Von der Inkonsequenz der Grünen in Sachen Kohleverstromung

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Das umstrittene neue ‚E.On‘-Kohlekraftwerk in Datteln. Foto: Robin Patzwaldt

Da liest man in diesen Tagen überregional vermehrt vom scheinbaren Abrücken des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) von Äußerungen aus dem Jahre 2007, als er als damaliger Umweltminister noch vollmundig forderte „Wir wollen bis 2020 die Emissionen um 40% reduzieren“, denn ohne Handeln „werden uns unsere Kinder und Enkel verfluchen.“ Damals beschloss das Kabinett der damaligen Großen Koalition ein ehrgeiziges Klimaschutzprogramm, wofür Gabriel beim Klimagipfel in Bali seinerzeit viel Zustimmung erntete.
Inzwischen, sieben Jahre später, drohen die alten Ziele deutlich verfehlt zu werden. Aktuell läuft es, dem Vernehmen nach, wohl nur auf ca. 33 % weniger Emissionen im Vergleich zu 1990 hinaus.
Doch Gabriel will diesbezüglich aktuell nicht politisch intervenieren, sagt auch in Richtung der Grünen Kritiker plötzlich „Wir müssen endlich Schluss machen mit den Illusionen. Man kann nicht zeitgleich aus der Atomenergie und der Kohleverstromung aussteigen“.

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Gregor Gysi und das Duckmäusertum



Es war wohl eines der Highlights der zurückliegenden politischen Woche: Eine äußerst nachdenkenswerte und diskutable Rede hielt Gregor Gysi von der Partei ‚Die Linke‘ am 18. November 2013 im Deutschen Bundestag zu den Themenkomplexen ‚NSA‘ und ‚Snowden‘.

Wer sie bisher noch nicht gesehen und/oder gehört hat, und heute im Laufe des Tages mal ein Viertelstündchen Zeit übrig hat, dem sei diese Rede wirklich ans Herz gelegt.

Bundestagswahl: Auch ich freue mich über das ‚Aus‘ der FDP

Demnächst ohne FDP-Fraktion: Der Bundestag Foto: Robin Patzwaldt
Demnächst ohne FDP-Fraktion: Der Bundestag Foto: Robin Patzwaldt

Selten hat nach Wahlen ein Thema die Öffentlichkeit so sehr beschäftigt wie das Scheitern der FDP bei der Bundestagswahl 2013 an der 5%-Hürde. Auch hier bei den Ruhrbaronen wurde das Thema zuletzt bereits mehrfach erörtert, von einigen Leuten ihr Bedauern über dieses Ergebnis kundgetan.

Mir geht es da ganz anders. Ich gehöre zu der offenbar ungewöhnlich großen Gruppe der Leute, die das ‚Aus‘ der Liberalen mit einer ziemlich großen inneren Freude betrachtet. Mir werden deren Vertreter in den nächsten Jahren in Berlin nicht fehlen. Ganz im Gegenteil!

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Presseschau: Das Kleingedruckte aus Karlsruhe

Zweiter Senat des Bundesverfassungsgerichts - Foto: bundesverfassungsgericht.de

Am Mittwoch im Bundestag: Beginn der großen Haushaltsdebatte. Der Euro wird das zentrale Thema sein. Insofern verständlich, dass die Kanzlerin zunächst einmal das Urteil aus Karlsruhe abwarten wollte, bevor sie ans Rednerpult ging. Gegen zehn Uhr war es dann so weit: das Bundesverfassungsgericht hatte die Einwände der Kläger zurückgewiesen, die deutsche Beteiligung am ESFS, dem Euro-Rettungsschirm, genehmigt und zudem auch noch die Rechte des Bundestags gestärkt. Wie schön, Erleichterung allerorten. Ein positives Echo in allen Parteien, in der Presse, sogar in der Wirtschaftspresse. „Karlsruhe verhindert das Chaos“, so beispielhaft die FTD. Peter Ehrlich heißt der Autor dieses Artikels, der gestern Mittag um halb eins gepostet wurde. Erst danach dürfte Ehrlich das Kleingedruckte gelesen haben.

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Netzneutraliät: Horny Gorny – immer da, wo es was zu holen gibt…

 

 

 

 

 

Dieter Gorny

 

 

 

 

Gestern stimmten die Vertreter von CDU und FDP in der Internet-Enquetekommission für eine Verschiebung der Abstimmung über die Frage der Netzneutralität. Sie hatten wohl Angst, sie zu verlieren.

Und Mittendrin auf der Seite von CDU und FDP: Medientausendsassa Dieter Gorny: Für die CDU sitzt er in der Internet-Enquetekommission des Bundestages, Direktor vom European Center for Creative Economy (ECCE) ist er auch,  oberster Musikindustrie-Lobbyist Deutschlands sowieso und ganz nebenbei noch Aufsichtsratsvorsitzender der Filmstiftung NRW. Auch Gorny hob seine Hand, als es gestern darum ging, unter einer fadenscheinigen Begründung die Abstimmung zur Netzneutralität in den Herbst zu verschieben. Markus Beckedahl beschreibt die Gründe auf Netzpolitik:

Die heutige wiederholte Aktion wirkt wie eine Schmierenkomödie, die Abstimmung darüber zu verhindern und weiter in den Herbst zu verschieben. Die Koalition hat kein Interesse daran, dass die von ihr einberufene Enquete-Kommission für die Empfehlung einer gesetzlichen Festschreibung der Netzneutralität mehrheitlich stimmt, während man parallel im Rahmen der Telekommunikationsgesetz-Novelle eine ganz andere Richtung bevorzugt.

Markus nennt das ganze einen „Demokratieschaden“. Und an dem hat sich Dieter Gorny an der Seite von FDP und CDU in der Enquetekommission beteiligt. Das interessante ist, das Gorny ja auch ein Nebenerwerbsozialdemokrat ist. Das musste man in NRW sehr lange sein, wenn man Geld vom Land oder Sendelizenzen wollte: Für ein Rockbüro zum Beispiel, eine Popmesse oder einen Musiksender wie Viva. Will man Geld vom Bund oder Kontakte in die Berliner Politik nutzen, ist es im Augenblick günstiger, mit der CDU zu kooperieren.  Die SPD sitzt ja im Berlin auf dem Trockenen. Spannend dabei: Der gleiche Gorny der in der Enquetekommission der Bundestages auf Vorschlag der Union sitzt

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Mechthild Rawert – links, Frau, ja Gott: und zufälligerweise auch noch katholisch

Mechthild Rawert - Foto: mechthild-rawert.de
„Trotz – oder wegen? – des tödlichen Ausgangs hat diese Aktion der internationalen Zivilgesellschaft immerhin zwei bemerkenswerte Resultate herbeigeführt: Zum einen haben die Ereignisse in bislang nicht erlebtem Maße die internationale Aufmerksamkeit auf die jahrelange israelische Blockade des Gazastreifens gelenkt.“

Lesen bildet, viel Lesen bildet viel, mehr noch: es verschafft die Möglichkeit, Dinge, die an sich hinreichend bekannt sind, auf eine Art und Weise zu betrachten, auf die man selbst nie und nimmer gekommen wäre.
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Update: Bundestag diskutiert über Antisemitismus in der Linkspartei

Die Studie von Samuel Salzborn und Sebastian Voigt über den Antisemitismus in der Linkspartei ist heute Thema im Bundestag.

Im Rahmen einer Aktuellen Stunde wird sich heute der Bundestag ab 15.35 Uhr mit der Studie von Samuel Salzborn und Sebastian Voigt „Antisemiten als Koalitionspartner?“ beschäftigen. Beantragt haben das Thema die Fraktionen von CDU/CSU und FDP:

Antisemitische Positionen werden in der Linkspartei zunehmend salonfähig. Zu dieser Erkenntnis gelangen zwei Wissenschaftler der Universitäten Gießen

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Individuelle Fehler in lageabhängiger Rückzugsstrategie bei Einhaltung der Meldewege

illu: ruhrbarone

„Meine Tochter fällt da nicht einfach runter“, ist sich die Mutter der 25-jährigen Offiziersanwärterin sicher. Aber welche Umstände dazu geführt haben, dass die junge Soldatin im November von der Takelage der Gorch Fock in den Tod gestürzt ist, wolle ihr die Marine nicht mitteilen. Deshalb weiß die Mutter bis heute nicht genau, wie und warum ihre Tochter ums Leben gekommen ist. Der Bundestag weiß es nicht, die Mitglieder des Verteidigungsausschusses wissen es nicht, und wie viel der Bundesverteidigungsminister über diesen Vorfall weiß, was man im Ministerium wusste, ist ebenfalls einstweilen nicht aufgeklärt.

Klar scheint zu sein, dass Gorch-Fock-Kommandant Norbert Schatz kurz nach dem Tod der Kadettin einigen Soldaten den unsinnigen Befehl gegeben hatte, in die Takelage zu klettern, und als diese sich weigerten, den Vorwurf der Meuterei erhoben hatte. „Meuterei auf der Gorch Fock“ – nachdem zunächst diese Schlagzeile es sogar mit den aktuellen Meldungen aus dem RTL-Dschungelcamp aufnehmen konnte, hat nun der Wehrbeauftragte – und nicht nur er – festgestellt, dass diese so nicht stattgefunden hatte. Dafür ist jetzt von sexuellen Übergriffen auf dem Schulungsschiff die Rede und von „menschenunwürdigem Drill“. Minister Guttenberg sah sich veranlasst klarzustellen, dass dieser „nicht geduldet werden“ könne.

Es läuft nicht rund in diesen Tagen für den Shooting Star der deutschen Politik. Vertuschen dürfe nie die Vorgehensweise der Bundeswehr sein, „und das ist es auch nicht“, gibt der Minister zu Protokoll. Und niemand fragt, warum es dann überhaupt erwähnenswert ist. Weil es nämlich inzwischen in allen Medien gemeldet wurde, dass „es da Versäumnisse gegeben hat“. Und wenn das so ist, wenn „die Meldewege nicht eingehalten wurden“, wenn – ja, der Guttenberg! – „es da Versäumnisse gegeben hat“, dann, ja dann – was glauben Sie denn?! -, dann „wird auch das Folgen haben. Das muss alles aufgeklärt werden“. Ein Mann greift durch. „Klare Konsequenzen“; man wird sehen. „Ich bin da wenig geduldig.“ Schön.

Reden kann er ja, der Karl-Theodor zu Guttenberg. Jetzt muss er nur noch die klaren Konsequenzen ziehen, und schon ist wieder alles in Butter. Wenn etwas nicht ganz so rund läuft, klare Kiste, muss man freilich eine Vorstellung haben, woran dies denn wohl liegen könnte. Der junge Minister aus dem Adelsstand weiß Bescheid: „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so hätten wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit individuellem Fehlverhalten zu tun.“ Der Verdacht drängt sich auf. Individuelles Fehlverhalten – dieser Schatz auf der Gorch Fock scheint es in der Tat übertrieben zu haben mit dem Drill. Ob der auch allein verantwortlich ist für die angeblichen sexuellen Übergriffe? So ein Schatz. „Sie werden von mir keine Vorverurteilung hören.“ Ja, der Guttenberg; Recht hat er.

Individuelles Fehlverhalten dürfte – jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach – auch im Fall des in Afghanistan erschossenen Soldaten eine nicht ganz unwesentliche Rolle gespielt haben. Das war ja ohnehin von vornherein klar. Denn ob sich nun bei diesen Waffenspielereien der Schuss aus der Pistole des Verstorbenen gelöst hat, wie wir ursprünglich annehmen mussten, oder aus der Waffe eines Kameraden: tot ist tot. Ein individueller Fehler, wie wir beim Fußball sagen, völlig unnötig. Wahrscheinlich hatte der Kamerad mit seiner Pistole vom Typ Heckler & Koch P8 „gespielt“. Menschlich vielleicht verständlich; aber es leidet natürlich die ganze Mannschaft (in diesem Fall: Truppe) darunter. Blöde Spielerei: ein absolut unnötiger Fehler.

Wahrscheinlich. Denn auch hier gilt Ähnliches wie auf der Gorch Fock: „Zu laufenden Verfahren, die die Ermittlung der tatsächlichen Vorgänge zum Inhalt haben, können wir uns auch mit Blick auf Betroffene nicht äußern“ (Guttenberg). Unschuldsvermutung, Fürsorgepflicht, Kameradschaft, Kameraderie und alles. Im Bundestag wird die Informationspolitik des Verteidigungsministers beklagt. Immer langsam, wie gesagt: zu dieser Sache kann sich Guttenberg auch mit Blick auf Betroffene gar nicht äußern. Falsch informiert, verschleppt, immer wieder Informationen verschwiegen, … – das übliche Gezeter der Opposition. Man scheint vergessen zu haben, dass der Minister erst kürzlich in einer Talkshow direkt aus dem Feldlager aufgetreten ist. Sogar mit Gattin. Informationen aus allererster Hand. Dieses Dschungelcamp dagegen sollte eigentlich verboten werden, sagte Guttenberg beim Wahlkampfauftakt der CDU in Hamburg. Müssen wir uns das antun, was da Menschen angetan wird?

Die Menschenwürde. Menschen werden öffentlich vorgeführt. Befehl und Gehorsam. Anzeichen von Verrohung. Das unbekannte Gelände. Ganz abgesehen vom Risiko, von den Gefahren für Leib und Leben. Der Lagerkoller. Keine Privatsphäre. Keine Intimsphäre. Und immer wieder dieses individuelle Fehlverhalten. Wie jetzt zum Beispiel auch beim illegalen Öffnen der Feldpost. Auch hier: gegenwärtig ist nicht bekannt, wer die Briefe gefleddert hat. Sie werden von mir keine Vorverurteilung hören. Auch hier: „Wenn die Untersuchungen ergeben, dass hier irgendwelche Dinge vorsätzlich geschehen sind, muss das selbstverständlich Konsequenzen haben“ (Guttenberg). Klare Konsequenzen, wie wir annehmen dürfen. Ganz klar: „Das Öffnen von Briefen von Soldaten ist ein unhaltbarer Zustand“ (auch hier: Guttenberg). Genau wie der menschenunwürdige Drill, wie die sexuellen Übergriffe, wie die Waffenspielereien – wie all diese individuellen Fehler.

Jetzt muss er klare Konsequenzen ziehen. Der beliebteste deutsche Politiker in der Stunde seiner Bewährung. Eine Affäre schärfer als die andere; eigentlich hätte er es gar nicht nötig, gegen das Dschungelcamp zu zürnen. Wenn er jetzt eine gute Figur abgibt, hat er seine Dschungelprüfung so gut wie bestanden. Dann sollte der Weg frei sein. Noch hapert es etwas; das heißt aber nichts: bringt Karl-Theodor genug Sterne zurück ins Lager, kann er König werden. König von Deutschland. Das ist aber auch eine geile Show! Dagegen ist das, was die Gattin mit den Kinderschändern macht, direkt langweilig. Sicher: auch Stephanie hat Menschen öffentlich vorgeführt, die Menschenwürde missachtet. Trotzdem: langweilig! Genauso langweilig wie der politische Alltag, mit dem sich ihr Freiherr auch noch herumschlagen muss.

Heute haben im Bundestag die Beratungen über die Verlängerung des Mandats für den ISAF-Einsatz in Afghanistan begonnen. Nächsten Freitag wird abgestimmt; die Mehrheit gilt als sicher – für den Krieg, wie Guttenberg den Auftrag der Truppe zutreffenderweise nennt. Und weil dieser Krieg, wie jeder weiß, nicht zu gewinnen ist, wird diesmal auch gleich ein Rückzugsplan mitbeschlossen. Ein Datum für den Beginn des Truppenabzugs und vielleicht auch noch eine Jahreszahl für das Ende des Abzugs. Wobei es, wie Guttenberg erklärt hat, „wurscht“ ist, welche Jahreszahl genannt wird. Und damit hat der Minister nicht zuletzt auch deshalb Recht, weil er es geschafft hat, den kleinen Nebensatz „soweit es die Lage zulässt“ in den Antrag der Bundesregierung mit reinzupacken. Angenommen, der Bundestag beschließt ein Jahressteuergesetz mit den von der FDP so ersehnten Steuersenkungen. Dann ist es doch völlig wurscht, welche Steuersätze da genau drinstehen, solange sie mit dem Zusatz versehen sind: „soweit es die Lage zulässt“. Zu überlegen wäre, ob der Bundestag nicht nur noch Gesetze beschließen sollte, die von der Regierung nur vollzogen werden dürfen, soweit es die Lage zulässt. Etwas auszuführen, was die Lage gar nicht zulässt, ist schließlich ziemlich unverantwortlich.

Es gab Zeiten, zu denen Sozialdemokraten einem Gesetz dieser Machart nicht zustimmen wollten. Früher. Damals.

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