Hoffen wir, dass Opa auch weiterhin Unrecht hat!

Gut geht es der Mehrzahl von uns. Aber wie lange noch? Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Mein Opa Paul, der im Jahre 1921 geboren wurde, war ein recht schlichter Mensch. Er war, wie für viele Menschen seiner Generation typisch, im Vergleich zu Menschen der Gegenwart, ziemlich ungebildet. Trotzdem hat er sich im Laufe seines 94-jährigen Lebens eine Menge Durchblick verschafft.

Opa hat viel erlebt. Er kämpfte als Soldat im zweiten Weltkrieg, erlebte den Wirtschaftsaufschwung der 1950er- und 1960er-Jahre im plötzlich geteilten Deutschland, zitterte in der Kuba-Krise, durchlebte den Kalten Krieg als Zeitzeuge, durfte sich über die Wiedervereinigung freuen. Ich habe vielen seiner Geschichten und Erkenntnisse aus seinen gut 90 Jahren Lebenszeit bis zu seinem Tode im Jahre 2015 immer gerne zugehört. Seine gesammelten Erfahrungen haben mich als Enkel sehr geprägt, wenn ich natürlich auch nicht alle seine Meinungen teilen konnte.

In einem hatte Opa Paul aber Unrecht: Er sah schon Ende der 1980er-Jahre den stetig steigenden Wohlstand in diesem Lande am Scheitelpunkt angekommen. Er prognostizierte uns allen damals schon einen steilen Absturz, da er in vielen Bereichen der Gesellschaft Krisen und Probleme auf uns alle zukommen sah.

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Norbert Röttgen: „Nie wieder hilflos! Ein Manifest in Zeiten des Krieges“

Dr. Norbert Röttgen (CDU); Foto: Steffen Roth
Dr. Norbert Röttgen (CDU); Foto: Steffen Roth

Seit des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden einige Bücher zu diesem Konflikt – der seit Jahren brodelt – und seinen Hintergründen herausgegeben. Im Schatten des aktuellsten Krieges in Europa hat nun auch Norbert Röttgen ein Buch veröffentlicht.

Das überraschende an dem Buch: Es ist nicht nur informativ, sondern auch wesentlich spannender als es der Titel vorab erahnen lässt. Die Hörbuchversion, die Grundlage für diesen Beitrag war, wird von Norbert Röttgen selbst gesprochen. Thema des Buches ist nicht nur Russland und der aktuelle Konflikt in der Ukraine, das außenpolitische Aushängeschild der CDU beschreibt und analysiert viel mehr die aktuelle Lage und geht der Frage nach, wie wir – der Westen – sehenden Auges in diese Krise laufen konnten. Vorab: Eine besondere Leseempfehlung an Menschen, die auf Social Media noch mit Putin-Trollen und russischen Bots diskutieren. Mit Märchen und Fake-News aus dem Kreml, wie z.B. das beliebte „Die NATO hat mit der Osterweiterung Russland zum handeln gezwungen“, räumt Norbert Röttgen auf. Und das gründlich.

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100 Tage Krieg: „Es ist an uns, die Ukrainer zu bitten, unsere Hilfe anzunehmen“

Zivilsten bereiten auf den Kampf gegen den russische Armee vor Foto: Yan Boechat/VOA Lizenz: Gemeinfrei


Vor 100 Tagen überfiel Russland die Ukraine. Ein Krieg begann, der vieles veränderte.

Als russische Truppen am 24. Februar die Ukraine überfielen, hat kaum jemand dem Land zugetraut, sich länger als ein paar Tage zu halten. Der Präsident war ein ehemaliger Lustigmann aus dem Fernsehen, über die Armee las man wenig Gutes und der Gegner war imposant: Russland, 160 Millionen Einwohner und wer an dessen Militär dachte, hatte die Rote Armee im Hinterkopf: Feldmarschälle wie Schukow, Rokossowski, die legendären Stoßdivisionen und natürlich die Rotarmisten, an deren Kampfgeist die Wehrmacht zerbrach.

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„Sie können sich nicht vorstellen, wie viel besser die ganze Welt dastehen wird, wenn die Tschekisten und Kommunisten gestürzt sind“

Putin in KGB-Uniform Foto: Kremlin.ru Lizenz: CC-BY 4.0


Diesen Text veröffentlichte gestern der israelische Blogger Dmitry Chernyshev. Er ist inhaltlich und sprachlich von seltener Brillanz und Intensität. Wir sind glücklich, dankbar und stolz, dass wir die Erlaubnis erhielten, ihn veröffentlichen zu dürfen: 

„Wir sind Zeugen des Zusammenbruchs eines jahrhundertealten Bastardstaates. Genauer gesagt, den Zusammenbruch eines Imperiums von Tschekisten und Kommunisten, die die Macht über ein riesiges Land an sich gerissen und angeeignet haben. Diese Leute herrschten mit Hunger, Gewalt und Niedertracht. Kein äußerer Feind hatte Russland einen so kolossalen Schaden zugefügt wie die Tschekisten und Kommunisten. Sie nahmen Geiseln und ermordeten ihre Gegner zu Millionen. Sie führten den Militärkommunismus ein. Sie organisierten erst den Roten Terror und dann den Großen Terror. Sie raubten ihr Volk durch die Beschlagnahmung von Weizen aus. Zehntausende von Gefangenen wurden ermordet. Sie errichteten ein riesiges System von Konzentrationslagern. Sie organisierten Dutzende von Schauprozessen. Sie versprachen den Bauern Land, zwangen sie aber stattdessen in Kolchosen und nahmen ihnen die Pässe weg. Die am härtesten arbeitenden Bauern wurden als Feinde bezeichnet und enteignet. Sie legalisierten die Folter bei Verhören und zwangen unschuldige Menschen, sich selbst und ihre Familien zu belasten. Die Ehefrauen, Kinder und Verwandten der Unterdrückten wurden zu Kriminellen erklärt.

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Ein paar Literaturtipps zum Krieg Russlands gegen die Ukraine

In den Kämpfen um Hostomel beschädigter BMD-2 der 31. Luftangriffsbirigade der Russischen Föderation Foto: Головне управління розвідки Міністерства оборони України Lizenz: CC-BY 4.0


Mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine ist ein Krieg eskaliert, der 2014 mit der Besetzung der Krim und der Gründung von Pseudo-Republiken im Donbass seinen Anfang nahm. Wir werden seitdem Zeugen des größten Krieges in Europa seit dem zweiten Weltkrieg. Und die Schlachtfelder sind oftmals dieselben wie in den 40er Jahren. Ich möchte ein paar Bücher vorstellen, von denen ich glaube, dass sie zum Verständnis des Geschehens beitragen. Mir haben sie jedenfalls geholfen, einen ersten Überblick zu bekommen:

Serhii Plokhy: Die Frontlinie
Plokhy zeichnet detailliert die Geschichte der Ukraine seit den ersten Erwähnungen bei Herodot nach. Es ist die Geschichte einer multiethnischen Nationenbildung. Ein Ansatz, der auch über die Ukraine hinaus interessant ist, weil die Idee der Nation als politischem Gebilde mit einem Staatsvolk bei näherer Betrachtung eigentlich nie mit der Wirklichkeit übereinstimmt. In dem Buch werden die jahrhundertealten Konflikte mit Russland nachgezeichnet, die Zugehörigkeit der Ukraine zur PolnischLitauischen Union und die Kämpfe um die Eigenstaatlichkeit. Außerdem hat Serhii Plokhy mit Die Frontlinie ein handwerklich exzellentes Geschichtsbuch vorgelegt, das zeigt, zu was dieses Fach in der Lage sein kann, wenn es nicht in die Hand postmoderner Erzähler von „Narrativen“ gerät: Es ist reich an Quellen, die eigene Arbeitsweise wird offengelegt und problematisiert und der Stand der Debatte über die ukrainische Geschichte beschrieben.

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Nicht jeder Krieg ist gleich

Russische Soldaten im Dezember 2016 in Aleppo Foto: Mil.ru Lizenz: CC-BY 4.0


Ein immer wiederkehrendes Argument der Putinistas ist „Wieso durften die USA Irak, Afghanistan, Libyen, etc. bombardieren und bekamen keine Sanktionen, aber Russland bombardiert die Ukraine und wird sofort sanktioniert?“ Natürlich werden nur die Kriege der USA angeführt. Die Tatsache, dass Russland zuvor unter Putin mehrere Kriege geführt hat – Tschetschenien, Georgien, Syrien – und nicht sanktioniert wurde, wird nicht erwähnt. Aber gerade diese Beispiele zeigen, dass es keine Doppelmoral gegen Russland gibt. Von unserem Gastautor Jorge Arprin.

Ich bin nicht der Meinung, dass der Krieg gegen Tschetschenien oder die Intervention in Syrien „besser“ oder „humanitärer“ waren als der Krieg gegen die Ukraine. Aber trotzdem ist nicht jeder Krieg gleich. Der Krieg gegen Tschetschenien war ein Bürgerkrieg gegen eine abtrünnige Provinz. Die Intervention in Syrien war eine Parteinahme in einem bereits ausgebrochenen Bürgerkrieg zwischen zwei sehr schlechten Seiten. Beide waren grausam. Aber

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Prinzipiell pazifistisch

Zäune zu Patronen. Foto: R. v. Cube

Wie wohl für meine Generation typisch, kenne ich den Krieg aus den Erzählungen meiner Großmutter. Und dabei sind Gartenzäune das Bild, das mir am stärksten im Kopf geblieben ist. Abgesägte Gartenzäune. Das, und die Tatsache, dass ihr geliebter Bruder am Ende eingezogen wurde, als er eigentlich noch ein Kind war. Nur um getötet zu werden. Das mit den Gartenzäunen hatte sie mir beim Spazierengehen erklärt. Heute sieht man das gar nicht mehr so oft, aber in den 80er Jahren war es normal, dass die Vorgärten von kleinen Mauern gesäumt wurden, aus denen, wie abgebrochene Zähne, die Stümpfe von Eisenzäunen herausragten. Die wurden abgesägt, um daraus Munition zu machen. Diese Information hat mir als Kind schlagartig die Absurdität des Krieges klargemacht. Dass die Menschen immer noch weiterschießen, obwohl sie schon alles verfeuert haben. Dass sie, wie Hungernde auf der Suche nach Essensresten, durch die Städte laufen und verdammte Zäune absägen, um selbst die noch zu Kugeln einzuschmelzen – und das nur, damit auch noch die 17-Jährigen erschossen werden.

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Jürgen Todenhöfer kämpfte in Duisburg mit der Lautsprecheranlage und für Frieden mit Russland

Jürgen Todenhöfer suchte Duisburg heim; Foto: Peter Ansmann
Jürgen Todenhöfer suchte Duisburg heim; Foto: Peter Ansmann

Jürgen Todenhöfer besuchte am Freitag Duisburg, um das „Team Todenhöfer“ vor Ort im Landtagswahlkampf zu unterstützen. Der Krieg in der Ukraine stand dabei thematisch im Vordergrund.

Viel los war bei dem Event der Kleinstpartei, die ihr Gründer und Vorsitzender gerne als „Bewegung“ sieht, nicht. 26 Teilnehmer, plus insgesamt drei Passanten die kurzweilig verweilten.

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Frieden ist nicht die Abwesenheit von Krieg

Die Ukraine ist ein souveräner Staat, kein Spielball der russischen Armee

Schaut man sich den offenen Brief an, der in der EMMA veröffentlicht wurde, und betrachtet danach die Umfrage von infratest dimap bezüglich der Zustimmung zur Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine, muss man sich fragen, wie der Hälfte der Bevölkerung, angeführt vom Urinstein der zeitgenössischen „Prominenz“, angesichts ihrer Einstellung nicht jedes Mal kotzen muss, wenn sie in den Spiegel schaut.

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Landtagswahl NRW: was ist denn jetzt mit der Ukraine?

Ratingen. (Photo by Alexander Schimmeck on Unsplash)

Am 24. Februar überfiel Russland die Ukraine. Seitdem ist dieses Thema – zurecht – omnipräsent. Am 15. Mai sind Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, und auch dabei rackern die Parteien sich ab. Die Wahlplakate waren schon gedruckt, die Kandidaten und Kampagnen auf dem Weg, als sich der russische Überfall ereignete. So kommt es wohl, dass der Angriffskrieg des Kemls, die Massenmorde, Massaker, Bombardierungen von Kindern, die Vergewaltigungen in der Wahlkampfführung wenig sichtbar sind. Aber bestimmt haben die Parteien in NRW etwas zum Thema Ukraine zu sagen. Wir geben ihnen in einer kleinen Serie dazu die Möglichkeit!

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