FFF-Demo am 29. November 2019 in Datteln. Foto: Robin Patzwaldt
Es wird noch einmal spannend heute in Datteln (im Kreis Recklinghausen). Wird der aktuelle Aufruf von diversen ‚Fridays for Future‘-Gruppen der Region, gegen das neue Uniper Kohle-Kraftwerk zu demonstrieren von mehr Resonanz geprägt sein als im vergangenen November, als nur rund 200 Demonstranten dem damaligen Aufruf zum Protest folgten?
Es ist ja doch einiges passiert seither. Seit dem offiziellen Beschluss in Berlin das Kraftwerk im kommenden Sommer auch offiziell, trotz Kohleausstiegsplänen, noch neu ans Netz gehen zu lassen (wir berichteten), gibt es wahrlich genug Anlass für die Gegner des Baus sich noch einmal mit aller Macht gegen die Pläne in Stellung zu bringen.
Datteln 4 erwacht zum Leben. Foto: Franz-Christian Müller
Das umstrittene Steinkohlekraftwerk ‚Datteln 4‘ im Kreis Recklinghausen soll endgültig ans Netz gehen. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur nach dem Spitzentreffen von Bund und Ländern zum Kohleausstieg.
Wirklich überraschend kommt diese Meldung nicht. In den vergangenen Wochen hatten sich die Anzeichen dafür verdichtet. In Zeiten der laufenden Klimadebatte ist die Inbetriebnahme eines neuen Kohlekraftwerks der breiten Öffentlichkeit natürlich nicht wirklich zu erklären. Noch bizarrer stellt sich die Situation allerdings für die betroffenen Anwohner dar. Für diese muss die Entscheidung, nach jahrelangem Kampf gegen die Anlage, wie ein Schlag ins Gesicht sein.
Das Waltroper Landwirte-Ehepaar Greiwing hatte gegen das geplante Kraftwerk in der unmittelbaren Nachbarschaft ihres Hofes, mit Unterstützung des BUND, vor deutlich über zehn Jahren ursprünglich als Vorreiter die Gerichte bemüht und im Jahre 2009 tatsächlich auch offiziell Recht bekommen.
FFF-Demo am 29. November 2019 in Datteln. Foto(s): Robin Patzwaldt
Seit Jahren schon wehren sich Umweltschutzorganisationen wie der ‚Bund‘ und betroffene Anwohner gegen den umstrittenen Kraftwerksneubau ‚Datteln 4‘, der bereits seit Mitte des vorherigen Jahrzehnts scheinbar unaufhaltsam seiner Inbetriebnahme entgegenstrebt, nach aktuellem Stand im kommenden Jahr ans Netz gehen soll.
In Zeiten des geplanten Kohleausstiegs auf Bundesebene und der ‚FridaysForFuture‘-Bewegung eigentlich ein scheinbar bestens geeignetes Thema für entsprechende Proteste, droht hier doch nicht nur ein energiepolitischer Dinosaurier in Betrieb zu gehen, steht der Neubau doch auch an einem Platz, der dafür so gar nicht vorgesehen war (wir berichteten mehrfach).
Nicht erstaunlich also, dass die Bewegung ‚FFF‘ den Meiler an der Stadtgrenze zwischen Datteln und Waltrop im Kreis Recklinghausen nun endlich auch als Protestort für sich entdeckt hat.
Über 500 Teilnehmer wurden am Freitag zu einer Veranstaltung am Kraftwerk erwartet, die sich bis 17 Uhr ziehen sollte. Logisch, dass auch wir, als Blog das diesem Thema im Laufe der Jahre etliche Beiträge gewidmet hat, da nicht fehlen durften.
Das Kraftwerk ‚Datteln 4‘ im September 2014. Foto: Robin Patzwaldt
Es mehren sich die Anzeichen, dass das umstrittene Kohlekraftwerk ‚Datteln 4‘ am Ende doch noch ans Netz gehen wird. Trotz des längst angedachten Kohleausstiegs und dem jahrelangen Gezanke um seinen Standort, soll es im kommenden Sommer wohl ans Netz.
Der Energiekonzern Uniper treibt die Inbetriebnahme seines Kraftwerks am Rande des Ruhrgebiets entschlossen voran und hat dafür inzwischen auch gewichtige Unterstützer gefunden.
Die Unterstützung der Landesregierung ist den Kraftwerks-Freunden und -Erbauern offenkundig sicher. Der Meiler sei „eines der modernsten und effizientesten Kohlekraftwerke in Europa, das alten Anlagen gegenüber auch klimatechnisch deutlich überlegen ist“, hatte Uniper-Chef Andreas Schierenbeck für die inzwischen rund 1,5 Milliarden Euro teure Anlage jüngst öffentlich geworben.
Wenn die Steuerzahler nicht über Gebühr belastet werden sollten, könne es „kaum eine Alternative dazu geben, Datteln 4 ans Netz zu nehmen“.
Bei Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat Uniper mit dieser Argumentation offenbar längst Gehör gefunden. Wenn für ‚Datteln 4‘ ältere und weniger umweltfreundliche Kraftwerke abgeschaltet würden, werde er nicht davon abraten, hatte Laschet laut ‚Welt‘ gesagt.
Was bei diesen Aussagen immer komplett hinten runterfällt, das ist der Hauptgrund warum dieses Kraftwerk eigentlich niemals ans Netz gehen dürfte.
Demo am Kohle-Kraftwerk in Datteln im Jahre 2010. Archiv-Foto: Brigitte Patzwaldt
Es gibt Dinge im Leben, die sind einfach nicht zu verstehen. Und zwar nicht, weil sie etwa zu kompliziert wären, sondern schlicht und einfach weil sie jegliche Logik vermissen zu lassen scheinen. In diese schwer zu akzeptierende Kategorie von Ärgernissen fällt seit Jahren schon das Kraftwerk ‚Datteln 4‘.
Da baut ein Konzern ein riesiges Kohle-Kraftwerk an einen nicht gerichtsfesten Standort, und zwar nach eigenen Bekunden von Anfang an auf eigenes Risiko. Als Gerichte das Projekt ein paar Jahre später dann tatsächlich stoppen, bemühen sich Politik und Stadtverwaltung plötzlich die vom Gericht monierten Probleme zu ‚heilen‘, indem die Rahmenbedingungen, des zuvor auf eigenes Risiko in die Landschaft gesetzten Meilers, der Realität anzupassen versuchen.
Das alleine ist ja schon schlechter ein Witz, und wurde in den vergangenen Jahren hier im Blog auch schon etliche Male thematisiert. Geändert hat das Alles freilich bisher nichts.
Anwohner und Lokalpolitiker protestieren in Datteln. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt
Ich plaudere hier und heute einmal etwas aus dem Ruhrbarone-Nähkästchen. Als ich vor inzwischen knapp neun Jahren zunächst als Gastautor frisch zu den Ruhrbaronen stieß (ist das wirklich schon so lange her? 😉 ), da waren der Kollege Stefan Laurin und ich in politischen Fragen häufig völlig gegensätzlicher Ansicht. Na ja, eigentlich sind wir das streng genommen noch bis heute… 🙂
Ich war damals jedenfalls ein ziemlich engagierter Kritiker des Kraftwerks ‚Datteln 4‘, Stefan sah die ‚Gegner‘ des Kohle-Meilers als so eine Art egoistische Kämpfer gegen die Interessen der Allgemeinheit an, wenn ich das einmal so kurz und flapsig zusammenfassen darf.
Waltrops Bürgermeisterin Nicole Moenikes (CDU) im exklusiven Ruhrbarone-Interview.
Im Frühjahr 2014 setzte sich die damalige CDU-Bürgermeisterkandidatin Nicole Moenikes, ein bis dahin lokalpolitisch noch völlig unbeschriebenes Blatt, in der Stichwahl gegen die Amtsinhaberin und haushohe Favoritin Anne Heck-Guthe (SPD) in Waltrop (Kreis Recklinghausen) sensationell durch.
Die Bürger wählten mit ihr ‚frischen Wind‘, wünschten sich mehrheitlich den im Wahlkampf versprochenen neuen Schwung für das überschuldete Städtchen im Norden von Dortmund.
Gut fünf Jahres ist es jetzt auch her, dass Ruhrbarone-Autor Robin Patzwaldt, der selber seit 1973 in Waltrop lebt und sich auch hier im Blog in den vergangenen Jahren mit vielen Themen der Region immer wieder beschäftigt hat, mit der Überraschungssiegerin, kurz nach ihrer Amtseinführung, ein ausführliches Interview über die vielen Herausforderungen die damals vor ihr lagen führte.
Von der großen Schuldenlast (Waltrop liegt seit Jahren in den Top-10 der Städte mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung in NRW), über die seit Jahren vorherrschenden Streitthemen NewPark, Kraftwerk Datteln 4, bis hin zum Trianel-Meiler in Lünen und B474n. Es liegen vergleichsweise viele überregional mit Interesse begleitete Themenpakete auf den Schreibtischen im Waltroper Rathaus. Und das schon über viele Jahre.
Im kommenden Jahr sind bekanntlich wieder Kommunalwahlen in NRW. Noch hat sich Moenikes nach eigener Aussage nicht entschieden, ob sie eine weitere Amtszeit anstreben wird. Doch was ist aus den großen Plänen von damals geworden? Was hat die Bürgermeisterin von den Vorhaben aus ihrer Sicht inzwischen umsetzten können, woran hapert es aktuell ihrer Meinung nach noch?
Das Kraftwerk ‚Datteln 4‘ im September 2014. Foto: Robin Patzwaldt
Es ist erst ein paar Tage her, da haben wir hier an dieser Stelle darüber berichtet, dass rund um den umstrittenen Kraftwerksneubau ‚Datteln 4‘ noch immer die leidige Debatte kreist, dass dort gigantisch viel Geld zum Fenster heraus geworfen wird.
Sollte der geplante Kohleausstieg Realität werden, woran es bei der momentanen politischen Stimmung im Lande eigentlich keine Zweifel geben dürfte, dann ist das am Ende auch tatsächlich so.
Über 1,2 Milliarden Euro wurden dort bereits verbaut. Seit Jahren reckt sich der gigantische Kühlturm von der Höhe des Kölner Domes in die Landschaft, ohne das das Kraftwerk bisher seinen Betrieb aufgenommen hätte, obwohl die teure Technik im Neubau seit langem schon weitestgehend eingebaut ist.
Wäre im Herbst 2017 der Kessel des Meilers nicht auch noch zum technischen Fiasko geworden, da er im Probebetrieb Risse bekommen hat, das Kraftwerk würde inzwischen wahrscheinlich schon knapp zwei Jahre lang laufen. Trotz der noch immer ungeklärten juristischen Situation. Entsprechende Klagen sind weiterhin anhängig.
Heute macht die Lokalpresse rund um Datteln mit einem nahezu halbseitigen Bericht die Anwohner der Region darauf aufmerksam, dass das Kraftwerk
Das Kraftwerk `Datteln 4´ Anfang 2014. Foto: Robin Patzwaldt
Seit gut 10 Jahren interessiere ich mich jetzt für die leidigen Vorgänge rund um das Kraftwerksprojekt ‚Datteln 4‘. Damals wurde der Bau, der schon zuvor jahrelang lokal diskutiert wurde, juristisch gestoppt, was überregional für Aufmerksamkeit sorgte. Das Gerichtsurteil weckte endgültig auch meine Aufmerksamkeit und ich begann mich in die Angelegenheit einzulesen, schloss mich kurz darauf der Fraktion der Kraftwerkskritiker an, begann kurz darauf bei den Ruhrbaronen über die Geschehnisse und meine Gedanken rund um das Projekt zu schreiben. Stammleser dieses Blogs werden sich sicherlich erinnern.
Vom ersten Tag an dem ich mich mit dem Meiler beschäftigt habe an, kursierten stetig diverse Argumente, die schlicht falsch waren und es bis heute sind. Hundertfach habe ich gemeinsam mit einigen anderen Kritikern des Kraftwerks seither versucht diese Dinge in der öffentlichen Diskussion richtig zu stellen. Es ist bis heute nicht gelungen, wie ich gestern erst wieder lesen musste.
Das umstrittene Kraftwerk zwischen Datteln und Waltrop im Mai 2011. Foto: Robin Patzwaldt
Das Kraftwerk ‚Datteln 4‘ im Kreis Recklinghausen beschäftigt bekanntlich seit Jahren die Gerichte. Vor rund 10 Jahren wurde der Bau juristisch gestoppt, ihm die Baugenehmigung entzogen, da diese fehlerhaft war. Kritiker des Vorhabens freuten sich seinerzeit über die Einordnung des Kraftwerks als ‚Schwarzbau‘. Dann setzten Bemühungen ein, das Projekt politisch zu retten, den Meiler am Ende doch noch ans Netz zu bringen.
Bis zum heutigen Tage ist der Ausgang der Geschichte offen. Technisch (Probleme mit dem Kesselstahl), politisch (Zielabweichungsverfahren usw.) und auch juristisch (anhängige Verfahren). Stehen tut der Bau, dessen Kühlturm der Höhe des Kölner Domes entspricht, aber noch, er wird sogar weiter gebaut. Über eine Milliarde Euro hat der Bauherr inzwischen auf eigenes Risiko verbaut. In diesem Blog haben wir uns schon häufig damit beschäftigt und emotional diskutiert.
Wenn man dann aber einmal andere Urteile liest, so wie ich heute, dann kommen einem Zweifel an unserem Rechtssystem und an der Frage, ob Recht wirklich für alle gleich ist.
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