Oliver Scheytt, Geschäftsführer der RUHR.2010 GmbH, Foto: Ralf Schultheiss
Verzweifelt sucht Oliver Scheytt, der Geschäftführer der Ruhr2010 GmbH, nach einer beruflichen Perspektive für die Zeit nach der Kulturhauptstadt. Sein neuer Plan: Er will die Klima-Expo für das Ruhrgebiet organisieren.
Es geht immer weiter. Irgendwie. Und natürlich: Es ist blöd wenn man nicht weiß wie. Kennen wir alle. Und so geht es Oliver Scheytt. Sein Kollege, Kulturhauptstadt-Direktor Dieter Gorny, ist da schon weiter: Der hat mit dem Europen Center für Creatice Economy (ECCE) ein Rettungsboot für sich und die Seinen gebastelt. Aber das ist nur für die Gorny-Gang und zu der gehört Scheytt nicht.
Also sucht Scheytt nach Alternativen für sich und die böse Zeit nach dem Ende der Ruhr2010 GmbH. Vor ein paar Monaten wollte er sich zum Chef einer Kulturgesellschaft für das Ruhrgebiet machen. Das wollte aber niemand.
Heute hat er dem Kulturausschuss des Ruhrparlaments einen auch von Fritz Pleitgen unterschriebenen Brief, der uns vorliegt, eingereicht. In demschlägt er vor seiner Ruhr2010 GmbH die Klima-Expo zu überlassen. Er warnte davor, dass der RVR sich bei diesem Projekt an die Spitze setzt – was dem natürlich zusteht.
Auch auf Partner will Schyett zugehen. Zum Beispiel auf den Initiativkreis Ruhr. Die wollen aber gar nicht mit Scheytt zusammenarbeiten und sind von seinem Versuch, sich auch ihr Projekt Innovation City unter den Nagel zu reißen nicht amüsiert.
Update: Der RVR kann sich auch eine Zukunft ohne Scheytt vorstellen. Und der wird ab 2012 freiberuflich tätig sein, wie er uns mitteilte.
Die Betreiber des Blogs Unruhr haben Post von Dieter Gorny bekommen. Gefreut haben sie sich nicht.
Unruhr ist sicher eines der besten Blogs des Ruhrgebiets, wenn es um Pop-Musik geht. Und vor ein paar Tagen bekamen die Macher Post von Dieter Gorny. Besser: von seiner Kollegen-Versorgungsanstalt mit dem imposanten Namen „European Center for Creative Economy“ (ECCE). Die Lebenserfahrung sagt einem ja, dass hinter so einem Namen immer aufgeblasener Quark steckt, für den die Steuerzahler blechen müssen, um ein paar Nieten davor zu bewahren, sich auf dem Arbeitsmarkt begeben zu müssen. Das sehen die Kollegen von Unruhr wohl ähnlich:
Menschen wie Dieter Gorny oder Bernd Fesel geht es gar nicht um die Kreativen oder Menschen hierzulande. Nein. Sie wollen Strukturen schaffen, Kopfgeburten umsetzen und ihre Idealmodelle endlich realisiert sehen. Die einzigen, die dabei stören, sind wir, die wir das alles anders machen woll(t)en.
Sie haben über ECCE und den Brief von Dieter Gorny einen Text geschrieben. Und der ist toll. Bitte lesen.
Update: auch wir von den Ruhrbaronen haben den Gorny-Brief bekommen. Aber direkt weggeworfen. Weil sich das ECCE mit der Werbung versucht, einen Resonanzboden zusammenzustoppeln. Sprich: wenn sich Kreative auf den Brief melden, wird ECCE in Zukunft so tun, als würde es für die Kreativen im Revier sprechen. Das ECCE wird Fördermittel im Namen der Kreativen einfordern und Mitsprache-Rechte. Damit will Gorny politische, nicht durch Wahlen, sondern allein durch Postwurfsendungen legitimierte Macht. Als nächstes werden Beiträge eingefordert und dann ein Kreativparlament. Er will damit sein ECCE als Konkurrenz und Kopie zur IHK aufbauen. Die hat auch keine Wahlbeteiligung vorzuweisen und spricht doch für die Wirtschaft in Deutschland.
Davon ab, war der Brief unsagbar schlecht. Auf miesem Papier seitenlang, eng bedrucktes Geschwurbel von Kowi-Komikern. Unlesbarer Schund. Wahrscheinlich von Kommunikations-Amateuren wie Fesel, der auch Millionen für das Lab2010 verballern darf.
Die Deutsche Welle Akademie veranstaltete ein deutsch-arabisches Bloggertreffen in Kairo. Es war auch ein Signal an die Regierungen der Region.
Lina Ben Mehnn ist Bloggerin. Die 27jährige Tunesierin schreibt vor allem über Politik und das Bloggen – wie tausende anderer Blogger auf der Welt auch. Was in Deutschland für die meisten nicht mehr als ein harmloses Hobby ist, ist in Tunesien gefährlich. Tunesien wird von Staatspräsident Zine El Abidine Ben Ali mit harter Hand regiert. Es ist eine Scheindemokratie, bei den Wahlen wird die Opposition behindert. Tunesien ist ein Land, in dem die Pressefreiheit keinen hohen Stellenwert hat. Und Blogger, die sich dieses Recht einfach nehmen und schreiben was sie denken, erst recht nicht.
Ich lernte Lina auf dem Young Media Summit in Kairo kennen. Einem deutsch-arabischen Bloggertreffen, organisiert von der Deutsche Welle Akademie, finanziert über das Auswärtige Amt. Zwölf arabische und sechs deutsche Blogger, Markus Beckedahl (Netzpolitik), Hardy Prothmann (Heddesheim-Blog) und Julia Seeliger (Zeitrafferin), Annina Luzie Schmidt (Girls can Blog), Teresa Buecker (Flanell Apparel) und ich trafen sich für fünf Tage in der ägyptischen Hauptstadt.
Und was Lina zu erzählen wusste, klang für uns wie Berichte aus einer anderen Welt: So wurden in Tunesien bei einer Demonstration für Pressefreiheit im Frühjahr alle Teilnehmer außer Lina verhaftet. Sie selbst durfte wenige Tage nach der Konferenz aus Tunesien nicht ausreisen. Etwas mit ihrem Pass sei nicht in Ordnung, wurde ihr gesagt. Was nicht in Ordnung sei, natürlich nicht.
Lina war eine Ausnahme. Die meisten anderen arabischen Blogger, die wir in Kairo kennen lernten, gingen die Regierungen ihrer Staaten – darunter Ägypten, Saudi-Arabien oder die Palästinensergebiete, nicht so offensiv an wie Lina und ihre Freunde. Sie waren, zumindest in unseren Augen, äußerst zurückhaltend und vorsichtig. Nur wenige von ihnen beschäftigten sich direkt mit Politik, griffen eher die Lebensumstände auf und mühten sich um mehr gesellschaftliche Freiheiten. Auch das sorgte schon für genug Ärger: Bloggerinnen aus Alexandria oder dem Gaza-Streifen erzählten zum Teil erschrocken davon, wie es ist, mit dem Vorwurf leben zu müssen, schlecht über den Propheten geschrieben zu haben. Und erklärten, dass sie dies natürlich nie getan hätten. Im von der Hamas regierten Gazah-Streifen ein gefährlicher Vorwurf.
Drei Tage lang diskutierten wir über Meinungsfreiheit und Tabus in unseren Gesellschaften. Zum Teil waren die Gespräche etwas zäh, weil die Konferenzsprachen Deutsch und Arabisch waren, und auch die besten Übersetzer aus jeder Diskussion die Geschwindigkeit herausnehmen, die sie erst spannend macht. Aber auf die Frage, worüber ich mich nicht zu schreiben trauen würde, viel mir nicht viel ein – und erst im Dialog mit Autoren, denen das anders geht wurde mir bewusst, was für ein Privileg das ist. Sicher, es gibt viele Themen über die ich auf dem Blog nicht schreiben würde, weil ich sie für zu privat halte, weil ich finde, dass sie niemanden etwas angehen. Aber zu wissen, ich könnte es tun ohne ein anderes Risiko einzugehen als das, mich lächerlich zu machen, ist ein gutes Gefühl. Und man vergisst schnell, dass es nur wenige Länder auf der Welt gibt, in denen sich Autoren um Themen wie Zensur, Polizeibehörden und Geheimdienste keine Gedanken machen müssen.
Die Tage in Kairo zeigten mir aber auch, dass vieles im persönlichen Umgang deutlich lockerer war, als ich es mit vorgestellt habe. Während einer Diskussionsrunde erklärte ich meinen arabischen Kollegen, dass ich im israelisch -arabischen Konflikt hinter Israel stehen würde. Dass ich wenige Minuten auf dem Balkon des Marriot mit Blick auf den Nil mit dem im Westjordanland lebenden Mohammed Abuallan bei einer Zigarette weiter über das Thema diskutieren würde, hätte ich nicht erwartet. So kontrovers viele Diskussionen auch waren – es waren Diskussionen und keine Kämpfe.
Ein anderes Vorurteil, dass ich revidieren musste: Ob verschleiert, mit Kopftuch, Minirock oder enger Jeans – die arabischen Frauen bestimmten die Gespräche, gingen stärker in die Kontroversen hinein, als die Männer und hatten auch deutlich mehr Selbstvertrauen.
Erschreckend allerdings, dass eine dieser selbstbewussten, jungen Frauen als eines ihrer Vorbilder den ägyptischen Schriftsteller Sayyid Qutb nannte. Er war einer der wichtigsten Vordenker des modernen Islamismus. Ohne Qutb würde es kaum Terrororganisationen wie Al Qaida oder die Hamas geben. Er war der Mann, der die Büchse der Pandora öffnete.
Die Bundesregierung hat dieses Bloggertreffen nicht aus Zufall gefördert. Zum einen soll es der Auftakt einer Reihe von Treffen von Medienmachern aus Deutschland und den arabischen Staaten werden. Vielleicht treffen sich im kommenden Jahr Radioreporter oder Lokalredakteure irgendwo, um sich näher kennen zu lernen. Die Veranstaltung war aber auch ein politisches Signal in die Region hinein. Am Rande des Botschaftsfestes zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung wurde uns erklärt, dass die Bundesregierung mit diesem Treffen zeigen wolle, dass sie die Blogs in der arabischen Welt als Medien ernst nimmt. In der vagen Hoffnung, dass die Staaten der Region dieses Signal gegen die Verfolgung der Blogger wahrnimmt. „Wir nehmen“, sagte ein Diplomat “die Blogs ernst“
Der Fall von Lina Ben Mehnn zeigte, dass dieses ehrenwerte Vorhaben bislang leider wenige Früchte trug.
Aber wir hätten ohne dieses Treffen keinen Gastbeitrag von Ben Mehnn über die Unterdrückung der tunesischen Blogger auf den Ruhrbaronen veröffentlicht. Wir kennen uns jetzt, stehen in Kontakt miteinander und wenn einem der arabischen Kollegen etwas passiert, werden wir darüber berichten. Das ist nicht viel, aber es ist ein Fortschritt.
Ein Artikel von mir zu diesem Thema erschien auch in der Welt am Sonntag.
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