Ausländer: Das muss man doch mal sagen dürfen

Die Grenzen der Welt verlaufen nicht zwischen den Rassen sondern zwischen den Klassen.

Rumms. Hat mal ich-weiß-nicht-wer gesagt. Vielleicht die SPD. Zumindest wäre es ihr zuzutrauen.

Seien wir doch mal ehrlich. Es geht in der aktuellen Sarazzin-Debatte, wie immer, um Tattas. Wenn die Stahl- und Kohleindustrie im Pott Leute aus der Türkei, aus Griechenland oder aus Italien geholt hat, in den sechziger Jahren, dann waren das nicht die Ingenieure. Das waren die Malocher aus Izmir, die Ziegenhirten aus Kreta und die Fischer aus Capri. Allesamt keine Oberklasse. Deren Ziel war nicht Bildung und Integration, sondern klarkommen und durchfressen.

Wenn heute der Schnitt-Italiener schlechter integriert ist als der Schnitt-Iraner liegt das daran, dass aus dem Iran nicht die Pampelmusenpflücker hierhin geflüchtet sind, sondern die geistige, ideele und finanzielle Elite des Golfstaates. Das hat mit Religion ÜBERHAUPT nix zu tun.

Die Masse der Türken ist schlechter eingebunden in den Staat Deutschland, weil die Masse der türkischen Arbeiterkindern schlechtere Zugänge in die Aufstiegsränge der deutschen Republik hat, als die Masse der Adeligensprösse aus Jordanien, die in Bonn auf der Hofgartenwiese liegen und Kant rezitieren.

Man kann es auch so sagen: Die Abiabschlussquote liegt bei den Türkenkindern sicher nicht signifikant schlechter als bei den Abkömmlingen der abgeschlagenen Proletarierkaste aus Mecklenburg-Vorpommern. Armut zeugt in Deutschland immer noch Armut. Die Zugangshürden für Unterschichtskinder zu den Unis sind durch die Unigebühren nicht niedriger geworden und die guten Gymnasien der Republik liegen immer noch nicht in Essen-Kray. Ich rede hier nicht von Kindern der Facharbeiter. Ich rede von den Söhnen und Töchtern der Hilfsmalocher, von den Kindern der Leute ohne Hauptschulabschluss, den Abgeschlagenen und Abgestoßenen.

Früher hat die Sozialdemokratie aus dem Satz: „Die Grenzen der Welt verlaufen nicht zwischen den Rassen sondern zwischen den Klassen“ eine Handlungsmaxime abgeleitet. Die Grenzen zwischen den Klassen müssen niedergerissen werden.

Das geht durch Bildung. Denn Bildung schafft Wohlstand. Diese Bildung muss das Ziel der aufgeklärten Gesellschaft sein. Sie ist unser Rohstoff. Sie ist der Kitt in unserem Staat. Bildung ist die Hoffnung seit August Bebel. Bildung muss reingezwungen werden in die Klasse der Abgehängten, um möglichst viele von ihnen von ihren Fesseln zu befreien.

Dieses ganze Religions- und Kulturgefasel ist einfach die halbgare Wiederholung einer veralteten Debatte, die schon in Weimarer Zeiten vertrottelt war. Damals sagte man über die Arbeiter im Pott, die seien halt im Elend zurückgeblieben, weil das katholische Polen sind. Sprich: genetisch, kulturell minderwertiges Pack.

Das Ganze ist doch einfach: weil man über ideele Werte, Familiengefühl und Gen-Bullshit so wunderbar fabulieren kann, muss man sich über die Verteilung der Tattas und die Zugangchancen zur Bildung keine Gedanken mehr machen. Bah. Es war die Erkenntnis im 18. Jahrhundert, dass die Mehrzahl der Konflikte innerhalb von Gesellschaften auf materielle Benachteiligungen zurückzuführen ist – und keine gottgegebenen oder genetischen Ursachen kennt.

Und wo ich gerade so am schimpfen bin. Deutschland.

Deutschland gibt es doch gar nicht. Das ist wie Bielefeld nur eine Erfindung.

Deutschland ist der zufällige Zusammenschluss von ein paar Staaten, Nationen und Völkern, deren Herrscher sich irgendwann einmal nach dutzenden Kriegen auf ein Unentschieden geeinigt haben. Österreicher, Schweizer und Niederländer sind genauso Deutsche, wie Burgunder, Dänen und Schlesier. Nur eben nicht in den Grenzen Deutschlands. Oder anders gesagt: Bayern und Angeln sind auch nur Deutsche, weil sie mit Sachsen und Alemannen zufällig in einem Zollverbund leben.

Die allgemeine Hochsprache der Deutschen wird seit Jahrhunderten immer wieder neu erfunden. Auch aus materiellen Gründen, weil Verleger mehr Bücher und Zeitungen an mehr Menschen verkaufen wollen. Da nervt es wenn jeder anders schreibt. Und wir sprechen nur seit ein paar Jahrzehnten alle ähnlich, weil wir alle Radio hören und Fernsehen sehen und da die Leute genormt sprechen müssen, damit möglichst viele sie verstehen. Es gibt dutzende Deutschs. Auch in Kirgisien und Namibia. Pah.

Und dann die deutschen Lande. Auch nicht deutsch. Hier ist jeder durchgezogen, der keinen festen Wohnsitz hatte. Von Osten nach Westen und umgekehrt. Ich bin genauso Holländer in der vierten Generation, wie Grieche in der zweiten, oder Westfale in der zehnten. Alles vermischt, durcheinander, gequierlt. Selbst die Nazis in Deutschland sind eher Beutepolen als Germanen. Die SZ-Laute in den Namen, der itz-Endungen und unverständlichen Irgendwassen ist Legion. Hier ist keiner deutscher als der andere. Der reinrassigste Sumpfbauer ist im Zweifelsfall nur inzestgeschädigt und deswegen was besonderes – oder auch nicht. Als Volk gesehen ist der Mann dann immer noch nicht Deutscher sondern Friese.

Deutschland. Ich war vor ein paar Wochen in der holsteinischen Schweiz. Das müsste auch eher holsteinische Tschechei heißen. Schöne Landschaft – total slawisch. Slawische Städte, Slawische Dörfer, alles westslawische Gründungen und selbst die Menschen heißen noch Wende und Co. Das Volk da hieß mal Wagrier und gehörte zu den Pommeranen. Ist dann nach irgendeinem Krieg aufgegangen in den Holsteinern oder umgekehrt. Was weiß ich. Wendland, Abtswind, etc… fast die Hälfte von Deutschland ist slawisches Urland. Grömnitz und Eutin sind slawisch. Nicht deutsch. Kommt damit klar.

In diesem Sinne gebe ich zu bedenken, dass wir weiter hier alle integrieren sollten, die rumlaufen, mal besser mal schlechter. Mit den Evangelen aus Ostpreußen hat es auch geklappt. Erkennt man ja gar nicht mehr auf der Straße, die mit ihren Kopftüchern. Man musste denen nur Arbeit geben und den Zugang zur Bildung erleichtern. Den Rest erledigen Snickers, Bier und Pornohefte.

Wie gehabt werden aus allen Ausländern Deutsche. Und wie gehabt wird sich auch das Land dadurch verändern. Die Erfindung Deutschland wird anders. Na und? Wir laufen ja auch nicht mehr mit weiß gepuderten Perücken rum und lassen uns von inzestgeschädigten Baronen beherrschen. Deutschland ist und bleibt ein Vielvölkerstaat im ständigen Wandel.

Und das ist auch gut so. Wenn die ganzen Genetik-Romantiker das endlich begreifen würden, könnten wir den Blut-Und-Boden-Driss hinter uns lassen. Und mit möglichst vielen Einwanderern einen neuen Aufschwung hinlegen. Selbst der demografische Wandel muss nicht sein, wenn wir Leute ins Land lassen.

Verdammt. Man muss doch mal die Wahrheit sagen dürfen. Aber echt.

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Bert
Bert
13 Jahre zuvor

„Die Masse der Türken ist schlechter eingebunden in den Staat Deutschland, weil die Masse der türkischen Arbeiterkindern schlechtere Zugänge in die Aufstiegsränge der deutschen Republik hat, als die Masse der Adeligensprösse aus Jordanien, die in Bonn auf der Hofgartenwiese liegen und Kant rezitieren. “

Nö.

Die Masse der Türken hat dieselben Chancen unter denselben Voraussetzungen wie Einwanderer aus Vietnam.

Nur der Vietnamese nutzt seine Chance und der Türke/Araber eben nicht:

https://www.zeit.de/2009/05/B-Vietnamesen

„Das vietnamesische Wunder

Die Kinder von Einwanderern aus Vietnam fallen durch glänzende Schulnoten auf. Ihr Erfolg straft Klischees der Integrationsdebatte Lügen“

Georg K
13 Jahre zuvor

So Bert, was waren den die Eltern, der von Dir beschriebenen Vietnamesen? Prekäre Fischer aus dem Mekongdelta? Oder sozialistische Ingenieure aus Moskau? Die so genannten Vertragsarbeiter aus Vietnam waren in der Regel topp ausgebildete Kerl. Und keine Hilfskeulen für den Gullieinsatz.

Mann, Du bestätigst mit Deinem Beitrag nur die These.

Davon ab: Das Gesagte heißt nicht, dass man nichts fordern muss. Veränderung heißt immer auch, dass der andere sich ändern muss. Man muss die Bildung in die Unterschicht hineinzwingen. Mit Kita-Pflicht, mit Zwangsnachhilfe, mit Zwangs-Deutschunterricht.

Wenn dann von hundert zwei Aufsteigen ist viel gewonnen. Die, die es wollen, schaffen es auch alleine bis nach oben. Da bist Du dann bei Deinen vietnamesischen Aufsteigern.

Scheiß auf Konfuzius. Es gibt genug Wanderarbeiter in Asien, die keine Chance haben.

Dein genetischer Völkerscheiss ist doof Bert.

ben gunn
13 Jahre zuvor

@bert

die Einwanderer aus Vietnam sind wo zu finden? Ostdeutschland, dorthingekommen durch die Einreisepolitik der DDR die Studenten, Ingenieure und Hochschulabsolventen hergeholt hat und entsprechend eingebunden und gefördert hat. Die die nach Anschluss der DDR hier geblieben sind waren so integriert, dass sie sich nicht vorstellen konnten woanders zu leben.

Und so straft eben genau dieser Umstand der Integrationsdebatte Lügen. Integration kann funktionieren, wenn man will und man lässt.

Roberto Weißwasser
Roberto Weißwasser
13 Jahre zuvor

Dank.
In der ganzen aufgeheizten Schaumschläger-Nazi-Stimmung in der angeblich 60% der Deutschen Sarrazin zustimmen. Bringt einen dieser Text wieder auf den Boden.

Lars
13 Jahre zuvor

Vielen Dank für den Text. Schafft Abkühlung in einer Debatte, die derzeit, wie ich finde, zu heiß disktutiert. Integration ist zu wichtig, als das sie als „In-Thema“ behandelt wird.

trackback

[…] Das muss man doch mal sagen dürfen … Zum Nachdenken und darüber diskutieren ein Text bei den Ruhrbaronen:Seien wir doch mal ehrlich. Es geht in der aktuellen Sarazzin-Debatte, wie immer, um Tattas. Wenn […]

Dirk Deimeke
13 Jahre zuvor

Ein „Danke“ auch von mir.

Alle Untersuchungen beweisen es: Deutschland ist eines der Schlusslichter in der Bildung, gerade auch, was das in diesem Bereich investierte Geld betrifft.

Davon durch diese Scheindebatte abzulenken und das Bauernopfer reich in Rente zu schicken, ist eine typische Vorgehensweise.

Nebelbomben …

Teo
Teo
13 Jahre zuvor

Der Text kommt nah an das ran, was ich auch bei der Debatte im Hinterkopf habe. Zusätzlich kommt hinzu, dass der Wille zur Integration logischer Weise geschmälert wird, wenn man ständig gesagt bekommt, dass man es aufgrund seiner kulturellen und genetischen Herkunft eh nie in diesem Land zu etwas bringen wird. Das ist einfach nur schädlich und blödes Gequatsche.

fritz
fritz
13 Jahre zuvor

nein die vietnamesen waren nicht so toll integriert,die hatten dort nicht viel zu lachen.wurden sie doch überall angegriffen(rostock etc.) obwohl sie nicht schuld waren an den verhältnissen vor den asylantenheimen.damals kamen nämlich haufenweise roma und sinti und da es keinen paltz mehr gab wohnten und schiessen sie davor.da sie kein geld hatten klauten sie in den geschäften.
vietnam ist übrigens noch kommunistisch,wer wollte da schon zurück?
i

Locke
Locke
13 Jahre zuvor

@Georg K:

Aus Wikipedia:

„Nach Vereinbarung des Zweiten Regierungsabkommens zwischen der DDR und Vietnam im Jahr 1980 wanderten in der Hauptsache vietnamesische Vertragsarbeiter ein. Den Großteil stellten Frauen, welche in der Textilindustrie arbeiteten.

Also auch eher geringqualifizierte Hilfsarbeiter, deswegen kann man die beiden Migrantengruppen recht gut vergleichen.

Woran liegt es dann, dass die Türken unter gleichen(!) Voraussetzungen in der Integration versagen ?

Dirk Deimeke
13 Jahre zuvor

@Locke: Es liegt nicht nur, aber auch an den unterschiedlichen zu Grunde liegenden Staatssystemen.

Locke
Locke
13 Jahre zuvor

@Dirk Deimeke: Kannst du mir das etwas genauer erläutern ?

Beate
Beate
13 Jahre zuvor

Schon gut erkannt.

„Der Rammbock des Kapitalismus ist der Rassismus.“

Bildung würde den Rammbock auf Zahnstochergrösse reduzieren.

Dirk Deimeke
13 Jahre zuvor

@Locke:

In einem System, in der niemand Angst vor Konkurrenz haben muss, läuft Integration anders als in einem System, in der die Konkurrenz die eigene Position bedroht.

Integration hat zwei Seiten und nicht nur eine. In dem Zusammenhang lohnt sich ein Gedanke auf das Verhältnis von Gast und Gastgeber, in diesem Verhältnis hat der Gastgeber auch Pflichten und nicht nur der Gast.

Andreas Lichte
13 Jahre zuvor

@ Georg Kontekakis

Sehr guter Artikel !

Andreas Lichte
13 Jahre zuvor

@ Georg Kontekakis

Du schreibst: „Seien wir doch mal ehrlich. Es geht in der aktuellen Sarazzin-Debatte, wie immer, um Tattas.“

äh, ich gestehe, ich weiss nicht, was DU mit „Tattas“ meinst. Bin wohl einfach nur schlecht integriert, mir fällt dazu nur das ein:

https://www.urbandictionary.com/define.php?term=tattas

„1. tattas

buy tattas mugs, tshirts and magnets

Boobs Breast tits etc…“

Andreas Lichte
13 Jahre zuvor

… und wo wir schon bei „tattas“ sind, hier auch noch der Hinweis auf einen Artikel, den ich grossartig finde, und der – glaub‘ ich – auch nicht von einer „reinrassigen“ Deutschen stammt:

https://www.ruhrbarone.de/mach-was-du-willst-meine-erlebnisse-als-hooters-girl-in-bochum/

Daniel
13 Jahre zuvor

@Bert #1: Türken haben nicht dieselben Chancen unter den denselben Voraussetzungen. Erstens ist der kulturelle Hintergrund schon mal unterschiedlich. Zweitens macht es schon einen Unterschied, ob in einer Stadt 10.000 türkische Migranten leben oder nur 100 vietnamesische Migranten. Drittens sind Vietnamesen keine Moslems. Sie werden damit nicht mit denselben Vorurteilen und Ängsten konfrontiert und kritisiert. Und damit und wegen ihrer, im Vergleich zu den türkischen Migranten geringeren Anzahl, werden viertens Vietnamesen und andere asiatische Einwanderer nicht als Bedrohung angesehen. Fünftens haben die meisten mehr positive Vorurteile gegenüber Asiaten generell als gegenüber Türken.
Nein, wir müssen erst die Unterschiede genau herausarbeiten, um zu sehen, was wir daraus lernen können.

Danke übrigens für den Zeit-Artikel. Denn er sagt indirekt aus, dass Parallelgesellschaften kein Hindernis für Integrationserfolge sein müssen.

Und er deutet am Ende auch an, dass auch die Mustermigranten sich den deutschen Verhältnissen anpassen und z. B. nicht mehr alle vietnamesischen Schüler zwangsläufig auf ein Gymnasium kommen.

@Georg K. #2: „…Bildung in die Unterschicht hineinzwingen…“??? Hast Du jemals erlebt, dass durch Zwang etwas Gutes entsteht? Zwang und Angst motivieren zwar, aber in einer destruktiven Art und Weise. Wenn Zwang gut wäre, würde jedes Unternehmen seine Angestellten durch Sanktionen motivieren. Wir wissen aber heute doch, dass Sanktionen, ja nicht mal monetäre Anreize gute Motivationshilfen sind. Warum nutzen wir nicht solche Erkenntnisse auch für andere Bereiche der Gesellschaft wie z.B. die Integration?

@Locke #9: Dein zitierter Satz sagt nichts über die Qualifikation und den Bildungshintergrund der Vertragsarbeiter aus, sondern nur, wofür sie eingesetzt wurden. In den 60er Jahren wurden koreanische Männer als Bergarbeiter angeheuert. Aber: Kaum einer hat in Korea je als Bergarbeiter gearbeitet. Unter ihnen waren auch sogar Akademiker, die des Geldes wegen nach Deutschland kamen.
Unvorstellbar, dass ein Akademiker in Korea weniger verdient als ein Bergarbeiter in Deutschland, nicht? 😉
Ob die Voraussetzungen für Türken und Vietnamesen also gleich waren/sind, sagt Dein zitierter Text also in keinster Weise.

@Dirk Deimeke #10/#13: Es liegt nicht nur an Staatssystemen. Es liegt so vielen Aspekten. Kulturelle, religiöse, politische, soziale, geschichtliche, rechtliche, aber auch individuelle persönliche Unterschiede, die den Integrationsprozess beeinflussen.
Angst vor Konkurrenz ist auch nur ein Faktor von vielen. Unwissenheit ist z.B. ein anderer Faktor. Auch der Umgang mit anderen Gruppen wie Behinderten und Homosexuellen oder das Verhältnis zwischen Mann und Frau in einer Gesellschaft sagen mir einiges über die Integrationskraft der Gesellschaft. Oder verrenne ich mich da?

Danke auch für Deinen letzten Absatz. 🙂

Clarification of Fact
13 Jahre zuvor

Der Dummschwätzer

Thilo Sarrazin – geboren drei Monate vor Kriegsende in Gera als Sohn hugenottischer Einwanderer, vor Gründung der DDR in ein bayrisches Kinderheim verfrachtet, später Bundesbahner und Bundesbanker, Treuhänder, Finanzsenator, Sachbuchautor und Provokateur – ist ein Dummschwätzer. Seine Gegner sind es allerdings auch.

Weiterlesen: https://tinyurl.com/25mh2oe

Dirk Deimeke
13 Jahre zuvor

@Daniel: Gebe Dir komplett Recht!

In uns allen eingebaut ist eine Angst vor dem (nicht „den“) Fremden. Das war vor einigen tausend Jahren mal überlebenswichtig. Diese Angst kann geschürt werden und einige Populisten verstehen sich sehr gut darauf. Statt die Gemeinsamkeiten zu sehen, wird auf den Unterschieden herumgehackt.

Du triffst das mit Deinem Posting sehr gut finde ich.

Torti
Torti
13 Jahre zuvor

Also so sehr ich den Artikel mag, gibt er allerdings keinerlei Lösung für ganz konkrete Problem, die ich jeden Tag erlebe und die, mit Verlaub mit dem Islam als Religion zu tun haben. Mein Sohn geht in Dortmund auf eine Grundschule mit so 90 % Migrantenanteil. Und ich wollte das er auf diese Schule geht, denn der Unterricht ist Spitze und mit den deutschen Schulpreis ausgezeichnet.

In der Klasse meine Sohnes tragen bereits 4 Mädchen ein Kopftuch. Die sind 8 Jahre alt, das tun die nicht freiwillig. Das hat mit Bildung nix zu tun.

Die Koeduktion wird von muslimischen Eltern teils offen in Frage gestellt. Mit Verweis auf religöse Gründe. Wie wird das durch Bildung gelöst ?

Wie geht am mit Eltern um, die nach 30 Jahren in D. nicht mehr sagen können, “ Ich-Mutter-Vater-von-Metin “ das ist Verweigerung.

Ich mag auch nicht die nationale Frage stellen, aber wo ist denn das konkrete Eintreten für die Werte der Aufklärung, die wir uns übrigens auch von den christlichen Kirchen erkämpfen mussten ?

Wo ist der Aufschrei, wenn die Mädchen bereits die Fotos ihrer zukünftigen Ehemänner rumzeigen oder auch in D. beschnitten werden ? Ist da Bildung die Lösung ?

Es gibt in der islamisch geprägten Kultur Dinge, die eklant im Widerspruch zu den Werten der Aufklärung und den Menschenrechten stehen. Und gegen deutsche Gesetze verstossen.

Wir verraten jeden Tag, aus kleinlichem Kulturrelativismus, Werte und Errungenschaften, die wir für uns selbst für unverzichtbar halten.

JK
JK
13 Jahre zuvor

@@ Torti

wo ist das Problem? Kann dein Kind nicht lernen wenn ein Mädchen mit Kopftuch da sitzt? Ich hatte auch in der Grundschule solche Mädchen in meiner Klasse, und was heute mit dem ist, weiss ich nicht, aber um ehrlich zu sein ist es mir egal. Vllt ist e ja für die toll gelaufen oder auch nicht.

Warum kannst du den immer noch kein Türkisch obwohl die ja schon seid über 30 Jahren hier sind??? Kling für mich auch nach Verweigerung…

De rArtikel ist echt gut, und trifft es mal auf den Punkt. Wir alle sind nichts anderes als „Ausländer“!

Torti
Torti
13 Jahre zuvor

@JK
Tut mir leid, das ist mir zu blöd.

Daniel
13 Jahre zuvor

@Dirk Deimeke: Danke. 🙂

@Torti: Das erste Problem ist, dass es keine kurzfristigen Lösungen gibt und auch keine Lösungen mit Erfolgsgarantie. Die wird es für die meisten großen Probleme, vor allem für zwischenmenschliche Probleme, nie geben.

Bei uns Koreanern gibt es auch viele Zwänge und Werte, die ich für widersprüchlich zu deutschen Werten halte. Viele von uns waren nicht fleissig, weil das Lernen Spaß gemacht hat, sondern weil wir eher Angst vor den eigenen Eltern hatten. Solange wir nach außen hin funktioniert haben und erfolgreich waren, hat das aber auch niemanden interessiert oder jemand verstanden. Den Preis zahlt dann die 2. Generation mit gestörten Familienverhältnissen, nicht die deutsche Gesellschaft.

Bildung ist insofern eine Lösung, als dass ich als 2. Generation den Integrationskonflikt innerhalb der Familie mit meinen Eltern austrage bzw. ausgetragen habe. Ohne Bildung, ohne deutsches Schulsystem, ohne DEUTSCHE Freunde, ohne deutsche Nachbarn hätte das wohl nie geklappt. Ich fühle mich in Deutschland heimisch, weil ich mich hier immer von den Deutschen akzeptiert und anerkannt gefühlt hatte (leider habe ich das Gefühl, dass sich das auch für mich immer mehr zum Negativen ändert). Mit anderen Worten: ich hatte eine realistische und glaubhafte Alternative zur koreanischen Kultur.
Wenn türkische Familien das Gefühl haben, sie seien hier nicht willkommen, sie werden ausgegrenzt wegen ihrer Religion oder allein wegen ihres Aussehens, dann übertragen die Eltern dieses Gefühl natürlich auf ihre Kinder. Die Mädchen tragen die Kopftücher vielleicht nicht freiwillig, aber wenn man ihnen vermittelt, dass dies die bessere Alternative sei, dann würde ich das auch tun.
Auf der anderen Seite kenne ich moslemische Frauen, die Kopftuch tragen, die genauso klug, freundlich, frech und gebildet sind wie deutsche Frauen. Wie wir Menschen mit Zwängen, Gruppendruck oder sogar mit Gewalt in der Kindheit/Jugend umgehen, hängt von wieder von vielen persönlichen und äußeren Faktoren ab. Können wir uns aus diesem Umfeld befreien oder nicht? Sehen wir Alternativen?

Not füllt Kirchen, sagt man hierzulande. Not füllt Kirchen und Moscheen, sage ich. Dabei muss das nicht mal die wirtschaftliche Not sein. Wer sich in der deutschen Gesellschaft (oder auch in jeder anderen) verloren (aus welchen Gründen auch immer, ob selbst verschuldet oder nicht), sich allein und hilflos fühlt, der sucht sich seine Gemeinschaft. Bei den einen ist das der Halbmond, bei den anderen vielleicht das (Haken)Kreuz. Es gibt wohl nicht wenige Koreaner, die erst hier in Deutschland zum Christentum gefunden haben, weil die koreanische Gemeinden in den Anfängen häufig von koreanischen Pastoren organisiert wurden.

Bildungsmaßnahmen sind wichtig, haben in meinen Augen aber den größten Einfluss und Nutzen bei Heranwachsenden. Sie sind form- und beeinflussbar. Sie müssen stark werden, sie müssen hier eine emotionale Heimat finden. Erwachsene Menschen sind schon vorgeformt. Sie kann man am ehesten beeinflussen über den Gruppendruck innerhalb der jeweiligen Migrantengruppen.
Stellt euch vor, es gibt tatsächlich staatlichen Islamunterricht, der unter deutscher/staatlicher Kontrolle steht. Wir könnten den Kindern das Bild eines liberalen Islams vermitteln und sie mit Argumenten ausstatten, die sie schützen vor religiösen Eiferern. Wir werden nicht jedes Kind erreichen, aber würden den religiösen Einfluss nicht Institutionen überlassen, auf die wir keinerlei Einfluss haben.

Noch ein Wort zur Komplexität des Themas: Mir ist bewusst, dass auch ich hier nur Teilaspekte anspreche, die bei einigen zutreffen, bei anderen nicht. Es wird immer Ausreisser geben, zum Positiven als auch zum Negativen. Aber so sind wir Menschen wohl.

Torti
Torti
13 Jahre zuvor

@Daniel
Danke für deinen Beitrag. Kann ich so mittragen und verstehen. Ich habe bewusst Fragen gestellt, denn auch ich bin da mit schnellen Antworten nicht bei der Hand.
Wir alle dürfen uns die Frage nicht ersparen in welcher Geselschaft wir leben wollen und auf der Grundlage welcher Werte. Genau wie der Artikel halte ich eine vermeintliche „deutsche Abstammung“ hierzu für untauglich.

Jeder ist herzlich eingeladen „Deutsch“ zu sein, der sich einem Wertesystem verbunden fühlt. Das lasse ich gelten. Was ich nicht gelten lassen, ist das Menschen egal welcher kultureller Wurzeln, sich mit dem Hinweis kultureller Unterschiede oder auf Religionen sich aus der Aufklärung und den Menschenrechten verabschieden.

JK
JK
13 Jahre zuvor

@@ Torti

ich verstehe dein Problem nicht, dein Kind ist auf einer Guten Schule (hat ja sogar nen Schulpreis bekommen). Vielleicht ist die schule ja so gut weil es dort auch Kinder mit Kopftuch gibt.

Warum muss man sich als Deutscher eigentlich in allem immer einmischen und weiss immer alles besser??

Ich bin Deutscher, bin in Wanne-Eickel und in GE Ückendorf groß geworden. Zur Schule bin ich in Ge Bismarck gegangen. Ben Türk olabilir!
Damit kommt man schon weiter im Leben. Wenn du Glück hast lernt dein Kind auch Türkisch oder Arabisch und merkt die Positiven Aspekte die man dadurch im Leben hat. Die Türkische Ess-Kultur zum Beispiel, schmeckt viel besser als immer dieser Fertigfrass aus der Dose.

Es gibt auch eine menge Positive Aspekte durch die ganzen „Ausländer“ und Parallelgesellschaften. In den USA haben die sogar eigene Stadteile, wie China-Town usw. Das sind auch Parallelgesellschaften.

Torti
Torti
13 Jahre zuvor

@JK
Tja, da du das nicht verstehst, gibt es da mit mir auch nichts zu diskutieren.
Und deine Argumente haben noch ein erhebliches Intelligenzpotential.
Ich behalte mir das Recht vor, mich mit denen Menschen hier auszutauschen, die den Diskurs verstehen und gehaltvolle Beiträge verfassen.

Daniel
13 Jahre zuvor

@JK: Ehrlich? Ich wünschte mir, mehr türkischstämmige (und andere) Migranten würden besser Deutsch sprechen, damit ich mich mit denen auch besser verständigen könnte. Es leben so viele Migranten hier: Sollen wir jetzt alle Deutsch, Türkisch, Vietnamesisch, Kroatisch, Russisch, Englisch, Französisch… lernen, um miteinander zu kommunzieren?

Da ist doch das naheliegenste, dass wir alle erst einmal Deutsch lernen. Nicht unbedingt perfekt, aber für den Alltag ausreichend wäre doch schon ein Fortschritt.
Oder? 😉

trackback
13 Jahre zuvor

[…] geehrte Bild-Leser, Sarrazin-Fanboys, Fernsehmoderatoren, Politiker und Nazis. Bitte lesen. Aber vorsichtig mehr als zwei zusammenhängende Sätze, Sinn und keine […]

Torti
Torti
13 Jahre zuvor
Dirk Deimeke
13 Jahre zuvor

@JK

Ich bin ebenfalls in Wanne-Eickel aufgewachsen, habe gut drei Jahre in Düsseldorf gewohnt und lebe und arbeite nun als Ausländer in der Schweiz. Ja, richtig verstanden, als Ausländer. Es gibt einen grossen Haufen kultureller Unterschiede und viele Schweizer mögen die Deutschen nicht. Lächerlich?

@Torti

Bei religiösen Fanatikern ist es egal welcher Religion sie angehören, ob es nun fanatische Christen sind oder fanatische Juden oder fanatische Moslems.

Wichtig ist, dass wir uns nicht glauben machen lassen, dass das die breite Masse ist. Wenn ich mir anschaue, womit die privaten Fernsehsender die Pausen zwischen den Werbeblöcken füllen wird mir übel. Mit „normalen Menschen“ kannst Du keine Doku-Soap machen, die sich Zuschauer ansehen wollen …

Johann Wolfgang Schoop
13 Jahre zuvor

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Zustrom von Vertriebenen Schleswig-Holsteins Bevölkerung fast verdoppelt. Mit einer unglaublichen assimilativen Kraft haben Holsteiner, Schleswiger, Lübecker, Lauenburger und Dithmarscher die einfach gefressen. Heute findet man kaum noch Indizien für eine solche gewaltige Bevölkerungsumwälzung. Obwohl eigentlich noch genug unter den Schleswig-Holsteinern sind, die sie miterlebt haben müssten.

Laut INSM-Kompass ist die Akademikerquote unter Schleswig-Holsteins Beschäftigten niedriger als unter einigen Einwanderergruppen. Was verrät uns das über Integration und das schönste Bundesland 😉 ?

Die deutschen Stämme sind ein ethnischer Misch-Masch. Genetisch kannst du einen Schleswig-Holsteiner relativ sicher von einem Bayer unterscheiden. Von einem Dänen jedoch nicht.

Locke
Locke
13 Jahre zuvor

Die Wirklichkeit sieht dann so aus:

https://www.welt.de/politik/deutschland/article9478278/Einwanderer-auf-dem-Rueckmarsch-ins-Mittelalter.html

„Einwanderer auf dem Rückmarsch ins Mittelalter“

“Er beobachte bei manchen Einwandererfamilien im Moment, „dass der Rückmarsch ins Mittelalter weiter fortschreitet“, sagte Buschkowsky dem Magazin „Stern“. Es gebe zunehmend „Eltern, die Probleme mit dem Biologieunterricht haben und Mädchen, die keinem Jungen die Hand geben“, sagte Buschkowsky. „Die Lehrer schätzen den Anteil dieses Milieus auf 20 bis 30 Prozent. Und er wird nicht kleiner, sondern größer.“

Rolf Menrath
13 Jahre zuvor

„Wenn heute der Schnitt-Italiener schlechter integriert ist als der Schnitt-Iraner liegt das daran, dass aus dem Iran nicht die Pampelmusenpflücker hierhin geflüchtet sind, sondern die geistige, ideele und finanzielle Elite des Golfstaates. Das hat mit Religion ÜBERHAUPT nix zu tun.“
Nun ist der Iran ja bekanntlich ein islamischer Gottesstaat mit Scharia und allem Schnick und Schnack und wenn dann Menschen von dort nach hier fliehen, um frei leben zu können und hier ALLE Möglichkeiten der Fortbildung und der Integration zu finden und diese gerne nutzen, um nicht wieder zurückkehren zu müssen in solch ein System, dann hat das nichts mit Religion zu tun? (Das gilt auch für Afghanen und Iraker) Was für eine abstruse Argumentation, ein Schlag ins Gesicht derer, die vor islamischem Terror flüchten.
Ansonsten erscheint mirr deine Argumentation komplett widersprüchlich: sind die Türken der dritten Generation jetzt doch weniger erfolgreich, weil sie von „Ziegenhirten“ abstammen? Was für ein rassistisch-genetischer Dummfug. Aber wer in einer Umgebung aufwächst, in der strenge Patriarchen zu sagen haben, jahrelang ein Buch in einer ihm fremden, unverständlichen Sprache auswendig lernen muss, einmal im Jahr für einen Monat tagsüber auf Essen und Trinken verzichten muss und sich ansonsten mit seinen Verwandten und Freunden in einer dem Gastland (und in vielen Fällen Passland) unverständlichen Sprache ausdrückt (ben daha biraz Türkce konusiyorum), wie soll der es denn zu einer ansatzweisen Integration bringen? Aber wenn in der Türkei erst mal wieder der unverfälschte Islam herrscht, werden vielleicht viele aus der Elite hierhin flüchten.

68er
68er
13 Jahre zuvor

Ein sehr treffender Beitrag!

Arnold Voss
13 Jahre zuvor

Ich bin zur Zeit mal wieder in New York City und kann aus meinen vielen konkreten Erfahrungen der letzten Jahrzehnte hier nur nur sagen: Integration ist möglich ohne das Menschen dabei ihre eigene kulturelle Identität völlig aufgeben müssen und ohne das alle ein gleich hohes Bildungsniveau haben (was natürlich wünschenswert wäre).

Dazu gehört allerdings ein über viele Generationen dauernder gegenseitiger Lernprozess mit einer Menge unvermeidlicher Konflikte und Debatten. Deutschland hat da noch einen langen Weg vor sich und dabei wird sich dieses Land noch erheblich verändern. Ob das Leute wie Sarrazin wollen oder nicht, ist dabei völlig egal. Sie sind als Akteure/Provokateure ein durchaus notwendiger Teil dieses Prozesses. Aufhalten dagegen können sie ihn nicht mehr.

Beate
Beate
13 Jahre zuvor

Ich habe dass Buch von Sarrazin mit grossem Genuss gelesen. Es bringt nichts Neues. Der Autor prognostiziert den Deutschen einschließlich den mit Migrationshintergrund sinkende Einkommen. „Ganz sicher werden in den nächsten 10 Jahren die Löhne sinken.“ Die Wirkungsursache bleibt für mich im Dunkeln. So bekommt der Leser die gewünschte Gänsehaut. Es reicht nicht mehr für Alle. Ich frage mich, die Deutschen haben einen Handelsbilanzüberschuss von 150 Milliarden Euro jährlich. Verzichten in gleicher Höhe also auf Konsum.
Danach wendet er sich der Finanzierung des Sozialstaates zu.
Und glaubt , dass alle Hartz IV – Empfänger fröhliche Genussbürger sind. Der obligatorische Speiseplan. Der Leser , der ja weiß, es wird nicht mehr für Alle reichen, stimmt innerlich zu…. usw.
Viel Wirbel um Nichts.

Peter Erik Hillenbach
13 Jahre zuvor

#36 Lieber Arnold, das muss ich auch mal sagen dürfen: Bei all der (notwendigen) Aufregung und Polemik, die sich gerade um DIESES Thema ranken, schätze ich doch immer wieder, und hier erst recht, Deine unaufgeregte, pragmatische Stimme. Vielen Dank für Deinen Beitrag. Mein großer Wunsch wäre (und das widerspricht Pleitgens Meinung, dass wir hier in einer Metropole à la NYC leben) (haha), dass ich in einer Großstadt leben darf, in der Dreadlocks und Punks und komische Leute mit Turbanen und Schläfenlocken und Kopftüchern und Kruzifixen nebeneinander und miteinander leben dürfen, die zum Stadtbild gehören (inkl. städtebaulicher religiöser Aussagen wie Kirchen, Moscheen, Hindutempeln, Synagogen). Die müssen sich alle vielleicht gegenseitig nicht viel zu sagen haben, die müssen aber alle so leben dürfen, wie sie wollen. Was ich nicht will, ist, dass mir einer von denen meinen Lebenswandel vorhält. Immer zu schätzen habe ich gelernt, auf dem Kiez an der Reeperbahn über Halbtote zu steigen, wenn ich aus der Tür trat, alte Frauen im Bademantel bei Penny zu begegnen, Wunderheilern, Verrückten, Perversen, Nervensägen und Techno-Verpeilten auf meinem Weg zu treffen und trotzdem mit jedem sprechen zu können, denn es kommt darauf an, was man in den Augen hat und dass mein Gegenüber erkennt, dass er auf mich zählen kann, wie bekloppt er auch ist. Das wiederum ist eine große Kant’sche Herausforderung, die für alle Städter bindend sein sollte. Ehrlich gesagt, muss das vielleicht nicht auf Dülmen oder Breckerfeld zutreffen, aber in unseren Ruhrgebietsgroßstädten verlange ich ein Leben, in dem jeder jedem mit Respekt und Achtung begegnet und sich ansonsten in Ruhe lässt. Als komischer Intellektueller mit Drogen-, Indie-, Subkultur- und trotzdem irgendwie Business-Hintergrund ist man ja nun auch nicht gerade Mehrheit und hat seine eigenen äh Integrationsschwierigkeiten, wenn auch auf einem anderen Level. Eine NYC-ähnliche „pragmatische Toleranz“ wäre für mich eine Lösung, wie man hier cool miteinander umgehen könnte. Das gilt dann aber auch für alle Beteiligten.

trackback

[…] Mittwoch, 8. September 2010 |  Autor: zoom Ausländer: “Das muss man doch mal sagen dürfen.” Ein exzellenter Artikel bei den  … ruhrbaronen […]

Arnold Voss
13 Jahre zuvor

Hallo Erik, schöne wäre auch noch ein Ruhrbischoff der im Angesicht von Schwulen und Lesben keine Angst vor der Verdammnis kriegt und sogar mit ihnen spricht, sofern sie es denn mit ihm wollen.

Peter Erik Hillenbach
13 Jahre zuvor

@38: Kleine Ergänzung: die „städtebaulichen Aussagen“ beziehen sich selbstverständlich erst recht auf FZW, Zeche, Matrix, Hotel Shanghai, Royal Bambi, auf Metalheadz, grüne Sektierer, U-Turm, 2010lab.tv, Gourmetmeilen etc. Und ob da jemand mit Iro, Seitenscheitel, Burka, Schottenrock oder Chanelkostüm auf mich zukommt, ist mir dito reichlich wurscht. Mir ist nur wichtig: Ich möchte in einer Großstadt leben, ich bin überzeugter Städter. Mit allen Konsequenzen.

pixelpupser
13 Jahre zuvor

Danke, ein sehr schöner Text, so richtig bodenständig aus dem Bauch heraus geschrieben. Das gefällt mir gut. Aus dieser Perspektive betrachtet wirkt das Problem nicht mehr so bedrohlich. Mir geht jedenfalls die schrille Hyterie der Sarrazin-Statistiker, IQ-Gen-Liebhaber und INSM-Quatschbasen gehörig gegen den Strich. Leider haben diese Freunde der Meinungsfreiheit mächtige mediale Posaunen, die einen langen Atem haben.
Aber in einem hat der Sarrazin recht: Deutschland verdummt – aber erst DURCH das Buch!1!!

Malte
13 Jahre zuvor

Zitat: „Deutschland gibt es doch gar nicht. Das ist wie Bielefeld nur eine Erfindung.“

Nette Polemik!

Zitat „Deutschland ist der zufällige Zusammenschluss von ein paar Staaten, Nationen und Völkern, deren Herrscher sich irgendwann einmal nach dutzenden Kriegen auf ein Unentschieden geeinigt haben. Österreicher, Schweizer und Niederländer sind genauso Deutsche, wie Burgunder, Dänen und Schlesier. Nur eben nicht in den Grenzen Deutschlands. Oder anders gesagt: Bayern und Angeln sind auch nur Deutsche, weil sie mit Sachsen und Alemannen zufällig in einem Zollverbund leben“

Und, was hat das mit der Thematik „Integration“ zu tun? Verstehe den Zusammenhang jetzt nicht?

„Wie gehabt werden aus allen Ausländern Deutsche. Und wie gehabt wird sich auch das Land dadurch verändern. Die Erfindung Deutschland wird anders. Na und? “

Genau, scheiß auf die deutsche Kultur, ist auch nur eine Erfindung! Kein wunder, wenn dieses Land den Bach runter geht, aufgrund solcher Einstellungen!

Meine Oma, und auch noch meine Mutter, haben dieses Land, wie viele andere auch, wieder aufgebaut, nach diesem verdammten Krieg. Wenn die das hier lesen würden, gäbe es was „hinter die Löffel“, wie man so schön sagt!

Dieses Land hat Grenzen und dieses Land hat eine Verfassung, eine Verfassung auf die wir alle stolz sein sollten. Und ich bin nicht bereit dazu, Menschen zu integrieren die diese mit Füßen treten…!

Das Geschreibsel kommt mir vor, als würde ich mich in Gelsenkirchen-Horst mit der MLPD unterhalten, schrecklich, da wird mir, sorry, fast übel bei!

Aber, auch hier gilt, „ein hoch auf die Meinungsfreiheit“!

Bert
Bert
13 Jahre zuvor

#43 | Malte: Der beste Beitrag hier zum Thema.

*Daumen hoch*

trackback
13 Jahre zuvor

Links anne Ruhr (09.09.2010)…

Dortmund: „Ulla Furchtbar“ und die Knochenmühle Bundestag (DerWesten) – Die Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt gilt einem Bericht der WAZ zufolge nicht gerade als beliebte Arbeitgeberin – eher im Gegenteil….

deutsch-türkin
deutsch-türkin
13 Jahre zuvor

Sorry, aber die Moslems sind nicht, in keinster Weise, mit Völkern anderer Religionen zu vergleichen. Die Masse wird sich nie anpassen! Einige wenige ja, aber niemals in Mengen. Sie beharren viel zu sehr auf Ihre Religion und Ihre Kultur, die sich zu sehr von den in Deutschland lebenden Menschen unterscheidet. Dazu möchten die meisten gar nicht integriert werden oder sich anpassen… nein, sie finden Deutschland nur toll wenn hier alles genauso gemacht wird wie in der „Heimat“. Solange dieses Land jedoch nicht mit seiner eigenen Kultur (ja Deutschland hat auch Kultur) angenommen und geliebt wird, wird auch niemand gleichstellt sein oder es hier zu etwas bringen können.

Bildung hineinzwingen ist eine Gute Sache, leider nur kaum umsetzbar. Die Kinder gehen nach Hause und bekommen dort den Koran vorgelesen, es wird über die Deutschen und Ihre Kultur hergezogen, und nur die eigene Sprache gesprochen…., davon abgesehen wird nur ein Landsmann geehelicht… ! Solche sollen noch geförtert werden. Nein! Jeder der es wirklich will, kann in Deutschland etwas erreichen…
Da dies hauptsächlich nur die moslimischen Völker betrifft, haben genau diese weniger Chancen auf Gleichheit….

Paule
Paule
13 Jahre zuvor

boa was ne debatte!! grandios und widerprüchlich, rasant und hintergründig, ironisch und bierernst. toll.
und natürlich ein herrlich empörter urtext. klasse.
wenn nur ein paar hier lebende türken / halbeingedeutschte türken mitbekommen würden, wie hier die köpfe rauchen, um ihnen was gutes zu tun. nämlich ankommen helfen. hier. in diesem land, in dem sie leben und höchstwahrscheinlcih sterben werden. aber genau das ist ja teil des problems. sie kriegen es nicht mit. weil sie auch selten gefragt werden.

die problemkinder sind trotzdem nicht „die muslime“ (was für ein hirnrissige verallgemeinerung), sondern zumeist (kleine verallgemeinerung) die türken. vielleicht weil sie die große mehrheit der hier lebenden ausländer stellen und in der menge die abschottung besser funktioniert, vielleicht weil der bildungshintergrund bei vielen er ersten und zweiten generation so ist, wie hier oft beschrieben: eher nicht groß. vielleicht aber auch, weil integration ein dialog ist, d.h. auch die gesellschaft, in der die einwanderer leben, verändet sich mit ihrer anwesenheit (sonst würde man nicht von integration, sondern assimilation wie bei den Raumschiff Enterprise-Borg reden). doch „der deutsche“ ist ja nicht gerade bekannt für offenheit und veränderungsfreude, für offene arme und gastfreundschaft. und so dauert das seeeeehr lang. und die anderen müssen auch wollen. und das ist wohl auch nicht immer der fall.
der islam an sich, ist aber nur ein grund. von anderen muslimen z.b aus dem irak, iran, afganistan machen mehr kinder abi und studieren und integrieren sich – und irgendwie rückläufig sogar ihre eltern – als im verhältnis zur gesamtbevölkerung deutschpässler qua geburt. die sind eben muslime, aber wie hier auch schon richtig angemerkt, aus einer trotz 30 Jahre Mullah im Iran, 30 Jahre Krieg in Afganistan und dem Irak-Kack eine Oberschicht, für die Muslim und weltlich/westliche Orientierung kein Widerspruch ist, sondern Bürgerfplicht.

da ich selbst mit einer italienierin verheiratet bin und dazu intergrationskurse mache, noch ein paradoxe aussage zu der vorherigen: religion spielt doch eine rolle, weil sie bei „ähnlichkeit“, schneller zur vermischung von nationalen kulturen führt, italiener heiraten eben auch deutsche öfter, weil sie christen sind, irgendwie als kulturell nahe empfunden werden, was mit muslimen, und auch hier vor allem türken, nicht so ist.
bei den portugiesen, die vor 40 jahren ins ruhrgebiet kamen, hat auch deshalb noch nie einer mangelnde integration beklagt. die sind nämlich als einwanderergruppe geradezu verschwunden, leben unter „uns deutschen“, haben höchstens den berühmten „migrationshintergrund“.

die türken bleiben unter sich beim heiraten (ausnahmen gibt es natürlich auch, hach ist das komplex). und diese kulturhermeneutik gemischt mit der spürbaren ablehnung bis tief in die gebildeten deutschen schichten hinein, führt nicht gerade zu integrationfreude. auf was sollen sie sich denn freuen, wenn sie immer die türken bleiben? ist ein ganz komischer teufelskreis: wir wollen sie nicht so ganz, sie wollen nicht ganz hier sein, deswegen sehen wir sie als problem und sie sich als nicht gewollt. wir und sie – in meiner formulierung steckt schon das problem….

Beate
Beate
13 Jahre zuvor

Warum gibt es überhaupt arbeitslose Deutsche?

Welche Verantwortung trägt Sarrazin?

„Aggregiert kann es keine privaten Nettoersparnisse ohne kumuliertes Defizit-spending der Regierung geben. Nur die Regierung kann dem Privatsektor netto Finanzanlagen (zum Sparen) zur Verfügung stellen und simultan dazu die Netto-Sparneigung befriedigen und die Arbeitslosigkeit eliminieren.“

Daraus folgt der Staat bestimmt im wesentlichen die Einkommensverteilung.
Es war die Bundesbank und Sarrazin, die die EInkommensverteilung geändert haben.

„In weiterer Folge sei es daher auch unsinnig, wie die Mainstream-Ökonomie ein „über den Zyklus ausgeglichenes“ Staatsbudget anzustreben, weil dadurch zwangsläufig auch der private Sektor (samt Ausland) ausgeglichen budgetieren müsse. Der Staat sollte viel mehr stets so viel Geld drucken und ausgeben bis Vollbeschäftigung erreicht ist und hätte dabei einzig die Preisstabilität zu beachten. Und diese gerate erst dann in Gefahr, wenn der Staat seine Ausgaben weiter erhöht, obwohl bereits Vollbeschäftigung erreicht wurde. “

Auch hier Herr Sarrazin hat sich der Fortbildung verweigert. Er ist in seinen ökonomischen Kenntnissen auf dem Stand 1960 stehengeblieben.
Jeder Hartz IV – Empfänger zeigt da mehr Anstrengungen.

Zitate aus:

https://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33256/1.html

Bert
Bert
13 Jahre zuvor

@#48 | Beate: Bitte nicht vom Thema ablenken.

Es gibt Integrationsprobleme mit Türken in Deutschland, oder doch nicht ?

Malte
13 Jahre zuvor

Zitat „die problemkinder sind trotzdem nicht “die muslime” (was für ein hirnrissige verallgemeinerung), sondern zumeist (kleine verallgemeinerung) die türken“

Wo leben Sie?

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