Nazis in Dortmund: David Schravens „Unverschämtheit“ und das Versagen der SPD

Ullrich Sierau

David Schraven hat in einem Kommentar in der WAZ Dortmunds OB Ullrich Sierau vorgeworfen, er würde die Probleme Dortmunds mit den Nazis schönreden. Der Dortmunder Nachwuchssozi Kai Neuschäfer fand das eine Unverschämtheit. Nö, war es nicht. David lag natürlich richtig.

Wenn David in seinem Kommentar in der WAZ Dortmunds OB Ullrich Sierau und der Stadtverwaltung vorwirft, sie würden das Naziproblem in Dortmund schönreden, stimmt das – und wenn irgendein Dortmunder SPDler wie Kai Neuschäfer nun meint, dass dies eine Unverschämtheit von David sei, ist es genau das: Eine Unverschämtheit. Sicher, Dortmund macht einiges gegen Nazis – wie viele Städte. Und Dortmund macht ein wenig mehr als andere Kommunen, weil das Nazi-Problem in der Stadt sehr viel größer ist als in anderen westdeutschen Städten – und das seit Jahrzehnten.

Und trotzdem ist Dortmunds OB Sierau ein Schönredner. Ich war auf der Pressekonferenz am 31. August dieses Jahres dabei, als Sierau der Darstellung widersprach, Dortmund sei eine Nazihochburg. Während er das sagte, verteilten die Nazis Flugblätter vor dem Rathaus. Auch in Dorstfeld, so wurde uns damals erzählt, gäbe es nur eine Handvoll Nazis, die isoliert seien. Blöd nur, dass es denen gelingt, die Menschen in dem Stadtteil zu terrorisieren.

Aber das ist nicht alles: Die SPD in Dortmund hat zugelassen, dass Mitglieder der Partei gegen Sinti und Roma hetzten, in der Nordstadt wollte man den „eisernen Besen“ rausholen. Prostituierte wurden von Sozialdemokraten stigmatisiert und verhöhnt. In Dortmund gibt es in der SPD Brunnenvergifter, die man inhaltlich kaum von Rechtspopulisten unterscheiden kann – und gegen die ein Neuschäfer nicht öffentlich seine Stimme erhebt. Klar, David und ich sind gute Freunde. David hat die Ruhrbarone mitgegründet, aber das ist nicht der Grund, warum ich mich über den Dortmunder Nachwuchspolitiker aufrege, der anscheinend auf einer Schleimspur Karriere machen will. Vielleicht wird er ja mal Ersatzfichte für den Dortmunder Mega-Tannenbaum oder Hausmeister. Ich rege mich auf, weil sich dieser kleine Wasserträger auch in die Reihe der Schönredner stellt. Und ja, man kann Davids Kommentar kritisieren. Aber nicht weil David übertrieben hat,  sondern weil die Situation in Dortmund noch ekelerregender ist, als er geschrieben hat.

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Helmut Junge
13 Jahre zuvor

So ist das nun mal in den Parteien. Nicht nur in Dortmund, nicht nur in der SPD.
Übrigens auch nicht nur in einer Demokratie. Man stellt sich hinter einen deutlich Größeren, wenn der unter Druck gerät.
Dafür kriegt man später auch dessen Dank.
Davids Kommentar wird aber von denen, die in keiner Partei sind, sicher besser bewertet. Ich fand ihn ganz gut. Mist, jetzt habe ich verraten, dass ich die WAZ lese.

Pat
Pat
13 Jahre zuvor

Alles schon vergessen…?

Dortmunder SPD-Mitglieder: „Habt Ihr keinen Deutschen?“
https://www.ksta.de/html/artikel/1233584103634.shtml

Dortmunder SPD-Mitglied Klaus Schäfer auf einer Nazidemo
https://www.derwesten.de/staedte/dortmund/dortmunds-ex-feuerwehrchef-applaudiert-nazis-id2923676.html

Die Hetze gegen Sinti und Roma und die Verharmlosung des Naziproblems sind da keine Überraschung.

Angesichts solcher Ereignisse frage ich mich sogar, ob die Nazis aus konkreten inhaltlichen Gründen(z.B. Rassismus und dessen kleine Schwester, die Xenophobie) abgelehnt werden, oder „nur“ aufgrund der ideologieimmanenten Gewaltaffinität und der Verfassungsfeindlichkeit.

Das Problem der Verharmlosung wird jedenfalls weiter bestehen, wenn Leute als Nestbeschmutzer beschimpft werden, nur weil sie auf den Dreck im Nest hinweisen. Auf den Dreck in Dortmund und auf den Dreck in der SPD.

Michael
13 Jahre zuvor

Schönreden hat in Dortmund Konjunktur:

„“Die Nordstadt ist der jüngste, bunteste und kreativste Stadtteil Dortmunds. Dieses Potential werden wir auch künftig planmäßig und systematisch weiterentwickeln“, so Oberbürgermeister Ullrich Sierau.“

aus:
https://dev.presse.dortmund.de/presse/project/assets/template3.jsp?iid=presse&smi=5.0&detail=on&path=f7416ca77d62bc65c125682e003507a1/ac6e2bb41f5abea3c125795700433f87&OpenDocument=&template=presseaktdetail

Dortmunder
Dortmunder
13 Jahre zuvor

@ Stefan Laurin:
Kai Neuschäfer ist also „Ratshinterbänkler“ ? Das wäre er vielleicht gerne, ist er aber nicht. Er ist nur Kassierer in seinem Unterbezirk.

Martin Schmitz
Martin Schmitz
13 Jahre zuvor

Und zack, sank es wieder, das Niveau der Ruhrbarone. Schade, hatte gerade wieder angefangen, hier regelmäßig reinzuschauen.

Oliver H
Oliver H
13 Jahre zuvor

Was ich hier sehe sind Ablenkungsmanöver (Anschuldigungen gegen „die SPD“ in Dortmund sind für die Frage, was Ullrich Sierau tut relativ nebensächlich) und Behauptungen, die mir recht frivol erscheinen. Kai Neuschäfer erhebt nicht die Stimme gegen „Brunnenvergifter“? (Glaubt man da eigentlich, sich als besonders glaubwürdiger Kritiker rechtsradikaler Hetzreden zu machen, wenn man sich bei ihrem Vokabular und ihren Methoden bedient und nur das Ziel abwandelt?) Woher weiss man das, dass Kai Neuschäfer nicht die Stimme gegen diese Leute erhebt? Da er nicht für die Partei als solches sprechen kann, wäre der geeignete Ort, die Stimme zu erheben, in den passenden Gremien der Partei. War ein Stefan Laurin dort immer anwesend? Wenn nein, wie kommt er dazu, sich zu der Behauptung zu versteigen, Kai Neuschäfer würde sich nicht gegen derartiges Verhalten aussprechen?

Ich vermute mal, Stefan Laurin kommt auf diese Idee, weil er es für eine angemessene Reaktion hält, öffentliche Schlammschlachten durchzuführen. Das Dumme ist nur: Nicht jeder hält Niveau für ein Produkt von Beiersdorf. Und nur weil man sich über Hetzreden ärgert muss man sie nicht notwendigerweise imitieren. Das als „Schleimspur“ auszulegen, auf der jemand Karriere machen will, zeugt nur davon, dass man selbst keinerlei Hemmungen in Sachen Agitation kennt.

Die Tatsache, dass man sich auf der Homepage von Neuschäfer „verlesen“ hat, unterstreicht nochmal, wie seriös und differenziert hier recherchiert wurde.

Tortist
Tortist
13 Jahre zuvor

Als Dortmunder treibt mich die Frage ob ich in einer Nazi-Hochburg lebe nicht wirklich um. Weil der Streit um den Begriff „Hochburg“ in Politikritualen ausgetragen wird und dabei die wirklichen Fragen ungestellt und die wirklichen Probleme ungelöst bleiben. Als da wären:

Wieso werden ca. 70 gewaltbereite Nazis derart mit Samthandschuhen angefasst, dass sie mit konzentierten Überfällen in Dorstfeld oder in der Innenstadt ( HirschQ) Menschen terrorisieren dürfen ?

Wieso werden die nationalen Autonomen besonders intellektuel so unterschätzt das sie mit Hilfe von Richtern und „günstigen Sozailprognosen“ härteste Straftaten in Serie begehen dürfen ohne dafür wirksam bestraft zu werden ?

Wieso bleiben Aktionen, wie die von Frau Dr. Hetmeier auf dem Straßenstrich von der Stadtspitze unwiedersprochen ?

Wieso kann Herr Prüsse unwiedersprochen eine eindeutige Naziformel wählen ?

Als jemand der sich in diversen Nordstadtintiativen engagiert bin ich mittlerweile sehr vorsichtig was die Zusammenarbeit mit der Nordstadt SPD angeht. Frau Dr. Hetmeier packt bei jeder Gelegenheit die sehr grobe Keule aus und diskrediert so jede differenzierte Intiative als rassistisch (Strassenstrichschliessung) motiviert weil sie sich ungefragt zum offiziellen Sprachrohr aufschwingt.

Ich schäme mich, das es in meiner Stadt Orte gibt, die Menschen die irgendwie anders sind, nicht ohne Angst betreten können.

Das zu ändern braucht es keine Lichterketten und Wortgirlanden.

Hier ist klare Kante gefordert. Jeden verdammten Tag.

crusius
crusius
13 Jahre zuvor

David Schravens persönliche Integrität steht, wenn man ihn hier gelesen hat, außer Frage. Insgesamt müssen sich aber die Journalisten in Dortmund schon fragen lassen, ob sie ihr Wächteramt in der Vergangenheit immer mit der gebotenen Sorgfalt ausgeübt haben. Eine x-beliebige Meldung aus dem „Der-Westen“-Archiv (https://www.derwesten.de/staedte/dortmund/blaulicht/nazis-demonstrierten-in-der-dortmunder-city-id5013877.html):

Rund 40 Rechtsradikale haben am Dienstagabend vor der Reinoldikirche demonstriert und Werbung für den „nationalen Antikriegstag“ am 3. September gemacht. Zuvor attackierte eine Gruppe Nazis bei einem „Stadtteilspaziergang“ Passanten in der Nordstadt und beschädigte ein Auto.

Die Gruppierung bewegte sich von der Mozartstraße bis in den Keuningpark. Auf dem Weg wurden aus dieser Gruppierung heraus Handzettel verteilt. Im Bereich der Herderstraße / Erwinstraße, so Augenzeugen, griffen Personen aus dieser Gruppe zu eineam Angriff auf eine Frau und ihren Begleiter, der dabei verletzt wurde. Außerdem wurde, nach Angaben der Polizei, ein geparktes Auto beschädigt. Der Staatsschutz ermittelt.

Die Demonstration vor der Reinoldikirche verlief friedlich. Als auf dem Westenhellweg eine kleine Gruppe mit einem Megaphon gegen die Kundgebung der Rechten protestierte, erteilte die Polizei Platzverweise und nahm die Personalien auf.

1. Man beachte den ersten Satz, der die Terminologie der Nazis wörtlich übernimmt.

2. Kein Zufall, sondern Dummheit, denn im zweiten Satz passiert das gleich noch mal.

3. Die ungrammatische Konstruktion im dritten Absatz zeigt, daß der Autor insgesamt nicht übermäßig viel Sorgfalt auf die Meldung verwendet hat.

4. Der letzte Absatz suggeriert (hoffentlich unabsichtlich), daß Nazis sich an Recht und Ordnung halten, während ‚linke Chaoten‘ (Megaphon!) wegen Störung der öffentlichen Ordnung zur Rechenschaft zu ziehen sind.

Würden Dortmunder Redaktionen einmal in sich gehen, Blattkritik betreiben (ich weiß, das wird unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht gerne gesehen) und sich dann samstags auf der Seite 1 der Lokalausgabe zu ihren Versäumnissen bekennen und Besserung geloben, wäre schon viel gewonnen.

Wenn dann noch

– die omnipräsente Frau Holznagel von der Dortmunder Staatsanwaltschaft öffentlich zusagen würde, den Überfall aufs Hirsch-Q in den nächsten vier Wochen endlich zur Anklage zu bringen,

– die ermittelnden Beamten im Fall Mehmet Kubasik öffentlich Rede und Antwort stünden, warum damals nicht gegen rechts ermittelt wurde,

– die SPD-Ratsfraktion sich zu einer Klausurtagung zum Thema „Alltagsrassismus“ zurückzöge und Frau Dr. Hetmeier danach ihr Mandat niederlegte,

müßte man sich um diese Stadt vielleicht ein paar weniger Sorgen machen.

Man wird ja noch träumen dürfen…

Ulf
Ulf
13 Jahre zuvor

„… Menschen die irgendwie anders sind …“? Ich hab’s zweimal gelesen, in der Hoffnung, mich getäuscht zu haben. Aber es steht wirklich dort.

Oliver H
Oliver H
13 Jahre zuvor

@Stefan Laurin

„@Oliver H: Von was bitteschön möchte ich denn ablenken? “

Davon, dass es ursprünglich um Vorwürfe gegen Sierau ging – die treffen zu oder sind falsch völlig unabhängig von Vorwürfen gegen „die SPD“. Und davon, dass Neuschäfers Einwände gegen diese Vorwprfe durchaus richtig waren.

„Und die Öffentlichkeit ist eigentlich auch der richtige Ort um sich von Leuten wie Hetmeier zu distanzieren.“

Für die Frage, ob Neuschäfer die Stimme erhebt, ist es vollkpmmen unerheblich, wo er das tut. Die Behauptung wäre genauso falsch, wenn er bei einer internen Sitzung den entsprechenden Mitgliedern angedroht hätte, wegen parteischädigenden Verhaltens einen Ausschluss zu beantratgen, wenn sie ihr Verhalten fortsetzen. Mehr noch – dann hätte er sich nicht nur distanziert, sondern er hätte konkret etwas gegen diese Äusserungen getan.

Und in die Öffentlichkeit gehört die Distanzierung auch nur für Leute, denen es in erster Linie um narzisstisches Geschwätz und billigen Applaus geht als darum, tatsächlich einen Effekt zu erzielen – den kann der Parteifunktionär wesentlich eher intern erreichen, wo es konkrete Druckmittel gibt, als in der Öffentlichkeit, wo er nicht das Amt hat für mehr als sich als Privatperson zu sprechen.

„Aber Neuschäfer betreibt ja lieber Journalistenschelte in der Hoffnung dadurch ein Fleißkärtchen zu bekommen.“

Sagt ausgerechnet der, der mit billiger Partei- und Parteimitgliedsschelte nach öffentlichem Applaus zur Selbstbestätigung heischt.

Wir halten also fest – Stefan Laurin hat kein Problem mit Hetzreden – im Gegenteil, er verwendet ihren Duktus selbst. Problematisch ist für ihn einzig und allein, vom wem sie kommen.
Es kommt ihm zweitens auch nicht darauf an, dass tatsächliche Effekte erzielt werden, sondern darauf, dass möglichst viele Leute möglichst viele öffentliche Reden schwingen -und am besten noch genau das sagen, was er gerne hätte, ob’s nun effektiv ist oder nicht.

Danke, aber wenn Dortmund eines nicht braucht, dann notorische Selbstdarsteller, die Gott und die Welt belehren, aber von konkretem Handeln nichts halten.

trackback

[…] Nazis in Dortmund: David Schravens “Unverschämtheit” und das Versagen der SPD (Ruhr… – Ruhrbarone-Autor Stefan Laurin verteidigt den ex-Ruhrbarone-Autor David Schraven, der in […]

German Pie
German Pie
13 Jahre zuvor

@Stefan Laurin:

Was ist denn das konkrete Handeln von David Schraven ?

SPD-Schelte, aber konkrete Verbesserungsvorschläge habe ich bisher nicht gesehen.

Rosa
Rosa
13 Jahre zuvor

Die SPD handelt jetzt und hat nicht schon vor 10 Jahren gehandelt. Sie kritisiert jetzt die Polizei und nicht schon vor 10 Jahren.
D.h. das Aktiv werden der SPD ist einfach zu spät (so viel ich weiss stand die Linke mit der Absetzungsinitiative des Polizeipräsidenten alleine dar). Hätte sie eher gehandelt hätten sich derartige rechtsblinde Tendenzen bei der Polizei nicht durchsetzen können.
Die SPD hat auch die Familie in Dorstfeld nicht unterstützt, die wegen der Neonazis wegziehen musste.

Marco Bülow
13 Jahre zuvor

Sehr geehrter Herr Laurin,

es steht ihnen und Herrn Schraven natürlich zu (und es ist sogar ihr Job), Politiker zu kritisieren. Auch Herrr Sierau und Herr Neuschäfer bilden dabei keine Ausnahme. Allerdings müssen sie damit rechnen (dies gehört in einer Demokratie auch dazu), dass ihre Kritik nicht unkommentiert bleibt. Genau so sollte ein politischer Disput stattfinden.

Nur schade, dass ihre Kritik an Kai Neuschäfer hauptsächlich persönlich geworden ist. Sie bewerten einen Menschen, den sie überhaupt nicht kennen.
Politiker beschimpfen ist in und bringt immer Applaus! Auch davon auszugehen, dass alle Politiker Karrieristen und Schleimer sind. Dabei gibt es genauso wenig „DIE Politiker“ oder „DIE Journalisten“. Die meisten Politiker arbeiten jahrzehntelang ehrenamtlich, engagieren sich in ihrer spärlichen Freizeit, genießen nie Vorzüge, sondern meist Nachteile und haben auch gar nicht vor Posten anzustreben.

Hätten sie recherchiert, hätten sie erfahren, dass ihre abfälligen Wertungen bei Kai Neuschäfer nicht zutreffen. Kai Neuschäfer hat sehr häufig gegen das Establishment auch in der SPD aufbegehrt. Er musste sich alle Positionen hart erkämpfen, weil er eben nicht die „Schleimspur“ gewählt hat – welche ansonsten leider immer mehr junge Politiker wählen. Er verdient mit der Politik keinen Cent, sein Engagement ist absolut ehrenamtlich und ich weiß wie viele unzählige Stunden er mit dem Thema Bekämpfung des Rechtsextremismus zugebracht hat.

Dennoch können sie seine Arbeit natürlich kritisieren, aber bleiben sie doch bitte sachlich und werden sie nicht beleidigend. Wie würden sie sich fühlen, wenn ein anderer Journalist – der sie nicht kennt – solche persönliche Vorwürfe gegen sie erhebt? Schade, dass sie ihre tolle Arbeit bei den Ruhrbaronen damit untergraben und sich unter Wert verkaufen.

Ich schlage ihnen vor sich doch mal mit Kai Neuschäfer zu treffen, ihn kennenzulernen, mitzugehen, wenn er für den Arbeitskreisen gegen Rechts unterwegs ist. Es würde mich wundern, wenn sie dann nicht zumindest ein differenzierteres Bild von ihm beschreiben würden.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Bülow

denk nach
denk nach
13 Jahre zuvor

Ja, genau, ich stimme Tortist und Crusius absolut und ausdrücklich zu!! Und es beschämt mich zutiefst, dass all dies sich in Dortmund abspielt.

Jetzt gerade gehen die Vorladungen gegen die vermeintlichen „Landfriedensbruch-Täter“ raus, die Nazis fahren weiter in ihrem Bulli durch Dortmund, die Freunde von Sven K. (der ja zum Glück von einem privaten Sicherheitsdienst festgehalten und somit festgenommen werden konnte!!), dürfen weiter die Bürger einschüchtern und bedrohen (Mundtot machen und die Namensliste mit den 60 Dortmundern, die bei der NSU im Visier waren/sind (denn es ist doch gar nicht klar, wer jetzt für die aktiv wird) ist nicht bekannt.
Ach, welch großer Plan steht hinter dieser bewußten Bewußtlosigkeit?!

Herr Bülow, Ihre diplomatischen und versöhnenden Zeilen ehren Sie, aber wenn Sie dieses dauernde Versagen und Schönreden der Polizei und Politik tatsächlich seit Jahren bewußt und aktiv mit ansehen, erleben und ertragen müßten, würde Ihnen sicher auch irgendwann die Contenance flöten gehen, wenn Sie es ernst meinen die Stimme gegen die Faschisten zu erheben. Bedauernswert at all!

German Pie
German Pie
13 Jahre zuvor

Wie schon geschrieben, jeder jammert hier rum, wie schlimm es denn in Dortmund ist, schreibt Blog-Einträge oder Zeitungsartikel, aber KEINER wird selber aktiv und organisiert Demos oder eine EXIT Niederlassung in Dortmund.

Woran liegt das ?

crusius
crusius
13 Jahre zuvor

@18

Ach, Herr Bülow…

Für die Jahre 2005-2010 weist die Polizeistatistik (!) für Dortmund 1080 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund aus (Quelle: https://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/region/hierundheute/art1544,1444935) Statistisch gesehen hat in diesem Zeitraum jeden zweiten Tag ein Nazi in dieser Stadt das Gesetz gebrochen. Ein Kartell aus Politik, Medien und Justiz hat dafür gesorgt, daß diese Tatsache nicht allzuviel Aufregung hervorruft.

Seit 2006 lebe ich in Dortmund und verfolge die lokale Berichterstattung mit einer gewissen Regelmäßigkeit. In diesem Zeitraum ist mir nicht aufgefallen, daß Sie sich zu diesem Thema zu Wort gemeldet hätten (sollte ich eine entsprechende Pressemitteilung übersehen haben, bitte ich um Korrektur).

Derzeit hat das Thema Rechtsextremismus – nach meiner Wahrnehmung zum ersten Mal seit Hoyerswerda (1991) und Solingen (1993) – Konjunktur. Und prompt kommen Genossen aus der Deckung, – vielleicht nur, weil es endlich publizistischen Gegenwind gibt?

Herr Sarrazin wurde durch einen Formelkompromiß in der Partei gehalten. Herr Schäfer ist – belehren Sie mich eines besseren – immer noch Parteimitglied. Frau Hetmeier sitzt immer noch für die SPD im Rat.

Für eine Auskunft zur Frage, warum ein überzeugter Antifaschist es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, in Dortmund SPD zu wählen, wäre ich Ihnen sehr dankbar (falls Sie hier noch mitlesen).

trackback

[…] ich dann auf diesen Text unwirsch reagierte, sprang der SPD Bundestagsabgeordnete Marco Bülow Neuschäfer mit einem Kommentar bei: Nur schade, […]

Marco Bülow
13 Jahre zuvor

Ach Herr Crusius,

da sie auf eine Antwort anspielen, sollen sie auch eine bekommen.

Eine Feststellung vorweg: Ich habe mit keiner Silbe gesagt, dass ich den braunen Sumpf unterschätze und dies werden sie von mir auch nicht hören.

Sorry, aber ich kann gar nicht zählen auf wie viel Demos gegen Rechts ich bisher war, wie viele Reden, Erklärungen, Anträge und PMs ich dazu geschrieben habe (das kommt halt nicht alles in die Zeitung). Zwei Beispiele: Nachdem 2009 die 1. Mai Demo von Neonazis angegriffen wurde, habe ich dazu im Bundestag geredet, eine PM verfasst und ich war damit auch in der Presse. Ver.di habe ich vor etwa drei Jahren dabei unterstützt Unterschriften für ein NPD-Verbot zu sammeln – dazu wurde eine PK in Dortmund veranstaltet und ich habe die Unterschriften in Berlin an die Regierung übergeben. Auch darüber hat die Presse berichtet.

Ich könnte ausführen, wie ich mehrmals direkt von den Rechten angepöbelt wurde; warum ich einer der 10 Dortmunder bin, die auf der Nazidatei stehen; wie ich öffentlich auf Sarrazin reagiert habe und meine Parteiführung beschimpft habe, weil sie ihn nicht rausgeworfen hat – aber vermutlich wollen sie das ja gar nicht hören. Dies und andere Geschichten könnte ich über viele andere Sozialdemokraten erzählen. Warum stören die Nazis denn wohl SPD-Stände? Warum bekämpfen sie gerade hier in Dortmund so gerne Sozialdemokraten? Warum gehörten schon immer Mitglieder der SPD zu den Verfolgten der Nationalsozialisten? Sicher nicht, weil wir alle sie unterschätzen und Däumchen drehen, während sie Staat und Stadt unsicher machen. Es ist ja viel einfacher alle Sozen zu beschimpfen und nicht zu differenzieren. Ja, immer wieder haben Sozialdemokraten den braunen Sumpf unterschätzt, ich bin der letzte der hier alle meine Parteikollegen auf einen Sockel heben will. Aber das Gegenteil zu behaupten, ist Blödsinn.

Ich hielte es für sinnvoller, die Rechten gemeinsam zu bekämpfen und überall die Menschen davon zu überzeugen, dass wir mehr tun müssen, als wir bisher getan haben. Dies schaffen wir mit gegenseitigen Vorhaltungen sicher nicht.

Mit freundlichen Grüßen

Marco Bülow

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