Vor dem Gericht 3 (und irgendwie auch 1)

Amtsgericht Dortmund, Foto: Lucas Kaufmann, CC 3.0
Der Vollständigkeit halber… Manchmal stellt man sich an einer Schlange an, übt sich in Geduld, kommt langsam voran, sehr langsam, also wirklich sehr langsam, aber irgendwann, irgendwann ist man endlich am Ziel. Fast.
Nach einer Stunde vor der Sicherheitsschleuse des Amtsgerichts öffnet sich endlich für einen die Tür, also die eine Tür. Die Tür, hinter der sich noch eine zweite befindet. Aber auch die öffnet sich irgendwann. Geraffel wird geröngt, mehr Geraffel wird in Körbchen gelegt und Gürtelschnallen werden gedreht… und nachdem dann irgendwann alles in Ordnung ist, kommt dann irgendwann, irgendjemand, auf die Idee zu fragen, was man denn eigentlich will. „Hm… also… da sind Sie hier falsch, da müssen Sie, über den Platz, rüber ins andere Gebäude…“

Vor dem anderen Gebäude. Keine Schlange. Eine Klingel, ein Summer und ZACK ist man drin. In der Schleuse. Okay, man kennt das ja… Geraffel aufs Band, mehr Geraffel ins Körbchen… wenn da ein Körbchen wäre…

Franz: Wo soll ich denn…?

Justizbeamter: (Sein Körper dreht sich langsam vom Wasserkocher zum Mikrofon) Hm?

F: Wo kann ich das Zeug…?

JB: Legense mal da vorne drauf…!

Also, Geraffel auf das Band, mehr Geraffel irgendwo auf den Tresen in den toten Winkel. Vorrausschauend schon mal die Gürtelschnalle umgedreht und dem Beamten gezeigt. Sein Körper befindet sich immer noch vor dem Mikrofon…

JB: Hm?

F: Ich wollt‘ Ihnen nur… also… das ich nix unter der Gürtelschnalle…

JB: Genau… drehen Sie mal die Gürtelschnalle…

F: Mach ich doch gerade…

JB: Gürtelschnalle…

F: Jahaa doch…

JB: (Er hat sich in der Zwischenzeit vom Mikrofon abgewandt. Schaut kurz duch das grünschimmernde Glas und nickt, alles in Ordnung.)

F: Das ist ja alles ziemlich entspannt hier bei Ihnen.

JB: (Sein Körper schnellt zum Mikrofon) Hm? (Der Körper sinkt zurück in den Stuhl. Stuhl und Körper drehen sich zum Wasserkocher… KLICK, der Wasserkocher wird eingeschaltet)

F: Das ist ja alles viel entspannter als bei den Kollegen gegenüber…

JB: (Langsam dreht sich der Körper zum Mikrofon)

F: …?

KLACK! Der Wasserkocher ist mit seiner Arbeit fertig.

JB: (Ups, der Wasserkocher ist mit der Arbeit fertig. Beschwichtigende Handgeste zu F. Langsam dreht sich der Körper im Stuhl zum Wasserkocher, nimmt den Wasserkocher, zielt, gießt Wasser in die bereitstehende Tasse…)

F: …?

JB: (Dreht den Körper im Stuhl zum Mikrofon… Mist… den Tee vergessen… Langsam schwingen Stuhl und Körper zurück zur Tasse mit Wasser. Durch die Scheibe eine beschwichtigende Handgeste zu F. Teebeutel langsam aus der Schachtel pulen… zielen… Teebeutel in der Tasse mit heissem Wasser versenken.)

F: (Hat sich in der Zwischenzeit schon wieder komplett angezogen und das Gerödel in den Hosentaschen verteilt)…?

JB: (Dreht den Körper im Stuhl zum Mikrofon, streckt die Hand aus, um den Sprechknopf zu drücken… Mist… den Zucker vergessen… Langsam schwingen Stuhl und Körper zurück zur Tasse mit Tee. Zucker suchen… ah… da ist er… Zucker in den Tee streuen…)

F: (Wo geht es hier eigentlich wieder raus)…?

JB: (Dreht den Körper im Stuhl zum Mikrofon, die Hand nähert sich dem Sprechknopf, drückt den Sprechknopf…) Jo…! (Mist… Umrühren vergessen, der Körper schwingt zurück…)

F: Äh… was?

JB: (Bremmst den freien Fall des sich drehenden Bürostuhls, schaltet auf vollen Umkehrschub und wuchtet sich und den Drehstuhl zurück zum Mikrofon) Jo… so ist Leben!

Weder Leonidas noch Dragoslav Stepanović hätten es besser auf den Punkt bringen können.

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