Waltrop – ‚Die im Rathaus, die haben noch immer rein gar nichts begriffen!‘

Grünpflege in Waltrop. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Im Ruhrgebiet sind viele Städte bekanntlich seit Jahren schon finanziell klamm, um nicht zu sagen ‚pleite‘. Da bildet auch meine Heimatstadt Waltrop im Kreis Recklinghausen leider keine Ausnahme. Aus dem einst gepflegten Örtchen nördlich von Dortmund ist inzwischen ein Sanierungsfall geworden. Die ‚Reheinische Post‘ listete Waltrop schon vor drei Jahren in der Top10 der Städte in NRW mit der höchsten pro Kopf Verschuldung auf Rang acht mit auf.

Logisch, dass das Konsequenzen für die Bürger mit sich bringt. Seit langer Zeit schon vergammelt die einst mit viel Stolz errichtete Infrastruktur, können notwendige Instandhaltungs- und Pflege-Arbeiten nur noch auf absoluter Sparflamme realisiert werden. Das wird den mit den Zuständen unzufriedener werdenden Bürgern seitens der Verwaltung auch immer wieder gesagt, wenn sie sich einmal mit Wünschen an die örtliche Stadtverwaltung wenden. Auf der anderen Seite

sind für ausgewählte Leuchtturmprojekte immer wieder überraschend viele Gelder verfügbar, wenn sie denn aus irgendeinem Fördertopf stammen. So wurde in Waltrop kürzlich nicht nur aufwändig der Stadtpark saniert, es wurde auch ein neues Jobcenter aus dem Boden gestampft und eine Zuschauertribüne für einen Sportplatz errichtet, der kaum einmal über nennenswerte Besucherzahlen verfügt. Um hier nur einmal auf die Schnelle drei Beispiele zu nennen. Die Liste ließe sich leicht verlängern.

Diese Großprojekte können umgesetzt werden, obwohl eben eigentlich Sparen angesagt wäre. Aber Fördertöpfe ermöglichten in Waltrop vor wenigen Jahren sogar die Anschaffung von Kunst. Kunst? Ja, richtig gelesen. An mehreren Stellen im Innenstadtbereich stellte die Stadtverwaltung bunt lackierte Stehlen auf, die Ortsfremden zugleich als Wegweiser dienen können. Auf kritische Nachfrage, ob das denn so wirklich nötig gewesen sei, in Anbetracht der immensen Finanzprobleme der Stadt, hieß es seinerzeit allen Ernstes: ‚Ja, das musste sogar sein, denn sonst hätten wir die benötigten Fördergelder für die Modernisierung der Fußgängerzone nicht bekommen‘.

Wie wenig die Mitarbeiter im Rathaus von der kritischen Lage der Stadt aber tatsächlich begriffen zu haben scheinen und wie sehr diese Schieflage die Bürger inzwischen verärgert, das konnte bzw. musste man vor Ort in dieser Woche ganz frisch erleben.

Da posierten Bürgermeister Marcel Mittelbach und Kämmerer Stefan Wilke in der Lokalzeitung auf einem Foto mit einem von der Stadtverwaltung gerade neu angeschafften Elektro-Fahrzeug, einem Volkswagen ID.3 in ‚Scale Silver‘, das offenkundig laut Zeitungstext über 204 PS verfügt und wohl ab 40.000 Euro zu haben sein soll. Das den Bürgern stolz zu verkünden ist in Anbetracht der eingangs beschriebenen Finanzsituation der Stadt nicht nur völlig instinktlos, es führte auch, fast möchte man sagen ‚logischer Weise‘, in der Konsequenz schnell zu einem veritablen Shitstorm in den sozialen Netzwerken und auf der Straße.

Auch wenn wir wohl davon ausgehen können, dass auch hier wieder irgendein Fördertopf die Anschaffung des E-Autos ermöglicht hat, ist es den Leuten doch nur schwer zu vermitteln, dass viele Schlaglöcher auf den Straßen in der Stadt seit Jahren nicht fachgerecht gestopft werden können, an gründliche Straßensanierungen nur noch in absoluten Ausnahmefällen zu denken ist, die dringend notwendigen Grünpflegearbeiten im Stadtgebiet doch bitteschön von Baum- und Gießpaten aus der Bürgerschaft freiwillig unterstützt werden sollen, weil der Stadt dafür schlicht das Geld fehlt, gleichzeitig Bürgermeister und Kämmerer aber stolz mit einem gerade für den städtischen Fuhrpark neu angeschafften E-Auto, über dessen Notwendigkeit man sicher zumindest diskutieren kann, in der Zeitung posieren.

Ungeschickter geht es fast nicht mehr. Oder wie ein Bekannter heute in der Stadt mir gegenüber bissig kommentierend dazu sagte: ‚Die im Rathaus, die haben noch immer rein gar nichts begriffen!“

Und es steht zu befürchten, dass das in anderen Städten der Region auch nicht anders aussieht….

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LibertyLoveIt
1 Jahr zuvor

Wer alles kein Geld hat:
Die Bundeswehr und damit kommt Deutschland seiner Landesverteidigung und der Verteidigung Europas nicht nach.
Das Land Berlin hat auch kein Geld ( ausser für Gender & sogenannte Migranten ).
Frau Merkel und jetzt die Ampel, vernichten Wohlstand in einem atemberaubenden Tempo. Egal ob Wärmepumpe und die absichtlich ignorierten Folgekosten des Gesetzes.
Inflation.
Eine hausgemachte Immobilienkrise.
Es werden ca. Eine Milliarde Euro pro Jahr für „anti Rassismus Arbeit“ & den Islam ausgegeben. Hier ist eine links regressive Industrie entstanden, welche jedes Jahr mehr Millionen bekommt.

Johannes C. Bockenheimer schreibt heute in der NZZ zum GEG:
https://www.nzz.ch/international/unserer-demokratie-unwuerdig-experten-zerpfluecken-habecks-heizungsgesetz-ld.1745451

„Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist fast am Ziel. Am Freitagmittag hat der Grünen-Politiker nach monatelangem Ringen mit den Koalitionspartnern von SPD und FDP den finalen Entwurf seines Heizungsgesetzes vorgelegt. Gerade noch rechtzeitig, damit es in den Bundestag eingebracht und vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werden kann. Genau darauf hat Habeck seit Wochen hingearbeitet.

Hunderten von Abgeordneten, aber auch Wirtschaftsvertretern, Umweltlobbyisten und Verbraucherschützern bescherte Habeck mit seinem Last-Minute-Gesetz hingegen ein arbeitsreiches Wochenende. Sie mussten die 111 Seiten lange Novelle durcharbeiten, auf Fehler und Schwachstellen überprüfen. Denn am Montagmittag steht die Anhörung der Sachverständigen im Bundestag an, mit deren Expertise das Gebäudeenergiegesetz (GEG) den letzten Schliff bekommen soll.

Habeck treibt Angst vor den Landtagswahlen

Habecks kurze Frist sorgt deshalb für Empörung unter den Sachverständigen. Als «vollkommen inakzeptabel» bezeichnet etwa Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, den Prozess. «Ein solches Verfahren, wie wir es beim GEG erleben, ist unserer Demokratie unwürdig. Wenn die Zeit für eine intensive Beratung eines dermassen entscheidenden Gesetzes fehlt, dann schadet das der gesamten Energiewende massiv.»

Tatsächlich hätte Habeck das Gesetz auch noch zu einem späteren Zeitpunkt dem Bundestag vorlegen können, damit es am 1. Januar 2024 in Kraft treten könnte. Dann aber hätte die Gefahr bestanden, dass sich die in Deutschland hoch emotional geführte Heizungsdebatte noch weiter hingezogen hätte. Doch genau das wollte Habeck verhindern, wie es aus Ampelkreisen am Wochenende unisono hiess.

Denn im Oktober stehen in Hessen und in Bayern Landtagswahlen an – und Habecks Grüne schneiden in den jüngsten Umfragen schwach ab. «Nicht der Parteifriede sollte das zentrale Anliegen der Verantwortlichen sein, sondern gesellschaftlich funktionierender Klimaschutz», schimpft deshalb der GdW-Präsident Gedaschko.

Zweifel an Finanzierbarkeit

Habecks Eile führt nun wohl dazu, dass die Experten am Montag zwar angehört werden – neben Gedaschko sind elf weitere Sachverständige geladen, unter ihnen Lukas Siebenkotten vom Deutschen Mieterbund und Kerstin Andreae vom Energie-Spitzenverband BDEW. Ins Gesetz einfliessen werden ihre Bedenken und Vorbehalte aber wohl nicht mehr. Dabei gibt es weiterhin viele Fragen, die offen sind.

Etwa, wie die geplanten Milliardeninvestitionen in Wärmepumpen von Bürgern und Betrieben gestemmt werden sollen. Dem GEG-Entwurf fehle ein klares, belastbares und mit EU-Beihilferecht abgestimmtes Förderkonzept, so Gedaschko. Es sei «unfassbar», dass bei diesem elementaren Thema nicht parallel das passende Förderkonzept vorbereitet und zeitgleich vorgelegt worden sei. «Die soziale Gerechtigkeit wurde von der sozial-grün-liberalen Koalition vollkommen vergessen.»

Habecks Gesetzesentwurf sieht vor, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben wird, im Idealfall mit einer Wärmepumpe. Für den Einbau von Wärmepumpen sollten Hauseigentümer wiederum eine staatliche Förderung von bis zu 70 Prozent der Investitionskosten erhalten, heisst es im Gesetzesentwurf. Wie diese Staatszuschüsse dauerhaft gegenfinanziert werden sollen – darüber schweigt sich der Entwurf aus.

Wirtschaftsweise warnt vor Mitnahmeeffekten

Zweifel an der Finanzierbarkeit des Gesetzes hat deshalb auch die Wirtschaftsweise Veronika Grimm. Es seien immense Summen, die den Menschen versprochen würden, sagte die Ökonomin am Sonntag im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. «Das Versprechen ‹Wir entlasten alle, damit es nicht ganz so weh tut› wird man nicht lange einhalten können.»

Zugleich warnte die Volkswirtin vor Mitnahmeeffekten bei der geplanten Förderung beim Kauf von Gasheizungen, gerade bei der Regelung für einkommensschwache Haushalte. Grimm wörtlich: «Da ist dem Missbrauch irgendwie Tür und Tor geöffnet, und man hat negative Arbeitsanreize.»

Ein wirksamer Emissionshandel, verbunden mit einem Klimageld für die Bürger, wäre ihrer Ansicht nach der geeignetere Weg gewesen als das jetzige Gebäudeenergiegesetz, wie sie dem Rundfunksender sagte. Mit Habecks Gesetzesentwurf hingegen werde man die Klimaschutzziele wohl nicht erreichen. «Man wollte da einen sehr ambitionierten Wurf machen. Das ist es nicht geworden», so Grimm.

Mieterverbände warnen vor hohen Mehrbelastungen

Kritik kam am Montag auch von Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Denn das Gesetz sieht vor, dass sich Vermieter ihre Investition in ein neues Heizungssystem auch über eine Modernisierungsumlage von den Mietern zurückholen können. Laut Gesetzesentwurf ist demnach eine Erhöhung der jährlichen Miete um 10 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten möglich. Zugleich gilt eine Kappungsgrenze: Die Monatsmiete soll sich durch eine neue Heizung um nicht mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen.

Bartels warnte im Ausschuss davor, dass selbst eine solche Kappungsgrenze zu hohen Mehrbelastungen führen werde. «Es wäre somit sinnvoll, die Grenze weiter abzusenken, am besten auf 25 Cent zu halbieren – zumindest bei Wohnungen, die mehr als durchschnittlich gross sind.» Das seien in Deutschland Wohnungen, die eine Wohnfläche von mehr als 92 Quadratmetern aufwiesen. “

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Yuri Bezmenov hat uns vor diesen Leuten eindringlich gewarnt. Alles was Yuri damals in die Kamera sprach ist wahr geworden.

LibertyLoveIt
1 Jahr zuvor

am 30.6.23 schreibt Johannes C. Bockenheimer in der NZZ:

Den Schuhhändler Görtz hat es erwischt, genauso den Glashersteller Weck und den Haushaltwaren-Hersteller Römertopf: Immer wieder haben die Insolvenzen von deutschen Traditionsunternehmen in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen gesorgt. Diese Entwicklung könnte sich fortsetzen, mahnt jetzt Jörg Krämer, Chefökonom der Commerzbank.

Die Auftragseingänge in der Industrie seien jüngst gesunken und Umfragen unter den Unternehmen zeigten, dass die Geschäftserwartungen alles andere als rosig seien, sagt Krämer. «Zugleich verharren die Energiepreise in Deutschland auf hohem Niveau. Eine Rezession im zweiten Halbjahr wird dadurch wahrscheinlicher.» Deshalb dürfte auch die Zahl der Unternehmensinsolvenzen weiter steigen, meint der Ökonom.

Stärkster Anstieg an Pleiten seit 2002

Eine neue Untersuchung der Auskunftei Creditreform untermauert Krämers Sorgen. Im ersten Halbjahr 2023 haben laut den Angaben deutlich mehr Unternehmen Insolvenz anmelden müssen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Zwischen Januar und Juni wurden 8400 Unternehmensinsolvenzen registriert, was einer Zunahme von 16,2 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 (7230 Fälle) entspricht.

Dies sei der stärkste prozentuale Anstieg in diesem Zeitraum seit 2002, heisst es in der Analyse. Das Insolvenzrisiko ist dabei ungleich verteilt: Vor allem die Zahl der Pleiten bei mittleren und grossen Unternehmen stieg stark an. Creditreform beziffert die Fallzahlen bei Grossunternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern um rund 67 Prozent höher als noch vor einem Jahr. Bei Unternehmen mittlerer Grösse mit 51 bis 250 Beschäftigten nahmen die Insolvenzen sogar um 133,3 Prozent zu. Weniger stark stieg die Zahl der Insolvenzen hingegen bei Kleinunternehmen.

Wenn aber Grossbetriebe wie jüngst Galeria Karstadt Kaufhof, der Modehändler Peek & Cloppenburg oder der Pflegeheimbetreiber Convivo Insolvenz anmelden müssen, sind auch die Folgen für den Arbeitsmarkt grösser. So schätzt Creditreform, dass im ersten Halbjahr 125 000 Beschäftigte von der Insolvenz des Arbeitgebers betroffen waren – im Jahr zuvor waren es lediglich 68 000.

Verbraucher verlieren die KauflauneGründe für die steigende Zahl der Insolvenzen gibt es viele. «Die enormen Kostenbelastungen durch zu hohe Energie- und Materialpreise zeigen Wirkung», sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Nach Jahren sinkender Insolvenzzahlen habe sich der Trend gedreht. Zugleich machten die Unternehmen ein schlechteres Geschäft, weil bei vielen Kunden das Geld nicht mehr locker sitze: «Die Inflation verunsichert Verbraucher und bremst die Kauflaune deutlich.»

Auch die Corona-Krisenhilfen erweisen sich für viele Unternehmen jetzt als Bumerang, glaubt Hantzsch. «Die Rückzahlungen der Hilfen und zum Teil verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells führen bei dauerhaft steigenden Zinsen in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse.»

Immerhin, eine kleine Hoffnung besteht: Eine Pleitewelle erwarte er nicht, weil die Unternehmen wegen höherer Eigenkapitalquoten widerstandsfähiger seien als früher, sagt der Commerzbank-Ökonom Krämer.

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