Sebastian Kehl muss unangenehme Fragen beantworten. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt
Heute ist Trainingsauftakt beim BVB. Nach der extrem bitter verpatzten Meisterschaft Ende Mai, hält sich meine Vorfreude auf die Saison 2023/24 noch immer in argen Grenzen. Und das liegt nicht nur an der historischen Peinlichkeit, die ich wie alle BVB-Fans am 34. und letzten Spieltag beim Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 miterleben musste.
Abwehrspieler Niklas Süle von Borussia Dortmund wurde von Bundestrainer Hansi Flick nicht für die anstehenden Länderspiele der DFB-Auswahl gegen die Ukraine (Mo., 18 Uhr), Polen (16.6., 20:45 Uhr) und Kolumbien (20.6., 20:45 Uhr) nominiert.
Verbunden hat der Coach dies mit deutlichen Worten der Kritik in Richtung Süle, mit dessen Einstellung sich Flick nicht einverstanden zeigte. „Ich finde, er lässt noch einiges liegen. Ich will, dass er von seiner Einstellung, von seiner Mentalität einen Schritt nach vorne macht“, sagte Flick im Interview der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ über den 27-Jährigen.
Doch seien wir mal ehrlich. Süle kann eigentlich froh sein, dass ihn der Bundestrainer diesmal außen vor lässt.
Sebastian Kehl muss unangenehme Fragen beantworten. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt
Spielerwechsel gehören im Profifußball zum Geschäft. Auch wenn die große Mehrheit der Fans sich schwer damit tut, wenn ein geliebter Kicker den eigenen Klub verlässt um sich einem Konkurrenten anzuschließen, gilt es diese Entwicklungen als ‚normal‘ zu akzeptieren. Die Angestellten des Vereis sind im Regelfall natürlich weniger emotional mit dem Arbeitgeber verbunden als die Anhänger mit ihren Farben.
Je älter man wird, je besser kommt man als Fan mit solchen Entwicklungen klar. Das ist zumindest meine Erfahrung aus den vergangenen gut 40 Jahren, in denen ich mich mit dem BVB verbunden fühle. Und trotzdem hat mich die Nachricht, dass die Borussia sich nach sieben Jahren in diesem Sommer von Raphaël Guerreiro trennen wird, vor ein paar Tagen mächtig aufgeschreckt.
Das weckt böse Erinnerungen, an die ohnehin schon länger kritikwürdige Personalpolitik des Vizemeisters der vergangenen Jahre. Echte Charakterspieler, die den BVB über weite Phasen ihrer Karriere treu begleiten, sie sind zuletzt sehr rar geworden in Dortmund.
DFB-Pokal und Meisterschale. Foto: Robin Patzwaldt
Noch immer steht die Leistung von Schiedsrichter Sascha Stegemann beim kleinen Revierderby zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund (1:1) am vergangenen Freitag im Mittelpunkt der Diskussionen von Experten und Fußballfans im Lande.
Sebastian Kehl muss unangenehme Fragen beantworten. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt
Die Personaldiskussionen überlagern bei Borussia Dortmund kurz vor der Aufnahme des Spielbetriebs in der Fußball-Bundesliga an diesem Wochenende alle anderen Themen. Die Unzufriedenheit im Umfeld des BVBs ist nach einer völlig enttäuschenden zweiten Jahreshälfte 2022 groß. Nur Platz sechs in der Liga, das hatten sich viele Fans der Schwarzgelben nach der extrem gehypten Rückkehr von Trainer Edin Terzic im Sommer noch ganz anders vorgestellt.
In der Realität hat sich die Mannschaft unter Terzic nach einem vielversprechenden Start zuletzt nicht weiter, sondern im Vergleich zu den Auftritten unter Vorgänger Marco Rose eher zurück entwickelt. Inzwischen hat sich in Dortmund offenbar die Erkenntnis durchgesetzt, dass es größerer Kaderveränderungen bedarf, wenn es in Zukunft sportlich für den BVB wieder nach vorne gehen soll.
Und auch wenn die in der Ruhrgebietsmetropole erscheinende Tageszeitung ‚Ruhr Nachrichten‘ etwas geschönt von einer anstehenden ‚Kader-Optimierung‘ spricht, es ist in der Realität wohl doch eher eine Art von ‚Bankrotterklärung‘ der für diese Truppe verantwortlichen Kaderplaner Sebastian Kehl und Michael Zorc, die in Kürze beim BVB ins Haus zu stehen scheint.
‚Ich glaub‘ es geht schon wieder los…‘ mag sich heute manch ein BVB-Fan in Anbetracht der neuesten Schlagzeilen mit einem inneren Augenrollen verbunden denken. Wie in den vergangenen Jahren auch schon, droht der Borussia in dieser Spielzeit ein unruhiger Winter, droht der derzeit beste Spieler des Vereins doch einmal mehr zum Objekt wilder, nicht enden wollender Wechselspekulationen zu werden.
Nach Jaden Sancho und Erling Haaland in den Jahren 2020 bzw. 2021, ist aktuell Jude Bellingham der Shootingstar aus Dortmund, dem ein rascher, in den Augen vieler Dortmunder, viel zu früher Abgang im kommenden Sommer bevorstehen dürfte.
Bellingham, der beim BVB derzeit noch bis Sommer 2025 unter Vertrag steht, soll nach übereinstimmenden Berichten, unter anderem auf ntv.de, von diversen Top-Klubs umworben sein. Angeblich sind auch Ex-BVB-Coach Jürgen Klopp und sein FC Liverpool unter den Vereinen, die den jungen Borussen schnellstmöglich an sich binden möchten. Selbst der BVB soll den Berichten nach, seine Chancen auf einen längerfristigen Verbleib seines Starspielers nur als ‚gering‘ einschätzen.
Das ist für die Anhänger des Revierklubs ernüchternd, kämpft der BVB doch schon seit Jahren
Viel dümmer hätte es für den BVB wahrlich nicht laufen können. Jahrelang wurde in Dortmund bereits über die möglicherweise zu große Abhängigkeit der Borussia von ihrem aktuellen Nummer-eins-Stürmer diskutiert.
Egal ob Lewandowski, Aubameyang, Alcacer oder zuletzt Haaland, immer war die Sorge in weiten Teilen des Fanlagers groß, dass die Schwarzgelben in ein riesiges Problem tappen würden, wenn sich ihr aktueller Sturmführer einmal längerfristig verletzen sollte. Nur selten befand sich in den vergangenen Jahren ein vielversprechender Backup im Kader, dem man ohne zu Zögern die Vertretung für mehrere Wochen oder gar Monate bedenkenlos anvertraut hätte.
Dass das Schicksal ausgerechnet in den ersten Tagen nach dem Haaland-Abgang so gnadenlos zugeschlagen hat, den teuren Neuzugang Sebastien Haller mit einem bösartigen Hodentumor für Monate außer Gefecht setzte, ist nicht nur menschlich für den Betroffenen selber extrem tragisch, es wirft auch ein weiteres Mal ein bitteres Licht auf die kritikwürdige Transferpolitik des BVB in den vergangenen Jahren.
Es wirkte wie ein Akt der Verzweiflung. Als die Verantwortlichen beim BVB in dieser Sommerpause Trainer Marco Rose von seinen Aufgaben entbunden und dessen Vorgänger Edin Terzic zurück ins Amt des Cheftrainers hievten, da waren sie bei den Schwarzgelben darum bemüht durch diese Entscheidung eine neue Euphorie rund um den Klub hervorzurufen. Dabei war die Aktion bei näherer Betrachtung eher ein Armutszeugnis für die Personalplanung bei den Dortmundern.
In den ersten Tagen schien die gewählte Taktik jedoch noch aufzugehen. Der BVB wurde wieder viel positiver besprochen. Sowohl medial als auch in den Fankreisen. Die Erinnerung an den erfolgreichen Ausgang der ersten Amtszeit von Terzic als Trainer, in der er mit der Mannschaft u.a. den DFB-Pokal gegen RB Leipzig gewann, und seine authentische Art, die gut ins Ruhrgebiet passt, schienen schon auszureichen um diese bleierne Schwere im Umfeld zu beseitigen, die den BVB zuletzt unter Coach Rose viel zu häufig auszeichnete.
Jetzt, knapp eine Woche vor dem ersten Pflichtspiel, ist von der erhofften Aufbruchsstimmung rund um die Borussia allerdings nichts mehr geblieben.
Sportlich ist der Nutzen von Erling Haaland für Borussia Dortmund unbestritten. Ist der Top-Torjäger des BVB mit auf dem Platz, sind Treffer der Schwarzgelben quasi vorprogrammiert. Fehlt der Norweger hingegen, ist der sportliche Erfolg längst nicht so wahrscheinlich. So gesehen wäre es ein herber Verlust für den Revierklub, sollte Haaland den Borussen im kommenden Sommer nach zweieinhalb Jahren tatsächlich wieder den Rücken kehren, wie es aktuell vielerortsangenommen wird.
Blickt man aber einmal mit etwas mehr Distanz auf die Entwicklung, die der BVB seit ein paar Jahren genommen hat, wäre der Abgang des Stürmers vielleicht auf Sicht sogar von Vorteil für die Borussia, könnte sich der Verein doch so wieder auf die Entwicklung einer schlagkräftigen Truppe kümmern, so wie das noch unter den Jahren eines Trainers Jürgen Klopp der Fall war. Damals gelang es noch mit deutlich geringerem Budget eine hungrige Mannschaft aufzubauen, die sich auch mit dem Klub identifizieren konnte und den BVB nicht nur als Durchlauferhitzer für die eigene Karriere nutzte.
Emre Can bei seiner Vorstellung in Dortmund. Archiv-Foto: BVB
Auch wenn es aktuell natürlich deutlich wichtigere Entwicklungen auf der Welt gibt, dreht sich auch die Sport-Welt in diesen Tagen weiter. Es wird Zeit sich einmal wieder diesen Dingen zuzuwenden, auch wenn dies in Anbetracht der politischen Entwicklungen nicht leicht fällt.
Große Veränderungen deuten sich in diesen Tagen zum Beispiel bei Borussia Dortmund an. Nicht nur, dass sich Klubchef Aki Watzke, zur Überraschung mancher, kürzlich für eine aktive Unterstützung des ungeliebten Nachbarn FC Schalke 04 stark gemacht hat, wenn dieser durch die Trennung von seinem Hauptsponsor Gazprom in ernsthafte Existenznöte kommen sollte, auch Berichte, nach denen der BVB im Sommer gefühlt fast schon vor einer Art Selbstauflösung stehen soll, bestimmen derzeit die Diskussionen bei den Fußballfans hier bei uns in der Region.
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