen des Sozialismus heute und künftig keine Chance und keine Verankerung innerhalb der Bewegung bekommt.Parteien, Jugendverbände und außerparlamentarische Gruppen, die sich positiv zum Stalinismus bekennen, können für einen linken Jugendverband, der ernsthaft für eine antikapitalistische, friedliche, freiheitliche, glaubwürdige und menschliche Alternative streitet, keine Bündnispartner* innen sein. Das gilt auch für die Organisation von Veranstaltungen, die solchen Einzelpersonen eine unkritische Plattform bieten. Auch Strömungen innerhalb des Jugendverbandes Linksjugend [‘solid], die mit dem Stalinismus sympathisieren, gilt es zu verhindern.

“Meiner Meinung nach hat nichts so sehr zur Perversion der örginären Idee vom Sozialismus beigesteuert wie der Glaube, dass Russland ein sozialistisches Land sei und das jede Handlung seiner Herrscher entschuldigt oder sogar nachgeahmt werden muss. Ich bin überzeugt, dass die Dekonstruktion des sowjetischen Mythos essentiell ist für die Wiederbelebung der sozialistischen Bewegung.” – George Orwell

Begründung:
„Millionenfach wurde in der Internationalen folgende Textpassage besungen: „Die Internationale erkämpft das Menschenrecht“. In dieser Tradition stehen wir, und wir richten unsere Politik auch konsequent auf die Einhaltung der Menschenrechte hin aus. Es ist unser ständiges Ziel, auf die Einhaltung von Menschenrechten hinzuarbeiten und gegen ihre Aushöhlung zu kämpfen.

Menschenrechte sind für uns universell und unteilbar, und wir streben stets soziale Teilhaberechte, politische Teilnahmerechte und Abwehrrechte an. Politischer Fortschritt ist für uns unmittelbar mit der Gewährleistung von Menschenrechten verbunden.

Eine oft in sozialistischen Denktraditionen vorfindbare Hierarchisierung von Menschenrechten lehnen wir ab, denn wir wollen, dass für jeden Menschen jedes Recht verwirklichtwird. […] Und wir werden jede Regierung kritisieren, unabhängig davon wie sie sich selbst bezeichnet, wenn sie die Menschenrechte mit Füßen tritt“ („4.11. Menschenrechte“:

Programm der Linksjugend [‘solid]).
„Wir sind Teil eines politischen Blocks der Linken – einer Bewegung für Demokratie und Sozialismus. Als Jugendverband vertreten wir die Interessen junger Menschen, die diese Ideen sympathisch finden. Unser Jugendverband bildet hierfür einen eigenständigen Raum des Austauschs, der Aktion, der Debatte, des Streits und des Lebensgefühls. Gemeinsam kämpfen wir gegen Kapitalismus, gegen Patriarchat, Rassismus, Faschismus und Antisemitismus und für einen Ausbau demokratischer und sozialer Rechte“ („1. Wer wir sind“: Programm der Linksjugend [‘solid]). Wir können unseren Zielen und unserem im Programm beschlossenen Konsens nicht treu bleiben,  wenn wir Regime tolerieren, rechtfertigen oder gutheißen, die menschenverachtende Methoden anwenden.

Auch der Bundesverband distanzierte sich in den FAQ zur Kampagne „ich bin linksextrem“ noch einmal von Stalin, Mao und RAF sowie deren Methoden, die ihrer Meinung nicht „links“ seien. Unsere Positionierung hinsichtlich dessen sollte jedoch nicht nur von oben her gegeben sein, sondern, wie in unserem Verband üblich und gewünscht, auf jeder Ebene bis hin zu den Basisgruppen demokratisch beschlossen werden.

Es sollte klar sein, dass wir uns gegen Autoritarismus, Diskriminierung, Militarismus, Staatsdoktrin, Überwachungs- und Repressionsapparat sowie die Verfolgung und Vernichtung von Minderheiten stellen – und uns in konsequenter Weise vom Stalinismus als System, welches unter anderem durch all das charakterisiert wird, distanzieren.“

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der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

Der Begriff Menschenrechte, der im Text immer wieder genannt wird, hat spätestens seit der Podiumsdiskussion von Oktober letzten Jahres in Duisburg, wo die solid-Truppe ihre Sympathien für Abdullah Abdullah, einem Vertreter von Assads alleinherrschenden Arabisch-Sozialistischen Einheitspartei Syriens bekundete, einen recht eigenwillige Bedeutung bekommen.

Solange der Verfassungsschutz die Jungs und Mädels dieser Jugendorganisation unter die Rubrik „linksextremistische Bestrebungen und Verdachtsfälle“ einordnet und beobachtet, können sie von mir aus so viel über Stalinismus diskutieren wie sie wollen.

Walter Stach
Walter Stach
10 Jahre zuvor

Inhalt und Zielsetzung des sog.Positionierungantrages zum Stalinismus verdienen der prinzipiellen Zustimmung, verdienen eine ausdrückliche öffentliche Erwähnung, wie hier bei den Ruhrbaronen, und sollten zu einer Diskussion beitragen, weil nach meiner Wahrnehmung der Stalinismus im Bewußtstein der großen Mehrheit der Menschen -in Deutschland,in Europa,weltweit- nicht mehr existent ist.

Insofern könnte die jetzt von der Linksparteijugend beschlossene umfassende, grundlegende Diskussion über den Stalinismus ein durchaus wünschenswerter Beitrag sein, sich mit ihm und seiner konsequenten Umsetzung in der UDSSR, aber z.B. auch in der DDR, jedenfalls in ihrer Anfangszeit,kritisch auseinanderzusetzen, nicht zuletzt mit mit der Frage nach dem Warum und damit mit dem Warum der vorsätzlichen Tötung von Menschen durch den Staatsapparat, von Menschen, die sich dem jeweiligen stalinistischen Regime nicht gefügt , die sich ihm widersetzt haben oder die “ ganz einfach“ z.B. in goßen Teilen der Landbevölkerung in Teilen der UDSSR, nicht in das zentralisitisch-planwirtschaftliche Konzept des Regimes paßten.

-In die Diskussion einzubeziehen wäre auch die nach meiner Wahrnehmung neuerdings wachsende Verehrung und Huldigung von Stalin in der russichen Bevölkerung – und duch staatliche Insititutionen in Rußland!!-, die allerdings vornehmlich dem “ Befreier von und dem Sieger über Nazi-Deutschland“ geschuldet zu sein scheinen-.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

Wenn man DER HUND VON MÜHLHAUSEN eingibt, erscheint schnell POLITISCHE STRAFJUSTIZ IN DER AERA ULBRICHT, VOM BEKENNENDEN TERROR….., eine Groteske aus der stalinistischen DDR. Allerdings ging sie für einige in der Justiz tätige Menschen übel aus.
„Da es zur perfiden Taktik des Klassenfeindes gehört, fremde Tiere zur Täuschung und Ablenkung der Wachsamkeit klassentreuer Hunde einzusetzen, schritt Genosse R. sofort zur Liquidierung des Feindes“, so das oberste Gericht der DDR.
zitiert in: ULBRICHT ALS MÖRDER UND HENKER, S.170, ein lesenswertes Büchlein zur Praxis stalinistischer „Gerechtigkeit“ in der von der SED kommandierten DDR-Justiz.
Es müssen nicht immer nur die großen Sauereien wie Massenmord und Deportationen unzähliger Menschen sein, die das stalinistische System entlarven. Es sind auch die alltäglichen Repressalien, die den Stalinismus als dem Nazismus ebenbürtig zeigen.

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

Eine Partei die „immer Recht hat“ ist im klassischen Sinne keine politische sondern eine religiöse Organisation. Alle Einparteiensysteme entwickeln dabei erstaunliche Parallelen zum Monotheismus. Nach innen gibt es eine quasigöttliche Führung mit starker Neigung zur Inquisition gegenüber jede Art der Abweichung. Nach außen geht es, notfalls mit größter Brutalität, gegen alle Feinde der erleuchteten Gemeinschaft.

Nicht verwunderlich, dass in der Sowjetunion auch und gerade die russisch-orthodoxe Kirche als ein der Hauptfeinde der Kommunisten galt und behandelt wurde. Das Hauptopfer des Stalinismus war aber, wie unter allen autokratischen Herrschern davor, das russische Volk.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

Und so wie die Scheiterhaufen der Inquisition brannten, so stellte Ulbricht auf der Babelsberger Konferenz 58 klar, dass sich die Rechtswissenschaft in der DDR ausschließlich nach den Grundsätzen der Partei zu richten habe. Wobei die Linie der Partei IMMER RICHTIG war, leider aber manchmal fehlerhaft ausgelegt wurde.
Die o.e. Konferenz war ein Schulbeispiel für die im Stalinismus geübte Kritik und Selbstkritik, in der sich die Teilnehmer- hier führende Juristen- entwürdigenden Ritualen der Selbstbeschimpfung und der Beschimpfung anderer unterwerfen mussten.
Ein Richter drückte es so aus: „Entscheide ich politisch richtig, ist es juristisch falsch. Entscheide ich juristisch richtig, ist es politisch falsch.“
Urteile in politischen Prozessen wurden von einer Parteikommission vorher festgelegt, Ulbricht selbst verlangte und bekam jedes gewünschte Urteil, auch Todesurteile.

Andreas Lichte
10 Jahre zuvor

@ #5 | OWL-Baron

haben Sie Probleme mit Ihrem Namen? Was soll die dämliche Nicht-Verknüpfung?

der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

@Arnold

„Eine Partei die “immer Recht hat” ist im klassischen Sinne keine politische sondern eine religiöse Organisation.“

Wir hatten dieses Thema vor einem Jahr schon einmal mit der Papstwahl angeschnitten. Es ging um die Schaffung des Neuen Menschen und der Rolle Stalins als Schöpferfigur. Der religiöse Anspruch der KPdSU unter Stalin hat seinerzeit auch die städtebauliche Ausrichtung Moskaus bestimmt, Stichwort Christ-Erlöser-Kirche. Sie war das religiöse Zentrum und der bedeutendste Sakralbau der russisch-orthodoxen Kirche im Zentrum der Hauptstadt. Im Dezember 1931 wurde sie auf Anordnung Stalins gesprengt, weil er an ihrer Stelle den Palast der Sowjets errichten lassen wollte, der 4x höher als die 100 Meter hohe Kathedrale sein und mit einer 75 Meter hohen Leninstatur gekrönt werden sollte. Errichtet wurden nur die Fundamente des Palastes, weil der Krieg in den 1940er Jahren eine Finanzierung unmöglich machte. Nach dem Tod Stalins 1953 wurden die Pläne gleich mit begraben.

Wie Stalins Palast aussehen sollte kann man sich hier anschauen:
comment image

https://www.ruhrbarone.de/echter-teufelskerl-76-jaehriger-casting-gewinner-warnt-vor-weltlichkeit-des-daemons/56289/comment-page-2#comment-432586

discipulussenecae
discipulussenecae
10 Jahre zuvor

„Auch die Frage, was Stalinismus überhaupt ist, soll dann von dem Parteinachwuchs geklärt werden.“

Ich könnte jetzt wieder in das allgemeine Gejammer über den schlechten Geschichtsunterricht und die zu vielen Ausfälle desselben einstimmen, erspare mir das aber. Stattdessen möge der Hinweis genügen, daß die NRW-Lehrpläne offensichtlich nicht nur Lücken am rechten Rand haben …

Georg Domkamp
Georg Domkamp
10 Jahre zuvor

„Das im Westen die Zahl der Irren in der Linkspartei groß ist, ist nichts Neues.“

Treffend formuliert und jedes weitere Wort schon fast überflüssig 😉 ..

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

@ Arnold Voss #5 | Sagen Sie mir doch, was an dem folgenden Zitat nicht stimmt, es stammt von Ihnen: „Alle Einparteiensysteme entwickeln dabei erstaunliche Parallelen zum Judentum. Nach innen gibt es eine quasigöttliche Führung mit starker Neigung zur Inquisition gegenüber jede Art der Abweichung. Nach außen geht es, notfalls mit größter Brutalität, gegen alle Feinde der erleuchteten Gemeinschaft.“

Liest sich wie Antisemitismus der dümmsten Art. Ich weiß ja von Ihnen, dass Sie partout nicht so denken, warum haben Sie es dann geschrieben?

Kritischer Kritiker
Kritischer Kritiker
10 Jahre zuvor

Die haben ja sogar eine offene Stalinistin aus Duisburg in den LandessprecherInnenrat gewählt.

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=485810484818298&set=a.103739579692059.6312.100001680524118&type=1&theater

trackback

[…] Linksparteijugend NRW: Mit Stalin in den Europawahlkampf? (Ruhrbarone) – […]

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ Thomas Wessel # 10

Sie verwechseln Kritik am Judentum als Religion mit Antisemitismus. Die jüdische Religion ist, im Gegensatz zum Christentum und zum muslimischen Glauben nicht missionarisch, also nach außen weit weniger aggressiv, was ich als Ungläubiger sehr angenehmen finde.

Orthodoxe Juden unterscheiden sich allerdings in der Radikalität ihrer Ansichten ansonsten kaum von fundamentalistischen Christen und Muslimen. Fragen sie einfach mal ein paar liberalen Juden in Israel was sie vom Tugend- und Werteterror ihrer radikalen Glaubensgenossen halten.

Die Unversöhnlichkeit im Konflikt zwischen Palestinensern und Israelis ist – neben anderen Ursachen – auf b e i d e n Seiten auch von der monotheistischen Glaubensaggressivität der Radikal-Orthodoxen bestimmt, was sie am Streit um die „heiligen“ Stätten in Jerusalem gut studieren können.

Speziell auf israelischer Seite sind es die von den Orthodoxen bestimmten Teile der Siedlerbewegung und ihr politische Vertreter die immer wieder jede Art von Friedenbemühungen sabotieren, weil sie Palästina aus religiösen Gründen ganz für sich beanspruchen.

Mir wurde hier schon mal Antisemitimus vorgeworfen als ich mich gegen die religiöse Beschneidung von Kindern gewandt habe. Nach dem Motto: wer gegen ein (fragwürdiges) jüdisches Glaubensritual ist, ist gegen die Juden (und natürlich auch gegen die Muslime). Wenn ich mich dann mal wieder vehement für Israel einsetze, werde ich auch schon mal als Agent des Mossad tituliert.

Mir ist das egal, Thomas Wessel, denn für mich stehen die Menschenrechte nun mal über der Religion. Dass gerade monotheistische Religionen dazu neigen, diese mit religiöser Begründung massiv zu verletzen, und das mit einer Brutalität zu der religiöse Fanatiker besonder befähigt zu sein scheinen, können sie gerade in Zentralafrika erleben.

Alles dort, und nicht nur dort, geschieht im Namen des einen Gottes, der keinen anderen neben sich duldet, lieber Thomas Wessel. Dabei ist der Monotheismus nicht der Ursprung des menschlichen Gaubens, sondern eine relativ neue Erfindung bestimmter Glaubensgruppen, und das mit weltweit äußerst blutigen Folgen.

Also lassen sie das mit dem „Antsemitimus der dümmsten Art“. Das ist nicht nur eine demagogische Unterstellung sondern es lenkt von der Tatsache ab, dass es gerade der organisierte und institutionalisierte Gottesglaube ist, der zur Zeit weltweit die Dummheit fördert.

Und unterstellen sie mir jetzt nicht, dass ich alle Gottesgläubigen für dumm halte. Ganz im Gegenteil. Ich habe mich zu dieser Thematik hier schon oft genug geäußert. Der Glaube kann hilfreich, tröstlich und erleuchtend sein. Er steht aber nicht jenseits der Kritik und er hat nicht das Recht, anderen etwas aufzuzwingen, weder nach innen noch nach außen.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

.“…..er hat nicht das Recht…..“, genau das ist der Punkt, den die Anhänger einer alleinseligmachenden Weltanschauung nicht einsehen wollen oder können.
Was den Konflikt im Nahen Osten angeht, so hätte der längst beendet sein können. Schon kurz nach dem junikrieg 67 bot Israel Land gg. Frieden an. Es folgte die totale Ablehnung durch die arab. Welt. (3 Nein von Khartum). Zu diesem Zeitpunkt spielten die Orthodoxen in Israel eher eine nachgeordnete Rolle. Diese wurden erst durch die Zuwanderung und die starre Haltung und die ständigen Terrorakte der Palästinenser seit der Sprengung dreier Jets auf Dawson Field September 70 zu einem leider nicht zu übergehenden innerisraelischen Machtfaktor.
Vor 67, als die Westbank jordanisch und Gaza ägyptisch war, gab es keinerlei ernstzunehmende Bestrebungen für einen Palästinenserstaat. Warum wohl?

himynameis
himynameis
10 Jahre zuvor

@arnold voss: Es ist immer wieder interessant, womit die Leute so um die Ecke kommen. Kritik an Israel darf man ja sowieso nicht mit Antisemitismus verwechseln, weiß ja jeder, sind ja auch wirklich schlimm, die Ju.. Israelis; Kritik am Judentum wiederum darf man ebenfalls nicht mit Antisemitismus verwechseln, sagen Sie. Was ist denn dann überhaupt noch Antisemitismus? Bleibt da noch etwas übrig?

Kritik am Judentum „als Religion“ war schon immer fester Bestandteil des Antisemitismus nämlich in der Form, dass das Judentum als rachsüchtige, unnachgiebige, verschworene religöse Vereinigung dargestellt wurde/wird und das Selbstverständnis der Juden spöttisch und falsch als Gemeinschaft der „Erleuchteten“ oder „Auserwählten“ dargestellt wurde. Das Judentum ist übrigens nicht so, wie Sie ja scheinbar doch irgendwie wissen.

Wenn jemand bei Diktaturen als erstes an das schlimme Judentum denkt, dann gibt das auch einen ganz guten Einblick in die Gedankenwelt dieser Person. Stalin (um den es hier ja irgendwie geht, gell?) hätte es kaum besser hingekriegt.

Tolleranz
Tolleranz
10 Jahre zuvor

@15 Gehen Sie doch bitte auch auf die folgenden Ausführungen von Herrn Voss ein. Außerdem, wer bei Diktaturen nicht auch an solche denkt, die klerikal legitimiert sind, macht sich hier wohl eher lächerlich.
Antisemitisch wird es dann, wenn das Bild „des“ Juden heraufbeschworen wird, dem dann bestimmte Eigenschaften, z.B. den unkritischen Umgang mit Tradition, rückwärtsgewandter Ideologie wie Religionen etc. zugesprochen werden.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

Ich möchte doch daran erinnert haben, dass Israel der einzig demokratische Staat dort weit und breit ist. Und die orthodoxen und rechten Parteien gewählt wurden, nicht ernannt. Dass viele der arab. Bürger Israels die Wahlen boykottieren, statt eigene bzw. die Parteien zu wählen, die eine deutlich andere Position als die o.e. Parteien einnehmen, ist ebenfalls Teil des Problems. Das interessiert hierzulande aber kaum wen.
#11 Was wollen Sie? Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Hat einer Humor wie Stalin, dann sieht man ihm schon mal gerne ein paar Millionen Tote und alle anderen Sauereien nach. Also überhaupt kein Grund mit dem Finger oder einem Link auf jemanden zu zeigen!

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ himynameis # 15

Wenn beim Judentum keine Religionskritik erlaubt ist, dann wird jeder Atheist zum Antisemiten erklärt. Ich bin auch so ein Atheist, aber wo haben sie bei mir bezüglich der Juden was von einer „rachsüchtigen, unnachgiebigen, verschworene religöse Vereinigung“ gelesen. Erleuchtung ist auch kein besondere Eigenschaft der jüdischen Religion, sondern jeder Religion. Das gilt auch für den Fundamentalismus.

Arnold Voss
Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ OWLbaron

Ich habe ihren Kommentaren bezüglich Israel nichts hinzuzufügen. Was die Rolle der Ultra-Orthodoxen betrifft, ist diese erste mal unabhängig davon, ob sie gewählt sind oder nicht. Ich halte sie sowieso für problematisch, ja für eine Gefährdung der israelischen Demokratie.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

Herr Voss, ich teile ihre Einschätzung der Ultra-Orthodoxen. Es ist dies aber andererseits ein weiteres Stück Normalität, die man Juden und/oder Israelis gerne abspricht: Sie sind wie wir, haben Probleme mit Fundamentalisten. Ohne Rechte/Konservative geht nix. Soziale Probleme. Auch Flüchtlinge sind nicht so gerne gesehen, so es keine Juden sind, meistens jedenfalls, denn schon Kishon
wies vor langer Zeit in seinen Schnurren auf die Unterschiede und Konflikte zwischen westl.europ. Juden und solchen aus Russland und Afrika hin.

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

@ Arnold Voss | Sie stellen rasante Thesen auf, was Monotheismus sei – „quasigöttliche Führung, Inquisition, größte Brutalität“ – und ich habe gezeigt, wo Sie mit Ihren Thesen landen, sobald man auch nur die allergröbste Konkretion bemüht. [Dass Sie da, wo Sie dann landen, nicht hingehören, hatte ich bereits erwähnt; gibt also keinen Grund, sich zum Märtyrer zu machen.] Das Problem liegt darin, dass Sie wie vom Feldherrnhügel herab generalisieren:

Beispiel: Sie behaupten, Monotheismus sei durch „quasigöttliche Führung“ qualifiziert. Die Behauptung stimmt solange, wie man den Protestantismus beiseite lässt, den Islam, das Judentum, den Zoroastrismus, die Bahais … Sie müssen nahezu alle Monotheismen ignorieren, um an Ihre These von „dem“ Monotheismus zu glauben.

Anderes Beispiel: Sie verweisen in #13 auf Afrika, auch da wüte „der Monotheismus“. Nur was ist da, wo nicht gewütet wird, in Afrika und anderswo, sind die Leute da alle Mitglied im Freidenkervebrand geworden?

Drittes Beispiel: Als Beleg für Ihre Behauptungen über das Wesen des Monotheismus führen Sie die „Radikal-Orthodoxen“ an. Heißt das, dass alle anderen Juden keine Monotheisten sind oder dass sie nicht zählen? Natürlich nicht, warum dann so ein Argument? Das Judentum – davon muss eine Religionskritik ausgehen, wenn man sich auf sie berufen will – ist exakt so vielstimmig, wie es Juden gibt. Warum picken Sie sich – darauf hat #15 Himynameis hingewiesen – just das Bild aus, das Ihnen passt, weil es Ihre These bebildert?

Wobei es ja, zugegeben, nicht Ihre, sondern die Assmann-These, die Sie kolportieren – dass mit dem Monotheismus eine neue Qualität „intrinsischer“ Gewalt in die Welt gekommen sei (Assmann selber hat seine These inzwischen derart verdrechselt, dass nichts mehr von ihr bleibt). Diese Art der Religionskritik ist Kappes, sie erklärt überhaupt nichts, keinen Krieg, keinen Frieden und eben auch keinen Stalinismus.

Wollte man versuchen, Stalinismus mit einer etwas substanzielleren Religionskritik zu verstehen, würde ich vorschlagen, bei dessen Bauwerken zu beginnen, dem Lenin-Mausoleum, den Prachtstraßen, den Denkmälern, das ist gebaute Religion.

Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ Thomas Wessel # 21

Thomas, sie haben da eindeutig was missverstanden.

1. Ich habe von religiösen Parallelen in diktatorisch-politischen Systemen gesprochen. Deswegen steht in meinem Text auch nicht göttliche, sondern q u a s i göttliche Führung. Diese Begriff bezieht sich in meinem Kommentar ganz klar und eindeutig auf quasireligiöse Parteien und nicht auf Religionen.

2. Ich habe Nirgendwo geschrieben, das alle Mitglieder monotheistischer Religionen auf der Welt gegeneinander wüten. Aber die die es tun, tun es im Namen des einen einzigen Gottes gegen die Anhänger eines anderen einzigen Gottes, und zwar weil sie diesen jeweils anderen nicht akzeptieren. Von Freidenkern und/oder Atheisten sind mir solche brutalen Zwistigkeiten nicht bekannt.

3. Das Judentum ist genauso wenig eine individualistische Religion wie das Christentum oder der muslimische Glaube. Darum ist es religiös keineswegs so vielstimmig wie es Juden gibt und kann und will es auch nicht sein. Schön wäre es, denn dann wäre wenigstens diese Religion das, was jede Religion sein sollte: eine private Überzeugung, nicht mehr und nicht weniger.

4. Es mag irgendwann eine Religion ohne religiöse Fundamentalisten/Extremisten geben, aber es kann keine religiösen Fundamentalisten/Extremsten ohne Religion geben. Sie zeichnen sich in allen monotheistischen Religionen auch und gerade dadurch aus, dass sie auch den Monotheismus radikal und kompromisslos verstehen. Um hier wieder die politische Kurve zu kratzen: als quasi Einparteiensystem sozusagen.

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

Was denn, soll es nun „erstaunliche Parallelen“ geben oder nicht? Zur Erinnerung, Sie schrieben #4: „Alle Einparteiensysteme entwickeln dabei erstaunliche Parallelen zum Monotheismus. Nach innen gibt es eine quasigöttliche Führung mit starker Neigung zur Inquisition…“ usw.

Jetzt # 22 schreiben Sie, eben dies bezöge sich „nicht auf Religionen“: Wie soll man sich eine „Parallele“ vorstellen, die keinen Bezugspunkt hat? Darf man sie ziellos nennen?

Und: Sie haben #22 flugs die Pferde gewechselt, jetzt reiten Sie nicht mehr auf „Monotheismus“ herum, sondern auf „Fundamentalismus/Extremismus“. Das sind allerdings zwei – sogar drei – verschiedene Dinge.

Und sagen was über Stalinismus aus? Nochmal Ihre These, die Sie ja weiterhin hochhalten: „Alle Einparteiensysteme entwickeln erstaunliche Parallelen zum Monotheismus.“ Ich konkretisiere: Stalins Terrorstaat entwickelt erstaunliche Parallelen zum Protestantismus.

Es stimmt was nicht mit Ihrer These, Herr Voss.

Walter Stach
Walter Stach
10 Jahre zuvor

Wenn ich einige der vorangegangen kontroversen Beiträge lese, könnte ich daraus folgern, daß die LINKS-Jugend richtig lag, wenn sie den Stalinismus nicht quasi nebeinbei auf einer Landesversammlung mittels einer Resolution abandeln wollte -deren Inhalt ich im wesentlich teile ;sh. mein Beitrag
-2-, sondern sich der Thematik „Stalinismus“ im Sommer – gesondert, gründlich, umfassend- widmen will.

Ich wünsche mir, daß die Jugendlichen in der LINKS-Partei bis dahin versuchen, sich möglichst mit allen verfügbaren Materialien zum Stalinismus zu befassen; besser wohl: mit möglichst viel Material, denn bis zum Sommr läßt sich das gesamte verfügbar Material zum Stalinismus nicht ‚mal oberflächlich erfassen.

Und ich denke, die Jugendlichen in der LINKS-Partei sollten zudem versuchen, zu entsprechenden Foren, Tagungen pp. kompetente Wissenschaftler einzuladen, die über die theoretischen Grundlagen des Stalinismus und über dessen Praktizierung in der ehemaligen UDSSR, in der DDR -in ihrem Anfangsstadium- und in anderen Staaten zu referien und sich den Diskussionen der Jugendlichen zu stellen hätten.

Und wenn die Jugendlichen in der LINKS-Partei zu solchen Foren öffentlich einladen , könnte ich mir meine Teilnahme als Zuhörer, als „Mit“-Diskutierender durchaus vorstellen.

Zur Sache nur ein Einwurf:
Ich empfehle, sich ‚mal mit dem Prinzip des sog.demokratischen Zentralismus in Partei und Staat nach marxistisch-leninistisch-stalinistischen Prinzipien zu befassen; z.B.anhand des „praktischen Beispieles“ Programm und Statut der SED -beide „einstimmig angenommen auf IX.Parteitag der SED, Berlin, 18.-22.5.1976.
Und dann gilt es, dieses Prinzip, z.B. konkret die Aufbau- und Ablauforganisation der SED- zu vergleichen mit der Aufau- und Ablauforganisation der kath.Kirche.

Ich empfehle zudem, sich ‚mal mit dem Menschenbild der „sozialistichen Persönlichkeit“ im Sinne des Marxismus-Leninismus-Stalinismus zu befassen und in diese Befassung das Ziel einer sozialistischen Gesellschaft im Sinne des Marx-Leninismus-Stalinismus einzubeziehen, also den Kommunismus.
Zum Kommunismus als Endziel einer sozialtischten Staats- und Gesellschaftsorndung heißt es u.a.im o.a.Programm der SED abschließend:

„Der Kommunismus ist die lichte Zukunft der Menschheit.

In ihm ist jegliche Ausbeutung und Unterdrückung beseitigt, sind die Menschen von der Geißel des Krieges befreit. Der Kommunismus ist die Welt des Friedens, der Arbeit, der Freiheit, der Gleicheit, der Brüderlichkeit. Im Kommunismus werden alle Völker der Erde, alle Menschen ihre Fähigkeiten und Talente voll entfalten können.“

Und dann gilt es, diese Verheißung einer klassenlosen, staatenlosen, herrschaftslosen kommunistische Gemeinschaft gleicher Menschen -jeder nach seinen Fähigkieten, jeder nach seinen Bedürfnissen-, also die Verheißung „des Himmels auf Erden für alle Menschen“ mit den Heilsversprechen z.B. der kath.Kirchen zu vergleichen.

Verheißen denn nicht die einen einen Himmel
( im Diesseits, einen Himmel auf Erden),
und verheißen nicht die anderen auch einen Himmel
( nicht im Diesseits, „erst“ „irgendwo“ im Jenseits)?

Zu fragen ist also, ob es, wie hier teilweise zu erklären versucht wird, tatsächlich so “ völlig daneben“ ist, wenn zumindest der eine oder der andere hier im Blog bemerkenswerte Übereinstimmungen zwischen einer Religion, z.B. der christlich-katholischen, und deren Organisation, z.B. die der kath.Kirche, und der Ideologie des Marxismus-Leninismu-Stalinismus und dessen organisierte Umsetzung durch eine Partei -nebst deren Staat-zu erkennen glaubt?

Ich will mich nicht in die Details der Auseinandersetzung, die hier läuft, einmischen, sondern habe meinen „Einwurf“ nur gemacht,weil dieser vielleicht dazu beiträgt, Argumente zu bedenken, auch wenn sie einem „auf den ersten Blick“ abwegig erscheinen.

PS
Damit ich nicht in eine „verkehrte Ecke“ gestellt werden:

Ich bin kath.Christ.

Ich habe überhaupt keine Probleme damit, wenn, wie auch durch mich geschehen, hier einschlägige Vergleiche u.a. mit dem Christentum, mit der kath.Kirche in die Diskussion eingebracht werden.

Und: „Vergleiche hinken“?
Ein solcher Einwand gegen meinen „Einwurf“mag ja kommen, kann aber der Diskussion nichts bringen.

Im übrigen haben wir hier schon so oder so ähnlich diskutiert.
Das geschah seinerzeit in einem mir ansonsten nicht mehr näher in Erinnerung befindlichem Zusammenhang mit dem „Amt des Papstes in Rom“.

Arnold Voss
10 Jahre zuvor

@ Thomas Wessel # 23

Obwohl wir beide hier jetzt vom Wege abkommen, doch noch eine Antwort.

Der Monotheismus ist für mich die geistige Basis des religiösen Fundamentalismus/Extremismus. Ohne einen ausschließlichen Gott ist die Bekämpfung einer anderen Gottesgemeinschaft nämlich nicht zu begründen. Das heißt natürlich nicht, dass das automatisch geschieht. Historisch gibt es ja genügend Beispiele einer friedlichen Koexistenz der drei großen monotheistischen Religionen.

Aber es gibt ebensoviele Beispiele, dass Menschen, die viel Jahre, ja Jahrzehnte nebeneinander in verschiedenen monothesitischen Religionsgmeinschaften lebten, auf einmal übereinander herfallen. Der Monotheismus wird dann offensichtlich aus seiner Latenz- häufig durch religiöse Demagogen – befreit und in einer Weise manifest, die an physischer und seelischer Grausamkeit kaum zu überbieten ist.

Die friedliche Koexistenz monotheistischer Religionen ist also weder sicher noch auf Dauer und war es nie. Auch da nicht, wo es nach außen so aussieht/aussah. Die Interviews mit Betroffenen zeigen ja immer wieder die völlige Überraschung über dieses Phänomen. Sie haben das von ihren Nachbarn einfach nicht erwartet. Aber Nichts kommt aus dem Nichts.

Der unterschwellige religiöse Hass ist offensichtlich größer als die meisten Gottesgläubigen für möglich halten und er wird nach meiner Einschätzung auch innerhalb Europas wiederkehren, bzw. hat er das schon getan und wird weiter zunehmen. Völlig egal wieviel offizielle Dialogversuche noch unternommen werden.

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

@ Walter Stach #24 | Um die Organisationsstruktur von KPdSU oder SED mit der der Katholischen Kirche wirklich zu vergleichen [“Zentralkomitee“], kenne ich mich in keiner der Organisationen aus. Auffällig scheint mir auf den ersten Blick: Die zentralistische Struktur beider Apparate entspricht nicht unbedingt ihrer jeweiligen Organisationstheorie. Schnurgeraden Wegs kommt man weder aus den MEW zum Führerprinzip noch aus der Bibel zum Papsttum.

Auch ein Vergleich der Heilsversprechen – „Reich Gottes“ oder „Himmel auf Erden“ – dürfte nicht allzu ergiebig ausfallen: Natürlich ist es ein Unterschied, ob man die Realisierung jedweden Himmelreichs in die Hände Gottes legt oder selber in die Hand nimmt. Aber auch hier die Frage, was aus einer solchen Entscheidung folgt: Ist es tatsächlich so, dass, wer das Reich Gottes ins Jenseits verlagert, uns hienieden mit unserem Elend vertröstet? Und umgekehrt, wer das Reich Gottes auf Erden schaffen will, muss der wirklich gleich einen Terrorstaat errichten? Natürlich nicht, es gibt auch andere Wege, die gehen kann, wer sie gehen will.

Interessanter scheint mir daher zu sein, nach Frömmigkeitsstrukturen zu fragen. Herrschaft setzt nun mal voraus, dass sie anerkannt wird, Max Weber nennt es „Legitimitätsglauben“ – warum schlug dem Terrorstaat Stalins ein solcher Glaube entgegen? Welches Bedürfnis hat das „Väterchen“ erfüllt und, wenn man Laurins Artikel liest, erfüllt er bei wem noch immer?

Da könnte es dann tatsächlich geben, was Arnold Voss sucht, nämlich Parallelen zum religiösen Bedürfnis.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

@Arnold Voss Beispiel: Jugoslawien 1941ff und 1990/91ff. Da ging es nicht nur um Politik, sondern auch um Religion. Da flippten Menschen aus, die jahrelang friedlich miteinander gelebt, gearbeitet, getanzt, getrunken, Sport getrieben haben.

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

@ Arnold Voss # 25 | Die „ebensoviele Beispiele“ dafür, dass Monotheismus gegen Monotheismus Krieg geführt hat, welche wären denn das?

Um die Antwort vorwegzunehmen: Das wirkliche Problem, was religiös motivierten Hass angeht, ist der Bruderkrieg. Der Hass auf alle, die einem ähneln, ist erheblich wirkmächtiger als Hass auf Leute, die anders glauben, anders reden, anders aussehen usw.

Was das mit den Stalin-Adepten von heute zu tun hat? Die Linke – genauer: diese Linke – zerfleischt sich selbst. Das, was dabei „unterschwellig“ mitspielt, kann man wegen mir „religiösen Hass“ nennen: Bei dieser NRW-Linken scheint es jedenfalls so zu sein, dass diejenigen, die ihre Freiheit des Denkens dem Kader geopfert haben, diejenigen hassen, die das Opfer der Vernunft nicht erbringen, es aber bis in den selben Ausschuss gebracht haben.

Helmut Junge
Helmut Junge
10 Jahre zuvor

@Thomas Wessel (28), wenn wir die paar Kriege zwischen arianischen Völkern und katholischen Armeen weglassen, ebenso die Kreuzzüge und den 30-jährigen Krieg, die islamischen Kriege gegen das zoroastrische Persien, die Rekonquista und natürlich die vorausgegangene Conquista, die diversen Kriege zwischen den islamischen Völkern untereinander, wo es um die Schia ging, die zwei Versuche der Türken Wien zu erobern, Rhodos, Malta, wenn wir solche Kriege nicht mitzählen, gibt es nur noch wenige Kriege zwischen monotheistischen Völkern.
Aber es bleiben immer noch genug übrig, um darüber viele Bücher zu schreiben.
Es gibt auch schon Bücher darüber.
Gegen den Rest ihres Kommentars 28 habe ich keine Einwände, bestenfalls Ergänzungen, die ich mir aber erspare.

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

@ Helmut Junge | Es geht nicht um Kriege innerhalb einer Religion. Die Behauptung war, dass Monotheismen – aus ihrer eigenen Logik heraus – andere Monotheismen bekämpfen, nein: bekämpfen müssen. Da ist ihre Beweislage dünn, da bleibt nur der abendländische Klassiker: die Türken vor Wien.

@ OWL-Baron: Der Jugoslawienkrieg, ein Religionskrieg? Nicht Ihr Ernst.

Helmut Junge
Helmut Junge
10 Jahre zuvor

@Herr Wessel, jetzt haben Sie mir aber auch die diversen Kreuzzüge aus meiner Liste entfernt! Ebenso die islamischen Eroberungen Nordafrikas bis zur Vernichtung des Reiches, der zu dieser Zeit bereits katholischen Westgoten in Spanien, und die dazu passende Rekonquista, und die Eroberung Persiens, die damals der ältesten monotheistischen Religion, dem Zoroastrismis (Parsismus) anhingen. Sie haben Sie mich aber als Goldkonfirmanten des Jahres 2013 jetzt echt enttäuscht.
Das sind alles Beispiele von Kriegen zwischen Islam und Christen, bzw. Parsen.
Wenn Sie wollen, denke ich über weitere Beispiele nach. Natürlich könnte man in all den Fällen darüber spekulieren, ob da nicht auch immer Machtpolitik im Spiel war. Deshalb habe ich die Invasion der Türken von Konstantinopel und den Versuch Malta zu erobern, erst mal als Beispiel zurückgehalten. Auch daß Karl der Große einen Versuch gemacht hat Spanien von den Mauren zu erobern, lasse ich weg. Hat ja nicht geklappt.

OWL-Baron
10 Jahre zuvor

Sie reiten ein totes Pferd, Herr Junge. Niemand sagt, dass das Christentum friedlich war . Allerdings wurden vor dem „Kreuzzug“ Karls wurden von Karl Martell ihre friedlichen Mauren in der Mitte Frankreichs gestoppt.
Natürlich ging es auch um Macht, allerdings fragt man sich, warum die immer alles im Namen Allahs taten? So wie die Spanier, Portugiesen u.a. im Namen Gottes unterwegs waren. Und Macht, Herr Junge, lässt sich allemal mit Hilfe religiöser Dogmen festigen.
#30 Die Religion hat auf dem Balkan schon immer eine böse Rolle gespielt. Bis heute ist der Ausgang der Schlacht auf dem Amselfeld für Serben
Die Volkstumsgrenzen waren auch von der Religion diktiert- orthodoxe Serben, katholische Kroaten und muslimische Bosniaken. Da ging es nicht nur um Politik, sondern auch um den richtigen Glauben.
Selbstverständlich war es kein Religionskrieg, da haben sie mich bewusst missverstanden. Aber Religion gibt so einem Krieg erst die richtige Schärfe.

Walter Stach
Walter Stach
10 Jahre zuvor

Thomas Wessel -26-
Es würde m.E. nicht weiter führen, wenn wir hier im Blog über den Stalinismus im allgemeinen, über den Stalinismus als jedenfalls von den Stalinisten stets so behauptete Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus, über seine theoritische Begründung, über die Realität stalinistisch verstandener, stalinistisch gerechtfertigter und so erklärter Herrschaftsstrukturen, namentlich in der UDSSR ein fundiertes Streitgespräch versuchen würden;den Aspekt „Relgion (z.B. die christlich-katholische) und Ideologie(z.B. die des Marxismus-Leninismus-Stalinismus)einbezogen.
Dafür ist dieser Blog ein ungeeignete Forum.
Also werde ich es aus diesem Grunde lassen, ihre Anmerkungen -26-aufzugreifen für ein inhaltliches „Widerwort“. Ich hoffe auf Verständnis.

In Anlehnung an meine Bemerkung -24-, bevor ich dort meinen Einwurf gemacht habe:

Unsere Diskussion belegt nachdrücklich, daß das Thema „Stalinismus“ über die Interessen der LINKS-Jugend hinaus immer noch -oder jetzt wieder?-gesellschaftliche Relevanz zu haben scheint, zumindest über die LINKS-Jugend hinaus bei einigen politisch interessierten und engagierten Akteuren in der Gesellschaft.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt darauf, ob, wann,wie und wo die LINKS-Jungend ihre Ankündigung umsetzt, nämlich im Sommer 2o14 (?) sich des Themas „Stalinismus“ anzunehmen.

Welchen Stellenwert hat das Thema „Marxismus-Leninismus-Stalinismus“ in all seinen Facetten heute noch in der wissenschaftliche Lehre, z.B an den Universitäten und in welchen Fachbereichen? -Ich habe keine Ahnung-.

Ich stelle mir diese Frage konkret auf dem Hintergrund der Diskussion der LINKS-Jugend. Was ist von einer solchen Diskussion unter den jugendlichen Mitgliedern der LINKEN qualitativ zu erwarten, z.B. -selbstverständlich nicht nur – gestützt auf einschlägige Studien ihrer Mitglieder an einer Uni?

Helmut Junge
Helmut Junge
10 Jahre zuvor

ach, @OWL, Sie glauben, ich hätte die Mauren als friedlich eingestuft? Lesen Sie doch nochmal nach, was ich (31) geschrieben hatte. So einen Quatsch wie Sie mir unterstellen, würde ich nie schreiben. Ich glaube überhaupt nicht, daß es friedliche Völker gibt. Und friedliche Religionen erst recht nicht. Ob der Polytheismus friedlicher war, als der sogenannte Monotheismus, weiß ich nicht. Das ist eine Lieblingsthese von Herrn Voß, der ich allerdings noch nie widersprochen habe. Das machen Herr Wessel und ein paar andere Herren viel lieber. Einig werden die sich seit Jahren nicht. Ich neige mehr zur Auffassung von Herrn Voß. Und @OWL, „Macht läßt sich allemal mit Hilfe religiöser Dogmen festigen“, aber auch mit Ideologie als Religionsersatz. Manchmal spielte die Religion aber eine so riesige Rolle, daß es schwierig ist, andere Hintergründe zu analysieren, selbst wenn es die gibt.

Thomas Wessel
Thomas Wessel
10 Jahre zuvor

@ Helmut Junge #31 | Glückwunsch zum Goldenen. – Was ich in #30 mit „Klassiker“ meinte, dem einen Beispiel, das bleibt: die Auseinandersetzung zwischen christlichem Europa und islamischer Expansion. Zog sich über Jahrhunderte hin mit immer wieder stark religiösen Zügen, in der Tat. Nur was lässt sich aus dieser Geschichte generalisieren? Über „den“ Monotheismus oder „das“ Christentum“ oder „den“ Islam?

Nichts, weil es selbst hier, in einem weit mehr als religiösen Konflikt, immer auch gegenteilige Positionen gab und Vielstimmigkeit. Und zwar – @ Arnold Voss – INNERHALB der monotheistischen Religion. Eine „intrinsische“ Vielstimmigkeit, die es unmöglich macht, Pauschalurteile der Marke „Der Monotheismus ist …“ zu fällen.

Dank solcher Vielstimmigkeit sind wir heute in der Lage nachzuvollziehen, warum eine Idee wie die der Menschenrechte sich – nach innen, nach außen – durchgesetzt hat. Höflicher Vergleich, um deutlich zu machen, was ich unter Religionskritik verstehe und was unter Platitüde, nehmen wir an, jemand stellte diese Behauptung auf:

>> Alle Mehrparteiensysteme entwickeln erstaunliche Parallelen zur Blog-Kultur. Nach innen Tausende von quasigöttlichen Admins mit starker Neigung zur Löschung gegenüber jeder Art der Abweichung, nach außen geht es, notfalls mit verbaler Brutalität, gegen alle Feinde der erleuchteten Community.<<

Nonsens? Auch um zum Thema zurück zu kommen, dem Stalinismus und seiner Verehrung: Jede Organisation misst sich daran, wie sie die eigene Vielstimmigkeit organisiert. Es gibt religiöse Organisationen, die machen es und andere nicht, es gibt Parteien, die machen es, andere nicht, es gibt Blogs, die machen usw.

@ Walter Stach #33 | Ich frage mich, warum es in der NRW-Linken keine halbwegs prominenten Alt-Stalinisten gibt, die bereit wären, Auskunft zu geben darüber, was sie früher gedacht haben und gefühlt und heute nicht mehr. Wirkt auf mich etwas elternlos, eine Jugend, die sich an „Väterchen Stalin“ abarbeitet.

@ OWL-Baron #32 | „Religion gibt einem Krieg die richtige Schärfe“? Wohl wahr, es gilt für Krieg wie Nicht-Krieg.

Walter Stach
Walter Stach
10 Jahre zuvor

-35- Thomas Wessel

Sich mit dem Stalinismus zu befassen ist so zwingend geboten wie die Befassung mit dem Nationalsozialismus; insofern finde ich es anerkennenswert, wenn sich politisch engagierte Jugendliche mit dem Stalinismus befassen und weiterhin befassen wollen. Ich finde es insofern, mit Verlaub, despektierlich, von einer „etwas elternlos wirkenden Jugend zu sprechen, die sich an Väterchen Stalin abarbeitet“.

Wenn aktuell und öffentlichkeitswirksam die LINKS-Jugend sich mit dem Thema Stalinismus befaßt, dann unbestreitbar unter Beachtung parteipolitischer Spezifika -SED,PDS,LINKE- und anders motiviert als das z.B. zum selben Thema bei der Jungen Union der Fall wäre. Nur können unterschiedliche Interessenslagen und Motive unterschiedlicher Art nichts daran ändern, daß in jedem Falle das Befassen mit dem Stalinismus in der Sache politisch wichtig und jede Initiative dazu anerkennenswert ist.
Wenn die LINKS-Jugend, sh.Ihre einschlägige Bemerkung, für ihren Diskussionprozeß sog. Alt-Stalinisten gewinnen könnte, hätte das einen ähnlich großen, ich meine unschätzbar hohen Wert für den Disk.Prozess wie die Teilnahme sog. Alt-Nazis an Foren z.B. der JU zum Thema Nationalsozialismus. Iinsofern wäre es allerdings an der Zeit, die Diskussion mit Alt-Stalinisten und Alt-nazis möglichst“ sofort“ zu suchen, denn „morgen“ werden auch die Letzten von ihnen gestorben sein. „Ihre Jünger im Geiste“ sind in Deutschland, in Europa, in der Welt nach wie vor existent und aktiv, daran ändern anderen Bezeichungen ihrer „politischen Bewegungen“ nichts. Das wiederum wäre dann ein weiterer wichtiger Grund, sich immer wieder mit dem Stalinismus (und dem Nationalsozialimus) zu befassen, vor allem als Jugendlicher, z.B. in der LINKS-Jugend.

Wenn Sie bezogen auf die sog.Alt-stalinisten anmerken: „Was sie früher…… und heute nicht mehr“, dann frage ich mich, aufgrund welcher Erkenntnis Sie so sicher sein können, daß alle Altstalinisten (alle Alt-nazis) heute nicht mehr so denken und fühlen wie das zu ihrer politischen Hoch – Zeit der Fall war. Meine Erfahrungen mit Alt-Stalinisten und Alt-Nazis haben mich das Gegenteil gelehrt.

trackback

[…] mit der Hamas schwadroniert, Jubel-Veranstaltungen für Assad abgehalten, ein Unwillen gezeigt, sich von Stalin zu distanzieren und nicht zuletzt offenem Antisemitismus eine Plattform […]

Exmitglied
Exmitglied
9 Jahre zuvor

Liegt vielleicht daran, dass auch viele kommunistische Strömungen in der Linksjugend existieren. Eine detaillierte Aufdröselung würde jetzt hier zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Kurzum, bei denen treten die Symptome der Mutterpartei noch viel offener zu Tage. Zwei große Blocks, Realos und Radikale und dazwischen ganz viel ^^

N.N.
N.N.
7 Jahre zuvor

Prima. Ist der Herr auf dem Bild nicht der sakrosankte Heilige aller Linken, der größte Humanist, der je lebte? Der strahlende Stern am roten Himmel, der die Herrschaft der ewig menschheitsbeglückenden Linken ankündigt? Auch der Ruhrbarone?

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