Mein Gott ist der Limbecker Platz schäbig

Heute habe ich mir den Limbecker Platz von außen angesehen. Ich war erschrocken.

Foto: Flickr.com / allstar.marco

Das Ding ist richtig häßlich. Wie eine 90er Jahre Bausünde. Diese ganze Arkaden-Kacke in Berlin etwa. Das einzige was am Limbecker anders ist, sind diese weißen Knubbel an der Seite, die wie Pickel am Arsch kleben. Die ganze Umgebung: eine Wüste, menschenfeindlich, abweisend, unwirtlich.

Das soll der große Wurf sein? Zu dem drögen Dingen wurde der Münchener "Star-Architekt" Gunter Henn von der berühmten Kleid-Szene in „Das verflixte Siebente Jahr“ mit Marilyn Monroe inspiriert? Da haben wohl ein paar PR-Fuzzis zuviel Kraut geraucht. Oder der Henn hat keine Ahnung von Sex.

Der Limbecker Platz ist von außen jedenfalls tagsüber absolut unsexy. Im Gegensatz zur Monroe. Die auch Tags eine gute Figur machte.

P.S. Hier startet der Wettbewerb "Ugly Ten": Wer macht das mieseste Foto von dem Pickel-Ding? Schicken Sie ihre Beiträge an info@ruhrbarone.de.

Kommenden Sonntag (13. April) sehen Sie dann hier die Auswahl der dreckigsten, schmierigsten und ekeligsten Pix des Limbecker Platzes.

 

Ein Lautartikel zum 60. Geburtstag

Foto:flickr.com/schuttmasse

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung wird heute sechzig. Und der Chefredakteur bietet eine Sensation: Den gebellten Leitartikel. klick
"Revolution? Ja klar!" heißt das Stück (warum auch immer), und es gehört ins Stilbuch eines jeden Printlers. Eine Festschrift wie eine Dienstanweisung. Oder: Wenn Franz Müntefering eine Zeitung wäre, so würde er bedruckt werden. Markig, zackig, schnoddrig. Ulrich Reitz, der x-fache Familienvater, X-Chef der Rheinischen Post und x-konservative fetzt die Sätze aus der Hüfte, da kauen andere noch verzagt an ihrem Bleistift herum.

Zum Geburtstag meine private Reitz-Sätzliste als Top-Ten:   

Platz 10)   2008, das ist die Bewältigung von Überfluss.
Platz 9)    1948, das war der Umgang mit Knappheit.
Platz 8)    Hier wird aus dem Gestern das Morgen.
Platz 7)    Aber es ist nicht mehr nur das Gestern.
Platz 6)    Sondern auch das Heute und Morgen.
Platz 5)    Das hat Folgen.
Platz 4)    Das Anspruchsvolle bodenständig dargebracht.
Platz 3)    Die Nachricht bleibt, aber die Analyse holt auf.
Platz 2)    Nicht wir haben den Scoop geschafft, sondern: Sie.
Platz 1)    Und wer weiß, was noch alles kommt.

Ruhr hoch n: Es tut sich was

Initiativkreis Ruhr, die Wirtschaftsförderung des Reviers und der RVR wollen künftig  in Sachen Ruhrgebietskommuniktaion kooperieren.

Und manchmal bewegt sich doch etwas im Ruhrgebiet: Nachdem der Inititaivkreis Ruhr mit seiner Kampagne Ruhrn Teamwork Capital vorgeprescht und dafür in die Kritik geraten ist, setzen sich nun alle Verantwortlichen in der Region zusammen – auch RVR-Chef Klink, der vor kurzem eine Ruhrgebietskampagne noch für vollkommen überfflüssig hielt (oder überflüssig halten mußte). In einer Erklärung des Initiativkrteises heißt es:
"Zusammen mit dem Regionalverband Ruhr (RVR), der Wirtschaftsförderung  Metropole Ruhr und der Ruhr 2010 GmbH arbeitet der Initiativkreis Ruhrgebiet  an der zeitlichen, inhaltlichen und zielgruppenorientierten Synchronisierung  der Kommunikation für das Ruhrgebiet. Ausgehend von den Reaktionen auf das Dachmarkenkonzept Ruhrn TeamworkCapital der Düsseldorfer Agentur Grey soll die Kommunikation für die Metropole Ruhr hinsichtlich der Zielgruppen,  Maßnahmen und Inhalte koordiniert und abgestimmt werden. Dabei sollen Anregungen und Ideen aus den beteiligten
Institutionen möglichst in das Dachmarkenkonzept des Initiativkreises  eingearbeitet werden."

Das klingt doch einmal wirklich  gut – und ich bin selten optimistisch, diesmal aber schon,  weil kein Kirchturmpolitiker dabei ist. Schön – hoffentlich kommt etwas dabei rum.

Aufklärung? – Ach neeeeeee, doch nicht in Bottrop

Kennen Sie Bottrop? Nein, das ist diese kleine verschlafene Stadt am Nordrand des Ruhrgebietes. Hier herrscht Ruhe.

c: Stadt Bottrop

Ich bin Bürger in Bottrop. Und mir kommt diese Ruhe oft trügerisch vor. Wie ein Morast, unter dessen Oberfläche die fauligen Schlämme sich verquirlen, zusammenschmieren und irgendwann hochkommen und explodieren

Warum denke ich das? Es sind ein paar Beobachtungen, die mich mißtrauisch machen. Ich sehe NPD-Sticker an Laternenpfählen. Ich höre von Naziparties und von Schlägereien.

Wussten Sie, dass einer der Täter aus dem Siegburger Knast aus Bottrop kommt? Ja, einer von denen, die ihren Zellenkumpel zu Tode gefoltert haben, lebte hier. In Bottrop. Und hat Schwulenpornos gedreht.

Bottrop ist beschaulich, sagen alle.

Mir kommt es so vor, als sei Bottrop so verlogen, wie der Säufer, der seinen Kindern sagt, eine Flasche Korn am Abend sei völlig OK.

Vor ein paar Tagen habe ich Flugblätter von PRO NRW gesehen. Die hatten irgendwelche Typen in die Briefkästen der Stadt gesteckt. Auf den Flugblättern war ein roter Kreis, mit einem roten Querbalken. Im Kreis, eine Moschee. Darüber der Spruch "Nein zu Minaretten und Muezzinruf" Darunter: "Islamistische Terrorgefahr bekämpfen:"

Mit dieser Rechts-Propaganda versucht PRO NRW in Bottrop Stimmen bei den kommenden Kommunalwahlen zu gewinnen.

Ich wollte meine Stadt über PRO NRW aufklären.

Deswegen habe ich bei der Lokalzeitung angerufen. Bei dem örtlichen Chefredakteur der WAZ. Ich hab ihm gesagt, dass ich freier Reporter bin. Ich hab ihm gesagt, dass ich seriös arbeite. Dass ich vor kurzem den Wächterpreis gewonnen habe. Zwar nur den dritten Platz, aber immerhin. Ich habe dem örtlichen WAZ-Chef gesagt, dass ich gerne über PRO NRW in Bottrop schreiben würde. Damit die Menschen in unserer Stadt wissen, wer sich hinter der Biedermann-Fassade versteckt.

Pro NRW. Das ist ein rechtsdrehender Verein, der mit übler Propaganda versucht, Dummköpfe zu ködern. Der Verfassungsschutz beobachtet die Bande. Fast wie unter einer Tarnkappe schleichend will die Truppe landesweit bei den kommenden Kommunal- und Landtagswahlen antreten. Ortsverbände gibt es schon in Gelsenkirchen, Bottrop, Nettetal und Warendorf.

Hinter Pro NRW steckt die fast gleichnamige Gruppe Pro Köln. Hier in der Domstadt, da haben die Populisten ihren ersten Erfolg gefeiert. Sie sitzen im Stadtrat. Dank ihrer verquasten Hetz-Sprüche.

Die „Pro Köln“-Aktivisten nennen sich "seriös“ und „demokratisch“. Es soll scheinen, als gehöre man zur politischen Mitte, sei sogar die „Stimme der schweigenden Mehrheit der einheimischen Bevölkerung“. Kritik wird als „billige propagandistische Masche“ des Establishments abgetan. „Werden Sie misstrauisch, wenn irgendjemand den Eindruck zu erwecken versucht, Pro Köln würde mit Rechtsextremisten gemeinsame Sache machen“, heißt es auf der Pro-Köln-Homepage.

Tatsächlich aber laufen im Umfeld der Gruppe und ihres politischen Vorläufers der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ haufenweise dubiose Figuren herum.

Da ist der glühende Hitler-Verehrer Thomas Adolf etwa.

Adolf fuhr den damaligen Liga-Aktivisten und heutigen Pro-Köln-Stadtrat Manfred Rouhs zu Veranstaltungen. Später machte er als „Killer von Overath“ von sich reden. Mit einer Schrotflinte erschoss er einen Anwalt, dessen Frau und Tochter.

Manfred Rouhs selber ist auf einem Foto zu sehen, wie er auf einer Demo für die Jungen Nationaldemokraten redet.

Jungen Nationaldemokraten – hinter dem Titel verbirgt sich die Jugendorganisation der rechtsextremen NPD.

Der Neonazi-Führer Axel Reitz gab schon mal als Berufswunsch „SA-Standartenführer“ an. Seine politischen Gegner wollte er mit eigenen Worten eines Tages auf den „Marktplatz stellen und erschießen."

Für Pro Köln hat Reitz nach eigenen Angaben eine Kundgebung organisiert – was die Kölner Rechten bestreiten.

Das sind die Kumpane, mit denen sich der Jupp Scholand eingelassen hat.

Jupp Scholand, Ex-Bergmann, Diplom-Ingenieur, 53 Jahre, baut mit offenem Bezug auf die Kölner Truppe den Kreisverband der Neodumpfer in Bottrop auf.

Sein Thema: "In Köln und Duisburg hat die Bevölkerung massive Kritik am Bau von Groß-Moscheen geäußert. Schon morgen kann es Bottrop treffen."

Ich habe dem Bottroper WAZ-Chef gesagt, dass ich gerne über die Hetzer im "seriösen" Kleid schrieben würde.

Der lokale WAZ-Chef hat abgelehnt. Er sagte, er wolle den Rechten keinen Platz in seiner Zeitung einräumen. Ich sagte, ich würde keine Propaganda Pro Scholand schreiben. Ich würde dafür sorgen, dass die Bottroper erfahren, wer hinter der Pro Truppe steckt. Damit sie nicht auf die Propaganda reinfallen. Ich habe gefragt, was der lokale WAZ-Chef von Aufklärung hält.

Der lokale WAZ-Chef hat gesagt: Aufklärung sei nicht nötig.

Vielleicht hat er ja recht, wenn er meint, die Rechten würden sich über jeden Text in der Zeitung freuen – auch wenn sie verrissen würden. Vielleicht hat er recht zu ignorieren, was da aus der Gosse stinkt.

Aber ich glaube an die Kraft der Aufklärung.

Die Menschen müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben. Sie brauchen keine selbstgewählte Zensur, sondern klare Worte. Gerade wenn es um Pro NRW geht.

Nur Aufklärung garantiert Freiheit.

Darum wurden Zeitungen einst gegründet, verboten und im Untergrund verteilt.

 

 

 

 

 

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Ruhr hoch n: Warum es mit den OBs noch schlimmer gekommen wäre

Die Oberbürgermeister kritisieren den neuen Slogan des Initiativkreises Ruhr – und belegen mit ihren Argumenten, warum es keinen Sinn macht, mit  Lokalpolitikern über das Ruhrgebiet zu reden.

Auf einem Forum der WAZ waren sie sich alle einig: Ruhrn TeamworkCapital taugt als Slogan für das Ruhrgebiet nicht: Die OBs von Duisburg (Adolf Sauerland), Bochum (Ottilie Scholz), Essen (Wolfgang Reiniger) und Mülheim (Dagmar Mühlenlfeld) unterscheiden sich da wenig vom Rest der Bevölkerung, die der Kampagne eher kritisch gegenüber steht. Aber außer der Einigkeit in der Ablehnung kam da nicht viel: Mühlenfeld will eine Kampagne erst nach der Kulturhauptstadt 2010, Sauerland nicht nur Ruhr sondern Rhein-Ruhr (Obwohl Köln erklärt hat, dass man keine Interesse an einer Kooperation mehr hat)  und Scholz  und Reiniger finden den Slogan an sich eher blöd. Klar, mit der fulminanten Bochumer Kampagne "Bochum macht jung" kann so schnell nichts mithalten. Eine Idee wie es besser geht? Keine Spur. Die Ankündigung einer gemeinsamen Initiative? Fehlanzeige. Man mag ja über die Kampagne des Initiativkreises denken was man will – aber es ist wenigstens eine Kampagne – und damit mehr, als die Oberbürgermeister mit ihren Kooperationsversprechen bislang geleistet haben, denn eine eigene  Revierkampagne  ist nicht in Sicht. Dafür aber ganz viele kleine städtische…

C’est la vie, Sellerie

Weil erst morgen Volksverdummungstag ist, heute nur wahre Meldungen:
 
1) Schlappe auf Schalke. Das Finale des UEFA-Pokals 2010 wird nicht in der Arena auf Schalke, sondern im Hamburger ADW-, Signal-, Nordbank-, wieauchimmer-, Stadion stattfinden. klick Zuvor hatte sich die Ruhr 2010 GmbH und Schalke 04 intensiv um eine Austragung des Endspiels im kleinen Europapokal bemüht. Im Kulturhauptstadtjahr sollten dadurch Fußball und Kultur zusammen finden.

2) Und der WDR-Essen meldet am Wochenende das:

Mit gemeinsamen Projekten wollen Istanbul und das Ruhrgebiet das Jahr 2010 gestalten. Die türkische Millionenstadt am Bosporus ist gemeinsam mit dem ungarischen Pecs und dem Ruhrgebiet im Jahr 2010 Europäische Kulturhauptstadt. Mit dem Regie-Star Peter Sellers soll ein gemeinsames Projekt erarbeitet werden, erklärte Nurin Colakoglu am Rande eines Empfangs beim deutschen Generalkonsul in Istanbul dem WDR. Der Chef eines großen türkischen Medienkonzerns leitet das Komitee Istanbul 2010. Außerdem werde die Rossini-Oper über Mohamed II., den Eroberer Istanbuls 2010 in Essen und Istanbul gezeigt. Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Hans-Georg Knopp sagte seine Unterstützung zu. In der heutigen Zeit sei es wichtiger zusammenzuarbeiten, als sich gegenseitig zu zeigen, was man alleine leisten könne. Das Goethe-Institut in Istanbul arbeitet daran auch für 2010.

Dazu eine Anmerkung: Erst denkt man, na hoppla, Peter Sellers ist doch gar nicht mehr. Dann denkt man, na hoppla, Peter Sellars eigentlich auch nicht – zumindest dürfte der "Regie-Star" nach dem Hick und Hack um seine Intendanz nur noch wenig Lust aufs Ruhrgebiet haben (klick). Und schließlich denkt man, na hoppla, Peter Sellers lebt . . . als Chef der BospoRuhr 2010. Bombe.

flickr.com/ron-dorothy

Schmutzige Geschäfte in Mülheim

Die Geschichte von Mülheim an der Ruhr ist schmutzig. Es geht um Bestechung, Ämterkauf und dubiose Zeugen. Im Zentrum der Affäre: die Mülheimer SPD und ein offenbar gekaufter Ratsherr.

  Zentrale der RWW in Mülheim an der Ruhr copyright: frankstorkmh @ flickr.com

Man muss weit zurückgehen, um zu verstehen, was in diesen Tagen in der kleinen Ruhrstadt, eingeklemmt zwischen Duisburg und Essen, aufbricht wie ein Geschwür, das nie heilen konnte.

Es begann im Jahr 2001. Damals bereitete die Stadt Mülheim eines der größten Privatisierungsvorhaben in der Geschichte des Ruhrgebietes vor. Die Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW) sollten verkauft werden. Ein komplizierter Deal. Mehrere Kommunen hatten sich unter Leitung der Mülheimer Stadtverwaltung zusammengeschlossen, um möglichst viel Geld herauszuschlagen. Es gab nur zwei nennenswerte Bieter. Auf der einen Seite der Gelsenwasser Konzern und auf der anderen das RWE mit seiner Tochterfirma RWE Aqua.

Nach zähen Verhandlungen und einem dubiosen Vergabeverfahren, an dessen Ende RWE und Gelsenwasser bis auf den Cent genau die Summe von 113 Millionen Euro boten, drohte ein Debakel. Während die SPD für einen Verkauf an das RWE war, favorisierte der damalige OB Jens Baganz einen Verkauf an Gelsenwasser. Gleichzeitig mobilisierte die Mülheimer Bürgerinitiative MBI ihre Ratsmitglieder gegen den Verkauf. Eine Entscheidung im Stadtrat schien nicht mehr gewiss.

In dieser heißen Phase fiel die Aufmerksamkeit der Macher auf den MBI-Mann Mounir Y. Vor allem die SPD-Strippenzieher wirkten im Hintergrund: Würde der Y. in ihr Lager wechseln, wäre der Verkauf an das RWE gesichert.

Tatsächlich wurde Mounir Y. erfolgreich bearbeitet. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung wechselte der gebürtige Marrokaner die Seiten. Damit sprengte er die Fraktion der MBI und verschaffte der SPD mit ihren Partnern von der FDP eine stabile Mehrheit pro RWE.

Allerdings wurde Y. damals wohl auch mit unlauteren Mitteln massiert. Wie vor kurzem bekannt wurde, hat Mounir Y. offenbar als Gegenleistung für seinen damaligen Seitenwechsel einen gut dotierten Job bei den SPD-kontrollierten Müllwerken bekommen. Und obendrauf einige Aufsichtsrats- und Ausschussmandate.

Es häufen sich weitere Unstimmigkeiten: Bei seiner Einstellung als Leitung einer Vergärungsanlage hat Mounir Y. gefälschte Uni-Zeugnisse vorgelegt. Der Neu-Genosse gab sich als Diplom-Chemiker aus. Dabei hatte er nie die erforderlichen Prüfungen abgelegt. Zudem ließ sich Y. Überstunden auszahlen, die er offenbar nie abgeleistet hat. Diese Vorwürfe wurden mittlerweile vor dem Arbeitsgericht Oberhausen erhärtet.

Für den Vorsitzenden der MBI, Lothar Reinhardt ist das alles ein klarer Fall von Korruption. „Mr. Y. hat sein MBI-Ratsmandat meistbietend verkauft.“

Wer wusste von diesen Umstimmigkeiten? Nach Auskunft aus der SPD-Fraktion in Mülheim sind die ehemaligen SPD-Vormänner, Gerd Müller und Thomas Schröer, für den Deal verantwortlich. Beide waren eng mit RWW verbunden – Müller als Geschäftsführer, Schröer als Aufsichtsratschef. Weil beide tot sind, kann man allerdings sie nicht mehr fragen, ob diese Mär stimmt.

Trotzdem ist die Geschichte nicht beerdigt. Nachdem die Vorwürfe gegen Y. bekannt wurden, hat die SPD ihren Fraktionsvorstand aus der Partei entfernt. Trotzdem will sie ihn nicht aus den verschiedenen Aufsichtsräten und Ausschüssen abwählen. Auch sein Ratsmandat kann Mounir Y. behalten. SPD-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld will sich nicht zu den Vorgängen äußern. Gibt es etwa weitere pikante Details des Stimmenkaufs zu verschweigen, die Y. enthüllen könnte? Die Vermuttung liegt nahe, den die SPD belässt den schmierverdächtigen Ratsherrn tatsächlich ausgerechnet im Amt des stellvertretender Vorsitzender im Rechnungsprüfungsausschuss.

Eine zweite Geschichte beginnt. Vor wenigen Tagen präsentierte die WAZ einen Zeugen, der behauptete im Auftrag einer Beratungsfirma des RWE dem Abgeordneten Y. 20.000 Mark zugesteckt zu haben, damit dieser zu den RWE-Kollegen von der SPD kommt. Der Zeuge Christian L. hat eine entsprechende eidesstattliche Versicherung abgegeben. Sowohl RWE als auch die Beratungsfirma bestreiten aber die Bestechungsvorwürfe.

Und tatsächlich erweist sich der Zeuge bei genauem Blick als sehr unzuverlässig. Gegen Christian L. ihn laufen Vollstreckungsbefehle, Taschenpfändungen werden vorbereitet. Gegenüber Bekannten prahlte er kürzlich damit bald zurück „nach Mallorca“ zu gehen. Für Christian L. ist die Insel kein Neuland. Als vorbestrafter Steuerhinterzieher und Unfallflüchtiger war er während eines Hafturlaubs dorthin geflüchtet. Menschen die den gebürtigen Bottroper Christian L. kennen, bezweifeln, dass der „notorische Lügner“ im Fall des Stimmenkaufs die Wahrheit sagt: „Der erzählt nur Mist.“

Für den CDU-Oberbürgermeisterkandidaten Stefan Zowislo ist das alles nicht mehr nachvollziehbar. „Die alten Fälle müssen endlich aufgeklärt werden. Wir brauchen einen politischen Neuanfang.“ Es sei unmöglich, dass die SPD die ganze Verantwortung auf zwei Tote abschiebt.

Limbecker Platz: „Andere Zentren werden den Preis zahlen!“

Shopping Malls sind mittlerweile ein weltweites Phänomen. In den USA, in denen sie „erfunden“ wurden, gelten sie seit vielen Jahren als eine der sichersten und profitabelsten Investitionen und damit auch als beliebte Geldanlagen.

Limbecker Platz. Foto: Görges

Es gibt weit mehr als 30.000 davon und beim Größenvergleich läge das CentrO selbst in der erweiterten Fassung in Nordamerika gerade mal in der „unteren Mittelklasse“. Das ist im Land des Automobils, in dem es so etwas wie  eine „Innenstadt“, die eben nicht mit einer „Downtown“ zu vergleichen ist, nur in wenigen Ausnahmefällen gibt, nicht verwunderlich.

Das solche Anlagen jedoch in Europa einen solchen Siegeszug antreten konnten, ist im ersten Moment erstaunlich. Bei näherer Betrachtung hat sich dieses Konzept aber erst nach einer Anpassung an die „europäischen Bedürfnisse“ flächendeckend durchsetzen können. Am CentrO, einem der ersten größeren Projekte dieser Art in Europa, kann man dass schon studieren. Die „ Außenpromenade“ wurde von dem hinzugezogen  deutschen Architektenteam den angelsächsischen Promotoren förmlich aufgedrängt und erst in der Kombination mit dem Druck der Stadt Oberhausen möglich.

Aus dieser „Zuwendung“ zur städtischen Umgebung wurde bei zunehmendem generellen Protest gegen die Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ stufenweise das „integrierte Citymall“, wie es vor allem der Großentwickler ECE seit Jahren propagiert und realisiert. „Integration“ bezieht sich dabei aber nicht nur auf den Standort der Mall sondern auch auf seine äußere Erscheinung. „Fassade“, ein Fremdwort für die meisten amerikanische Malls, bei denen es vor allem auf das Innenleben ankommt, ist in Europa und vor allem in Deutschland zunehmend ein Schlüsselbegriff. Genauer gesagt müsst man von einer attraktiven Hülle sprechen, denn das Innenleben einer Mall richtet sich jenseits des jeweiligen Designs ausschließlich nach dem ausgesprochen erfolgreichen Geschäftsprinzip.

Da dies im wesentlichen gleich geblieben ist, haben alle Malls aber einer bestimmten Größenordnung  im Inneren eine erstaunliche räumliche Ähnlichkeit genauer gesagt fast immer die gleiche Raumstruktur. Diese „strukturelle Langeweile“, die sich nach dem Besuch mehrer dieser Konsumtempel automatisch einstellt, wird mit immer aufwendigerem Interieur, erweiterter Möblierung, Naturversatzstücken, „Platzgestaltung“ und „Themendesign“ quasi zu vertuschen versucht. Das Ergebnis ist, im Verhältnis zur ersten Generation, zumindest wenn man im System denkt, eine ausgesprochen anspruchsvolle Architektur im Innen- und Außenbereich, erstaunlichen Aufenthaltsqualitäten und die zunehmende Verwendung anspruchsvoller Materialien. Alles zusammen erst macht den Januskopf dieser neuen „Innenstadtkathedralen“ aus. Sie haben einerseits das Potential zur überstädtischen Attraktion und andererseits ziehen sie alleine so viele „Konsumgläubige“ an, dass für die anderen Anbieter häufig weniger überbleiben.

Malls haben deswegen eine ganze andere Wirkung als die früheren „Kaufhäuser“.  Sie sind nicht mehr nur die unverzichtbare „neuen“ Attraktoren  bzw. Ankerpunkt der „neuen“ Innenstadt sondern sie haben zugleich einen enormen und beabsichtigten „Staubsaugereffekt“. In Oberhausen hat dieser der ehemalige Innenstadt zumindest als Einkaufsort jede Luft zum atmen genommen. Auch die Untersuchungen für andere Städte zeigen nur in weniger als der Hälfte der Fälle einen Kaufkraftgesamtzuwachs für die betroffenen Zentren. Mal sehen was in Essen passiert.

Meine Hypothese: Das neue „State of the Art“ Mall wird nicht so erfolgreich sein wie es sich die Investoren vorgestellt haben und die Stadt Essen es sich wünscht. Es steht  nämlich, eben weil es eine Mall ist, auch in direkter baulich-räumlicher 1:1 Konkurrenz mit dem CentrO. Während dieses vor allem davon profitierte, dass es  das erste in der gesamten Region war, ist das bei der Karstadtmall eben nicht der Fall. Gleichzeitig und aus gutem Grund rüstet das CentrO weiter auf während die Stadt Oberhausen sein Umfeld um weitere Attraktion bereichert.

Es kann aber auch sein, dass die enge räumliche Kombination der Karstadtmall mit der Essener Innenstadt einen Effekt erzeugt, den ich  als die Kombination von räumlich geschlossener und räumlich offener Zentralität  bezeichnen würde. Allgemeiner verständlich: Das Mall wird deswegen so interessant, weil es in direkter Kombination mit „echter“ Stadt „benutzt“ werden kann, was in Oberhausen nach wie vor nicht der Fall ist. Dort hat die Stadt es bis heute nicht geschafft, den Eindruck eines „Flughafenumfeldes“, wenn auch auf gestalterisch höherem Niveau zu vermeiden bzw. es entsprechend zu verändern.

Wenn man allerdings die bislang  ungebrochen Autoorientierung der Deutschen insbesondere beim Einkaufen mit in Betracht zieht, halte ich das eintreten der zweiten Möglichkeit für eher unwahrscheinlich. Obwohl es der Stadt Essen ausdrücklich zu wünschen wäre. Aber selbst bei einem solchen eher unwahrscheinlichen „Erfolg“ würde auf Grund der nach wie vor sinkenden Gesamtkaufkraft in der Region dann eben andere Zentren den Preis dafür bezahlen.

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Jugend Kultur Zentren 2010 – Teil 5 (2)

?: Man ist ja heutzutage auch immer sofort im Markt und es gibt direkt Konkurrenz in der sogenannten Off-Szene. Da ist man dann selten noch im Clinch mit der Stadtverwaltung,  dafür hat man jetzt die Kulturhauptstadt, zu der man sich verhalten muss…

!:
Ich versuche eher meine eigenen Sachen zu machen mit ein paar weiteren Leuten, dann ist auch klar dass das inhaltlich in Ordnung ist. Ich arbeite gerne mit vielen Leuten zusammen, aber nicht zwingend mit Institutionen. Ich weiß selbst recht gut wie ich meine Bereiche abdecken kann, aufgrund meiner Erfahrungen, dafür brauche ich nicht unbedingt Hilfe von der Kommune oder anderen. Schön wäre es, aber es muss eben auch ohne gehen. Ich hatte z.B. für Ruhr.2010 kein Projekt abgegeben, weil ich da einfach zuviel zu tun hatte. Ich fand damals die Idee ja sehr gut, dass mal klar wird dass in der Region viel Potenzial steckt, bis ich gemerkt habe, dass bei der Idee „Kulturhauptstadt“ ein bisschen etwas anderes angesteuert wird. Auf einmal kamen dann Leute in meine Stadt, fragten alle möglichen kulturell Aktiven aus, und sonst passierte nicht viel. Man erzählte denen also was hier passiert, das auch gerne, aber ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich denen keine Ideen geschenkt habe – und das geht ja im Grunde auch gar nicht. Ohne Hintergrund-Infos sind gewisse Arbeiten schon von vornherein zum Scheitern verurteilt. Irgendwie nervt es mittlerweile auch, dass alle über Kultur quatschen aber inhaltlich viel zu wenig passiert. Und da habe ich dann in letzter Zeit eher mal überlegt, aus dieser Situation und dieser Stadt weg und dahin zu gehen, wo wirklich etwas passiert und nicht mehr nur plötzlich alle darüber reden.

?: Das hat natürlich auch mit der speziellen Struktur zu tun, dass das hier im Grunde eine große alte Arbeitersiedlung ist, die eben keine gewachsene Stadt ist, strukturell wie historisch.

!: Ja, denn es gibt hier etwas sehr Eigenes, was ich auch sehr mag. Die Leute hier haben halt eine große Schnauze und sind wie sie sind. Und darin ist eine ganze Menge an eigener Vielfalt zu finden. Das hat auch was ehrliches. Nichts gegen gut aufgezogene Kampagnen und Großprojekte, aber es geht halt um Inhalte. Ich kenne das aus Holland, dass da gute Leute ihr eigenes Konzept verwirklichen, und dann kommt die Stadt und fragt, ob man das nicht in einer ihrer leeren Hallen durchführen kann. Oder dass Freunden von mir leer stehende Ladenlokale angeboten werden. Ein Gebäude wurde dann auch irgendwann angemietet. Das ist so ziemlich das Gegenteil von Ausschreibungen und Wettbewerben. So etwas mache ich im Grunde grundsätzlich nicht. Wie gesagt, da laufen auch gerade Klagen wegen Ideenklau.

?: Klingt ja fast als würde genau die Situation ausgenutzt, dass die Kommune sich nicht kümmert…

!: Ich habe dann mal nachgefragt, was daraus wurde dass ich mal bei Ruhr.2010 vorbei bin um denen ein paar Infos zu unseren Arbeiten und Vorgehensweisen zu geben. Im Nachhinein  hieß es „Das habe ich dem Dieter ganz genau erzählt.“ Und ich sagte: „Das kann ich mir gut vorstellen, dass Du das dem Dieter ganz genau erzählt hast. Und sonst?“ Da fragt man sich schon, was da mit den Ideen und Namen passiert, die man denen anvertraut hat. Wobei die das eh nicht so hinbekommen würden, wie wenn etwas aus einer Subkultur heraus passiert. Bei meiner derzeitigen Arbeit für „Crayfish“ von Sami Akika am Rheinischen Landestheater in Neuss hat der Regisseur zumindest Leute aus den einzelnen Sub-Szenen heraus geholt und arbeitet mit denen gemeinsam an der Produktion. Auf dem Level klappt das dann wieder. Lustig war auch als einer vom Theater angerufen hat und sich darüber beschwerte, dass nur Wahrzeichen aus dem Ruhrgebiet und nichts aus der Stadt Neuss im Bühnenbild vorkommt – obwohl es in einer Szene des Stücks um einen HipHopper aus Wanne-Eickel geht. Nach ein paar Erklärungen hat er das dann auch eingesehen und hat auch nichts mehr gegen meine Zechen- und Industrielandschaft (Illustration) gesagt.

Halb so wichtig

2010 ist es  da: Das Kulturhauptstadtjahr.  Als  wir  es wurden, habe ich mich gefreut. Weniger, weil ich mich auf ein tolles Programm freute,  ich  lese lieber als das ich ins Theater  oder ins Konzert gehe,  sondern weil das Ruhrgebiet gemeinsam etwas gewonnen hatte und ich hoffte, dass das Lust auf mehr Kooperation macht.

Goethe und Schiller in Weimar. Foto: Flickr/froutes

Und  im ersten Augenblick habe ich  auch einen großen Marketingeffekt für das Revier gesehen. Doch dann bin ich in mich gegangen. Wen interessiert eigentlich die Kulturhauptstadt Europas? In den letzten Jahren habe ich immer mal rumgefragt, welche Stadt den gerade Kulturhauptstadt ist – kaum einer in meinem Freundeskreis wusste es. Mit der europaweiten Ausstrahlung konnte es also nicht so weit her sein. Und dann hat der Spiegel seine Archive geöffnet. Ich bin kein großer Feuilletonleser. Mein Referenzmedium ist der Spiegel. Also schaute ich nach, was das Magazin, das ich seit Jahrzehnten jeden Montag lese, über die letzte deutsche Kulturhauptstadt Weimar im Jahr 1999 so geschrieben hatte. Tatsächlich war Weimar in diesem Jahr ein  Riesenthema –  allerdings dominierte Monika Weimar die Berichterstattung.  Die doppelte Kindermörderin hatte seinerzeit ihr Revisionsverfahren.  Über die Kulturhauptstadt Weimar wurde auch berichtet – vor allem über Finanzprobleme, den Nachbau des Goethehauses neben dem Goethehaus und ein Bratwurstessverbot in der Innenstadt Weimars. Und dann feierte Goethe noch seinen 250. Geburtstag – auch bei diesem Thema kam an Weimar keiner vorbei, obwohl der Meister ja in Frankfurt geboren wurde. Aber die Kulturhauptstadt sorgte noch nicht einmal in Deutschland für sonderlich viel Aufmerksamkeit.

Das Essen für das Ruhrgebiet Kulturhauptstadt Europas geworden sei, sei das wichtige Ereignis gewesen, weil niemand der Stadt so etwas zugetraut hätte. Was im Jahr selbst passiert sei dagegen relativ unwichtig. Der Imagegewinn sei schon auf das Prestigekonto der Stadt eingezahlt – das erklärte ein Repräsentant Essens auf einem Wirtschaftsforum im vergangenem Herbst. Ist das zynisch? Es ist realistisch.  Wäre die Kulturhauptstadt ein Megaereignis – Hamburg, Frankfurt oder München wären in den Ring gestiegen – und nicht Braunschweig und Münster. Was Scheitt und Gorny über Nachhaltigkeit und Kreativwirtschaft erzählen, kann man getrost vergessen – es sind die Stichworte, die man heute  nun einmal benutzt, wenn man Fördermittel loseisen will.  Wir bekommen ein neues Folkwangmuseum und der U-Turm wird erhalten. Ein paar Jahre nach dem Ende der Kulturhauptstadt, wenn von Kreativwirtschaft niemand mehr redet, wird Langemeyer dort sein Museum haben. OK, zwei tolle Gebäude, eine Party auf der A40 und sicher ein paar schöne Veranstaltungen – das wird das Kulturhauptstadtjahr sein. Und am 1.1.2011 wird  alles so sein wie vorher. Events schaffen für eine Region keine neue Perspektive, sondern ein paar schöne Augenblicke. Das ist schon etwas. Aber wer glaubt, das Ruhrgebiet erfindet sich im Jahr 2010 neu und wird sich weltweiter Aufmerksamkeit erfreuen,  wird sicher enttäuscht werden, und das nicht nur, aber sicher auch, wegen Istanbul.

Und das Schlimmste: Es gibt keine einzige Idee für eine Kooperation im Revier  über das Jahr 2010 hinaus. Nichts. Nada. Niente. Die Chance, aus der einen erfolgreichen Kooperation eine Reihe zu machen, zu lernen, das man nur gemeinsam etwas erreicht, wurde vertan.

PS.: Da stehe ich beim Chinamann und während ich auf mein Chop Suey warte, blätter ich im Kinomagazin Trailer herum und finde ein Interview von Lutz Debus mit Jochen Malmsheimer zum Thema Kulturhauptstadt. Ihr müßt ein wenig herunterscrollen, aber der Text ist schlicht grandios. Ach, mehr als das, aber mir gehen gerade die Superlative aus.